Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 IV 84



97 IV 84

22. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. März 1971
i.S. Stocker und Kons. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste

    Art. 122 Ziff. 2 StGB. Schwere Körperverletzung mit voraussehbarer
Todesfolge.

    1.  Begriff der Voraussehbarkeit (Erw. 4 a-c).

    2.  Voraussehbarkeit des Todes als Folge von rund 100 brutalen
Stock- und Peitschenschlägen auf das Gesäss eines 17- jährigen Mädchens
(Erw. 4 d).

    3.  Bedeutung der persönlichen Verhältnisse der Täter für deren
Fähigkeit, die möglichen Folgen der Misshandlung vorauszusehen (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- 1) Die fromme Laienhelferin Magdalena Kohler lernte mit 36 Jahren
bei einer religiösen Veranstaltung den 43-jährigen Pallottiner-Pater Josef
Stocker kennen und als Prediger schätzen. Sie erhielt die Bewilligung,
für den Orden der Borromäerinnen in den Mittleren Osten zu reisen;
mit Zustimmung seiner Ordensleitung begleitete sie Stocker als geistiger
Betreuer. Zusammen wirkten sie erfolgreich in vielen Klöstern in Aegypten,
im Libanon und in Jordanien. Stocker führte Exerzitien durch, Magdalena
Kohler betrieb Gewissenserforschung und bereitete die Schwestern auf
die Beichte vor. 1954 lernten die beiden Schwester Stella (Olga Endres)
kennen, die seit geraumer Zeit "Heilandsbotschaften" zu vernehmen glaubte.
Mit kirchlicher Gutheissung wurden diese Botschaften, die sich vorwiegend
auf religiöse Fragen bezogen, veröffentlicht und mit Erfolg vertrieben.

    2) Seit 1956 vermeinte Schwester Stella immer häufiger, der
Heiland verkünde ihr, sie sei mit Magdalena Kohler und Josef Stocker
als neue "heilige Familie" auserkoren, die Menschheit vor der Sünde zu
erretten. Alle drei waren von der Echtheit dieser göttlichen Botschaften
so überzeugt, dass sie sich durch die erwachende Opposition kirchlicher
Kreise davon nicht abbringen liessen. Sie nahmen alle äusseren Nachteile
auf sich, um ihrer vermeintlichen Berufung zu folgen; Stocker wurde
in der Folge aus seinem Orden ausgeschlossen und exkommuniziert. Die
"heiligen Eltern" Stocker und Kohler bildeten eine auch physisch
konsumierte Ehegemeinschaft, während Schwester Stella die Rolle des Kindes
spielte. Zusammen gründeten sie in Deutschland eine "Gemeinschaft des
heiligen Werkes", dessen geistiges Fundament marianische Schriften und
immer neue Heilandsbotschaften Schwester Stellas bildeten. Es gelang ihnen,
im Laufe der Zeit eine grössere Zahl von Familien in Deutschland und in der
Schweiz als Anhänger zu gewinnen. Von diesen Jüngern wurde vollständige
Hingabe an das heilige Werk verlangt. Um den teils befürchteten teils
tatsächlichen Massnahmen der katholischen Kirche zu entgehen, wurde
die Gemeinschaft in einen Verein "Internationale Familiengemeinschaft
zur Förderung des Friedens" umgewandelt, mit Josef Hasler aus Hellikon
als Präsidenten.

    3) Nachdem es kirchlichen Kreisen gelungen war, Schwester Stella
von der Gemeinschaft zu lösen und in ein Kloster zu verbringen, und als
gegen die "heiligen Eltern" in Deutschland Strafverfahren eingeleitet
wurden, flohen diese in die Schweiz, wo sie sich von 1958-1965 in engsten
räumlichen Verhältnissen im Hause Hasler in Hellikon versteckt hielten,
völlig auf sich und den eigenen Anhängerkreis beschränkt. 1965 erwarb ein
begütertes Mitglied der Gemeinschaft, Emilio Bettio, in Ringwil ein Chalet,
wohin die "heiligen Eltern" übersiedelten. Von dort aus übten sie einen
nachhaltigen Einfluss aufihre Anhänger aus, unter anderem auf die Familie
Röller in Singen, wo Kinder von Anhängern der Gemeinschaft untergebracht
und in strengster klösterlicher Disziplin erzogen wurden. Ab Frühjahr 1962
gehörten die beiden Töchter des Josef Hasler, Bernadette und Magdalena,
zu den Zöglingen dieses Hauses. Zeitweise verbrachten die Kinder die
Ferien in Ringwil, unter der direkten Obhut der "heiligen Eltern".

