Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 I 151



97 I 151

25. Auszug aus dem Urteil vom 3. Februar 1971 i.S. Müller gegen The
Bristol Steam Navigation Company Limited und Obergericht des Kantons
Zürich. Regeste

    Schweizerisch-belgisches Vollstreckungsabkommen vom 29. April 1959.

    Vorbehalt, den ein in der Schweiz wohnhafter Beklagter vor dem
belgischen Gericht machen muss, wenn er sich später der Vollstreckung
des Urteils in der Schweiz aufgrund von Art. 2 lit. c des Abkommens
widersetzen will (Erw. 4).

    Verstösst das belgische Urteil im Sinne von Art. 1 lit. a des Abkommens
gegen die öffentliche Ordnung der Schweiz

    -  wegen Nichtberücksichtigung der vom Beklagten erhobenen
Verrechnungseinrede? (Erw. 5 a).

    - wegen missbräuchlicher, auf Umgehung schweizerischen
Rechts gerichteter Klageerhebung an einem künstlich geschaffenen
Gerichtsstand? (Erw. 5 b).

Sachverhalt

    A.- Josef Müller wohnt in Erlenbach (ZH) und vertreibt die Erzeugnisse
eines englischen Stahlwerkes in der Schweiz und in Deutschland. In
den Jahren 1959 bis 1962 liess er Stahlblech, das er in England
übernommen hatte, durch die "Bristol Steam Navigation Company Limited"
(im folgenden kurz "Bristol" genannt) per Schiff nach dem Kontinent
transportieren. Nachdem im Frühling 1961 bei der Ausladung in Rotterdam
Schäden an den ausgeladenen Waren festgestellt worden waren, wurde im
April 1961 vereinbart, die "Bristol" solle die Transporte nach Antwerpen
leiten und habe die Ware vor der Verladung auf Schäden hin zu prüfen
und allenfalls Verladescheine mit einem Vorbehalt (sog. claused bills
of lading) zu erstellen. Müller behauptet, dass die "Bristol" dies in
der Folge unterlassen habe und dass auch die in Antwerpen ausgeladenen
Waren Transportschäden aufgewiesen hätten. Er meldete der "Bristol" Ende
Juni 1962 einen bei fünf Transporten entstandenen Schaden von ungefähr DM
180'000.-- an, stellte ihr am 15. August 1962 für Schäden im Gesamtbetrag
von DM 264'976.-- (£ 23'764.--.-) Rechnung und lehnte es in der Folge
ab, Frachtrechnungen im Gesamtbetrag von £ 18'251.11.8 zu bezahlen mit
der Begründung, die "Bristol" schulde ihm nach Verrechnung mit seiner
Schadenersatzforderung noch £ 5'543.15.-. Mit Schreiben vom 29. November
1962 setzte der Zürcher Anwalt der "Bristol" Müller eine Frist von 10
Tagen zur Bezahlung der Frachtrechnungen, ansonst er so rasch als möglich
die Klage einleiten werde. Obwohl Müller nicht zahlte, wurde diese Klage
nicht erhoben.

    B.- Am 12. Oktober 1963 liess die "Bristol" zwei Schiffsladungen,
die sich im Hafen von Antwerpen befanden und nach ihrer Behauptung Müller
gehörten, mit Arrest belegen. Hierauf leitete sie am 19. Oktober 1963
beim Gericht I. Instanz in Antwerpen gegen Müller Klage ein auf Zahlung
von £ 18'220.17.- nebst Verzugszins seit 8. November 1962 sowie auf
Vollstreckbarkeit durch Verwertung der Arrestgegenstände. Müller machte
geltend, dass nicht das von der Klägerin angerufene englische, sondern
das belgische Recht anwendbar und nach diesem die für Forderungen der
vorliegenden Art geltende einjährige Verjährungsfrist abgelaufen sei;
eventuell bestritt er die Gültigkeit des Arrestes mit der Begründung,
die beschlagnahmte Ware sei nicht sein Eigentum gewesen.

    Das Gericht von Antwerpen hiess beide Klagebegehren mit Urteil vom 22.
Juni 1964 gut.

