Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 I 694



97 I 694

101. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. November 1971
i.S. Wunderli gegen Grundbuchamt Küsnacht und Obergericht des Kantons
Zürich. Regeste

    Öffentlichkeit des Grundbuches (Art. 970 ZGB).

    1.  Verwaltungsgerichtsbeschwerde in
Grundbuchsachen. Beschwerdelegitimation eines einzelnen Erben einer
ungeteilten Erbschaft (Art. 97 ff. und 103 OG; Erw. 1).

    2.  Bestimmtheit des Rechtsbegehrens (Art. 55 OG; Erw. 6 a).

    3.  Art. 970 Abs. 1 u. 2 ZGB ist auch auf kantonale
Grundbucheinrichtungen im Sinne von Art. 48 SchlT/ZGB anwendbar (Erw. 6
b, aa).

    4.  Anforderungen an die Spezifizierungspflicht gemäss Art. 970 Abs. 2
ZGB, wenn nach einem zwar im Grundprotokoll verzeichneten, örtlich aber
nicht auffindbaren Grundstück geforscht wird (Erw. 6 b, bb).

    5.  Recht eines jeden einzelnen Erben einer ungeteilten Erbschaft,
persönlich ins Grundbuch Einsicht zu nehmen (Erw. 6 b, cc). Grenzen dieses
Rechts sowie des Anspruchs auf Erstellung schriftlicher Auszüge durch
den Grundbuchbeamten (Erw. 6 b, dd).

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    A.- Der am 30. Juli 1965 verstorbene Ernst Wunderli Huber war im
Grundprotokoll der Gemeinde Zumikon als Eigentümer von "ca. vierzehn
Aren Wiesen im Vogelacker" eingetragen, die er im Jahre 1941 von Louise
Hardmeier durch (testamentarische) Universal-Erbfolge erworben hatte.
Die genaue Lage des Grundstücks ist nicht bekannt; weder die provisorische
Vermessung im Jahre 1950 noch die noch nicht rechtskräftig gewordene
Grundbuchvermessung ergaben hiefür konkrete Anhaltspunkte. Auch die vom
Grundbuchamt Küsnacht auf Begehren der Erben angestellten Nachforschungen
blieben erfolglos. Das Amt war deshalb der Auffassung, der Eintrag im
Grundprotokoll sei bedeutungslos und später im Zuge der Einführung des
Grundbuches zu löschen; eine Übertragung der noch auf den Namen des
Erblassers eingetragenen 14 Aren Land auf die Erben komme nicht mehr
in Frage.

    Gegen diese und einige andere Anordnungen des Grundbuchamtes führte
Ernst Wunderli-Osterwalder, einer der Erben des Ernst Wunderli-Huber, beim
Bezirksgericht Meilen als unterer Aufsichtsbehörde über die Grundbuchämter
am 29. November 1968 Beschwerde. Diese wurde am 3. Juli 1969 teilweise
gutgeheissen und das Grundbuchamt Küsnacht angewiesen, die Übertragung
des Grundstücks auf die Erben Wunderli im Grundprotokoll vorzunehmen
und das Löschungsverfahren gemäss den §§ 74 und 75 der kantonalen
Grundbuchverordnung vorzeitig einzuleiten.

    B.- Das Grundbuchamt brachte den Erbfolgevermerk an und schritt zum
Löschungsverfahren. Nach erfolgloser, am 12. August 1970 durchgeführter
Sühneverhandlung zwischen den Erben Wunderli und dem Eigentümer des
Grundstücks Zumikon Nr. 2221 (in welcher Parzelle nach den Vermutungen
einiger Erben die 14 Aren Wiesland enthalten sein sollen), stellte das
Grundbuchamt am 7. September 1970 die Weisung an den Einzelrichter des
Bezirksgerichts Meilen aus mit dem Begehren, es sei festzustellen,
dass der Grundprotokolleintrag zu Recht bestehe, dass die 14 Aren
Wiesland eine Teilfläche des Grundstücks Nr. 2221 bildeten und dass sie
demnach in den beiden Vermessungen zu Unrecht nicht ausgeschieden worden
seien. Mit einer von Amtes wegen erhobenen Widerklage wurde beantragt, der
entsprechende Grundprotokolleintrag sei als bedeutungslos zu erklären und
das Grundbuchamt anzuweisen, ihn zu streichen. Ernst Wunderli-Osterwalder
und eine Miterbin teilten hierauf dem Einzelrichter mit, dass sie sich an
diesem Prozess nicht beteiligen wollten. - Das Verfahren ist noch hängig.

