Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 IV 10



97 IV 10

4. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 6. April 1971 i.S. Müller
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. Regeste

    Art. 159 Abs. 1 StGB. Ungetreue Geschäftsführung.

    1.  Als Geschäftsführer im Sinne dieser Bestimmung gilt ein
die Gesellschaft tatsächlich leitendes Verwaltungsorgan einer
Aktiengesellschaft (Erw. 2).

    2.  Mit der unentgeltlichen Überlassung einer Sacheinlage zu
unbeschränktem Eigentum an einen Dritten verletzt das zur Verwaltung
einer Aktiengesellschaft eingesetzte Organ die ihm von Gesetzes wegen
auferlegte Pflicht zur Erhaltung des Gesellschaftsvermögens (Erw. 3).

    3.  Ein geschäftsführendes Organ einer Aktiengesellschaft muss sich
die von ihm begangene widerrechtliche Verletzung des Gesellschaftsvermögens
als Schädigung fremden Vermögens zurechnen lassen (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Am 11. Juli 1966 gründete Müller die Immobilien AG Nord, die
am 22. desselben Monats im Handelsregister eingetragen wurde. Als Beleg
für die Gründung lag dem Notar u.a. ein Sacheinlagevertrag vom 11. Juli
1966 vor, dem zufolge die Biwara AG, vertreten durch Müller, in die zu
gründende Gesellschaft, die ebenfalls durch Müller vertreten wurde, einen
Inhaberschuldbrief im Betrage von Fr. 50'000.--, im III. Rang lastend auf
der Liegenschaft Münstergasse 23, Zürich, einbrachte. Der Anrechnungswert
von Fr. 50'000.-- wurde getilgt durch Zuerkennung von 50 als voll liberiert
geltenden Aktien an die Biwara AG (48), an Müller (1) sowie an Wäfler (1),
der in der Gründungsurkunde für die Dauer von drei Jahren zum einzigen
Mitglied des Verwaltungsrates gewählt wurde. Nach dem Sacheinlagevertrag
stand der Schuldbrief "sofort zu freier und uneingeschränkter Verfügung
der Gesellschaft" und bildete den einzigen Vermögenswert der Immobilien
AG Nord. Er war Müller seinerzeit von Auf der Maur zum Zwecke der
Gründung einer Aktiengesellschaft übergeben worden. Nach der Gründung der
Immobilien AG Nord erhielt dieser den Schuldbrief ohne Gegenleistung von
Müller zurück und behielt ihn in seinem Besitz.

    Die Immobilien AG Nord, die in den folgenden Monaten keine Geschäfte
tätigte, wurde tatsächlich von Müller geleitet, indem dieser den einzigen
Verwaltungsrat Wäfler als Strohmann benutzte. Der letztere fragte im
Herbst 1966 Müller an, ob die genannte Gesellschaft an Maurer verkauft
werden könnte, womit sich jener einverstanden erklärte. Am 7. Oktober
1966 setzte Müller den Kaufvertrag auf und unterzeichnete ihn namens der
Biwara AG als Verkäuferin und diese als "Fiduziarin Dritter". Gegenstand
des Vertrages waren die 50 Inhaberaktien der Immobilien AG Nord, und als
Kaufpreis wurde die Summe von Fr. 52'200.-- verbrieft, während Maurer in
Wirklichkeit nur Fr. 2'200.-- zu bezahlen hatte.

    Am 8. Juni 1967 wurde über die Immobilien AG Nord, auf deren Namen
Maurer bereits am 5. Oktober 1966 eine stark belastete Liegenschaft
erworben hatte, der Konkurs eröffnet.

    B.- Am 15. Mai 1970 verurteilte das Bezirksgericht Zürich Müller
wegen Urkundenfälschung und betrügerischen Konkurses zu sechs Monaten
Zuchthaus als Zusatz zu der vom Obergericht des Kantons Zürich am 17.
November 1967 ausgefällten Zuchthausstrafe.

    Auf Berufung des Verurteilten hin sprach das Obergericht des
Kantons Zürich diesen von der Anklage des betrügerischen Konkurses frei;
dagegen verurteilte es Müller wegen Urkundenfälschung und ungetreuer
Geschäftsführung zu einer Zusatzstrafe von fünf Monaten Zuchthaus.

