Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 I 193



97 I 193

31. Auszug aus dem Urteil vom 17. Februar 1971 i.S. Cementwerke Vigier
AG gegen Gemeinde Bern und Baudirektion des Kantons Bern. Regeste

    Art. 4 BV und Art. 2 Ueb. Best. BV; Grundbuchvermessungsgebühren.

    1.  Moderation von Vermessungsgebühren nach bernischem
Recht. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde (Erw. 1-3).

    2.  Die bernischen Gemeinden, die einen eigenen Vermessungsdienst
unterhalten, sind berechtigt, die als Entgelt für die Nachführungsarbeiten
zu erhebende Gebühr in einem Gemeindeerlass zu ordnen (Erw. 5 a).

    3.  Bedarf die Gebühr einer gesetzlichen Grundlage im formellen
Sinn? (Erw. 5 b).

    4.  Bei der Bemessung einer Gebühr hat das bezugsberechtigte
Gemeinwesen dem sog. Kostendeckungsprinzip und dem Grundsatz
der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen und das Gebot der
rechtsgleichen Behandlung zu beachten. Der stadtbernische Tarif über die
Nachführungsarbeiten vom 7. Dezember 1960 genügt diesen Anforderungen nicht
(Erw. 6-8).

Sachverhalt

    A.- Nach Art. 954 Abs. 1 ZGB sind die Kantone berechtigt,
für die Eintragung in das Grundbuch und für die damit verbundenen
Vermessungsarbeiten Gebühren zu erheben. Gemäss Art. 3 Abs. 2 der
bundesrätlichen Verordnung über die Grundbuchvermessung vom 5. Januar
1934 (SR 211.432.2) haben die Kantone unter anderem Bestimmungen
zu erlassen über die Tragung der Kosten für die Vermarkung und
Vermessung der Grundstücke. Im Kanton Bern geschieht die Nachführung
der Vermessungswerke durch angestellte Geometer, deren Obliegenheiten
zusammen mit den Nachführungsgebühren im Dekret des Grossen Rates über die
Nachführung der Vermessungswerke (NVD) vom 23. November 1915 geregelt
sind, welches sich auf Art. 131 des bern. EG zum ZGB vom 28. Mai 1911
stützt. Dieses Dekret ist am 4. Dezember 1915 vom Eidg. Justiz- und
Polizeidepartement (EJPD) genehmigt worden und am 1. Januar 1916 in
Kraft getreten. Gemäss § 1 NVD bildet jede Einwohnergemeinde einen
Nachführungskreis; mehrere Gemeinden können sich mit Bewilligung
der Vermessungsaufsicht zu einem Kreis vereinigen. Die Nachführung
erfolgt ausschliesslich durch besondere Nachführungsgeometer, die im
Besitze des eidg. Geometerpatentes sein müssen (§ 2 Abs. 1 NVD) und
deren Anstellungsverhältnis in einem mit der betreffenden Gemeinde
abzuschliessenden Dienstvertrag zu regeln ist (§ 2 Abs. 2 NVD); nach
Abs. 3 dieser Bestimmung können indessen auch Gemeindebeamte, die das
Geometerpatent besitzen, mit der Nachführung betraut werden. Das NVD
enthält im Abschnitt "Gebühren und Bundesbeitrag" unter anderem folgende
Bestimmungen:
   § 34

    "Alle zur Nachführung und Erhaltung der Vermessungswerke durch den
Nachführungsgeometer auszuführenden Arbeiten erfolgen gegen Entgelt. Der
Gebührentarif, der auch die Reiseauslagen und die Feldzulagen regelt,
wird durch Verordnung des Regierungsrates festgesetzt, die den zuständigen
Organen der Bundesverwaltung zur Genehmigung zu unterbreiten ist."
   § 35

    "Der Staat trägt die gesamten Kosten der Aufsichtsführung und
der Neuerstellung der auf dem Grundbuchamt aufbewahrten Doppel von
Grundbuchplänen, sowie die Versicherungsprämien (§ 25).

    Die übrigen Kosten fallen zu Lasten der Gemeinden; diese sind
berechtigt, die Kosten für alle in § 36 nicht erwähnten Arbeiten ganz oder
zum Teil auf die beteiligten Grundeigentümer zu verlegen. Über Anstände,
die sich hieraus ergeben, entscheidet der Regierungsrat."
   § 36

    "Der an die Nachführungskosten auszurichtende Bundesbeitrag ist
den Gemeinden auszuzahlen. Bei denjenigen Gemeinden, in welchen der
Nachführungsgeometer kein Gemeindebeamter ist, soll der Bundesbeitrag in
erster Linie zur Deckung der Kosten folgender Arbeiten verwendet werden:

    1.  Nachführung des Gemeindedoppels des Vermessungswerkes, der
Übersichts- und Polygonnetzpläne, die beim Geometer liegen;

    2.  Erhaltung der Versicherung der Polygonpunkte;

    3.  Ergänzungsarbeiten im Sinne der Bundesratsverordnung vom
15. Dezember 1910;

    4.  Erneuerung von Plänen und Büchern, mit Ausnahme der in § 35,
Alinea 1, genannten;

    5.  Behebung von konstatierten Fehlern und notwendige Berichtigung von
Mängeln im Vermessungswerk, soweit sie nicht durch den Nachführungsgeometer
verschuldet sind;

    6.  Revisionsarbeiten allgemeiner Natur, für welche keine
Kostenverteilung möglich ist.

    Ein Aktivsaldo ist auf neue Rechnung vorzutragen, ein Passivsaldo
durch die laufende Verwaltung zu decken."