    4) Im Herbst 1965 begannen Schwierigkeiten zwischen der damals
16-jährigen Bernadette Hasler und der Leitung der Gemeinschaft. Um die
Unbotmässigkeit des heranwachsenden Mädchens zu brechen, sein Gewissen
bis ins letzte zu erforschen und es - wie sie glaubten - so auf den
rechten Weg zu bringen, nahmen die "heiligen Eltern" Bernadette in ihre
besondere Obhut. Sie verboten jeden Besuch bei den Eltern, verhängten
immer schwerere Strafen, verweigerten dem gläubigen Mädchen zu beichten,
untersagten ihm die Ausübung der ihr lieben Musik und isolierten Bernadette
vollständig von allen Kameradinnen. Das Mädchen wurde gezwungen, jede
kleinste "sündige" Regung oder Handlung zu Papier zu bringen. In endlosen
"Gewissenserforschungen" konnte sich besonders Magdalena Kohler nicht genug
tun, in der Seele der Halbwüchsigen nach irgendwelchen uneingestandenen
schmutzigen oder "unchristlichen" Gedanken herumzuspüren. Solange nicht
die letzte Gefühlsregung seziert und die schwächste Anwandlung von
Selbstsucht oder Sinnlichkeit bereut war, galt Bernadette als unwürdig
und verworfen. Die Tagebücher geben den Gemütszustand des Mädchens wieder;
tiefste Verzweiflung wechselt mit immer heftigerem Trotz, der dann Anlass
zu neuen Massnahmen, Schlägen, Ohrfeigen usw. wurde.

    Nach Ostern 1966 spitzten sich die Dinge zu. Die "heiligen Eltern"
verstärkten den Druck auf Bernadette, um sie vor Semesterbeginn
auf den rechten Weg zu bringen. Bernadette schrieb die verlangten
Sündenbekenntnisse, wobei sie die abartigsten angeblichen Missetaten
"gestand", sich des Paktes mit dem Teufel, der sexuellen Buhlschaft
mit diesem, aller nur möglichen schändlichen und blasphemischen
Gedanken, Wünsche und Taten bezichtigte. In den folgenden mündlichen
Auseinandersetzungen bekräftigte sie ihre Schilderungen, weigerte sich
zu bereuen und erbitterte damit insbesondere Magdalena Kohler immer
stärker. Sie erntete dafür Vorwürfe, Schläge, neue Zwangsmassnahmen. Da
alles nichts fruchtete, zogen die "heiligen Eltern" andere Mitglieder bei,
denen sie die krassesten Stellen der Sündenbekenntnisse vorlasen und sie
veranlassten, Bernadette durch Schläge "den Teufel auszutreiben".

    5) Am Nachmittag des 14. Mai 1966 erreichte die Spannung ihren
Höhepunkt. Die zu Besuch eingetroffenen Brüder Barmettler und Bettio
stellten das Mädchen wiederholt zur Rede. Trotzige Antworten wurden mit
neuen Schlägen quittiert. Vor und während des späten Nachtessens wurde
von nichts anderem als der angeblichen Unkeuschheit, dem Teufelsbündnis,
der Unbotmässigkeit und der Renitenz Bernadettes gesprochen.

    Auf Geheiss von Bettio begab sich das Mädchen in sein Zimmer, wohin
Bettio und die Brüder Barmettler folgten. Kurze Zeit danach kamen auch
Stocker und Magdalena Kohler dazu. Das Mädchen musste bekleidet auf das
Bett knien und wurde nun von den sechs erwachsenen Personen unbarmherzig
verprügelt. Zuerst erhielt es mit einem dünnen Spazierstock und, als
dieser zerbrach, mit einem dickeren Stock, nachher mit einer Reitpeitsche,
einem Plastikrohr und dem abgebrochenen Spazierstock insgesamt gegen 100
brutale Schläge, vorwiegend auf das Gesäss, teilweise auch auf Rücken und
Extremitäten. Nach etwa einer Stunde wurde das Mädchen unter entwürdigenden
Demütigungen zu Bett geschickt. In der Nacht verschied Bernadette an einer
Fettembolie, die als Folge der durch die brutale Züchtigung entstandenen
schweren Zertrümmerung des Gewebes der Hinterbacken und ihrer Umgebung
eingetreten war.

    6) Um den "heiligen Eltern" Unannehmlichkeiten zu ersparen, verbrachten
Bettio, die Brüder Barmettler und Mitglieder der Familie Hasler die Leiche
am folgenden Tag in einem Auto nach Wangen bei Olten in die Wohnung des
Heinrich Barmettler. Absprachegemäss berichtete dieser dem Arzt sowie der
Polizei, er habe Bernadette als Ferienkind bei sich gehabt, er habe sie
wiederholt wegen übermässiger Onanie geschlagen und sie am Morgen tot im
Bette gefunden.

    B.- Mit Urteil des Geschworenengerichtes des Kantons Zürich vom
4. Februar 1969 wurden die Angeklagten Josef Stocker, Magdalena Kohler,
Emilio Bettio, Hans Barmettler, Heinrich Barmettler und Paul Barmettler
der vorsätzlichen schweren Körperverletzung mit voraussehbarer Todesfolge
(Art. 122 Ziff. 1 und 2 StGB), die Angeklagten Bettio, Hans, Heinrich und
Paul Barmettler ausserdem der Begünstigung (Art. 305 Abs. 1 und 2 StGB)
schuldig erklärt und wie folgt bestraft: Josef Stocker und Magdalena
Kohler mit je 10 Jahren Zuchthaus, Emilio Bettio mit 4 Jahren Gefängnis,
Hans, Heinrich und Paul Barmettler mit je 3 1/2 Jahren Gefängnis. Josef
Stocker und Magdalena Kohler wurden ausserdem für die Dauer von 5 Jahren
in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit eingestellt und für die Dauer von 15
Jahren aus der Schweiz ausgewiesen.