    C.- Am 30. Juni 1970, d.h. noch vor der erwähnten Sühneverhandlung,
hatte sich Ernst Wunderli-Osterwalder erneut beim Bezirksgericht Meilen
über das Grundbuchamt Küsnacht beschwert. Er warf diesem u.a. vor, es
habe nicht alle notwendigen und ihm zumutbaren Nachforschungen nach der
vermissten Parzelle angestellt, sondern vielmehr vorgetäuscht, es sei
aus dem Grundprotokoll nichts ersichtlich, und versucht, die Berechtigten
zum Verzicht auf das Grundstück zu bewegen...

    Das Bezirksgericht wies die Beschwerde am 10. Dezember 1970 ab.

    D.- Mit Rekurs an das Obergericht des Kantons Zürich verlangte
der Beschwerdeführer Aufhebung des erstinstanzlichen Entscheides.
Er beschwerte sich hauptsächlich darüber, dass ihm - im Gegensatz zu
einer Miterbin, Frau Meier-Wunderli, beziehungsweise deren Beauftragten
- für nähere Abklärungen im Grundprotokoll Bedingungen gestellt würden,
die mit Art. 970 ZGB nicht vereinbar seien. Er bezog sich damit sinngemäss
auf mehrere Schreiben des Grundbuchamtes sowie auf dessen Vernehmlassung
an das Bezirksgericht Meilen, in denen das Grundbuchamt ausgeführt hatte,
es müsse es ablehnen, die umfangreichen und zeitraubenden Nachschlagungen,
die es mit der Vertreterin der Frau Meier vorgenommen habe, auf Verlangen
jedes der sechs Erben Wunderli erneut durchzuführen, nur weil sich diese
unter sich nicht einigen könnten. Die Erben sollten zuerst die in Händen
von Frau Meier befindliche Dokumentation studieren, worauf das Grundbuchamt
dann bereit sei, mit einem gemeinsam bestellten, bevollmächtigten Vertreter
sämtlicher Erben Wunderli alle beim Amte befindlichen Unterlagen nochmals
zu durchgehen.

    Das Obergericht wies den Rekurs am 14. Juli 1971 ab.

    E.- Gegen den obergerichtlichen Entscheid hat der Beschwerdeführer
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Grundbuchsachen sind
auch nach der neuen Fassung der Art. 97 ff. OG grundsätzlich mit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht anfechtbar (BGE 97 I
270 Erw. 1). Im vorliegenden Falle stellt sich zunächst die Frage der
Beschwerdelegitimation nach Art. 103 OG:

    a) Ob ein einzelner Erbe einer ungeteilten Erbschaft legitimiert
sei, allein Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen, obschon die Erben
als Gesamteigentümer im Prozess in der Regel nur gemeinsam aktiv- oder
passivlegitimiert sind (vgl. BGE 93 II 14 Erw. 2 b), hat das Bundesgericht
unter der früheren Fassung des Art. 103 OG in einem Enteignungsfalle
offengelassen (BGE 93 I 203 Erw. 1). Der heutige Wortlaut dieser Bestimmung
zieht den Kreis der Legitimierten jedoch weiter, als es der alte Art. 103
OG getan hat (vgl. dazu GRISEL, Droit administratif suisse, S. 504),
und verlangt in lit. a nur noch, dass der Beschwerdeführer durch die
angefochtene Verfügung "berührt" sei und an deren Aufhebung oder Änderung
ein "schutzwürdiges Interesse" habe.