    Der Regierungsrat des Kantons Bern hat bis heute keine eigentliche
Tarifverordnung im Sinne von § 34 NVD erlassen. Seit 18. August 1925
besteht indessen ein "Akkordtarif", der dem Normaldienstvertrag mit den
einzelnen Geometern beigeheftet ist. Dieser Tarif bildet Bestandteil
der Dienstverträge und hebt die damit im Widerspruch stehenden Artikel
dieser Verträge auf (Regierungsratsbeschlüsse Nr. 3659 vom 18. August
1925/Nr. 1851 vom 1. April 1952 /Nr. 3859 vom 10. Juli 1959 /Nr. 6693 vom
22. September 1964). In Ziff. 2 der erwähnten Beschlüsse vom 1. April
1952 und vom 10. Juli 1959 bestimmte der Regierungsrat ausserdem,
dass in den Kreisen, in denen Beamte den Nachführungsdienst besorgen,
ein besonderer Tarif aufgestellt werden kann, der dem Regierungsrat zur
Genehmigung vorzulegen ist.

    Der Stadtrat von Bern erliess am 13. Februar 1919 unter anderem
gestützt auf Art. 36 lit. e der Gemeindeordnung vom 27. November 1899
(GO 1899) und auf § 2 Abs. 3 und § 5 NVD eine Verordnung über das
Vermessungsamt der Einwohnergemeinde Bern, welchem die Ausführung der
Grundbuchvermessung auf dem Gemeindegebiet übertragen wurde. Art. 10
dieser Verordnung lautet wie folgt:

    "Das Vermessungsamt ist berechtigt, für alle seine Arbeiten von dem
Besteller zu Handen der Gemeindekasse eine Gebühr zu erheben.

    Die Gebühren werden in einem vom Gemeinderat zu erlassenden
Gebührentarif festgesetzt. Derselbe unterliegt der Genehmigung des
Regierungsrates und der zuständigen Organe der Bundesverwaltung."

    Diese Regelung wurde nach dem Erlass der Gemeindeordnung vom 29. März
1920 (GO 1920) und der sie ersetzenden Gemeindeordnung vom 30. Juni 1963
(GO 1963) beibehalten (Art. 85 Abs. 4 GO 1920; Art. 128/9 GO 1963). Am
7. Dezember 1960 erliess der Gemeinderat von Bern gestützt darauf den
gegenwärtig gültigen "Tarif des Vermessungsamtes der Stadt Bern über die
Nachführungsarbeiten" (im folgenden: Tarif), der am 27. Januar 1961 - mit
einem hier nicht in Betracht fallenden Vorbehalt - vom Regierungsrat und
am 27. März 1961 vom EJPD genehmigt wurde. Gemäss Ziff. 1 dieses Tarifs ist
für Nachführungsarbeiten (Grenzänderungen) unter anderem eine Grundtaxe von
Fr. 30.- und ein Zuschlag von 5 o/00 des Verkehrswerts der neu entstandenen
bzw. abgetrennten Grundstücksflächen zu entrichten. Als Verkehrswert gilt
der für die massgebende Fläche bezahlte Kaufpreis bzw. der angerechnete
Übernahmepreis; bei Schenkungen der amtliche Wert (Ziff. 2 des Tarifs).

    B.- Am 19. Juli 1966 erteilten die Erbengemeinschaft Surber
(Eigentümerin der Besitzung Nr. 116 X im Halte von 266'214 m2 ) und die
Cementwerke Vigier AG (Erwerberin von 73'995 m2 des erwähnten Grundstücks)
dem Vermessungsamt der Stadt Bern den Auftrag, die Parzelle Nr. 116 im
Brünnengut, Bern, aufzuteilen. Zu diesem Zwecke hatte das Vermessungsamt
einen Grenzstein zu setzen sowie eine Grenzlinie zu ziehen und die Flächen
der beiden getrennten Parzellen auszurechnen. Mit Rechnung vom 1. Oktober
1966 forderte es hiefür gestützt auf den erwähnten städtischen Tarif vom
7. Dezember 1960 eine Gebühr von Fr. 13'488.--.

    Die Cementwerke Vigier AG ersuchte hierauf den Gemeinderat der
Stadt Bern mit Schreiben vom 13. Oktober 1966 um eine angemessene
Herabsetzung des Rechnungsbetrages. Der Gemeinderat wies dieses Begehren
jedoch am 11. Januar 1967 ab. Zur Begründung führte er aus, nach dem
geltenden Tarif sei eine Gebühr von 5o/00 des Verkehrswertes der neu
entstandenen bzw. abgetrennten Grundstücksflächen zu erheben, wobei als
Verkehrswert der für die massgebliche Fläche bezahlte Kaufpreis zu gelten
habe. Dieser sei für das auszumarchende Grundstück im Halte von 73'995
m 2 mit Fr. 70.- pro m2 angegeben worden. Da das fragliche Grundstück
"noch keine Bauparzelle bedeute" und da es "wahrscheinlich später bei
einer Anpassung an den Bebauungsplan nochmals verändert" werden müsse,
sei bei der Gebührenberechnung von einem Quadratmeterpreis von Fr. 35.-
ausgegangen worden, was unter Berücksichtigung der übrigen Posten den
beanstandeten Rechnungsbetrag ergebe. Weiter könne der Gesuchstellerin
nicht entgegengekommen werden.

