Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 IV 253



97 IV 253

49. Entscheid der Anklagekammer vom 22. November 1971 i.S. Kunz und
Bürki gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern und Verhöramt des
Kantons Glarus. Regeste

    Art. 344 Abs. 1 und 346ff. StGB, Art. 263 BStP.

    1.  Werden die Verfolgung und Beurteilung von Bundesstrafsachen, die
teils der kantonalen, teils der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen, gemäss
Art. 344 Abs. 1 StGB in der Hand einer kantonalen Behörde vereinigt,
so wird der Gerichtsstand für alle strafbaren Handlungen durch die
Vereinigungsverfügung verbindlich bestimmt, und für einen Entscheid der
Anklagekammer bleibt kein Raum (Erw. 1 und 2).

    2.  Die Anklagekammer hat dagegen zu entscheiden, wenn nach dem
Erlass der Vereinigungsverfügung neue, der kantonalen Gerichtsbarkeit
unterstehende strafbare Handlungen entdeckt werden und der Gerichtsstand
hierüber streitig ist (Erw. 3).

    3.  Für die neu entdeckten Handlungen ist nur aus triftigen Gründen
ein besonderer Gerichtsstand zu bestimmen (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- 1) Die Gebr. Kunz, Fleisch- und Wurstproduktions AG (abgekürzt
Kunz AG) betreibt an ihrem Sitze Bilten (GL) eine Fleisch-, Wurst-
und Konservenfabrik. Ihrem Verwaltungsrate gehören unter anderen Jakob
Kunz als Präsident und Lukas Kunz an. Bis 1970 war auch S. Mitglied des
Verwaltungsrates.

    Die Kunz AG liess im Jahre 1966 die Ineichen, Schlächterei-
und Fleischbearbeitungs-AG (abgekürzt Ineichen AG) in Sursee gründen
und beherrscht sie teils durch eigenen Aktienbesitz, teils über die
Mitaktionärin Induleb-Finanz AG in Riedern (GL), deren Verwaltungsrat
aus Lukas Kunz, Jakob Kunz und S. besteht. Zehn der sechzig Aktien der
Ineichen AG gehören S. persönlich. Der Verwaltungsrat der Ineichen AG
besteht aus Johann Ineichen als Präsident, S. und R. Letzterer vertritt
die Kunz AG. Die Buchhaltung der Ineichen AG wird in Riedern geführt,
nämlich von S., dem Buchhalter der Induleb-Finanz AG und Finanzdirektor
der Kunz AG.

    2) Auf Grund verschiedener Strafanzeigen, welche die Kantonspolizei
Luzern am 30. April 1970 einreichte, eröffnete das Statthalteramt Sursee
am 4. Mai 1970 gegen Johann Ineichen eine Strafuntersuchung, in die in
der Folge auch die Angestellten Bucher, Jappert und Schönenberger der
Ineichen AG einbezogen wurden. Es wird den Beschuldigten vorgeworfen,
sie hätten auf zahlreichen Nierenstücken inländischer Schlachtkühe
den Stempelaufdruck des Fleischschauers entfernt und die Stücke mit
dem Aufdruck eines niederländischen Export-Fleischschaustempels und mit
Schnüren zum Aufhängen versehen, um ihnen den Anschein besonders gesuchter,
in den Niederlanden ausjungem Kuhfleisch hergestellter Ware zu geben, und
sie hätten diese in der Schweiz in Verkehr gebracht. Durch dieses Vorgehen
sollen sie sich der Urkundenfälschung (Art. 251 StGB), eventuell der
Fälschung amtlicher Zeichen (Art. 246 StGB), ferner des Betruges (Art. 148
StGB), allenfalls der Warenfälschung und des Inverkehrbringens gefälschter
Ware (Art. 153, 154 StGB) schuldig gemacht haben. Ineichen wird ferner
Betrug und Urkundenfälschung vorgeworfen, weil er der Genossenschaft für
Schlachtvieh und Fleischversorgung (GSF) für die Jahre 1966-1969 überhöhte
Schlachtzahlen gemeldet habe, um sie zu bewegen, der Ineichen AG höhere
Fleischimport-Kontingente zu bewilligen. Ferner soll sich Ineichen der
Anstiftung zu Urkundenfälschung, eventuell zu falschem Zeugnis schuldig
gemacht haben, weil er den Direktor der Haut- und Fettzentrale in Zürich
zu bestimmen versuchte, über die Zahl der gelieferten Häute falsche
Angaben zu machen, um die wirkliche Zahl von Schlachtungen der Ineichen
AG zu verbergen. Im Betriebe der Ineichen AG sollen auch Bestimmungen des
Bundesgesetzes über die Bekämpfung von Tierseuchen, der eidgenössischen
Fleischschauverordnung und des Bundesgesetzes über den Verkehr mit
Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen übertreten worden sein.