    Der Beschwerdeführer macht nun im Hauptpunkt geltend, es sei ihm das
Recht auf persönliche Einsichtnahme ins Grundbuch verweigert bzw. an
unzulässige Bedingungen geknüpft worden. - Gemäss Art. 970 Abs. 2
ZGB kann jedermann Einsicht ins Grundbuch nehmen, der "ein Interesse
glaubhaft macht". Ob dieses Recht bei einer ungeteilten Erbschaft
jedem einzelnen Erben zustehe oder bloss der Erbengemeinschaft als
solcher, ist eine Frage der materiellen Begründetheit der Beschwerde
und nicht im Eintretensverfahren zu entscheiden (KUMMER, Grundriss des
Zivilprozessrechts, S. 58 f.; GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht,
2. Aufl., S. 269; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im
Bund, S. 104 und 106). Damit es aber überhaupt zu einer Überprüfung dieser
Frage kommen kann, muss der Beschwerdeführer, der sich auf ein solches
individuelles Einsichtsrecht beruft und dessen Verletzung behauptet,
grundsätzlich befugt sein, allein und in eigenem Namen Beschwerde zu
führen. Dass er im vorliegenden Falle durch den angefochtenen Entscheid
"berührt", d.h. beschwert ist (vgl. GYGI, aaO, S. 111 f.), nachdem die
kantonale Aufsichtsbehörde seine Rüge abgewiesen hat, und dass er -
vorbehältlich eines gleich noch zu prüfenden Punktes - ein zureichendes
("schutzwürdiges") Interesse an der materiellen Entscheidung dieser
von ihm aufgeworfenen Frage besitzt (vgl. GYGI, S. 106), kann nicht
zweifelhaft sein. Damit ist jedoch die Beschwerdelegitimation nach
Art. 103 lit. a OG grundsätzlich gegeben.

    b) Dagegen stellt sich die Frage, ob dem Beschwerdeführer das
schutzwürdige Interesse an der Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen
Entscheides nicht deshalb fehle, weil vor Bezirksgericht Meilen ein
ordentlicher Zivilprozess hängig ist, der das gesuchte Grundstück zum
Gegenstand hat. Dies ist jedoch zu verneinen.

    Im genannten Zivilprozess geht es lediglich darum, ob die
vermisste Parzelle, wie behauptet, ein Teil des Grundstücks Nr. 2221
bilde. Allfällige Grundbuchexpertisen werden sich daher ebenfalls auf
diese Frage zu beschränken haben. Abgesehen nun davon, dass ein neutrales
Gutachten eine persönliche Einsichtnahme nie ganz zu ersetzen vermag,
vermutet der Beschwerdeführer, dass die 14 Aren Wiesland noch in andern
Grundstücken als dem mit Nr. 2221 bezeichneten enthalten sein könnten,
so dass sich die Klage möglicherweise gegen andere Grundeigentümer
hätte richten müssen. Dies war denn auch einer der Gründe, warum sich
der Beschwerdeführer am eingeleiteten Prozess nicht beteiligen wollte,
und dies ist zugleich der Grund, warum er mit den Hauptbegehren seiner
Beschwerde verlangt, im Grundprotokoll Nachforschungen anstellen und
Beweise sammeln zu können. Ein Interesse daran verlöre er nur dann, wenn
im gegenwärtigen Prozess vor Bezirksgericht positiv festgestellt würde,
dass die fragliche Parzelle tatsächlich im Grundstück Nr. 2221 enthalten
ist. Solange aber ein solcher Entscheid aussteht (oder falls er negativ
ausfällt), behält der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse an
der Beschwerde. Es ist somit grundsätzlich auf sie einzutreten.

    2./5. - ... (Verschiedene Nebenpunkte).

Erwägung 6

    6.- Schliesslich stellt der Beschwerdeführer die Anträge,

    "dass das Grundbuchamt angewiesen werde, niemandem Bedingungen zu
stellen für Einsichtnahmen ins Grundprotokoll, ausser der Betreffende
könne kein Interesse nachweisen",

    und

    "dass untersucht werde, was das Grundbuchamt veranlasst hat, sich
gegen einen für ein Grundbuchamt so elementaren Artikel des ZGB zu vergehen
(Art. 970 ZGB)."

    a) Wörtlich genommen, könnte auf diese höchst allgemein und abstrakt
formulierten Rechtsbegehren nicht eingetreten werden. Aus dem Zusammenhang
der Beschwerdebegründung ergibt sich indessen, dass der Beschwerdeführer
damit hauptsächlich beantragen will, das Grundbuchamt Küsnacht habe ihm
persönlich und bedingungslos Gelegenheit zu geben, in das Grundprotokoll
und in alle für ein Auffinden der 14 Aren Wiesland nützlichen Belege und
Unterlagen Einsicht zu nehmen und Abschriften zu erstellen, wie das die
Beauftragte einer Miterbin habe tun dürfen. So präzisiert ergibt sich
ein Antrag, der der Vorschrift von Art. 55 OG genügt...