    C.- Müller führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, d-as Urteil des
Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Das Obergericht hat Müller der ungetreuen Geschäftsführung schuldig
gesprochen mit der Begründung, er habe als einziger Handlungsfähiger
und tatsächlicher Geschäftsführer der Immobilien AG Nord seine Pflicht,
für den Bestand des Gesellschaftsvermögens zu sorgen und die juristische
Person am Leben zu erhalten, verletzt; er habe nämlich nach der Gründung
der AG den Schuldbrief, der das einzige Vermögen der Gesellschaft gewesen
sei, ohne Gegenleistung an Auf der Maur herausgegeben und damit die
Gesellschaft ausgehöhlt und geschädigt.

    Dem hält Müller entgegen, es bestehe keine Gesetzesvorschrift, wonach
die Organe der Aktiengesellschaft für die Erhaltung des Grundkapitals zu
sorgen hätten. Die unzähligen Fälle stiller Liquidation und des Handels
mit Aktienmänteln, die unbeanstandet blieben, zeigten das Gegenteil. Das
Gesetz befasse sich nur mit der Anzeigepflicht bei Kapitalverlust und
Überschuldung (Art. 725 OR). Im übrigen sei als ungetreuer Geschäftsführer
nur strafbar, wer den Eigentümer wissentlich und willentlich am Vermögen
schädige (BGE 81 IV 279). Nach seiner Meinung sei jedoch Auf der Maur
Eigentümer sowohl des Schuldbriefes als über diesen auch der Immobilien
AG Nord gewesen, da diese für ihn gegründet worden sei. Landläufig gelte
denn auch als Eigentümer einer Aktiengesellschaft der Inhaber sämtlichen
Aktien. Nach allem sei nicht einzusehen, wer geschädigt worden sei. Die
Immobilien AG Nord habe bis zu ihrem Verkauf keine Geschäfte getätigt
und habe somit keine Gläubiger gehabt. Der eigentliche Inhaber der
Gesellschaft, Auf der Maur, aber habe das aufgewendete Geld erhalten
und der Käufer Maurer eine Aktiengesellschaft, "wie er sie kannte und
wollte". Diese Art Liquidation sei in der Praxis verbreitet und werde den
Art. 744 und 745 OR gerecht: Der Gläubigerschutz entfalle, und der Aktionär
erhalte sein Gut ungeschmälert zurück. Er, Müller, habe somit weder eine
Fürsorgepflicht verletzt noch jemanden am Vermögen geschädigt, zumal
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes keinen Schadenersatzanspruch
erlange, wer, ohne durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusst zu sein,
einer Handlung zustimme, deren Auswirkung auf sein Vermögen ihm in jeder
Beziehung bekannt sei (volenti non fit iniuria).