    Einige der bisher nicht genannten beteiligten Personen wurden
ausserhalb des schwurgerichtlichen Verfahrens abgeurteilt.

    C.- Alle sechs Angeklagten haben gegen das Urteil des
Geschworenengerichts sowohl kantonale wie eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde erhoben.

    Mit Urteil vom 21. April 1970 hat das Kassationsgericht des Kantons
Zürich die kantonalen Nichtigkeitsbeschwerden, soweit es darauf eingetreten
ist, abgewiesen.

    Der ausserordentliche Staatsanwalt des Kantons Zürich erhob ebenfalls
Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht, zog sie jedoch wieder
zurück. Er verzichtete auf Vernehmlassung zu den Nichtigkeitsbeschwerden
der Angeklagten.

    Die Anträge der Beschwerdeführer lauten übereinstimmend dahin, es sei
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an
das Geschworenengericht zurückzuweisen. Die Beschwerdebegründungen sind,
soweit von Bedeutung, aus den nachfolgenden Erwägungen ersichtlich.

    Der Kassationshof weist die Beschwerden ab.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- Alle Beschwerdeführer bestreiten, dass sie den Tod des Mädchens
als Folge der Misshandlungen im Sinne von Art. 122 Ziff. 2 StGB hätten
voraussehen können.

    Die Voraussehbarkeit der Todesfolge ist eine vom Kassationshof frei
zu überprüfende Rechtsfrage (BGE 83 IV 189). Dabei ist der Kassationshof
an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden; die von den
Beschwerdeführern daran geübte Kritik ist unbeachtlich.

    a) Bei der Körperverletzung mit voraussehbarer Todesfolge nach
Art. 122 Ziff. 2 StGB handelt es sich (ähnlich wie bei den Tatbeständen
der Art. 119 Ziff. 3 Abs. 3, 123 Ziff. 3, 134 Ziff. 1 Abs. 3 und 139
Ziff. 2 Abs. 5) um die Verbindung zwischen einer vorsätzlichen Haupttat
und einem Fahrlässigkeitsdelikt. Der Täter hat die Haupttat gewollt
und die weitergehende Folge seines Verhaltens, den Tod des Opfers,
pflichtwidrig nicht bedacht, obwohl er sie hätte voraussehen können. Nicht
erforderlich ist, dass der Täter die Möglichkeit des Todes tatsächlich
vorausgesehen hat. Es genügt, dass er sie bei Anwendung der Vorsicht, zu
der er nach den Umständen des Falles und seinen persönlichen Verhältnissen
verpflichtet war, hätte voraussehen können (BGE 83 IV 189 f.). Unbewusste
Fahrlässigkeit genügt (BGE 74 IV 84 E 2; Urteil vom 23. September 1952
i.S. Odermatt S. 8/9).

    b) Angesichts der hohen Mindeststrafen gewisser qualifizierter
Tatbestände hat das Bundesgericht erklärt, die Voraussehbarkeit der
Todesfolge sei nicht schon bei jeder, auch der geringsten Fahrlässigkeit
anzunehmen. Es müsse eine besonders erhebliche und naheliegende Gefahr
bestanden haben, die der Täter erkennen konnte (BGE 74 IV 84 f., 69
IV 231).

    Die in jenen Entscheiden für die Einschränkung des
Fahrlässigkeitsbegriffes gegebene Begründung vermag nicht voll zu
überzeugen. Der Vergleich mit der Strafdrohung für die gewöhnliche
fahrlässige Tötung (Art. 117 StBG) übersieht, dass dieser Tatbestand
schon erfüllt ist, wenn der Täter überhaupt ohne deliktischen
Vorsatz handelt. Bei Tatbeständen wie demjenigen des Art. 122 Ziff. 2
dagegen delinquiert der Täter vorsätzlich und lässt fahrlässig die
mögliche Todesfolge seines Handelns ausser acht. Das rechtfertigt eine
gegenüber der gewöhnlichen fahrlässigen Tötung verschärfte Strafdrohung.
Das Bundesgericht hat denn auch in späteren Entscheiden erklärt, die
Tragweite der Bestimmung würde zu stark eingeschränkt, wenn verlangt würde,
dass die Möglichkeit des Todes sich dem Täter ganz besonders stark hätte
aufdrängen sollen (Urteil Odermatt S. 9); es genüge, dass der Täter das
Leben des Opfers in eine besonders erhebliche und naheliegende Gefahr
brachte und er diese erkennen konnte (Urteil vom 10. November 1969
i.S. Périat S. 4/5). In Auslegung des Art. 134 Ziff. 1 Abs. 3 StGB hat
ferner der Kassationshof festgestellt, es müsse genügen, dass der Täter
den Tod des Kindes als nicht bloss ganz entfernte Möglichkeit voraussehen
konnte (BGE 89 IV 9 E 1).