    C.- Mit Eingabe vom 15. März 1967 ersuchte die Cementwerke Vigier
AG hierauf die Baudirektion des Kantons Bern um amtliche Festsetzung
der verfallenen Vermessungsgebühr. Sie stützte sich dabei auf § 37 NVD,
wonach der "zahlungspflichtigen Partei" in jedem Fall das Recht zusteht,
"die amtliche Festsetzung der geschuldeten Gebühren und Auslagen zu
verlangen". Zur Begründung machte sie - wie bereits vor dem Gemeinderat
der Stadt Bern - geltend, der Rechnungsbetrag sei angesichts der vom
Vermessungsamt erbrachten Leistungen offensichtlich übersetzt.

    Mit Entscheid vom 14. Februar 1968 wies die Baudirektion des
Kantons Bern das Moderationsbegehren ab und bestätigte die angefochtene
Gebührenrechnung vom 1. Oktober 1966.

    D.- Die Cementwerke Vigier AG führt staatsrechtliche Beschwerde
mit dem Antrag, der Entscheid der Baudirektion vom 14. Februar 1968 sei
aufzuheben. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 4 BV und -
sinngemäss - eine solche von Art. 2 der Übergangsbestimmungen der BV. Sie
macht im wesentlichen geltend, dem stadtbernischen Tarif vom 7. Dezember
1960 ermangle es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage; die im
vorliegenden Fall erhobene Gebühr sei zudem offensichtlich übersetzt und
verstosse gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit.

    E.- Die Baudirektion des Kantons Bern beantragt die Abweisung der
Beschwerde, während die Tiefbaudirektion der Stadt Bern den Antrag stellt,
auf die Beschwerde sei mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs
nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Die Begründung dieser
Anträge ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachfolgenden Erwägungen.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    I. Formelles 1. - Zur Begründung ihres Nichteintretensantrags
macht die Tiefbaudirektion der Stadt Bern folgendes geltend: Wenn die
Vermessungsarbeiten nicht durch freierwerbende Geometer, sondern durch
Gemeindebeamte ausgeführt würden, handle es sich bei der entsprechenden
Vergütung um eine Gebühr und damit um eine "Gemeindeabgabe" im Sinne
von Art. 24 Ziff. 1 des bernischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom
22. Oktober 1961 (VRPG). Über eine solche Abgabe habe ungeachtet der
Vorschrift von § 37 NVD nicht die Baudirektion als Aufsichtsbehörde,
sondern gemäss Art. 24 Ziff. 1 VRPG der Regierungsstatthalter zu
entscheiden, dessen Urteil nach Massgabe von Art. 26 Abs. 2 VRPG an das
Verwaltungsgericht weitergezogen werden könne. Die Baudirektion hätte
daher im vorliegenden Fall ihre sachliche Zuständigkeit verneinen und
die Streitsache an den Regierungsstatthalter überweisen sollen. Ihr
Entscheid sei mithin nichtig; er könne von der Beschwerdeführerin mit
der an keine Frist gebundenen Kassationsbeschwerde beim Regierungsrat
angefochten und von diesem gemäss Art. 35 Abs. 1 VRPG jederzeit aufgehoben
werden. Der kantonale Instanzenzug sei somit nicht erschöpft, weshalb
auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werden könne
(Art. 86 Abs. 2 und Art. 87 OG). - In der Behauptung, der angefochtene
Entscheid sei nichtig, ist ferner sinngemäss der Einwand enthalten, die
Beschwerdeführerin sei nicht beschwert und daher zur staatsrechtlichen
Beschwerde nicht legitimiert (Art. 88 OG).

    Die Baudirektion und die Beschwerdeführerin machen demgegenüber
geltend, das NVD gehe als lex specialis dem VRPG vor und § 37 NVD gehöre
zu den in Art. 31 VRPG vorbehaltenen "besonderen Verfahrensvorschriften",
die auch nach dem Erlass des VRPG weiterhin in Kraft blieben. - Sowohl das
Verwaltungsgericht als auch der Regierungsrat des Kantons Bern haben sich
dieser Auffassung angeschlossen. Das Verwaltungsgericht bringt in seiner
Stellungnahme ausserdem vor, bei der Kassation nach Art. 35 Abs. 1 VRPG
handle es sich nicht um ein den Parteien zustehendes Rechtsmittel, sondern
um eine aus der Oberaufsicht fliessende Befugnis des Regierungsrates und
des Verwaltungsgerichts.

Erwägung 2

    2.- Ob die Sachurteilsvoraussetzungen gemäss Art. 84 ff. OG gegeben
sind, hat das Bundesgericht von Amtes wegen abzuklären. Dabei steht
ihm grundsätzlich die freie Überprüfung zu, und zwar auch in bezug
auf das in Betracht fallende kantonale Recht; doch misst es dabei der
Auslegung, die dieses in der Rechtsprechung der obersten kantonalen
Behörden erfährt, ein besonderes Gewicht bei (BGE 91 I 414, 93 I 174
Erw. 3 a). Was die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs anbelangt,
so hat das Bundesgericht ferner den Grundsatz aufgestellt, dass ein
kantonales Rechtsmittel nicht ergriffen zu werden braucht, wenn an seiner
Zulässigkeit im konkreten Fall ernstliche Zweifel bestehen (BGE 96 I 644
Erw. 1 mit Hinweisen).