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 159 StGB macht sich der ungetreuen Geschäftsführung
schuldig, wer jemanden am Vermögen schädigt, für das er infolge
einer gesetzlichen oder einer vertraglich übernommenen Pflicht sorgen
soll. Als Geschäftsführer im Sinne dieser Bestimmung gilt nicht nur,
wer Rechtsgeschäfte nach aussen abzuschliessen hat, sondern auch,
wer entsprechend seiner Fürsorgepflicht im Innenverhältnis für fremde
Vermögensinteressen sorgen soll, insbesondere wer darüber in leitender
Stellung verfügt (BGE 81 IV 278). Diese Umschreibung trifft auf die
Verwaltung der Aktiengesellschaft zu, handelt es sich dabei doch um das
Gesellschaftsorgan, dem unter Vorbehalt einer Kompetenzdelegation an
Dritte von Gesetzes wegen als wesentliche Aufgabe die auf Erreichung
des Gesellschaftszweckes gerichtete tatsächliche Führung der internen
Geschäfte und die Vertretung der Gesellschaft nach aussen obliegen
(Art. 717 OR; BÜRGI, N. 2 und 7 zu Art. 717 OR; SCHULTHESS, Funktionen der
Verwaltung einer AG, Diss. Zürich 1967, S. 70/71). In diesem Rahmen hat die
Verwaltung - entgegen der Auffassung von Müller - auch für die Erhaltung
des Gesellschaftsvermögens, mindestens im Umfang des statutarischen
Grundkapitals zu sorgen. Das ist zwar nicht ausdrücklich vorgeschrieben,
folgt aber aus der Natur der AG, die als Kapitalgesellschaft hinsichtlich
Entstehung und Fortbestand vom Vorhandensein eines vorausbestimmten
Grundkapitals abhängt. So ist dieses nach Massgabe der gesetzlichen
Vorschriften bei der Errichtung der Gesellschaft einzuzahlen oder durch
Sacheinlagen zu decken (Art. 620, 628, 633 OR). Sodann hat die Gesellschaft
auf eine unversehrte Erhaltung des Grundkapitals hinzuwirken (SIEGWART,
N. 2 der Einleitung zum 26. Titel des OR, sowie N. 5 zu Art. 620 OR; GUHL,
Das schweizerische OR, 5. Auflage, S. 492; VON STEIGER, Das Recht der AG
in der Schweiz, 4. Auflage, S. 97, 98 und 303). Deshalb sind nicht nur
Kapitalrückzahlungen an die Aktionäre untersagt (BGE 87 II 181 E. 9 b),
sondern es dürfen auch keine Dividenden, Gewinnanteile und dergleichen
ausgeschüttet werden, wenn das Grundkapital unter die statutarisch
festgelegte Höhe abgesunken ist (Art. 675 Abs. 2, 677 und 678 OR). Ergibt
sich aus der Bilanz, dass die Hälfte des Grundkapitals nicht mehr gedeckt
ist, so stellt sich die Frage des Weiterbestandes der Aktiengesellschaft
(VON STEIGER, aaO, S. 250), und es hat die Verwaltung unverzüglich
eine Generalversammlung einzuberufen (Art. 725 Abs. 1 OR), damit die
notwendigen Massnahmen zur Sicherung des noch vorhandenen Vermögens
und zur Verbesserung der Lage ergriffen werden können (BÜRGI, N. 2 zu
Art. 725 OR). Übersteigen die Passiven die Aktiven, muss der Richter
benachrichtigt werden (Art. 725 Abs. 3 OR). Und schliesslich stellt eine
Aktiengesellschaft, die vermögensmässig bis auf den Aktienmantel ausgehöhlt
ist, überhaupt keine juristische Person mehr dar und ist im Handelsregister
zu löschen (SIEGWART, N. 31 der Einleitung). Dass der Grundsatz des
festen und beständigen Grundkapitals (BGE 65 I 147; BÜRGI, N. 30 und 34 zu
Art. 680; VON STEIGER, aaO, S. 303), wie er in den genannten Vorschriften
Ausdruck gefunden hat, auch die Gesellschaftsorgane verpflichtet und diese
sich in ihrer Tätigkeit vom Kapitalschutzgedanken (vgl. BGE 87 II 181
unten) leiten lassen müssen, versteht sich von selbst. Die Gesellschaft
lebt und wirkt durch ihre Organe, und diese sind eingesetzt, um den
Gesellschaftszweck zu erreichen. Das aber ist nur möglich, wenn der Bestand
der Gesellschaft selber gesichert ist. Da dieser jedoch entscheidend vom
Bestand oder Verlust des Grundkapitals abhängt, obliegt der Verwaltung als
dem geschäftsführenden Organ der Aktiengesellschaft auch die Fürsorge für
die Erhaltung des Gesellschaftsvermögens, und zwar mindestens im Umfang
des statutarischen Grundkapitals. Derselbe Schluss ergibt sich aus der im
Gesetz verankerten allgemeinen Treuepflicht der Verwaltung (Art. 722 OR),
die eine strenge Wahrung der Gesellschaftsinteressen verlangt (BÜRGI,
N. 8 zu Art. 722 OR; SCHULTHESS aaO, S. 53) und damit jede gesetz-
oder statutenwidrige Schwächung des in der Höhe der Grundkapitalziffer
gebundenen Gesellschaftsvermögens durch das Verwaltungsorgan verbietet
(SIEGWART, N. 6 zu Art. 620 OR). Die Verwaltung, welche eine bei der
Gründung der Gesellschaft eingebrachte und deren einzigen Vermögenswert
darstellende Sacheinlage einem Dritten ohne entsprechende Gegenleistung
herausgibt und solcherweise die Aktiengesellschaft aushöhlt, verletzt
daher die genannte Pflicht zur Erhaltung des ihrer Sorge unterstellten
Vermögens. Diese im zivilrechtlichen Bereich für die statutarische
Verwaltung gültigen Grundsätze finden im Rahmen von Art. 159 StGB
gleicherweise Anwendung auch auf all jene Personen, welche die Gesellschaft
tatsächlich leiten, indem sie die Mitglieder des Verwaltungsrates, die
Direktoren oder die Bevollmächtigten als Strohmänner benützen (BGE 81 IV
278, 78 IV 30).