    Zusammenfassend ist somit vom normalen Fahrlässigkeitsbegriff
auszugehen. Als Gefahr kommt nur eine konkrete Gefahr in Frage, das heisst
ein Zustand, aufgrund dessen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die
Wahrscheinlichkeit oder nahe Möglichkeit der Verletzung des geschützten
Rechtsgutes besteht, wobei nicht eine mathematische Wahrscheinlichkeit
von mehr als 50% vorausgesetzt ist. Der Eintritt der Rechtsgutverletzung,
hier des Todes, muss nicht unausweichlich erscheinen, sonst würden die
hier in Frage stehenden Fahrlässigkeitsdelikte zu Vorsatztaten (BGE
94 IV 62 mit Hinweisen). Das gilt jedenfalls dort ohne Einschränkung,
wo der Unterschied im Strafminimum zwischen der Haupttat und dem damit
verbundenen Fahrlässigkeitsdelikt nicht sehr gross ist.

    Das trifft auf Art. 122 StGB zu. Auf schwere Körperverletzung ist eine
Strafe von 6 Monaten Gefängnis bis zu 10 Jahren Zuchthaus angedroht. Bei
voraussehbarer Todesfolge ist die Mindeststrafe ein Jahr Zuchthaus. Der
Unterschied beträgt also lediglich 6 Monate Freiheitsentzug.

    c) Die Vorinstanz hat in ihrem Urteil die bundesgerichtliche Praxis
richtig wiedergegeben und grundsätzlich zutreffende rechtliche Schlüsse
gezogen. Insbesondere ist ihrer Erwägung zuzustimmen, dass an die
Voraussehbarkeit des Todes bei Art. 122 keine allzu grossen Anforderungen
gestellt werden dürfen, zumal wenn wie im vorliegenden Fall die schwere
Körperverletzung gerade in einer lebensgefährlichen Verletzung bestand. Was
die Beschwerdeführer in rechtlicher Beziehung dagegen vorbringen, schlägt
nicht durch.

    Stocker fordert eine Abstufung der Anforderungen nicht nur nach den
unterschiedlichen Strafminima, sondern nach dem Strafrahmen insgesamt. Dem
ist nicht zuzustimmen. Nur der allzu grosse Sprung vom normalen auf
das hohe Strafminimum des qualifizierten Tatbestandes kann allenfalls
eine einschränkende Auslegung der Voraussetzungen der Fahrlässigkeit
rechtfertigen. Dagegen ist die Festsetzung der Strafe über das Minimum
hinaus im jeweiligen Strafrahmen weitgehend abhängig von den konkreten
Strafzumessungsgründen.

    Kohler will die in BGE 89 IV 8 zu Art. 134 StGB entwickelte und
seither vorgenommene Korrektur der Einschränkung nicht für den Fall
des Art. 122 Ziff. 2 gelten lassen. Es ist nicht einzusehen, wieso die
beiden Tatbestände verschieden behandelt werden sollten. Der Unterschied
der Strafminima zwischen Art. 134 Ziff. 1 Abs. 1 und Abs. 2 ist zwar um
einen Monat geringer als zwischen Art. 122 Ziff. 1 und 2, während der
Unterschied zwischen Art. 134 Ziff. 1 Abs. 2 und Abs. 3 gleich hoch ist
wie bei Art. 122.

    Bettio beruft sich darauf, dass zwischen einfacher und schwerer
Körperverletzung kein grosser Unterschied vorhanden sei. Das trifft zwar
für das Wissen um den Erfolg zu, nicht aber für die Strafdrohung. Einfache
Körperverletzung ist Antragsdelikt, das mit Gefängnisstrafe ohne Minimum
bedroht wird; in leichten Fällen kann der Richter die Strafe nach freiem
Ermessen mildern. Bei voraussehbarer Todesfolge ist die Mindeststrafe
1 Jahr Zuchtaus. Der Unterschied ist also viel erheblicher als zwischen
Art. 122 Ziff. 1 und 2.

    Die Brüder Barmettler nehmen irrtümlich an, bei schwerer
Körperverletzung dürfe die Voraussehbarkeit nur unter den erschwerten
Voraussetzungen bejaht werden, die für Art. 123 mit seinem grossen
Unterschied der Strafminima entwickelt worden sind.

    d) Die Vorinstanz kommt zum Schluss, bei normaler Vorsicht hätte
vorausgesehen werden können, dass die schweren Misshandlungen zum Tode
des Kindes führen konnten. Die Beschwerdeführer bestreiten dies. Das
Bundesgericht hat zu prüfen, ob nach allgemeiner Lebenserfahrung der Tod
des Mädchens mehr als nur eine ganz entfernte, unwahrscheinliche Folge
der Misshandlungen war.

    Alle Beschwerdeführer berufen sich darauf, dass normalerweise niemand
daran denkt, Schläge auf das bekleidete Gesäss eines nahezu dem Kindesalter
entwachsenen Mädchens könnten zu dessen Tod führen, zumal dann, wenn die
gezüchtigte Person keinen Schmerzenslaut von sich gibt.