    Müller reichte gegen dieses Urteil beim Appellationshof in Brüssel
Berufung ein mit dem Antrag, die Klage sei wegen Verjährung abzuweisen,
eventuell sei der Arrest ungültig zu erklären. Er machte wiederum geltend,
dass belgisches Recht anwendbar sei, und bemerkte in diesem Zusammenhang,
dass deshalb, weil Antwerpen beim Frachtvertrag Erfüllungsort sei, das
Gericht von Antwerpen auch örtlich zuständig gewesen sei. Ferner führte er
am Schlusse seiner Eingabe aus, die Erhebung der Verjährungseinrede sei
durchaus gerechtfertigt, weil er gegen den Kläger eine die Frachtkosten
übersteigende Schadenersatzforderung habe, wofür er sich auf die
Korrespondenz vom Sommer 1962 berief.

    Der Appellationshof von Brüssel wies die Berufung mit Urteil vom 21.
Oktober 1966 ab und bestätigte das angefochtene Urteil. Er betrachtete
wie die Vorinstanz das englische Recht als anwendbar und schloss ihre
Erwägungen mit der Feststellung, dass "im englischen Recht die Forderung
nicht verjährt ist und Appellant weiterhin keinen Beweis erbringt, dass
er infolge Havarie oder Fehler irgendeinen begründeten Regress (Rekurs)
gegen den Seetransporteur besitzen würde" (beglaubigte Übersetzung aus
dem Flämischen). Dieses Urteil wurde rechtskräftig und vollstreckbar.

    C.- Die "Bristol" unterliess es, die Verwertung der arrestierten
Gegenstände zu verlangen. Dagegen betrieb sie Müller am 1. August 1968
in Erlenbach für Fr. 218'782.65 nebst 5 1/2% Zins seit 8. November 1962
und stellte, als der Betriebene Recht vorschlug, unter Berufung auf
das schweizerisch-belgische Vollstreckungsabkommen vom 29. April 1959
(AS 1962 S. 894 ff., im folgenden kurz "Abkommen" genannt) das Gesuch um
Vollstreckbarerklärung des Urteils des Gerichts von Antwerpen vom 22. Juni
1964 und um Erteilung der definitiven Rechtsöffnung. Der Audienzrichter
des Bezirksgerichts Meilen erklärte das genannte Urteil für vollstreckbar
und erteilte definitive Rechtsöffnung für Fr. 189'496.85 nebst 5 1/2% Zins
seit 8. November 1962. Müller rekurrierte hiegegen an das Obergericht
des Kantons Zürich, wurde aber mit Beschluss vom 2. März 1970 abgewiesen.

    D.- Gegen diesen Entscheid hat Müller staatsrechtliche Beschwerde
erhoben.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Art. 1 Abs. 1 des Abkommens zählt unter lit. a - d vier
Voraussetzungen auf, unter denen die im einen Staate gefällten
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen im andern anerkannt werden. Dass
diese Aufzählung abschliessend ist, ergibt sich aus Art. 3 und 7 des
Abkommens, wonach die Prüfung eines Exequaturbegehrens sich auf die in
Art. 1 vorgesehenen Voraussetzungen (und die nach Art. 6 beizubringenden
Urkunden) zu beschränken hat und eine sachliche Nachprüfung des Entscheids
in keinem Falle stattfinden darf. Im vorliegenden Falle ist unbestritten,
dass die in lit. c und d genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Streitig
ist nur, ob das belgische Urteil mit der öffentlichen Ordnung der Schweiz
vereinbar ist (lit. a) und ob es von einem nach Art. 2 des Abkommens
zuständigen Gericht gefällt worden ist (lit. b).