Erwägung 3

    3.- Unter der Herrschaft des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom
31. Oktober 1909 war es Sache des Verwaltungsgerichts, Streitigkeiten
über öffentliche Leistungen an den Staat oder an Gemeinden zu
beurteilen (Art. 11 Ziff. 6). Gemäss Art. 11ter dieses Gesetzes
(eingefügt durch das Gesetz vom 30. Juni 1935 über Massnahmen zur
Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts im Staatshaushalt)
wurde hiefür der Regierungsstatthalter für sachlich zuständig erklärt,
allerdings unter Vorbehalt der Beschwerde an das Verwaltungsgericht. An
dieser Ordnung hat sich mit dem Erlass des neuen VRPG im Jahre 1961
nichts geändert (vgl. Art. 24 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 26 Abs.
2 VRPG). Das bedeutet jedoch nicht, dass Streitigkeiten über die Höhe
einer Vermessungsgebühr von den erwähnten Verwaltungsjustizbehörden zu
beurteilen sind, denn gemäss Art. 31 Abs. 1 VRPG finden die Vorschriften
dieses Gesetzes keine Anwendung, wenn für einen bestimmten Bereich des
Verwaltungsrechts besondere Verfahrensvorschriften bestehen, für deren
Beibehaltung ausreichende Gründe vorhanden sind (vgl. GYGI/STUCKI,
Handkommentar zum VRPG, N. 2 zu Art. 31 VRPG).

    Das Moderationsverfahren gemäss § 37 NVD wird im Gegensatz
zum Verwaltungsjustizverfahren weder durch Beschwerde noch durch
Klage, sondern durch ein Gesuch um amtliche Gebührenfestsetzung
angehoben. Es ist offensichtlich dem Kostenfestsetzungsverfahren im
Notariats- und Anwaltsrecht nachgebildet und soll es den Beteiligten
ermöglichen, Streitigkeiten über die Angemessenheit des geforderten
Betrags in einem einfachen Verfahren vor einer fachkundigen Instanz
auszutragen. Die kantonale Baudirektion verfügt als Aufsichtsbehörde
über die erforderlichen Fachkenntnisse und vermag die erwähnten Anstände
in der Regel ohne Mitwirkung besonderer Experten zu beurteilen, während
die Verwaltungsjustizbehörden in derartigen Fällen regelmässig auf die
Hilfe von Sachverständigen angewiesen wären. Das in § 37 NVD vorgesehene
Moderationsverfahren erscheint mithin nicht nur in denjenigen Fällen
als sinnvoll, in denen die Honorarforderung eines freierwerbenden
Geometers angefochten wird; es ist vielmehr auch dann angezeigt, wenn ein
Gemeindebeamter als Nachführungsgeometer tätig gewesen ist und Streit
über die Höhe der hiefür geschuldeten Gebühr entsteht. Die von der
Tiefbaudirektion der Stadt Bern geforderte Kompetenzaufteilung zwischen
der kantonalen Baudirektion (für die Moderation von Honorarforderungen
freierwerbender Geometer) und den Verwaltungsjustizbehörden (für
die Moderation entsprechender Gebühren) wäre einer einheitlichen
Rechtsprechung nicht förderlich. Für die erwähnte Aufsplitterung der
Zuständigkeiten besteht im übrigen umso weniger Anlass, als das NVD
dafür keinerlei Anhaltspunkte enthält, wird doch in § 37 NVD ausgeführt,
dass die amtliche Festsetzung der Gebühren und Auslagen "in jedem Fall"
in dem hiefür vorgesehenen Verfahren verlangt werden kann; in § 2 Abs. 3
NVD wird zudem der Grundsatz aufgestellt, dass die Vorschriften des Dekrets
auf die als Geometer tätigen Gemeindebeamten sinngemäss Anwendung finden.

    Die Auffassung der kantonalen Baudirektion und der zur Stellungnahme
eingeladenen obersten kantonalen Verwaltungsjustizbehörden, bei den
Bestimmungen des § 37 NVD handle es sich um "besondere Vorschriften"
im Sinne von Art. 31 Abs. 1 VRPG, stützt sich nach dem Gesagten auf
sachlich richtige Überlegungen. Für das Bundesgericht besteht daher
kein Anlass, davon abzuweichen und der kantonalen Baudirektion die
Zuständigkeit zur Moderation von Vermessungsgebühren abzusprechen. - Der
Entscheid der Baudirektion ist endgültig (§ 37 Abs. 1 Satz 2 NVD). Beim
angefochtenen Beschluss vom 14. Februar 1968 handelt es sich mithin um
einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid, gegen den staatsrechtliche
Beschwerde geführt werden kann (Art. 86 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 87
OG). Auf die vorliegende Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten.

Erwägung 4

    4.- ...