    Züchtigungen durch Rutenschläge auf das Gesäss waren früher auch
in der Schweiz ein alltägliches Erziehungsmittel und sind es immer noch
weit herum in der Welt. Im Bereiche religiöser Betätigung kennt man das
Flagellantentum, wobei sich die Beteiligten selbst oder gegenseitig
mit Stecken, Peitschen, Riemen usw. bis aufs Blut schlagen. Auch die
moderne Geschichte politisch-kriegerischer Auseinandersetzungen ist voll
von Schreckensszenen, wo erwachsene Menschen unbarmherzig ausgepeitscht
wurden. Kaum jemals hat man berichtet, dass ein Opfer an den Folgen dieser
Misshandlung gestorben wäre. Demgegenüber ist bekannt, dass Schläge in
die Nieren, Geschlechtsorgane usw. zu lebensgefährlichen Verletzungen
oder zum Tod führen können. Vor der Publizität, die dem vorliegenden Fall
zuteil wurde, war ausserhalb von medizinischen Fachkreisen in der Schweiz
wohl kaum jemandem bekannt, dass heftige Schläge auf das bekleidete Gesäss
durch die Möglichkeit einer Fettembolie gefährlicher sind als Schläge auf
die nackte Haut, wobei diese aufspringt und das Blut die Fettkörperchen
wegschwemmen kann.

    Was die Beschwerdeführer darüber vorbringen, ist an sich
zutreffend. Das Geschworenengericht hat aber selbst nichts anderes
behauptet. Dagegen macht es geltend, die eingeklagten Misshandlungen seien
so schwer gewesen, dass mit dem Eintritt des Todes als naheliegender Folge
habe gerechnet werden müssen. Denkt man dabei nur an die Fettembolie, so
sind Zweifel nicht zu beseitigen, selbst wenn der Täter ihre Möglichkeit
kannte. Den Beschwerdeführern ist nicht zuzumuten, dass sie an diese
Möglichkeit gedacht hätten. Ihr Hinweis darauf, dass sie nach Weisung der
"heiligen Eltern" darnach getrachtet hätten, dem Mädchen nur gerade auf
den Hinterteil Schläge zu versetzen, nützt allerdings nichts; dies umso
weniger, als bei der Autopsie auch Verletzungen auf Rücken, Beinen und
Händen festgestellt wurden.

    Das angefochtene Urteil nimmt an, auch der Laie müsse mit der
nicht entfernten Möglichkeit des Todes rechnen, wenn ein körperlich eher
schwächliches Mädchen von sechs erwachsenen Menschen gegen hundert gezielte
Hiebe erhalte; als Todesursachen kämen dabei auch etwa ein Schock mit
anschliessender Herzlähmung, ein Herzschlag oder massive innere Blutungen
in Frage. Das leuchtet ein. Die erwähnten Todesursachen liegen in der Tat
auch für einen Laien näher. Dass andere Ursachen zum Tod geführt haben,
ist bedeutungslos. Entscheidend ist, ob der Täter die Möglichkeit der
Todesfolge als solche erkennen konnte. Im vorliegenden Fall ging es
nicht um eine mehr oder weniger saftige Tracht Prügel, sondern um ein
verheerendes Strafgericht, das von keinem Mitgefühl, geschweige denn von
christlicher Nächstenliebe, gezügelt wurde. Die sechs Beschwerdeführer
haben in ihrer religiös verbrämten brutalen Grausamkeit das junge Mädchen
nach Leibeskräften verprügelt. Sie lösten sich reihum ab, sodass nach
einer Serie von Schlägen der nächste Täter mit frischen Kräften auf das
Opfer losging. Ein Spazierstock zerbrach unter der Wucht der Schläge.
Die nächsten Peiniger nahmen einen dickeren Stock, ein Plastikrohr, eine
Peitsche und wieder den abgebrochenen Rest des ersten Stockes. Hätten
die Täter den Leibhaftigen vor sich gehabt, sie hätten nicht brutaler
dreinschlagen können. Sie waren entschlossen, diesmal ganze Arbeit zu
leisten. Es ist bezeichnend, dass sie nicht aus Erbarmen mit ihrem Opfer
oder aus später Einsicht mit der Quälerei aufhörten, sondern nur, weil
schliesslich dem gepeinigten Mädchen vor Schmerz der Stuhl abging und der
sich verbreitende Geruch den Tätern unangenehm war. Dieses Unbehagen,
keine menschlich-christliche Regung des Mitleids, veranlasste sie, die
Tortur zu beenden. Vollzieht sich eine Misshandlung eines 17-jährigen
geschwächten Mädchens aber unter solchen Umständen, dann müssen die Täter
ernsthaft mit dem Tode des Opfers als einer nicht abwegigen Folge ihres
Verhaltens rechnen. Dem Umstand, dass Bernadette keinen Ton von sich
gab, kommt keine Bedeutung zu. Das Mädchen suchte sich in seinem Schmerz
durch Vorhalten der Hände zu schützen, wobei es genau so unbarmherzig
auf Handrücken und Finger Stockschläge erhielt.