Erwägung 4

    4.- Das schweizerisch-belgische Vollstreckungsabkommen enthält im
Gegensatz zum schweizerisch-französischen Gerichtsstandsvertrag keine für
die Gerichte beider Staaten verbindlichen Gerichtsstandsvorschriften,
sondern setzt, wie die meisten von der Schweiz abgeschlossenen
Vollstreckungsabkommen (vgl. BGE 92 II 84 E. 2 und 94 II 294 E. 2),
nur die Bedingungen fest, unter welchen die von den Gerichten des einen
Vertragsstaates gefällten Entscheide im andern Vertragsstaate anerkannt
und vollstreckt werden (vgl. die Botschaft, BBl 1959 II 313/14). Diese
Bedingungen werden in Art. 2 lit. a - jdes Abkommens aufgezählt. Beide
kantonalen Instanzen haben angenommen, die Vollstreckung könne im
vorliegenden Falle ausschliesslich aufgrund von lit. c bewilligt
werden, d.h. weil der Beschwerdeführer vor den belgischen Gerichten
zur Hauptsache verhandelt habe, ohne hinsichtlich der im Sinne dieses
Abkommens zu verstehenden Zuständigkeit dieser Gerichte einen Vorbehalt
anzubringen. Erweist sich diese Annahme als richtig, so braucht nicht
geprüft zu werden, ob die belgischen Gerichte, wie die Beschwerdegegnerin
behauptet, auch nach lit. b zuständig gewesen wären.

    Das Obergericht geht davon aus, dass weder der Beschwerdeführer
noch seine Anwälte vor den belgischen Gerichten deren Zuständigkeit
bestritten hätten. Diese Feststellung ist offenbar richtig und wird
denn auch vom Beschwerdeführer nicht zu widerlegen versucht. Sein vor
Obergericht erhobener Einwand, er habe seine belgischen Anwälte erfolglos
aufgefordert, die Zuständigkeit der belgischen Gerichte zu bestreiten,
ist in Erwägung 7 des angefochtenen Entscheids mit zutreffender Begründung
zurückgewiesen worden und wird vor Bundesgericht nicht mehr vorgebracht.

    Der Beschwerdeführer hat zudem vor den belgischen Gerichten nicht nur
vorbehaltlos zur Hauptsache verhandelt; vielmehr hat sein Anwalt vor dem
Appellationshof noch ausdrücklich geltend gemacht, die belgischen Gerichte
seien unabhängig vom Arrest auch deshalb zuständig, weil der Frachtvertrag
in Antwerpen zu erfüllen gewesen sei. In der staatsrechtlichen Beschwerde
wird freilich behauptet, diese Anerkennung sei nur unter der Voraussetzung
erfolgt, dass das ganze Rechtsverhältnis der Parteien dem belgischen Recht
unterstehe, was der Appellationshof abgelehnt habe. Für einen solchen
Vorbehalt, dessen Zulässigkeit übrigens zweifelhaft erscheint, enthalten
die Akten indessen keinen Anhaltspunkt. Davon abgesehen kommt der Frage,
ob der Beschwerdeführer die Zuständigkeit der belgischen Gerichte im
Verfahren vor diesen ausdrücklich anerkannt oder aber bestritten hat, keine
entscheidende Bedeutung zu. Wenn nämlich ein Vollstreckungsabkommen keine
Gerichtsstandsvorschriften aufstellt, sondern - wie das schweizerisch-
belgische Abkommen - lediglich die Bedingungen der Anerkennung und
Vollstreckung des Urteils im andern Vertragsstaate festsetzt, so ist
zwischen der Zuständigkeit der Prozessgerichte nach ihrem Landesrecht und
derjenigen nach dem Vollstreckungsabkommen zu unterscheiden. Der Beklagte,
der sich der VOIlstreckung des Urteils im andern Staate widersetzen will,
kann die erstere anerkennen und braucht in der Regel nur die zweite zu
bestreiten. Dies wurde vom Bundesgericht für die Vollstreckungsabkommen
mit Österreich (BGE 57 I 25), Deutschland (BGE 60 I 132/33, 63 I 17/18)
und Italien (BGE 96 I 595/96) entschieden und muss erst recht für das
Abkommen mit Belgien gelten, das in Art. 2 lit. c ausdrücklich von einem
Vorbehalt "hinsichtlich der im Sinne dieses Abkommens zu verstehenden
Zuständigkeit" spricht. Von einer Verletzung dieser Bestimmung könnte
daher - gleichgültig ob der Beschwerdeführer nun die Zuständigkeit der
belgischen Gerichte nach Landesrecht anerkannt oder bestritten hat -
nur dann die Rede sein, wenn er bei ihnen vor oder gleichzeitig mit der
Verhandlung zur Hauptsache in gehöriger Weise geltend gemacht hätte, dass
er nach dem Abkommen sich der Anerkennung und Vollstreckung des Urteils
in der Schweiz widersetzen könne und sich vorbehalte, von diesem Recht
Gebrauch zu machen. Dass er etwas Derartiges geltend gemacht hätte, hat der
Beschwerdeführer jedoch nie behauptet, geschweige denn darzutun versucht.