    II. Materielle Beurteilung

Erwägung 5

    5.- Das Vermessungsamt der Stadt Bern stützt seine Gebührenforderung
auf den von der städtischen Exekutive (Gemeinderat) erlassenen Tarif vom
7. Dezember 1960, der sowohl vom Regierungsrat als auch vom EJPD genehmigt
worden ist. Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss geltend, als Grundlage
für diesen Tarif diene Ziff. 2 Abs. 2 des Regierungsratsbeschlusses
Nr. 3859 vom 10. Juli 1959 über die Abänderung des "Akkordtarifs" für die
Nachführung der Vermessungswerte, wonach in den Kreisen, in denen Beamte
den Nachführungsdienst besorgen, ein besonderer Tarif aufgestellt werden
kann. Sie bringt vor, die gemäss § 34 NVD dem Regierungsrat vorbehaltene
Befugnis zum Erlass eines Gebührentarifs könne zum vorneherein nicht
an die Gemeinde subdelegiert werden; dazu komme, dass dem erwähnten
Regierungsratsbeschluss vom 10. Juli 1959 jede Rechtsatzwirkung abgehe, da
er keine Rechtsverordnung darstelle und nicht publiziert worden sei. Die
fragliche Vermessungsgebühr sei somit ohne gültige gesetzliche Grundlage
erhoben worden, weshalb der angefochtene Beschluss als verfassungswidrig
aufzuheben sei.

    a) Das Bundesgericht hat die sog. Gesetzesdelegation in ständiger
Rechtsprechung als grundsätzlich zulässig bezeichnet, sofern die
entsprechende Ermächtigungsklausel auf ein bestimmtes Sachgebiet
beschränkt bleibt und die Delegation in der Verfassung nicht ausdrücklich
ausgeschlossen ist (BGE 92 I 45 mit Verweisungen; vgl. auch A. GRISEL,
Droit administratif suisse, p. 84/5). Diese Rechtsprechung bezieht sich
freilich vorwiegend auf die Übertragung von Befugnissen vom kantonalen
Gesetzgeber auf eine andere kantonale Behörde. Ob sie auch diejenigen
Fälle trifft, in denen das Verhältnis zwischen Kanton und Gemeinden in
Frage steht, hat das Bundesgericht im erwähnten Entscheid BGE 92 I 45
Erw. 1 offen gelassen. Dieses Problem stellt sich indessen jedenfalls
dann nicht, wenn die kantonale Legislative die Gemeinde auf dem Wege der
Gesetzgebung zur Reglementierung einer bestimmten Materie ermächtigt
und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt,
denn in derartigen Fällen liegt nicht eine eigentliche Delegation,
sondern vielmehr eine Kompetenzausscheidung zwischen Kanton und Gemeinde
vor. Voraussetzung dafür ist freilich, dass die betreffende kantonale
Rechtsordnung eine derartige Kompetenzaufteilung zulässt.

    Gemäss Art. 2 Ziff. 1 des bernischen Gesetzes über das Gemeindewesen
(Gemeindegesetz) vom 9. Dezember 1917 steht den Gemeinden "die
Besorgung der ihr durch staatliche Erlasse übertragenen oder überlassenen
Angelegenheiten" zu. Darunter fällt auch das Vermessungswesen, sofern als
Nachführungsgeometer Gemeindebeamte eingesetzt werden und der entsprechende
Gemeindeerlass von der zuständigen Kantons- und Bundesbehörde genehmigt
worden ist (§ 2 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 NVD). Daraus und aus den
Bestimmungen von §§ 34 ff. NVD ergibt sich ohne weiteres das Recht der
Gemeinden, in einem genehmigungspflichtigen Erlass das Gebührenwesen zu
ordnen, wenn die Nachführungsarbeiten einem kommunalen Vermessungsamt
übertragen werden. Diese Befugnis steht im übrigen auch im Einklang mit
Art. 219 Abs. 2 des bernischen Gesetzes über die direkten Staats- und
Gemeindesteuern, wonach die Gemeinden in allgemeiner Form für berechtigt
erklärt werden, "Gebühren, Taxen und dergleichen" zu erheben. Mit
Rücksicht auf die im NVD verankerte Ordnung des bernischen Vermessungs-
und Nachführungswesens kann sich der nach § 34 NVD vom Regierungsrat
zu erlassende Gebührentarif somit lediglich auf die Verrichtungen des
freierwerbenden Geometers beziehen.

    Der von der Beschwerdeführerin beanstandeten Ermächtigung in Ziff. 2
Abs. 2 des Regierungsratsbeschlusses Nr. 3859 vom 10. Juli 1959 kommt
mithin bloss deklaratorische Bedeutung zu. Die Befugnis der über einen
eigenen Vermessungsdienst verfügenden Gemeinden, die als Entgelt für die
Nachführungsarbeiten zu erhebenden Gebühren in einem Gemeindeerlass zu
ordnen, ergibt sich nach dem Gesagten aus dem NVD selbst, mit welchem
der kantonale Gesetzgeber eine Kompetenzausscheidung zwischen Kanton
und Gemeinden vorgenommen hat. So führt der Regierungsrat in Ziff. 2
Abs. 2 seines Beschlusses Nr. 6693 vom 22. September 1964 (Abänderung
des Tarifs 1959) denn auch aus, die darin enthaltene Ordnung finde
auf die Vermessungsämter der Städte Bern und Biel, die einen eigenen
Nachführungstarif besitzen, keine Anwendung. Dazu kommt, dass sich der
angefochtene städtische Tarif gemäss Ingress nicht auf den beanstandeten
Regierungsratsbeschluss, sondern unter anderem auf das NVD selbst
stützt. Die Rüge, für eine kommunale Regelung der Vermessungsgebühren fehle
es im vorliegenden Fall an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage,
erweist sich daher als unbegründet.

    b) Die stadtbernische Vermessungsgebühr stellt das Entgelt für
die Inanspruchnahme einer Verwaltungseinrichtung dar; sie ist eine
Verwaltungsgebühr und gehört als solche zum Kreis der öffentlichen
Abgaben. Der angefochtene Tarif vom 7. Dezember 1960 ist vom Gemeinderat
der Stadt Bern (d.h. von der kommunalen Exekutive) erlassen worden,
welcher sich dabei auf Art. 10 der Verordnung des Stadtrats über das
Vermessungsamt der Einwohnergemeinde Bern vom 13. Februar 1919 gestützt
hat. Diese Bestimmung enthält keine näheren Angaben darüber, nach welchen
Gesichtspunkten der Gebührentarif festzusetzen ist, sondern erschöpft sich
darin, den Gemeinderat in allgemeiner Form zum Erlass einer entsprechenden
Ordnung zu ermächtigen.

    Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung wiederholt betont,
dass Steuern nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und
lediglich in dem vom Gesetz festgelegten Umfang erhoben werden dürfen
(Grundsatz der Gesetzesmässigkeit; BGE 91 I 176 Erw. 3, 254 Erw. 3;
95 I 325 mit Verweisungen; vgl. auch A. GRISEL, aaO, p. 164/5), und es
hat in BGE 92 I 47 ausgeführt, dieser Grundsatz finde bei der Erhebung
öffentlicher Abgaben ganz allgemein Anwendung (vgl. auch BGE 93 I 634
und 95 I 251), Eine Ausnahme gilt lediglich für die sog. Kanzleigebühren,
die von der vollziehenden Behörde im Rahmen einer Ausführungsverordnung
ohne besondere gesetzliche Ermächtigung festgesetzt werden können (BGE
93 I 635 mit Hinweisen).

    Im Lichte dieser Rechtsprechung könnte sich fragen, ob der vom
Gemeinderat erlassene Tarif vor der Verfassung standhält. Dabei wäre
freilich zu prüfen, ob für jede Gebühr eine gesetzliche Grundlage
im formellen Sinn erforderlich ist, denn der Betroffene kann
sich mit Rücksicht auf das Wesen der Gebühr (Entgelt für eine vom
Gemeinwesen erbrachte Leistung) ohne weiteres auf den Grundsatz der
Verhältnismässigkeit und auf das Kostendeckungsprinzip berufen und geltend
machen, der Gebührenbetrag stehe in keinem vernünftigen Verhältnis zur
erbrachten Leistung und übersteige offensichtlich die dem Gemeinwesen
erwachsenden Kosten (vgl. BGE 83 I 89/90, 84 I 165/6). Diese Frage
braucht indessen im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, denn
die Beschwerdeführerin behauptet nicht, der angefochtene Tarif beruhe
auf einer unzulässigen Delegation innerhalb der Gemeinde und verstosse
gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung.

Erwägung 6

    6.- Bei der Bemessung einer Verwaltungsgebühr hat das bezugsberechtigte
Gemeinwesen - wie erwähnt - das sog. Kostendeckungsprinzip zu beachten,
wenn die Abgabe ihren Gebührencharakter beibehalten und nicht zur Steuer
werden soll (vgl. BGE 72 I 397, 84 I 165; A. GRISEL, aaO, p. 120).
Nach diesem Grundsatz soll der Gesamtertrag der Gebühren die Gesamtkosten
des betreffenden Verwaltungszweiges in der Regel nicht übersteigen (BGE
84 I 165 mit Verweisungen; IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung,
3. Aufl., Nr. 412 IV S. 510). Bei der Gebührenbemessung können somit
auch die allgemeinen Unkosten des betreffenden Verwaltungszweiges
mitberücksichtigt werden. Dem Gemeinwesen ist es insbesondere nicht
verwehrt, mit den Gebühren für bedeutende Geschäfte den Ausfall aus
Verrichtungen auszugleichen, für die wegen des mangelnden Interesses keine
kostendeckende Entschädigung verlangt werden kann (BGE 83 I 89, 84 I 166
mit Hinweisen). Ferner ist es durchaus angängig, der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit des Pflichtigen und dessen Interessen an der
Amtshandlung angemessen Rechnung zu tragen (IMBODEN, aaO, S. 510/11).
Der Verteilung der Gesamtkosten auf die einzelnen gebührenpflichtigen
Verrichtungen sind jedoch Schranken gesetzt. Diese ergeben sich einerseits
aus dem Wesen der Gebühr sowie aus dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit
und anderseits aus dem Gebot der rechtsgleichen Behandlung sowie aus
dem Willkürverbot. Aus der Tatsache, dass der gesamte Gebührenertrag den
Aufwand des betreffenden Verwaltungszweiges nicht übersteigt bzw. nicht
deckt, darf somit noch nicht geschlossen werden, die im konkreten Fall
erhobene Gebühr sei verfassungsmässig. Ob dies zutrifft, hängt vielmehr
davon ab, ob sie in einem vernünftigen Verhältnis zur erbrachten
Leistung steht und ob der massgebliche Tarif nach sachlich haltbaren
Gesichtspunkten ausgestaltet ist und keine Unterscheidungen trifft,
für die ein vernünftiger Grund nicht ersichtlich ist.