    3) Im Verlaufe der Untersuchung stellte das Statthalteramt Sursee
fest, dass Ineichen, Bucher und Jappert im Betriebe der Ineichen AG
hergestellte Kuhvorderviertel nach Grossbritannien ausgeführt hatten,
bevor dieser Firma die allgemeine Exportbewilligung des Eidgenössischen
Veterinäramtes (EVA) erteilt worden war, und dass sie die Ausfuhr
fortgesetzt hatten, nachdem ihr diese Bewilligung am 7. Januar 1970
aus gesundheitspolizeilichen Gründen wieder entzogen worden war. Um
die Ausfuhr zu ermöglichen, hatten die Beschuldigten die Fleischstücke
mit dem Stempelaufdruck "Switzerland 110 Government inspected Contrôlé
officiellement" versehen, der zuhanden der britischen Behörden bezeugte,
das Fleisch stamme aus einem einwandfreien, den britischen Anforderungen
entsprechenden Exportschlachthof und sei unter Beachtung der zum Schutze
der öffentlichen Gesundheit erlassenen Vorschriften verarbeitet worden. Der
verwendete Stempel Nr. 110 war echt, aber nur zur Abstempelung von Fleisch
aus dem Betriebe der ausfuhrberechtigten Kunz AG bestimmt. Die Ineichen AG
verwendete ihn im Einverständnis des Jakob Kunz. Bruno Bürki, Prokurist
der Kunz AG liess den Stempel von Bilten nach Sursee verbringen, wo die
widerrechtliche Abstempelung des Fleisches stattfand.

    Das Eidgenössische Veterinäramt war der Auffassung, in der Abstempelung
von Fleisch aus dem Betrieb der Ineichen AG mit dem Exportstempel der
Kunz AG liege die Erstellung einer falschen Urkunde des Bundes. Es liess
gegen Jakob Kunz, Lukas Kunz und allfällige weitere Verantwortliche ein
gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren eröffnen.

    Der Bundesanwalt, dem das Veterinäramt am 14. September 1970 Bericht
erstattete, war seinerseits der Auffassung, "Ineichen und seine Gehilfen,
einschliesslich Jakob Kunz und die verantwortlichen Organe der Gebr. Kunz
AG" hätten sich durch das widerrechtliche Verwenden bzw. Verwendenlassen
des Exportstempels Nr. 110 der fortgesetzten Fälschung einer Bundesurkunde,
der Warenfälschung und des Inverkehrbringens gefälschter Waren schuldig
gemacht. In Anwendung von Art. 344 Ziff. 1 StGB vereinigte er im Namen des
Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes die Sache am 22. September
1970 mit der gegen Ineichen, Bucher, Jappert und Schönenberger hängigen
kantonalen Untersuchung und überwies den Fall zur gemeinsamen Verfolgung
und Beurteilung den Behörden des Kantons Luzern.

    4) Am 19. November 1970 gestand Jakob Kunz dem Amtsstatthalter
von Sursee, er habe der GSF unrichtige schriftliche Angaben über die
Anzahl der von der Kunz AG in den Jahren 1966-1969 geschlachteten
Tiere gemacht und die gemeldeten Zahlen durch den Fleischschauer von
Bilten als richtig bestätigen lassen. Der Amtsstatthalter beschuldigte
ihn daher der Urkundenfälschung, des Betruges und der Anstiftung zu
Urkundenfälschung. Etwas später stellte sich heraus, dass auch die von
Jakob Kunz ausgestellten und vom Fleischschauer von Bilten als richtig
bestätigten Meldungen über die Schlachtungen der Kunz AG in den Jahren
1964 und 1965 zu hohe Zahlen enthalten.