    Unter diesen Umständen vermag ihm auch der Einwand nicht zu helfen,
er habe sich nicht freiwillig auf das Verfahren vor den belgischen
Gerichten eingelassen, sondern sei durch den Arrest dazu gezwungen
worden. Die Notwendigkeit, seine durch den Arrest gefährdeten Interessen
zu wahren, mochte ihn allenfalls dazu veranlassen, sich trotz angeblicher
Unzuständigkeit der belgischen Gerichte auf das Verfahren vor diesen
einzulassen, hinderte ihn aber nicht, dabei zu erklären, dass er
sich vorbehalte, gegen die spätere Vollstreckung des Urteils in der
Schweiz Einsprache zu erheben. Aus dem gleichen Grunde ist auch der vom
Obergericht übrigens mit zutreffender Begründung widerlegte Einwand des
Beschwerdeführers unbehelflich, er habe dadurch, dass er vor den belgischen
Gerichten (eventuell) die Ungültigerklärung des Arrestes beantragt habe,
auch die Zuständigkeit dieser Gerichte bestritten.

Erwägung 5

    5.- Nach Art. 1 lit. a des Abkommens setzt die Vollstreckung eines
belgischen Urteils in der Schweiz voraus, dass es mit der öffentlichen
Ordnung der Schweiz vereinbar ist. Der in den Vollstreckungsabkommen
regelmässig enthaltene Vorbehalt der öffentlichen Ordnung des
Vollstreckungsstaates bezieht sich, wie das Bundesgericht in seiner neueren
Rechtsprechung angenommen hat, nicht nur auf den Inhalt der Entscheidung,
sondern auch auf das Verfahren, in dem sie ergangen ist (BGE 85 I 47
E. 4, 87 I 78 E. 6, 90 I 118 E. 3 b, 93 I 57 E. 4 und 272 E. 4 a, 96 I
398). Anderseits sind dem Vorbehalt, wie wiederholt entschieden wurde,
im Gebiete der Vollstreckung ausländischer Urteile engere Grenzen gezogen
als im Gebiete der direkten Gesetzesanwendung (BGE 87 I 193/94 und dort
angeführte Urteile, 90 I 118 E. 3, 93 I 58 oben). Als unvereinbar mit
der öffentlichen Ordnung der Schweiz gilt ein Urteil dann, wenn es in
unerträglicher Weise gegen das einheimische Rechtsgefühl verstösst und
grundlegende Regeln der schweizerischen Rechtsordnung verletzt (BGE 87
I 78/79 und 193 ff., 96 I 391 E. 3 und 397 E. 4).

    a) Der Beschwerdeführer erblickt einen solchen Verstoss zunächst darin,
dass die belgischen Gerichte über seine Behauptung, er habe der Klägerin
gegenüber eine Gegenforderung, ohne materielle Prüfung hinweggegangen
seien und ihm damit das rechtliche Gehör verweigert hätten.

    Der Einzelrichter von Meilen hat diesen Einwand abgewiesen mit der
Begründung, es gehe aus dem Urteil des Appellationshofs von Brüssel nicht
hervor, dass substantiierte Behauptungen des Beschwerdeführers betreffend
Gegenforderungen nicht zum Beweis verstellt oder angebotene Beweise
nicht abgenommen worden seien. Das Obergericht dagegen hat angenommen,
der belgische Appellationshof habe in der Tat die Behauptungen des
Beschwerdeführers hinsichtlich des Bestandes eines Schadenersatzanspruchs
übergangen; der Beschwerdeführer habe es jedoch unterlassen, diesen Mangel
durch eine Beschwerde an den belgischen Kassationshof zu rügen, und könne
sich aus diesem Grunde nicht über eine Verletzung der öffentlichen Ordnung
der Schweiz beschweren; dem stehe nicht entgegen, dass das Bundesgericht
in BGE 85 I 50/51 ausgeführt habe, die Berufung auf den ordre public setze
nicht voraus, dass der Verurteilte im Ausland die gegen das Urteil zur
Verfügung stehenden Rechtsmittel ergriffen habe, denn der dort beurteilte
Fall könne mit dem vorliegenden nicht verglichen werden.