    b) Materiell macht der Beschwerdeführer geltend, das Grundbuchamt
verletze das von Art. 970 ZGB garantierte Recht auf Einsichtnahme,
wenn es erkläre, es sei nur mit einem gemeinsamen Vertreter aller
Erben bereit, nochmals sämtliche einschlägigen Grundprotokollunterlagen
durchzusehen. Auch verlange es zu Unrecht vom Beschwerdeführer, dass er
vorgängig die von der Miterbin angelegte Dokumentation studiere, denn er
könne sich ja doch nicht darauf verlassen, dass diese privaten Notizen
richtig seien.

    aa) Art. 970 ZGB spricht von der Öffentlichkeit des Grundbuches. Im
vorliegenden Falle handelt es sich aber nicht um das sog. eidgenössische
Grundbuch nach den Vorschriften des ZGB und auch nicht um eine
diesem gemäss Art. 46 Schlusstitel zum ZGB gleichgestellte kantonale
Publizitätseinrichtung mit voller Grundbuchwirkung, sondern um ein
"Grundprotokoll" nach kantonalem Recht, dem gemäss Art. 48 SchlT/ZGB
lediglich beschränkte Wirkungen zukommen (vgl. § 274 des zürcherischen
EG zum ZGB und § 36 der kantonalen Grundbuchverordnung vom 26. März
1958). Es fragt sich deshalb, ob Art. 970 ZGB trotzdem anwendbar sei. Das
ist zu bejahen.

    Gemäss Art. 47 SchlT/ZGB trat das Sachenrecht "im allgemeinen" auch
dort in Kraft, wo das eidg. Grundbuch (noch) nicht angelegt war. Die
Vorschriften des ZGB bezüglich des Grundbuches finden deshalb auf
eine kantonale Grundbucheinrichtung im Sinne von Art. 48 SchlT/ZGB
nur insoweit keine Anwendung, als es "die Besonderheit der Form und
die Beschränkung ihrer Rechtswirkung mit sich bringt" (so BGE 46 I 60
oben). Mit andern Worten: Anwendbar sind alle Bestimmungen des ZGB und
der Grundbuchverordnung, die weder die Anlage des Grundbuches nach dem
System des ZGB noch eine nach Art. 46 SchlT/ZGB dem eidg. Grundbuch
gleichgestellte Einrichtung zur Voraussetzung haben (MUTZNER, Kommentar,
N 1/2 zu Art. 47 und N 10/11 zu Art. 48 SchlT/ZGB; HOMBERGER, Kommentar,
N 43 ff., insbes. N 47, der Vorbemerkungen vor Art. 942 ZGB; vgl. auch,
die Praxis untersuchend, GUISAN, JdT 1937 I 174 ff.). So gilt z.B. Art. 973
ZGB (die sog. "materielle Öffentlichkeit" oder "der öffentliche Glaube"
des Grundbuches) in den Fällen von Art. 48 SchlT/ZGB nicht, weil seine
Anwendbarkeit gemäss Art. 48 Abs. 3 SchlT/ZGB zumindest eine dem eidg.
Grundbuch gleichgestellte Ordnung bedingt (BGE 52 II 20 und im besondern
für das zürcherische Grundprotokoll BGE 52 II 351 oben, ferner der nicht
publizierte Entscheid i.S. Philippin c. Birchmeier und Konsorten vom 8.
Oktober 1970; MUTZNER, N 1, 4 und 8 zu Art. 48 SchlT/ZGB, HOMBERGER, N
30 zu Art. 973 ZGB). Dagegen setzt Art. 970 ZGB zweifellos nicht voraus,
dass das Grundbuch nach den Vorschriften des ZGB oder nach einem gemäss
Art. 46 SchlT/ZGB als gleichwertig anerkannten System angelegt sei. All
diesen Publizitätseinrichtungen (dem eidg. Grundbuch und den Grundregistern
gemäss Art. 46 und 48 SchlT/ZGB) ist gemeinsam, dass sie der Offenlegung
des gesamten Grundstückverkehrs und der Bekanntmachung dinglicher Rechte
an Grundstücken dienen. Folglich muss der in Art. 970 ZGB niedergelegte
Grundsatz der sog. "formellen Öffentlichkeit" für jede dieser Formen
gelten.