    5) Mit Eingaben vom 15. Oktober 1971 an den Amtsstatthalter von Sursee
bestritten Jakob Kunz und Bruno Bürki den Gerichtsstand Luzern. Sie
beantragten, die Akten der zuständigen Behörde des Kantons Glarus zu
überweisen.

    Der Amtsstatthalter von Sursee ersuchte daher das Verhöramt des Kantons
Glarus am 19. Oktober 1971, "die weitere Strafuntersuchung gegen Kunz,
Ineichen und Consorten in eigener Zuständigkeit zu übernehmen".

    Der Verhörrichter des Kantons Glarus antwortete am 22. Oktober 1971,
dieser Kanton sei nicht zuständig.

    Der Amtsstatthalter von Sursee gab dem Verteidiger des Jakob Kunz und
des Bruno Bürki am 25. Oktober 1971 von dieser Stellungnahme Kenntnis
und fügte bei, eine Besprechung mit der Staatsanwaltschaft des Kantons
Luzern habe ergeben, dass die Untersuchung durch den Amtsstatthalter von
Sursee durchgeführt und abgeschlossen werden müsse.

    B.- Mit Eingaben des Verteidigers vom 26. Oktober und 3.  November 1971
beantragen Jakob Kunz und Bürki der Anklagekammer des Bundesgerichtes,
die Behörden des Kantons Luzern seien unzuständig zu erklären, die gegen
sie angehobene Untersuchung durchzuführen, und die Angelegenheit sei zur
weiteren Untersuchung und zur Beurteilung den Behörden des Kantons Glarus
zu übermitteln.

    C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, das Statthalteramt
Sursee und das Verhöramt des Kantons Glarus beantragen, die Behörden des
Kantons Luzern zur weiteren Verfolgung der beiden Gesuchsteller zuständig
zu erklären.

Auszug aus den Erwägungen:

              Die Anklagekammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Anklagekammer hat in einem Falle, in dem eine
Bundesstrafsache einem Kanton gemäss Art. 18 BStP zur Verfolgung und
Beurteilung übertragen worden war, unter Hinweis auf Art. 254 Abs. 2
SBtP entschieden, dass die Art. 346 ff. StGB über den Gerichtsstand
nicht gelten und die Anklagekammer nicht befugt ist, einen anderen als
den im Delegationsbeschluss bezeichneten Kanton zuständig zu erklären
(BGE 69 IV 33). Die gleiche Wirkung sprach sie später einer gemäss
Art. 344 Ziff. 1 StGB erfolgten Übertragung der Gerichtsbarkeit zu,
weil das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement auch in diesen
Fällen nicht allgemein die Kantone, sondern stets einen ganz bestimmten
Kanton zuständig erkläre; dadurch werde der Gerichtsstand auch für die
nach dem Gesetz der kantonalen Gerichtsbarkeit unterstehenden Handlungen
verbindlich durch das Departement bestimmt (Entscheid vom 9. Januar
1951 i.S. Aargau c. Zürich, veröffentlicht in Praxis des Bundesgerichts,
1951 S. 94 ff.; vgl. auch BGE 81 IV 262 ff. betreffend die Übertragung
einer Militärstrafsache an den kantonalen Richter).

    An dieser Rechtsprechung, die von den Gesuchstellern nicht angefochten
wird, ist festzuhalten.

Erwägung 2

    2.- Die Gesuchsteller machen geltend, die Bundesanwaltschaft habe
am 22. September 1970 ihre Verfolgung und Beurteilung den Behörden des
Kantons Luzern nicht übertragen, denn in dieser Verfügung sei weder von
Jakob Kunz noch von Bürki die Rede.