    In der staatsrechtlichen Beschwerde wird dem entgegengehalten, dass
BGE 85 I 50/51 klar und eindeutig einen allgemeinen Grundsatz aufstelle
und zudem auch eine Beschwerde an den belgischen Kassationshof nicht zu
einer materiellen Prüfung der Verrechnungseinrede und damit zur Gewährung
des rechtlichen Gehörs geführt hätte. Wie es sich hiemit verhält, kann
dahingestellt bleiben, da die Berufung des Beschwerdeführers auf den
ordre public schon aus andern Gründen abzuweisen ist.

    Aus den Akten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer weder vor dem
Gericht von Antwerpen noch vor dem Appellationshof von Brüssel ausdrücklich
die Verrechnungseinrede erhoben, sondern dass er seine Gegenforderung
jeweils nur erwähnt hat, um sich gegen den Vorwurf missbräuchlicher
Erhebung der Verjährungseinrede zu verteidigen. Das mag erstaunen, ist
jedoch offenbar darauf zurückzuführen, dass die Verrechnungseinrede, wie in
der staatsrechtlichen Beschwerde aufgrund von Auskünften der belgischen
Anwälte des Beschwerdeführers ausgeführt wird, nach belgischem Recht
nur hätte erhoben werden können, wenn die Gegenforderung vor Ablauf der
einjährigen Verjährungsfrist in Belgien gerichtlich geltend gemacht worden
wäre. Hat der Beschwerdeführer aber die Verrechnungseinrede nicht erhoben,
so kann den belgischen Gerichten kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie die
Begründetheit der Gegenforderung des Beschwerdeführers nicht geprüft haben.

    Dazu kommt, dass nur das Gericht von Antwerpen sich überhaupt
nicht mit der Gegenforderung befasst hat, während der Appellationshof
von Brüssel immerhin am Schlusse seiner Erwägungen festgestellt
hat, dass der Beschwerdeführer keinen Beweis für die behauptete
Schadenersatzforderung erbracht habe. Diese Feststellung, die zeigt,
dass der Appellationshof die Beurteilung der Schadenersatzforderung
nicht versehentlich unterlassen oder von vorneherein abgelehnt hat, kann
zweierlei bedeuten. Entweder hätte der Beschwerdeführer - mangels einer
Widerklage - nach belgischem Recht bestimmte Urkunden (rechtskräftiges
Urteil, Schuldanerkennung, Vergleich oder dergleichen) vorlegen sollen,
und dann besagt die Bemerkung des Appellationshofs lediglich, dass dies
nicht geschehen sei. Oder aber der Appellationshof konnte über die zur
Verrechnung gestellte Schadenersatzforderung entscheiden, in welchem Falle
jene Feststellung besagt, dass der Anspruch mangels genügender Beweise
abgewiesen werde. Ob dies zu Recht geschehen ist, kann aber nicht geprüft
werden, da die Art. 3 und 7 des Abkommens jede sachliche Nachprüfung
der im andern Vertragsstaate ergangenen Entscheidung verbieten und der
Beschwerdeführer zudem die in jener Feststellung liegende Beweiswürdigung
nicht beanstandet. Welches also auch die Bedeutung der Feststellung ist,
so liegt jedenfalls weder eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs noch
eine formelle Rechtsverweigerung vor, so dass nicht näher geprüft zu werden
braucht, unter welchen Voraussetzungen solche Mängel als Verstösse gegen
die öffentliche Ordnung der Schweiz zu betrachten sind.