    In diesem Sinne hat das Bundesgericht bereits in BGE 53 II
372 entschieden, dass zur Führung kantonaler, Art. 48 SchlT/ZGB
unterstellter Register und Grundprotokolle auch die von Art. 105 GBV
vorgesehene Ausstellung von Auszügen gehöre. Genauso muss aber der
Grundprotokollführer verpflichtet sein, einem Interessenten unter den
Voraussetzungen von Art. 970 ZGB Einblick in die Bücher und Belege
zu gewähren, die gemäss Art. 48 SchlT/ZGB das Grundbuch ersetzen (so
schon ein Entscheid des Bundesrates von 1918, veröffentlicht in ZBGR
1924, S. 89, sowie ein Entscheid des Zürcher Obergerichts in ZBGR
1923, S. 214; gleicher Ansicht GONVERS-SALLAZ, Le Registre Foncier,
Kommentar, N 4 zu Art. 105 GBV, und HOMBERGER, N 6 zu Art. 970 ZGB;
ebenso wohl MUTZNER, N 10 zu Art. 48 i.V.m. N 13/14 zu Art. 46 SchlT/ZGB;
entgegen der Meinung Hombergers vertritt JENNY, Der öffentliche Glaube
des Grundbuchs, Diss. Freiburg 1926, S. 242, keine andere Auffassung).
Ob dagegen Abs. 3 von Art. 970 ZGB von einer Anwendung auf die kantonalen
Publizitätseinrichtungen gemäss Art. 48 SchlT/ZGB auszunehmen ist,
wie GUISAN (aaO, S. 178 und 180) annimmt, mag dahingestellt bleiben,
da diese Frage für den vorliegenden Fall nicht von Bedeutung ist.

    bb) Nach Art. 970 Abs. 2 ZGB kann jeder Interessierte verlangen,
dass ihm "näher zu bezeichnende Blätter samt den zugehörigen Belegen"
in Gegenwart eines Grundbuchbeamten vorgelegt werden. Das Obergericht
führte aus, in der Rekursschrift werde in keiner Weise dargetan, dass
dem Beschwerdeführer je die Einsicht in von ihm konkret umschriebene
Unterlagen verweigert worden sei. Sofern und soweit es damit sagen wollte,
der Beschwerdeführer habe die Unterlagen, in die er Einsicht zu nehmen
wünschte, nicht genügend bezeichnet, kann der kantonalen Instanz nicht
beigepflichtet werden.

    In einem Fall wie dem vorliegenden, wo es um das Auffinden eines vom
Grundprotokoll selber erwähnten, örtlich jedoch nicht genau bestimmten
Grundstücks geht, dürfen an die Spezifizierungspflicht gemäss Art. 970
Abs. 2 ZGB nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Denn ausser
der Tatsache, dass die Parzelle einstmals in Zumikon im Gebiete des
"Vogelackers" gelegen haben muss und zuletzt dem Erblasser Ernst
Wunderli-Huber gehört haben soll, ist nichts Näheres bekannt. Es muss
daher genügen, wenn der Beschwerdeführer erklärt, dass er in diesem
verhältnismässig eng begrenzten Gebiet des "Vogelackers" Nachforschungen
anstellen wolle, und verlangt, dass ihm in die in Betracht fallenden
Grundprotokolleinträge und Belege Einsicht zu geben sei. Auf welche
Liegenschaften sich diese Sucharbeiten im einzelnen beziehen werden, hängt
naturgemäss vom Erfolg der Ermittlungen ab und kann vom Beschwerdeführer
nicht zum vornherein angegeben werden. Das will freilich nicht heissen,
dass einem wahllosen Durchwühlen sämtlicher Schriften stattzugeben
wäre. Die Nachforschungen haben zielgerichtet zu erfolgen und sich stets
auf den gesuchten Gegenstand zu beschränken, denn der Umfang des Rechts
auf Einsicht wird auch in diesem Falle durch den Umfang des glaubhaft
gemachten Interesses bestimmt (HOMBERGER, N 10 zu Art. 970 ZGB). Dagegen
kann vom Einsichtsberechtigten erst mit dem Fortschreiten der Sucharbeiten
verlangt werden, dass er von Fall zu Fall genau sage, welche Einträge
und Belege er nun einsehen möchte.

