Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 II 78



97 II 78

12. Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Februar 1971
i.S. Chesebrough-Pond's gegen Colgate-Palmolive Company Regeste

    Markenschutz, unlauterer Wettbewerb und Schutz der Firma.

    1.  Art. 9 Abs. 1 MSchG. Die Löschung einer Marke wegen Nichtgebrauchs
setzt eine Klage voraus (Erw. 1).

    2.  Art. 6 Abs. 1 und 3 MSchG. Die Unterscheidbarkeit von Marken
beurteilt sich nach dem Gesamteindruck, den sie beim Käufer erwecken.
Keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken POND'S und RESPOND, aber
Grenzfall (Erw. 2).

    3.  Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG. Die Verwendung einer Marke, die nach
MSchG erlaubt ist, verstösst nicht gegen Treu und Glauben.

    4.  Art. 8 PVUe. Die Marke RESPOND verletzt den Handelsnamen
Chesebrough-Pond's nicht (Erw. 3).

Sachverhalt

    A.- Die Marke POND'S wurde erstmals am 3. Februar 1926 auf den Namen
der Pond's Extract Company, London und New York, im schweizerischen
Markenregister eingetragen. Sie wurde mehrmals erneuert und dann auf die
Chesebrough-Pond's Inc. in New York übertragen. Diese vertreibt kosmetische
Erzeugnisse und hat Tochtergesellschaften in verschiedenen Ländern. Sie
hinterlegte selber eine Reihe Marken, die durchwegs das Wort POND'S mit
oder ohne Zusätze enthalten, z.B. am 15. Oktober 1959 die Marke POND'S
C und am 18. März 1968 die Marke CP CHESEBROUGH-POND'S.

    Am 18. August 1966 liess die Colgate-Palmolive Company, New York,
unter Nr. 223.192 die Marke RESPOND in das schweizerische Register
eintragen. Die Marke ist für Waren der internationalen Kategorien 3,
5, 8 und 21 und damit teilweise für die gleichen Erzeugnisse bestimmt,
wie sie unter POND'S Marken auf den Markt kommen.

    B.- Im Juli 1969 klagte die Chesebrough-Pond's Inc.  gegen die
Colgate-Palmolive Company mit den Begehren, es sei die Nichtigkeit der
Marke Nr. 223 192 RESPOND festzustellen und der Beklagten die Verwendung
dieser Marke zur Kennzeichnung ihrer Waren unter Strafandrohung zu
verbieten. Die Klägerin stützte ihre Ansprüche auf Art. 24 MSchG,
Art. 1 UWG und Art. 8 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des
gewerblichen Eigentums (PVUe).

    C.- Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage am 9. April
1970 ab.

    D.- Die Klägerin beantragt dem Bundesgericht auf dem Wege der Berufung,
dieses Urteil aufzuheben und die Klage gutzuheissen.

    Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene
Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Das Handelsgericht stellt fest, die Beklagte habe die Marke RESPOND
bisher in der Schweiz nicht verwendet. Nach der Auffassung der Klägerin
hätte die Vorinstanz deswegen auf Löschung der Marke erkennen müssen,
weil nach Art. 9 MSchG das Gericht diese Massnahme anordne, wenn eine
Marke während drei aufeinanderfolgenden Jahren nicht gebraucht werde
und ihr Inhaber die Unterlassung des Gebrauches nicht hinreichend zu
rechtfertigen vermöge.

    Diese Auffassung geht fehl. Die Klägerin übersieht, dass der Richter
die Löschung gemäss Art. 9 MSchG nicht von Amtes wegen, sondern nur
auf Klage einer interessierten Partei anordnen kann. Die richterliche
Anordnung setzt selbst dann eine Klage voraus, wenn man davon ausgeht,
das Recht an der Marke gehe nach dreijährigem Nichtgebrauch, für den der
Inhaber keine Gründe angeben kann, von selbst unter (BGE 93 II 50). Diese
Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Klägerin wies im kantonalen
Verfahren wiederholt auf den Nichtgebrauch der streitigen Marke hin,
klagte jedoch nicht auf Löschung der Marke RESPOND; sie verlangte bloss
die Feststellung, dass diese Marke wegen Verwechselbarkeit mit der
Wortmarke POND'S nichtig sei. Unter diesen Umständen hatte die Beklagte
keinen Anlass, den von ihr zugestandenen Nichtgebrauch zu rechtfertigen,
noch lässt sich sagen, die Vorinstanz habe Art. 9 MSchG verletzt.

    Sollte die Klägerin mit ihrer Kritik in der Berufung Versäumtes
nachholen wollen, so wäre das Begehren neu und daher gemäss Art. 55 Abs. 1
lit. b OG nicht zu hören.

