Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 I 6



97 I 6

2. Auszug aus dem Urteil vom 19. Februar 1971 i.S. Scotoni gegen Kanton
Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Regeste

    Kantonales Prozessverfahren; Wahrung der Rechtsmittelfrist.

    Es ist nicht willkürlich, die Aufgabe bei einer ausländischen
Poststelle für die Wahrung der Frist nicht anzuerkennen, wenn das Gesetz
als Aufgabestelle die Post schlechthin zulässt.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Es entspricht allgemeiner Rechtsauffassung, dass eine Vorschrift,
welche die Benützung der Post für die Fristwahrung der Einreichung bei der
Behörde selbst gleichstellt, unter Post regelmässig nur eine schweizerische
Poststelle versteht. Zwar ist in einzelnen Prozessgesetzen ausdrücklich
von der schweizerischen Post die Rede. So stellen Art. 32 Abs. 3 des
Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege und § 213 des
zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes der Einreichung bei der Behörde
nur die Benützung der schweizerischen Post gleich. Wo das aber nicht der
Fall ist, wird unter der Post regelmässig ebenfalls nur die schweizerische
Post verstanden. Das gilt nach der Rechtsprechung für Art. 32 SchKG (BGE 47
III 195, 67 III 70). Sachliche Gründe sprechen dafür, dass die Befugnis zur
Entgegennahme von Rechtsschriften mit voller prozessualer Wirkung nicht auf
eine ausländische Poststelle ausgedehnt wird. Die Gleichstellung der Post
mit einer Amtsstelle ist eine Konzession an die Verkehrsbedürfnisse. Die
Einreichung bei einer Poststelle tritt an die Stelle der Abgabe bei
der zuständigen Behörde, obwohl die Rechtsvorkehr bei dieser später
eingeht. Die Gleichbehandlung rechtfertigt sich, weil die Unsicherheit
darüber, ob eine befristete Rechtshandlung rechtzeitig vorgenommen wurde,
im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der schweizerischen Post nicht lange
anhält. Die Entgegennahme einer befristeten Rechtsvorkehr stellt zudem eine
Art Hoheitsakt dar, der nur einer inländischen Poststelle zukommen soll,
zumal bei grösserer Entfernung einer ausländischen Poststelle oder aus
andern Gründen (Streik des ausländischen Postpersonals usw.) Verspätungen
eintreten können, mit denen bei der Benützung der schweizerischen Post
nicht gerechnet zu werden braucht.

    Das Verwaltungsgericht hat denn auch § 30 Abs. 3 der VV zum StG schon
früher im Sinn des angefochtenen Entscheides ausgelegt (Geschäftsbericht
des Verwaltungsgerichtes 1961 Nr. 57 S. 72); die Lehre pflichtet ihm bei
(HAUSER, Zürcherisches Gerichtsverfassungsgesetz zu § 213 N. 3).

    Da die Rekursschrift erst am 13. Oktober bei der Rekurskommission
einging, die Beschwerdefrist aber am 9. Oktober 1970 ablief und nicht
festgestellt ist, dass die Sendung der schweizerischen Post noch am
letzten Tage der Frist übergeben wurde, durfte der Rekurs ohne Verletzung
von Art. 4 BV als verspätet erklärt und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
aus diesem Grunde abgewiesen werden.