    Die Baudirektion hat sich mit der Feststellung begnügt, die
Gesamteinnahmen des Vermessungsamtes der Stadt Bern vermöchten die
Aufwendungen für die Nachführung des Vermessungswerks nachgewiesenermassen
bei weitem nicht zu decken, weshalb der Gebührencharakter und die
Angemessenheit der geforderten Abgabe bejaht werden müssten und
das Moderationsbegehren aus diesem Grunde ohne weiteres abzuweisen
sei. Mit Recht macht die Beschwerdeführerin geltend, diese Begründung
sei ungenügend. Die Baudirektion wäre nach dem Gesagten verpflichtet
gewesen, sich nähere Angaben über die Zusammensetzung des fraglichen
Verwaltungsaufwands zu beschaffen und die Angemessenheit der angefochtenen
Gebühr im einzelnen zu überprüfen, denn das Vermessungsamt hat im Rahmen
der Nachführungsarbeiten verschiedene Dienstleistungen zu erbringen
(vgl. Tarif Ziff. 1.1. bis 1.7), die sich in Bedeutung und Arbeitsaufwand
wesentlich voneinander unterscheiden und für welche die Gebühren nach
verschiedenen Gesichtspunkten festgesetzt werden. Schliesslich wären
weitere Abklärungen schon deshalb am Platz gewesen, da das Vermessungsamt
seinem Tarif (Ziff. 1.1, insbesondere Ziff. 1.12) im vorliegenden
Fall selbst nicht in vollem Umfang Nachachtung verschafft, sondern
bloss die Hälfte des nach den massgeblichen Tarifansätzen ermittelten
Gebührenbetrages erhoben hat. Da die Baudirektion mithin entscheidende
Gesichtspunkte ausser Acht gelassen hat, muss der angefochtene Beschluss
bereits aus diesem Grunde wegen Verletzung von Art. 4 BV aufgehoben werden
(BGE 95 I 525).

Erwägung 7

    7.- Ungeachtet dieses Ergebnisses hält es das Bundesgericht für
angebracht, den angefochtenen Tarif auf seine Verfassungsmässigkeit hin
zu überprüfen.

    a) Aus den vom Bundesgericht eingeholten Amtsberichten des
Vermessungsamtes der Stadt Bern geht hervor, dass der Ertrag
aus Privataufträgen gemäss Tarif Ziff. 1.1 (Parzellierungen und
Grenzänderungen) den entsprechenden Aufwand in der Zeit von 1962 bis 1969
(acht Jahre) um insgesamt Fr. 214'207.-- überstieg (Tabelle 6):
                     Anzahl    Aufwand    Ertrag    Gewinn bzw. Verlust
   abträgliche

    Verrichtungen:    243     340'668.--  601'079.--  260'411.-- (Gewinn)
   unabträgliche

    Verrichtungen:    175     118'901.--   72'697.--   46'204.-- (Verlust)
                     ----------------------------------------------------

    Total             418     459'569.--  673'776.--  214'207.-- (Saldo)
   (durchschnittlicher Gewinn pro Verrichtung = ca. Fr. 500.--)

    Die Dienstleistungen gemäss Tarif Ziff. 1.1 (Grenzänderungen und
Parzellierungen) unterscheiden sich ihrer Natur nach nicht wesentlich
von denjenigen nach Ziff. 1.4 (Gebäudeaufnahmen). Ein Unterschied besteht
lediglich in bezug auf den Grad der geforderten Messgenauigkeit, welcher
bei Grenzänderungen und Parzellierungen offensichtlich höher ist als
bei den Gebäudeaufnahmen, mit denen das Mass der betreffenden Parzelle
nicht verändert wird. Das Vermessungsamt ist nicht in der Lage, für
die Gebäudeaufnahmen (Tarif Ziff. 1.4) eine der obenstehenden Tabelle
entsprechende Aufstellung über Aufwand, Ertrag und Gewinn bzw. Verlust
auszuarbeiten. Die in den Amtsberichten enthaltenen Angaben lassen jedoch
darauf schliessen, dass diese Dienstleistung nicht kostendeckend erbracht
werden kann: In der Vergleichsperiode (1962 bis 1969) betrug die Zahl der
Gebäudeaufnahmen insgesamt 3515 (Neubauten: 1687; Umbauten und Kunstbauten:
1828). Obwohl diese Verrichtungen zahlenmässig mehr als das Achtfache
der Grenzänderungen ausmachten, war der Ertrag aus den Gebäudeaufnahmen
insgesamt wesentlich geringer als derjenige aus den Grenzänderungen und
Parzellierungen:

    Verrichtungen gemäss Tarif Ziff. 1.4:

    Gesamtertrag in den Jahren 1962-1969: Fr. 295'900.--

    Verrichtungen gemäss Tarif Ziff. 1.1:

    Gesamtertrag in den Jahren 1962-1969: Fr. 673'776.-- Diese
erheblichen Ertragsdifferenzen für die beiden ihrer Natur nach ähnlichen
Verrichtungen ergeben sich aus dem unterschiedlichen System für die
Gebührenberechnung. Für beide Dienstleistungen ist zwar eine Grundtaxe
von Fr. 30.- vorgesehen (Tarif Ziff. 1.11 und 1.41); der Zuschlag, mit
welchem dem Wert des Objekts Rechnung getragen werden soll, wird indessen
nach zwei verschiedenen Methoden berechnet:

    - für die Grenzänderungen (Tarif Ziff. 1.12) ist generell ein
Zuschlag von 5 %o des Verkehrswerts der neu entstandenen bzw. abgetrennten
Grundstücksflächen vorgesehen;

    - bei den Gebäudeaufnahmen wird der Zuschlag vom Brandversicherungswert
bzw. vom Wert der Brandversicherungserhöhung (bei An- und Umbauten)
berechnet, und zwar aufgrund des folgenden, degressiven Tarifs
(Ziff. 1.42):
   von   1'000 bis    50'000 = 1,5 %o von  50'000 bis   100'000 = 1,0 %o
   von 100'000 bis   500'000 = 0,5 %o von 500'000 bis 1'000,000 = 0,25 %o