Erwägung 3

    3.- Im vorliegenden Fall war nach den Gesellschaftsstatuten die
Geschäftsführung ausdrücklich der Verwaltung übertragen. Das ergibt
sich aus § 14 der genannten Statuten, wonach die Verwaltung die
geschäftsführende Behörde der Gesellschaft ist, die den gesamten
Geschäftsverkehr überwacht und zur Vornahme aller Rechts- und
Verwaltungsgeschäfte, welche nicht der Generalversammlung vorbehalten sind,
berechtigt und verpflichtet ist, wobei ihr insbesondere die Durchführung
aller zur Erreichung des Geschäftszweckes erforderlichen Handlungen
obliegt. Wie ferner das Obergericht unter Verweisung auf die Erwägungen der
ersten Instanz feststellt, hat Müller die Verantwortung für die Immobilien
AG Nord getragen. Dieser sei es nämlich gewesen, der das einzige Kapital
der Aktiengesellschaft, den Schuldbrief, bei Auf der Maur beschafft und
in die Gesellschaft eingebracht habe. Er habe überdies die Buchführung
besorgt und sämtliche Unterlagen der Gesellschaft aufbewahrt. Auch habe
er treuhänderisch über den Schuldbrief des Auf der Maur, den Wäfler nicht
einmal gekannt habe, verfügt und ihn dem Erstgenannten zurückgegeben, ohne
den Verwaltungsrat Wäfler zu benachrichtigen oder gar seine Zustimmung
einzuholen. Tatsächlich sei er der einzige Verfügungsberechtigte der
AG gewesen und Wäfler habe bloss als Strohmann gedient. Stand demnach
Müller die selbständige Verfügung über jenes Vermögen der Immobilien AG
Nord zu (vgl. BGE 95 IV 66), so unterliegt es keinem Zweifel, dass er
für die Erhaltung dieses Vermögens sorgen musste und es durch keine den
Gesellschaftsinteressen zuwiderlaufenden Handlungen schwächen durfte. Die
Herausnahme des Schuldbriefes aus der AG und seine unentgeltliche
Überlassung zu unbeschränktem Eigentum an Auf der Maur fallen daher dem
Beschwerdeführer als Verletzung jener Pflicht zur Last, die ihm als dem
tatsächlich die Geschäftsführung innehabenden Organ der Aktiengesellschaft
obgelegen hatte.

Erwägung 4

    4.- Demgegenüber kann nicht unter Berufung auf den Grundsatz "volenti
non fit iniuria" geltend gemacht werden, es sei niemand geschädigt worden;
Auf der Maur sei der wirkliche Eigentümer der AG gewesen und habe als
Aktionär sein Gut ungeschmälert zurückerhalten, während der Käufer
Maurer einen blossen Aktienmantel habe erwerben wollen. Einmal stellt
das Obergericht verbindlich fest, dass Auf der Maur von Müller über die
Immobilien AG Nord nicht unterrichtet worden war, dass er keine Aktien
besessen hat und nicht Organ der Gesellschaft gewesen ist. Auf der Maur
war auch nicht Aktionär der Biwara AG, noch war Müller Alleinaktionär
dieser Gesellschaft. Er besass bloss die Hälfte der 100 Aktien.