    Die Verfügung spricht von der Überweisung des Falles Ineichen, Bucher,
Jappert, Schönenberger "und allfälliger weiterer Mitbeteiligter". Die
Gesuchsteller werden darin nicht mit Namen genannt, doch wird in dem
der Verfügung beigelegten "Tatbestand" ausgeführt, Ineichen, Bucher
und Jappert hätten den Exportstempel der Kunz AG "im Benehmen mit Jakob
Kunz" verwendet und "Ineichen und seine Gehilfen, einschliesslich Jakob
Kunz und die verantwortlichen Organe der Gebr. Kunz AG, die den Stempel
Nr. 110 zur Verfügung stellten", hätten sich dadurch der fortgesetzten
Urkundenfälschung sowie der Warenfälschung und des Inverkehrbringens
gefälschter Waren schuldig gemacht. Die Bundesanwaltschaft sah also in
Jakob Kunz und in weiteren Verantwortlichen aus der Kunz AG Mitbeteiligte,
mit deren Verfolgung und Beurteilung sie die Behörden des Kantons Luzern
beauftragen wollte. Dasselbe ergibt sich daraus, dass sie am Schlusse
des "Tatbestandes" ausführte, die zuständige Behörde sei "berechtigt
und verpflichtet, das Verfahren auf objektiv und subjektiv konnexe
Bundesstrafsachen und gegebenenfalls auf weitere beteiligte Personen
auszudehnen, wobei insbesondere auch auf die im Bericht des Eidg.
Veterinäramtes vom 14.9.1970 an die Bundesanwaltschaft dargelegten
Sachverhalte verwiesen" werde. Im erwähnten Bericht des Veterinäramtes
ist gesagt, dass Ineichen, Bucher, Jappert, Jakob Kunz, Lukas Kunz und
allfällige weitere Verantwortliche der Firma Kunz AG sich der Fälschung
von Bundesurkunden schuldig gemacht hätten (vgl. Geschäftsbericht des
Bundesrates, 1946 S. 231 unten).

    Es besteht daher kein Zweifel, dass Jakob Kunz und Bürki, der als
Prokurist der Kunz AG gehandelt hat, von der Vereinigungsverfügung der
Bundesanwaltschaft miterfasst werden. Ihre Verfolgung und Beurteilung ist
somit, für die Anklagekammer verbindlich, gemäss Art. 344 Ziff. 1 StGB
in Verbindung mit Art. 19 Ziff. 5 BRB betreffend die Zuständigkeit der
Departemente (AS 1969 S. 78) dem Kanton Luzern übertragen. Das träfe auch
zu, wenn den Beschuldigten nicht neben der Fälschung von Bundesurkunden
die Vergehen der Warenfälschung und des Inverkehrbringens gefälschter Waren
vorgeworfen worden wären. Die Übertragung der Gerichtsbarkeit müsste dann
als gemäss Art. 18 BStP erfolgt gelten, womit der Gerichtsstand Luzern
wiederum verbindlich feststände.

    Auf das Gesuch ist daher insoweit nicht einzutreten, als es den Vorwurf
betrifft, die Gesuchsteller hätten die Verwendung des Exportstempels
der Kunz AG zur Abstempelung von Fleisch aus dem Betrieb der Ineichen
AG ermöglicht.

Erwägung 3

    3.- Die Anklagekammer hat am 9. Januar 1951 i.S. Aargau c. Zürich
(Praxis, 1951 S. 96/7) entschieden, wenn die Behörden nach dem
Erlass der Vereinigungsverfügung des Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartementes neue strafbare Handlungen entdeckten, die von der
Verfügung weder ausdrücklich noch dem Sinne nach erfasst würden, habe
gemäss Art. 344 Ziff. 1 StGB das Departement zu bestimmen, ob die neu
entdeckten Handlungen zusammen mit den von der Verfügung erfassten zu
verfolgen seien, und, wenn ja, ob es an der Zuständigkeit des in der
ersten Vereinigungsverfügung genannten Kantons festhalten oder einen
anderen Kanton zur Verfolgung aller Handlungen zuständig erklären wolle;
erst wenn das Departement es ablehne, die neuen Fälle mit den anderen
zu vereinigen, sei die Anklagekammer zuständig, den Gerichtsstand zur
Verfolgung der neu entdeckten Handlungen zu bestimmen.

    Im erwähnten Falle unterstand ein Teil der neu entdeckten strafbaren
Handlungen der Bundesgerichtsbarkeit, nämlich die Verfälschung von
Abonnementen der Schweizerischen Bundesbahnen, die nach BGE 71 IV 153
Erw. 2 als Urkunden des Bundes gelten. Nur das Eidgenössische Justiz-
und Polizeidepartement konnte bestimmen, ob es diese Handlungen durch die
kantonalen Behörden verfolgen lassen wolle, und, wenn ja, welcher Kanton
mit der Verfolgung zu betrauen sei.