    Auch für ein Millionenobjekt beträgt somit die gemäss Tarif Ziff. 1.42
geschuldete Höchstgebühr lediglich Fr. 480.-- (Tabelle 7).

    b) Selbst wenn angenommen wird, für Grenzänderungen gemäss Tarif
Ziff. 1.1 dürften im Hinblick auf den verschiedenen Grad der geforderten
Messgenauigkeit höhere Gebühren erhoben werden als für Gebäudeaufnahmen
gemäss Tarif Ziff. 1.4, so verstösst die im angefochtenen Tarif enthaltene
Regelung gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit, denn es besteht kein
vernünftiger Grund, die Grenzänderungen und die Gebäudeaufnahmen als
ihrer Natur nach verwandte behördliche Verrichtungen gebührenmässig
derart verschieden zu behandeln, dass für die ersteren in jedem Fall
unbekümmert um den sich daraus ergebenden Abgabebetrag eine um die
Grundtaxe von Fr. 30.- erhöhte feste Gebühr von 5é des Verkehrswerts
erhoben und für die letzteren bloss eine nach degressivem Tarif berechnete
und auf den Höchstbetrag von Fr. 480.-- beschränkte Abgabe vorgesehen
wird. Wenn auch zuzugeben ist, dass für die Kostenverteilung in der
öffentlichen Verwaltung nicht durchwegs die gleichen Gesichtspunkte
massgebend sein können wie beim privaten Unternehmer (BGE 84 I 167)
und dass deshalb dem vom Regierungsrat erlassenen "Akkordtarif" für die
freierwerbenden Geometer nur beschränkte Bedeutung beigemessen werden
darf, so ist in diesem Zusammenhang doch darauf hinzuweisen, dass der
"Akkordtarif 1964" (Regierungsratsbeschluss Nr. 6693 vom 22. September
1964) sowohl für Grenzänderungen als auch für Gebäudeaufnahmen einen
degressiven Tarif enthält und eine Höchstgebühr vorsieht (Ziff. 1.4 und
2.2). Auch der Regierungsrat hat somit der Tatsache Rechnung getragen,
dass sich die beiden in Frage stehenden Verrichtungen sachlich nicht
wesentlich voneinander unter.. scheiden. Der angefochtene Tarif behandelt
nach dem Gesagten Gleiches ungleich und bewirkt letztlich, dass der
Verwaltungsaufwand des städtischen Vermessungsamtes in sachlich nicht
zu rechtfertigender Weise vorwiegend einer einzigen gebührenpflichtigen
Verrichtung angelastet wird. Er verstösst deshalb gegen das in Art. 4
BV verankerte Gebot der rechtsgleichen Behandlung (vgl. BGE 92 I 9)
und erweist sich daher als verfassungswidrig.

    c) Aber auch für sich allein betrachtet hält der für die Gebühr
gemäss Tarif Ziff. 1.1 vorgesehene generelle Zuschlag von 5é auf dem
Verkehrswert der neu entstandenen bzw. abgetrennten Grundstücksflächen
vor der Verfassung nicht stand. Wohl ist anerkannt, dass mit einer
Verwaltungsgebühr nicht bloss die Kosten der einzelnen amtlichen
Verrichtungen gedeckt, sondern auch den allgemeinen Unkosten
des betreffenden Verwaltungszweiges sowie der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit und dem Interesse des Bürgers an der in Frage stehenden
Dienstleistung Rechnung getragen werden darf (vgl. oben Erw. 6) und dass
dem Gemeinwesen dabei ein weiter Ermessensspielraum offen steht. Das ändert
jedoch nichts daran, dass die Gebühr im Einzelfall angemessen zu sein hat,
d.h. in einem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand stehen muss und den Wert
der erbrachten Leistung nicht unberücksichtigt lassen darf (vgl. IMBODEN,
aaO, Nr. 412 V e S. 511). Die angefochtene Gebühr steht in offensichtlichem
Widerspruch zu diesen Grundsätzen, denn sowohl die nach Massgabe von
Tarif Ziff. 1.1 ermittelte Gebühr im Betrage von mehr als Fr. 26'000.--
als auch die tatsächlich geforderte Summe von Fr. 13'488.-- stehen
in keinem vernünftigen Verhältnis zum Arbeitsaufwand des Gemeinwesens
und zum Wert der erbrachten Leistung. Die bei der Beschwerdeführerin
erhobene Vermessungsgebühr verstösst somit auch gegen den Grundsatz der
Verhältnismässigkeit, so dass der angefochtene Entscheid auch unter diesem
Gerichtspunkt vor der Verfassung nicht standhält.

Erwägung 8

    8.- Die Stadt Bern wird somit einen neuen Gebührentarif für
das Vermessungswesen aufzustellen haben und dabei den obenstehenden
Erwägungen Rechnung tragen müssen; sie wird sich insbesondere darüber
schlüssig werden müssen, inwieweit die einzelnen Verrichtungen eine
unterschiedliche gebührenmässige Behandlung rechtfertigen, und sie wird in
diesem Zusammenhang die Verteilung der in Betracht zu ziehenden allgemeinen
Unkosten des Vermessungsamtes neu zu überdenken haben.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen, und der angefochtene Entscheid der
Baudirektion des Kantons Bern vom 14. Februar 1968 wird aufgehoben.