    Des weitern übersieht Müller, dass ausser ihm und der von ihm
vertretenen Biwara AG als "Fiduziarin Dritter" auch der Verwaltungsrat
Wäfler eine Aktie besessen hatte, dieser jedoch nach dem angefochtenen
Urteil von der Herausnahme des Schuldbriefes durch Müller nichts gewusst
hat und somit auch seine Zustimmung dazu nicht hat geben können. Sodann
verkennt die Beschwerde, dass die Aktiengesellschaft, selbst in der Form
einer Einmanngesellschaft, selbständige Vermögensträgerin ist und ihr
Vermögen nicht nur nach aussen, sondern auch im Verhältnis zu den einzelnen
Gesellschaftsorganen ein fremdes im Sinne des Art. 159 StGB ist. Dieser
strafrechtliche Schutz des Gesellschaftsvermögens besteht wie der von der
Zivilrechtsordnung gewollte Kapitalschutz ausser im Interesse der Aktionäre
und Gesellschaftsgläubiger auch in demjenigen der Gesellschaft selber. Wie
bereits dargetan, sind Errichtung und Fortbestand der AG aufs engste
mit dem Vorhandensein des gebundenen Gesellschaftsvermögens verknüpft,
und es dient dieses zudem deren Zweckverfolgung und Kreditwürdigkeit
(vgl. SIEGWART, N. 2 der Einleitung und N. 14 zu Art. 620 OR). Entsprechend
wurde denn auch entschieden, dass sogar der Alleinaktionär einer
Einmanngesellschaft (unter Vorbehalt von Ausnahmen, die sich für das
Aussenverhältnis aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben) sich
die rechtliche Selbständigkeit der Gesellschaft entgegenhalten und eine
widerrechtliche Verletzung des Gesellschaftsvermögens als Schädigung
fremden Vermögens zurechnen lassen müsse (BGE 85 IV 231). Dann aber ist
ein solcher Vorwurf erst recht einem Gesellschaftsorgan gegenüber am
Platze, das mit der Person des Alleinaktionärs nicht identisch ist oder
die Geschäftsführung einer Aktiengesellschaft mit verteiltem Aktienbesitz
innehat und das in Verletzung seiner Treuepflicht das Gesellschaftskapital
geschwächt oder gänzlich verschleudert hat.

    Ist demnach im vorliegenden Fall die Immobilien AG Nord selber durch
die Herausgabe des Schuldbriefs an Auf der Maur geschädigt worden, so ist
entgegen der Meinung des Beschwerdeführers auch ohne Belang, dass diese
Gesellschaft keine weiteren Geschäfte getätigt und deshalb keine Gläubiger
gehabt hat. Eine Schädigung allfälliger Gesellschaftsgläubiger wäre nach
Art. 159 StGB ohnehin unerheblich, weil Müller nicht deren Vermögen,
sondern dasjenige der Aktiengesellschaft zur Fürsorge anvertraut war.

Erwägung 5

    5.- Schliesslich kann der Beschwerdeführer auch daraus nichts für sich
ableiten, dass die sogenannte stille Liquidation einer Aktiengesellschaft
und der Handel mit Aktienmänteln in der Praxis häufig unbeanstandet
bleiben. Damit ist die Rechtmässigkeit solcher Handlungsweisen nicht
belegt. Ein nicht gelöschter, völlig inhaltloser Aktienmantel kann zu
Täuschungen Anlass geben, und seine Verwertung stellt denn auch eine
klare Umgehung der Vorschriften über die Auflösung der Aktiengesellschaft
dar (SIEGWART, N. 45 der Einleitung). Dass es in der Praxis zumeist
nicht zu Beanstandungen kommt, ist darauf zurückzuführen, dass die
Handelsregisterführer von dem oft schwer erkennbaren Sachverhalt keine
Kenntnis haben bzw. eine nachträgliche Aktivierung oder Reaktivierung des
Mantels, die sich als nicht verwerflich herausstellt, ein Eingreifen der
Behörde als nicht mehr geboten erscheinen lässt (SIEGWART, aaO, N. 33, 35,
40 und 55). Im vorliegenden Falle geht es indes nicht um die Zulässigkeit
der Mantelverwertung, sondern darum, ob die Handlungen Müllers als des
geschäftsführenden Organs der Immobilien AG Nord, durch welche diese
Gesellschaft völlig ausgehöhlt wurde, pflichtwidrig waren oder nicht. Das
aber ist eine Frage, welche das Innenverhältnis zwischen Verwaltung und
Gesellschaft, mit andern Worten, die Verantwortlichkeit der ersteren aus
getreuer Geschäftsführung gegenüber der Aktiengesellschaft betrifft. Unter
diesem Gesichtspunkt jedoch kann kein Zweifel darüber bestehen, dass
Müller seine Pflicht zur Fürsorge für das Gesellschaftsvermögen verletzt
und damit die Immobilien AG Nord als selbständige Vermögensträgerin im
Sinne von Art. 159 StGB geschädigt hat. Er wurde daher zu Recht wegen
ungetreuer Geschäftsführung verurteilt.

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.