Erwägung 5

    5.- Die Täter sind nur strafbar, wenn sie ein Verschulden trifft,
das heisst wenn sie den Tod des Mädchens fahrlässig nicht vorausgesehen
haben. Die Frage, ob die Angeklagten bei pflichtgemässer Vorsicht die
Folge ihres Tuns hätten voraussehen können, ist vom Kassationshof frei
zu überprüfen. Die Beschwerdeführer bestreiten jedes Verschulden.

    a) Stocker ist von allen Angeklagten der intelligenteste, gebildetste
und der Mann mit der grössten Lebenserfahrung. Mit Recht verweist
die Vorinstanz darauf, dass er als Priester und Erzieher die mit
der Prügelstrafe verbundene Gefahr auch physischer Natur kannte. Die
Vorinstanz stellt denn auch verbindlich fest, er habe die Fähigkeit
besessen, sich über die Folgen einer solchen Züchtigung Rechenschaft
abzulegen. Am Tatabend blieb er ausserhalb des "Affektsturmes", der den
Mitangeklagten zugute gehalten wird.

    Dass Bernadette bekleidet war und keinen Schmerzenslaut von sich gab,
entlastet Stocker wie erwähnt nicht. Art und Anzahl der Hiebe waren derart,
dass die Kleider nicht mehr als Schutz zu werten waren. Dass Bernadette
Schmerzen litt, hätte Stocker selbst dann nicht entgehen können, wenn
das Mädchen sich nicht mit den Händen zu schützen gesucht hätte.

    Stocker beruft sich wie die Mitangeklagten darauf, dass er Bernadette
nur vor dem Teufel retten wollte, dass er in neurotischer Fehlentwicklung
gehandelt habe; da er sich immer um das Kind gekümmert habe, sei ihm
auch nicht zuzumuten, dass er es allein im Zimmer hätte sterben lassen,
wenn er vom nahen Tod Kenntnis gehabt hätte; als Verfolgter, der sich
versteckt gehalten habe, hätte er zudem alles unterlassen, was zu einer
Strafverfolgung hätte führen können.

    Auch diese Einwände gehen fehl. Selbst wenn man Stocker zubilligt,
dass er nicht aus bewusstem Sadismus handelte, sondern an seine religiöse
Motivation glaubt, ändert das nichts. Die Motive der Angeklagten sind
nicht entscheidend für die Frage, welche Folgen ihres Verhaltens sie
bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit voraussehen konnten. Dass Stocker den
Tod als zwangsläufige Folge vorausgesehen oder nach Abbruch der Prügelei
gewusst hätte, dass Bernadette tödlich verletzt war, wird weder vom Gesetz
verlangt noch von der Anklage oder von der Vorinstanz behauptet. Stocker
kann nichts daraus ableiten, dass Bernadette sich noch waschen und
ihre Kleider reinigen konnte. Auch seine Berufung auf sein illegales
Versteck nützt ihm nichts, war ihm doch im kritischen Zeitpunkt bekannt,
dass die Strafverfolgung längst aufgehoben war, sodass er höchstens mit
fremdenpolizeilichen Unannehmlichkeiten hätte rechnen müssen.

    b) Von Magdalena Kohler und den übrigen Angeklagten stellt die
Vorinstanz fest, sie hätten bei den Misshandlungen vorsätzlich schwere
Körperverletzungen begangen. Sie wussten, dass das Mädchen durch die
Vielzahl heftiger Stockschläge körperliche Verletzungen erleiden könnte.
Diese Feststellungen sind für den Kassationshof verbindlich. Wenn die
Beschwerde Kohler im Zusammenhang mit der Frage der Voraussehbarkeit
des Todes darzutun sucht, die Angeklagte habe überhaupt nicht an
eine Verletzung des Mädchens gedacht, geschweige denn an eine schwere
Verletzung, so sind diese Einwände nicht zu hören. Wie Magdalena Kohler
der Umstand entlasten soll, dass sie erst nach Beginn der Prügelszene dazu
gekommen sei, also nicht mehr die ganze erste Schlagserie angesehen habe,
ist unerfindlich. Sie sah den Zustand des Mädchens, den entzweigebrochenen
Spazierstock; sie selbst hatte die Mitangeklagten unter schweren seelischen
Druck gesetzt, um sie zu der harten Bestrafung zu zwingen, sie kannte
die Züchtigungsprozedur als Ganzes, nahm vorerst aktiv und anschliessend
als zustimmender Zuschauer daran teil. Auch für sie gilt das oben über
die Unerheblichkeit der Kleidung und der mangelnden Schmerzensäusserung
Ausgeführte.