    Das Grundbuchamt selber hat sich übrigens nie darauf berufen, die zur
Einsicht gewünschten Blätter und Belege seien ungenügend spezifiziert. Im
Gegenteil: es hat sich bereit erklärt, mit einem bevollmächtigten
Vertreter der Erben Wunderli "sämtliche bei uns befindlichen Unterlagen
nochmals zu durchgehen und alle von diesem Vertreter gewünschten
Nachschlagungen in seiner Anwesenheit vorzunehmen" (Schreiben des Amtes
an den Beschwerdeführer vom 23. Dezember 1969). In diesem Punkt hat also
das Grundbuchamt - anscheinend entgegen dem Obergericht - zu Recht kein
Hindernis gesehen.

    cc) Gemäss Art. 970 Abs. 2 ZGB steht das Recht auf Einsichtnahme
ins Grundbuch jedermann zu, der ein Interesse glaubhaft macht. Dass im
vorliegenden Falle die Erben Wunderli ein solches Interesse besitzen, liegt
auf der Hand und wird von keiner Seite in Zweifel gezogen. Dagegen lehnte
es das Grundbuchamt Küsnacht ab, "auf Verlangen jedes der 6 Erben Wunderli
umfangreiche Arbeiten wiederholt durchführen zu müssen", nur weil die
Erben uneinig seien. Es teilte dem Beschwerdeführer mit, ein nochmaliges
Durchgehen sämtlicher bereits mit der Vertreterin der Frau Meier-Wunderli
"mit einem Zeitaufwand von mehreren Halbtagen" durchgesehenen Unterlagen
(Grundprotokolleinträge, Verträge, Pläne usw.) komme nur in Frage, wenn
dies von einem gemeinsam bevollmächtigten Erbenvertreter verlangt werde;
die Erben Wunderli hätten sich deshalb vorgängig über ihren Standpunkt zu
einigen (Schreiben des Grundbuchamtes vom 23. und 29.12.69 sowie 7.1.70
sowie Vernehmlassung vom 14.8.70). - Das Obergericht führte dazu aus,
in dieser Stellungnahme des Grundbuchamtes liege keine Vorenthaltung
des dem Beschwerdeführer zustehenden Einsichtsrechts; es sei dem Amte
nicht zuzumuten, mit jedem der sechs Miterben getrennt zeitraubende
Nachschlagungen wiederholt durchzuführen.

    Der Ansicht des Obergerichts kann nur teilweise zugestimmt werden. In
den zitierten Schreiben lehnte es das Grundbuchamt unmissverständlich
ab, dem Beschwerdeführer das gleiche Einsichtsrecht zu gewähren wie
zuvor seiner Miterbin bzw. ihrer Beauftragten. Es verweigerte ihm das
persönliche Nachforschen im Grundprotokoll und den zugehörigen Belegen
und erklärte, höchstens noch mit einem gemeinsamen Vertreter aller Erben
verkehren zu wollen. Darin liegt eine Verletzung von Art. 970 ZGB. Denn
diese Bestimmung verlangt für die Einsichtnahme ins Grundbuch nicht ein
rechtliches Interesse; ein bloss tatsächliches (z.B. wirtschaftliches)
Interesse genügt (HOMBERGER, N 7/8 zu Art. 970 ZGB). Ein solches besitzt
jedoch nicht nur die Erbengemeinschaft als ganzes, sondern jeder einzelne
Erbe, wenn es, wie hier, um das Auffinden eines möglicherweise zur Erbmasse
gehörenden Grundstücks, also um die Wahrung ungewisser Rechte geht, auch
wenn diese Rechte im Falle ihres Bestehens der Gemeinschaft als solcher
und nicht dem einzelnen Erben zustehen. Hat aber jeder einzelne Erbe ein
persönliches Recht auf Einsichtnahme ins Grundbuch oder Grundprotokoll, so
darf der Grundbuchführer nicht verlangen, dass die Erben einen gemeinsamen
Vertreter bestellen, der mit dem Grundbuchamt zu verkehren und die
weiteren Nachforschungen durchzuführen hätte. Eine solche Bedingung
durfte der Grundbuchführer umso weniger stellen, als er mit einer der
Erbinnen bzw. mit deren Beauftragten bereits ausgedehnte Nachschlagungen
vorgenommen hatte; denn was einer Miterbin zugestanden wurde, darf einem
andern Erben, der das gleiche Interesse besitzt, nicht verweigert werden. -
Was sodann die im Besitze der Frau Meier befindlichen Unterlagen betrifft,
so ist es durchaus verständlich, dass sich der Beschwerdeführer nicht auf
Nachschlagungen und Aufzeichnungen verlassen wollte, die eine Dritte, die
nicht seine Beauftragte war, vorgenommen hatte, konnten ihm solche Notizen
ja doch nicht das gleiche Bild und die gleiche Gewissheit vermitteln
wie eine persönliche Einsichtnahme ins Grundprotokoll. Indessen ist
nicht anzunehmen, dass das Grundbuchamt dem Beschwerdeführer mit der
Aufforderung, zuerst die Unterlagen bei der Miterbin einzusehen, eine
eigentliche Bedingung stellen wollte; diese Aufforderung war eher als
Empfehlung zu verstehen.