    Im vorliegenden Falle verhält es sich anders. Die nach der
Vereinigungsverfügung vom 22. September 1970 neu entdeckten strafbaren
Handlungen sollen in der Falschbeurkundung der Schlachtzahlen der
Kunz AG durch Jakob Kunz, in der Anstiftung des Fleischschauers von
Bilten zur Bestätigung der Richtigkeit dieser Zahlen und in dem mit
den falschen Urkunden begangenen Betrug (Erschleichung eines höheren
Einfuhrkontingentes) bestehen. Diese Handlungen unterstehen ausschliesslich
der kantonalen Gerichtsbarkeit, denn die Fleischschauer sind kantonale
Beamte (Art. 16 ff. der eidgenössischen Fleischschauverordnung vom
11. Oktober 1957, AS 1957 919 ff; BGE 96 IV 163 Erw. 1). Es bleibt kein
Raum für eine allfällige neue Vereinigungsverfügung des Eidgenössischen
Justiz- und Polizeidepartementes im Sinne von Art. 344 Ziff. 1 StGB. Es
fragt sich einzig, ob der Gerichtsstand zur Verfolgung dieser Handlungen
sich am Ausführungsorte im Kanton Glarus befinde oder im Kanton Luzern, wo
Jakob Kunz wegen der anderen strafbaren Handlungen zu verfolgen ist und die
Mitbeschuldigten verfolgt werden. Zum Entscheid dieser Gerichtsstandsfrage
ist die Anklagekammer zuständig.

Erwägung 4

    4.- Die neu entdeckten strafbaren Handlungen des Jakob Kunz sind nicht
mit schwererer Strafe bedroht als seine von der Verfügung vom 22. September
1970 erfassten Urkundenfälschungen. Gemäss Art. 350 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
sind sie daher im Kanton Luzern als dem Orte der ersten Untersuchnug
zu verfolgen.

    Die Anklagekammer hat keinen Anlass, in Anwendung von Art. 263
BStP für die neu entdeckten Handlungen einen besonderen Gerichtsstand
festzusetzen. Diese Handlungen sind ähnlicher Art wie die Falschmeldungen
von Schlachtzahlen der Ineichen AG. Die von Jakob Kunz geleitete Kunz AG
beherrscht diese Gesellschaft. Der Amtsstatthalter von Sursee vermutet,
dass sich Jakob Kunz der im Betrieb der Ineichen AG vorgekommenen
Falschmeldungen mitschuldig gemacht habe. Kunz war zweimal dabei,
als Ineichen beim Direktor der Haut- und Fettzentrale in Zürich
vorsprach und ihm nahegelegt haben soll, die Meldungen über die Zahl
der gelieferten Häute abzuändern. Er hat auch darzutun versucht, ein
Teil der von der Ineichen AG an die Haut- und Fettzentrale gelieferten
Häute sei der Kunz AG gutgeschrieben worden. Es ist zweckmässig, die im
Betriebe der Kunz AG vorgekommenen Verfehlungen von den gleichen Behörden
untersuchen und beurteilen zu lassen wie die im Betriebe der Ineichen AG
begangenen. Dazu kommt, dass die Untersuchung durch den Amtsstatthalter
von Sursee weit fortgeschritten i st. SeitdemJakob Kunzam 19. November
1970die neu entdeckten strafbaren Handlungen vorgehalten wurden, hat
der Beschuldigte bis zur Anrufung der Anklagekammer beinahe ein Jahr
verstreichen lassen. Bis zur Einsprache des Gesuchstellers waren ferner
die Behörden der beiden Kantone einig, dass Jakob Kunz wie die übrigen
Beschuldigten im Kanton Luzern zu verfolgen sei, und sie sind auch heute
wieder gleicher Meinung. Es besteht kein triftiger Grund im Sinne der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 69 IV 46 Erw. 2, 71 IV 61, 85 IV
210 Erw. 3, 96 IV 93, 97 IV 150), den Gerichtsstand nachträglich zu ändern.

Entscheid:

             Demnach erkennt die Anklagekammer:

    1.- Das Gesuch des Jakob Kunz wird abgewiesen.

    2.- Auf das Gesuch des Bruno Bürki wird nicht eingetreten.