    Magdalena Kohler beruft sich aufihre neurotisch verdrängten triebhaften
Aggressionen, auf die dadurch beeinträchtigte Denkfähigkeit in bezug auf
die ethische Beurteilung der Misshandlungen und auf den Affektsturm,
in dem sie sich während jenes Abends befand. Die Vorinstanz hat die
neurotische Fehlentwicklung, die Beeinträchtigung des Urteilsvermögens und
den Affektsturm bejaht und bei der Strafzumessung berücksichtigt. Weder
das Gutachten noch die Vorinstanz haben aus dieser besonderen geistigen
Verfassung jedoch abgeleitet, Magdalena Kohler sei nicht oder nicht
völlig befähigt gewesen, sich über die möglichen Folgen ihres Tuns
ein Bild zu machen. Beide verweisen auf die normale Intelligenz, die
überdurchschnittliche Willenskraft und die gewohnheitsmässige Ausrichtung
und Uebung ihres Denkens. Das Urteil hebt hervor, dass sie gerade
angesichts ihrer durchschnittlichen Intelligenz, ihrer Menschenkenntnis und
ihrer Lebenserfahrung hätte wissen müssen, dass eine solche Misshandlung
zu inneren Verletzungen und zum Tode führen kann. Geht man von der in
diesem Satz liegenden verbindlichen Feststellung aus, dass Intelligenz,
Menschenkenntnis und Lebenserfahrung der Beschwerdeführerin jedenfalls
hinsichtlich der Beurteilung der möglichen Tatfolgen ordnungsgemäss
funktionierten, so erscheint auch die Schlussfolgerung berechtigt, dass die
Beschwerdeführerin fahrlässig die mögliche Todesfolge ausser acht gelassen
hat. Dass die Vorinstanz die Verantwortlichkeit der Magdalena Kohler für
die Tat selbst anders beurteilt als die Ueberlegungen über allfällige
Folgen der Tat, ist nicht zu bemängeln. Die neurotische Fehlentwicklung
und der Affektsturm trübten zwar Wissen und Willen der Täterin, soweit
es um den Entschluss zur Züchtigung des verhassten Mädchens ging, aber
nicht auch notwendigerweise die an sich affektfreie Frage, welche Folgen
solche Misshandlungen haben würden.

    c) Die Vorinstanz anerkennt, dass die Verhältnisse bei Bettio und
den Brüdern Barmettler etwas anders liegen, vor allem für den geistig
nicht vollwertigen Heinrich Barmettler. Sie sind geistig etwas primitiv,
bildungsmässig unter dem Niveau der "heiligen Eltern" und waren diesen
in blindem Glauben und Gehorsam ergeben.

    aa) Der Anwalt Bettios begründet ausführlich, warum sein Klient
nicht in der Lage gewesen sei, den Tod des misshandelten Mädchens
vorauszusehen. Er sei auch nach Meinung des Geschworenengerichts infantil,
den "heiligen Eltern" in blindem Glauben ergeben und in einem Affektsturm
gewesen. Sein Glaube an Stocker sei soweit gegangen, dass er von diesem
erwartete, er könne das tote Mädchen wieder zum Leben erwecken. Eine solche
Geisteshaltung, die zur Annahme verminderter Zurechnungsfähikeit führte,
schliesse auch die Voraussehbarkeit des Todes aus.

    Dieser Argumentation ist nicht beizupflichten. Wo die verminderte
Zurechnungsfähigkeit die Folge von Geisteskrankheit oder Geistesschwäche
ist, wird sie sich regelmässig auf allen Gebieten des Wissens und Wollens
auswirken. Wo aber wie hier eine gewisse Primitivität und eine nur
mittelmässige Intelligenz für sich allein die Zurechnungsfähigkeit nicht
vermindern, sondern wo die Verminderung auf eine religiöse Fehlentwicklung
und eine geradezu hörige Bindung an geistige Mentoren zurückgeht, wird
sich die Beeinträchtigung nur auf Gebieten zeigen, wo diese Umstände eine
Rolle spielen. Dass Bettio an die "Heilandsbotschaft" und die beinahe
göttliche Sendung der "heiligen Eltern" glaubte, dass er ihre unsinnige
Fehlbeurteilung und -leitung der anvertrauten Kinder kritiklos guthiess,
beeinträchtigte zwar sicherlich seine Zurechnungsfähigkeit inbezug auf den
Entschluss zur Züchtigung des Mädchens. Was für Folgen diese unmenschliche
Züchtigung aber haben konnte, vermochte er nach seiner gewöhnlichen
Intelligenz zu beurteilen, denn dies hatte mit seinem Glauben nichts
zu tun.

    Das gilt selbst dann, wenn man auf die merkwürdige These der
Verteidigung eingeht, Bettio habe geglaubt, Christus wolle diese Art der
Züchtigung des Mädchens, lasse aber niemanden schwer verletzen oder gar
töten. Akten und Urteil enthalten keine Grundlage für die Annahme, Bettio
habe sich dermassen von christlicher Lehre und Lebenserfahrung entfernt,
dass ihm einerseits abstossende Brutalität "als Christi Willen erschien",
und er anderseits wirklich hätte glauben können - trotz gegenteiliger
täglicher Erfahrung in der ganzen Welt - Christus lasse es nicht zu,
dass Menschen andere Menschen töten würden.