    dd) Der Grund für die Forderung des Grundbuchamtes nach
einem gemeinsamen Erbenvertreter lag offenbar in der Befürchtung,
unverhältnismässig viel Zeit für Nachschlagungen und Ausfertigungen
von Auszügen aufwenden zu müssen, falls nun jeder der zerstrittenen
Erben Wunderli einzeln entsprechende Begehren anmeldete. Diese Gefahr
ist in der Tat nicht zu verkennen, doch kann ihr mindestens teilweise
dadurch begegnet werden, dass der Grundbuchführer sämtliche Erben zu
einer gemeinsamen Sitzung auf dem Grundbuchamt einlädt, an der jeder
persönlich teilnehmen oder sich (durch irgendeine handlungsfähige Person)
vertreten lassen kann und an der den Erben Gelegenheit geboten wird, alle
in Frage kommenden Grundprotokolleinträge, Pläne und Belege einzusehen und
Abschriften zu erstellen. Zwar wird der Grundbuchbeamte dabei im Rahmen des
Gesetzes auch Einzelwünsche der Erben berücksichtigen müssen, selbst wenn
dies zeitraubende Nachschlagungen, ja mehrere Sitzungen notwendig machen
sollte und die Mehrheit der Erben mit weniger weit gehenden Abklärungen
einverstanden wäre. Aber auch dann noch hat dieses Vorgehen den Vorteil,
dass der Grundbuchführer alle Nachschlagungen nur einmal vorzunehmen hat.

    Die Erben, die sich nicht interessieren, sind nicht verpflichtet,
einer solchen Einladung zu einer gemeinsamen Arbeitssitzung Folge zu
leisten; wer jedoch fernbleibt und sich auch nicht vertreten lässt,
verzichtet damit auf sein Einsichtsrecht. Der Beschwerdeführer hat entgegen
seiner in der Beschwerde geäusserten Ansicht keinen Anspruch darauf,
allein und ohne Beisein anderer Erben die gewünschten Nachforschungen im
Grundprotokoll und den dazugehörigen Belegen vornehmen zu können. Diese
bloss äussere Beschränkung des Einsichtsrechts ist für den Beschwerdeführer
und seine Miterben durchaus tragbar und rechtfertigt sich im Interesse
eines ungestörten Betriebes im Grundbuchamt. Aus dem gleichen Grunde
kann der Beschwerdeführer nicht verlangen, dass ihm das Grundbuchamt
den ganzen, offensichtlich schwierigen und komplizierten Gang der
Nachforschungen auf dem Korrespondenzweg beschreibe und erkläre. Es ist
dem Beschwerdeführer zuzumuten, sich selber zu mündlichen Verhandlungen
nach Küsnacht zu begeben oder einen Vertreter zu entsenden. Schriftliche
Auszüge kann das Grundbuchamt nur über ganz bestimmte, klar bezeichnete
Grundprotokolleinträge anfertigen, und es muss dafür in jedem Falle ein
rechtlich schutzwürdiges Interesse vorhanden sein (HOMBERGER, N 8 zu
Art. 970 ZGB).

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    1.- Soweit auf die Beschwerde eingetreten werden kann, wird sie
teilweise gutgeheissen.

    2.- Der angefochtene Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 14. Juli 1971, wird aufgehoben.

    3.- Das Grundbuchamt Küsnacht wird angewiesen, dem Beschwerdeführer
persönlich oder - falls dieser einen Vertreter bezeichnet - dessen
Vertreter zu gestatten, in der in den Erwägungen dieses Entscheides näher
umschriebenen Weise in das Grundprotokoll und die dazugehörigen Belege
Einsicht zu nehmen.

    4.- Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.