    b) Nach Auffassung des Beschwerdeführers verstossen die belgischen
Urteile auch deshalb gegen die öffentliche Ordnung der Schweiz, weil
damit ein gegen Treu und Glauben verstossendes Verhalten der Gegenpartei
geschützt worden sei. Zur Begründung dieses Vorwurfs verweist er auf seinen
Briefwechsel mit der Gegenpartei vom 19./29. November 1962, und behauptet,
damit hätten die Parteien vereinbart, einen allfälligen Prozess in Zürich
zu führen. Statt jedoch dort, wie angedroht, sofort Klage einzuleiten,
habe die "Bristol" monatelang zugewartet und dann in Antwerpen einen
Arrest erwirkt, um hier künstlich einen Gerichtsstand zu schaffen und
den Beschwerdeführer daran zu hindern, sich durch Geltendmachung der
Verrechnung mit seiner Gegenforderung zu verteidigen. Einen Beweis für
solch missbräuchliches Vorgehen erblickt der Beschwerdeführer darin, dass
die "Bristol" es trotz Obsiegens im Prozess in Belgien unterlassen habe,
den in Antwerpen erwirkten Arrest bis zur Verwertung zu verfolgen.

    Auch diese Vorbringen vermögen indes nicht darzutun, dass die
Urteile der belgischen Gerichte mit der öffentlichen Ordnung der Schweiz
unvereinbar sind. Zunächst kann keine Rede davon sein, dass die "Bristol"
mit dem Mahnschreiben ihres Anwalts vom 29. November 1962, das übrigens
auf das Schreiben des Beschwerdeführers vom 19. November 1962 nicht
einmal Bezug nimmt, sich verpflichtet hätte, ihre Ansprüche nur vor einem
schweizerischen Gericht einzuklagen. Nähere Prüfung verdient nur der
Vorwurf, die Beschwerdegegnerin habe einen künstlichen Gerichtsstand
geschaffen, um die materiellen und prozessrechtlichen Vorschr iften
der Schweiz über die Verrechnung zu umgehen. Entgegen der Auffassung
der Beschwerdegegnerin erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass
ein als Gesetzesumgehung zu betrachtendes Vorgehen einer Prozesspartei
ein ausländisches Urteil als mit der öffentlichen Ordnung der Schweiz
unvereinbar erscheinen lässt und deshalb seine Vollstreckung in der
Schweiz ausschliesst. Doch muss es sich bei den umgangenen Vorschriften
um solche handeln, die um der öffentlichen Ordnung willen aufgestellt
worden sind. Das ist bei den hier in Betracht fallenden Vorschriften
über die Verrechnung zweier Forderungen nicht der Fall. Zudem hätten die
schweizerischen Gerichte auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien
vermutlich nicht das schweizerische Recht, sondern wie die belgischen
Gerichte das englische Recht angewendet. Auch haben die belgischen Gerichte
die Gegenforderung des Beschwerdeführers nicht deshalb unberücksichtigt
gelassen, weil die Verrechnung nach belgischem Recht unzulässig war,
sondern offenbar deshalb, weil es der Beschwerdeführer unterlassen hat, sie
durch Widerklage oder Erhebung der Verrechnungseinrede geltend zu machen
und ihren Bestand zu beweisen. Schliesslich kann der Beschwerdeführer auch
daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten, dass die Beschwerdegegnerin
mit der Erhebung der Klage einige Zeit zugewartet hat, denn er selbst
hat es während dieser Zeit ebenfalls unterlassen, seine angebliche,
die Forderung der "Bristol" übersteigende Gegenforderung einzuklagen,
wofür das Gericht in Antwerpen als dem Ort der Vertragserfüllung oder
wohl eher ein englisches Gericht zuständig gewesen wäre. Wenn er statt
dessen vorerst untätig geblieben ist und dann - offenbar in der Erwartung,
die belgischen Gerichte würden die gegen ihn eingeklagte Forderung wegen
Verjährung abweisen - sich auf den Prozess in Belgien eingelassen hat,
ohne seine Gegenforderung gehörig geltend zu machen oder die Einrede des
Rechtsmissbrauchs oder der Gesetzesumgehung zu erheben, so kann er, nachdem
der Prozess zu seinen Ungunsten ausgegangen ist, sich der Vollstreckung des
Urteils nicht mit der Begründung entziehen, das Vorgehen der Gegenpartei
sei missbräuchlich gewesen und habe gegen Treu und Glauben verstossen.