    Bettio macht schliesslich geltend, er habe sich an der Prügelszene
nicht bis zu deren Ende beteiligt, sondern sei vorher ins Nebenzimmer
gegangen, um für das Mädchen zu beten. Der Einwand könnte für die Frage der
Voraussehbarkeit des Todes von Bedeutung sein, wenn Bernadette während der
Anwesenheit von Bettio nur leichte Schläge erhalten hätte und Bettio an
der weiteren Entwicklung völlig unbeteiligt gewesen wäre. Beides trifft
nicht zu. Bettio hat das Mädchen mit voller Kraft mit einem dicken
Spazierstock geschlagen. Er wusste und billigte, dass alle sechs Personen
sich reihum in der Misshandlung ablösten. Als er sich ins Nebenzimmer
begab, glaubte er nicht etwa, die Prügelei sei zu Ende sondern wollte deren
Fortsetzung und unternahm nichts zu deren Beendigung. Die Vorinstanz hat
durchaus zutreffend alle Angeklagten für die Gesamtheit der Vorfälle als
Mittäter behandelt. Bettio hatte sich zu überlegen, welche Folgen die
gemeinsam ausgeübte Misshandlung haben werde, nicht nur derjenige Teil,
bei dem er selbst den Stock schwang.

    bb) Der Verteidiger der Brüder Barmettler macht ebenfalls die geringe
Intelligenz und völlige Abhängigkeit seiner Klienten von den "heiligen
Eltern" geltend. Die Beschwerde behauptet, bei den Brüdern Barmettler
habe die durch Primitivität und blinden Glauben bewirkte Verminderung
der Zurechnungsfähigkeit auch die Möglichkeit ausgeschaltet, in ihrem
Tun eine Gefahr für das Leben des Opfers zu erkennen. Sie hätten die
Möglichkeit des Todes im Affektrausch nicht voraussehen können.

    Dass auch diese Angeklagten um die Möglichkeit einer schweren
Körperverletzung wussten und sie in Kauf nahmen, ist von der Vorinstanz
verbindlich festgestellt. Aus dem Umstand aber, dass auch die Brüder
Barmettler trotz der herabgesetzten Intelligenz und des akuten
Affektsturms sich darüber Rechenschaft geben konnten, dem Mädchen mit
ihrem Dreinschlagen möglicherweise schwere Verletzungen beizubringen,
und dass sie ferner ihren Willen betätigen konnten, in Kenntnis dieser
möglichen Folgen mit der Prügelei fortzufahren, ergibt sich zwangsläufig,
dass sie auch im übrigen bei der Einschätzung der ganzen Sachlage
vernünftiger Ueberlegungen fähig waren. Auch für sie gilt, dass sich
zwar ihr irregeleitetes religiöses Gefühl, die blinde Gläubigkeit an die
"heiligen Eltern" und der Affektsturm auf den Entschluss zur Tat und deren
Fortsetzung auswirkten, dagegen schwerlich auf die Beurteilung möglicher
Tatfolgen. Bei dieser ging es nicht um Glaubenssätze, die Bindung an die
"heiligen Eltern" und um Affekte. Die Intelligenz und die Kenntnisse der
Täter reichten aus, um sie bei pflichtgemässer Ueberlegung erkennen zu
lassen, dass die Misshandlungen zum Tode des Opfers führen konnten. Was
die Vorinstanz dazu ausführt, lässt sich jedenfalls vertreten. Die drei
Brüder, besonders Heinrich, sind zwar keine "Kirchenlichter". Sie und
Bettio haben aber durch ihren Erfolg im Leben bewiesen, dass es ihnen
weder an Urteilsvermögen noch an einer gewissen Erfahrung mangelt. Alle
vier Angeklagten haben sich nach den verbindlichen Feststellungen
der Vorinstanz in ihrem Beruf mit grosser Tüchtigkeit emporgearbeitet
und sich auch in ihrem privaten Leben bewährt; wären sie nicht mit dem
"heiligen Werk" in Berührung gekommen, so hätte sich ihr weiteres Leben
in geordneten Bahnen bewegt.

    Aus dem Umstand, dass vor allem Bettio und die Brüder Barmettler
geschlagen haben und immerhin fähig waren, zu überlegen, wie die Schläge
am meisten Wirkung haben, und so folgerichtig z.B. die Spazierstöcke
am unteren Ende hielten, folgert die Vorinstanz, dass sie trotz ihres
angeblichen rauschähnlichen Zustandes auch überlegen konnten, dass
eine solche massive Schlägerei den Tod des Mädchens zur Folge haben
konnte. Dazu seien weder höhere Bildung noch besondere medizinische
Kenntnisse erforderlich gewesen. Der Ausdruck des "zu Tode Prügelns"
sei auch einfachen Menschen geläufig. Dass aber tödliche Folgen einer
eigentlichen Prügelorgie nicht bloss eine ganz entfernte Möglichkeit
darstellten, hätten auch Bettio und die drei Brüder Barmettler voraussehen
können. Einen anderen Schluss liessen weder ihre Primitivität noch ihre
durchschnittliche Schulbildung noch ihre Angst vor den "heiligen Eltern"
oder ihre Gemütserregung zu.

    Diese Ausführungen haben zu einem wesentlichen Teil tatsächlichen
und damit verbindlichen Charakter. Geht man davon aus, dann erscheinen
die rechtlichen Folgerungen zutreffend.