Erwägung 2

    2.- Die Wortmarke RESPOND der Beklagten ist für Erzeugnisse bestimmt,
die sich ihrer Natur nach nicht gänzlich von den Waren unterscheiden,
für welche die älteren POND'S Marken der Klägerin in das schweizerische
Register eingetragen wurden; aus den Warenverzeichnissen erhellt im
Gegenteil, dass sie sich zum Teil auf gleichartige Erzeugnisse bezieht. Die
Marke der Beklagten ist daher nur gültig, wenn sie sich durch wesentliche
Merkmale von denjenigen der Klägerin unterscheidet (Art. 6 Abs. 1 und
3 MSchG). Die Unterscheidbarkeit hängt vom Gesamteindruck ab, den die
Marken, jede für sich betrachtet, in der Erinnerung des letzten Käufers
der Ware hinterlassen (BGE 92 II 275 und dort angeführte Urteile).

    a) Die Klägerin macht geltend, der Verwechselbarkeit der Marken stehe
deren angeblicher Sinngehalt nicht entgegen, wie auch das Handelsgericht
richtig erkannt habe. Dass die Vorinstanz der Klägerin in diesem
Sinne beigepflichtet habe, ist dem angefochtenen Urteil indes nicht zu
entnehmen. Das Handelsgericht führt aus, selbst wenn die Marken POND'S und
RESPOND bei der grossen Masse von Käufern gewisse Gedankenassoziationen
auslösen sollten, liessen sich in ihrem Sinngehalt keinerlei Ähnlichkeiten
erkennen, welche zu Verwechslungsgefahr führen könnten. Die Vorinstanz
sagt also nicht, der Sinngehalt schliesse eine Verwechslungsgefahr nicht
aus; sie verneint vielmehr, dass vom Sinngehalt her eine solche Gefahr
bestehe. Nach der Auffassung der Klägerin haben die in Frage stehenden
Marken jedoch keinen bestimmten und jedermann erkennbaren Sinn, der im
Erinnerungsbild einen solchen Eindruck hinterlassen könnte, dass er die
nach Wortlaut und Wortbild vorhandene Verwechslungsgefahr zu beseitigen
vermöchte.

    Die Sinndeutungen, welche die Beklagte der Marke POND'S mit Hinweisen
auf die englischen Wörter "pond" (Teich), "pound" (Gewicht) oder auf
das französische Verb "pondre" (Eier legen) geben will, sind gesucht
und überzeugen nicht. POND'S lässt sich mit der Vorinstanz am ehesten
als Eigenname in der Schreibweise des sächsischen Genitivs, RESPOND
als Antwort oder Wechselgesang verstehen. Aber auch so ergibt sich aus
dem Sinn der Worte keinerlei Sachbezogenheit für die Marken. In ihrem
Sinngehalt sind daher weder Ähnlichkeiten, welche Verwechslungen der
beiden Marken begünstigen, noch wesentliche Unterschiede zu erkennen,
welche eine Verwechslungsgefahr ausschliessen würden.

    b) Nicht zu verkennen ist dagegen, dass die Marken POND'S und RESPOND
einander in Klang und Schriftbild wegen der gemeinsamen Silbe POND
nahe kommen. Diese Ähnlichkeit ist der Vorinstanz nicht entgangen. Das
Handelsgericht findet aber, dass die beiden Marken trotzdem einen
wesentlich verschiedenen Gesamteindruck erwecken, weil die Marke der
Klägerin eine typische Form des Genitivs, das Zeichen der Beklagten
hingegen die Vorsilbe RES aufweise; zu berücksichtigen sei zudem, dass die
Erzeugnisse der Klägerin verhältnismässig teuer seien und der Kunde bei
solchen Waren mehr als sonst auf die Marke achte. Die Klägerin hält diese
Unterschiede jedoch für Nebensächlichkeiten, welche die Verwechslungsgefahr
nicht ausschlössen.

    Dass die Marke der Beklagten jene der Klägerin vollumfänglich enthalte,
wie in der Berufung behauptet wird, trifft nicht zu. Der Apostroph und der
nachgestellte Buchstabe S, die im Zeichen der Beklagten fehlen, gehören zur
Marke der Klägerin und sind nicht zu übersehen. Wenn dieser Besonderheit
auch nicht schlechthin kennzeichnende Kraft zukommt, ist doch unverkennbar,
dass sie am Ende eines einzelnen, als Eigenname erscheinenden Markenwortes
viel eher zur Unterscheidung taugt, als innerhalb einer Wortverbindung. Es
lässt sich auch nicht sagen, ein durch Apostroph abgetrenntes S werde
selbst im deutschen Sprachbereich nicht regelmässig ausgesprochen
jedenfalls findet eine solche Behauptung in der allgemeinen Erfahrung
keinen Rückhalt. Der Einwand sodann, im Französischen werde ein S am
Ende eines Wortes wie POND nicht ausgesprochen, geht fehl; es geht hier
weder um ein französisches Wort noch um eine französische Schreibweise,
sondern um die Wortmarke POND'S, die auch im französischen Sprachgebiet
sehr bekannt ist und richtig ausgesprochen wird. Im Italienischen verhält
es sich nicht anders.

    Den durch die Vorsilbe RES bewirkten Unterschied zwischen den beiden
Marken hält die Klägerin für nennenswert, unter Hinweis auf die Marken
"Mido" und "Smidor", "Dogma" und "Dog", die das Bundesgericht als
verwechselbar erachtet hat (BGE 73 II 63, 82 II 543), aber nicht für
wesentlich. In den angeführten Fällen wurde vor allem auf den Wortklang
abgestellt, der die Verwechslungsgefahr begünstigte. Hier weist die jüngere
Marke eine vorangestellte zweite Silbe auf, welche die Aussprachekadenz
verschiebt und damit auch den Wortklang verändert. Freilich ist nach
BGE 82 II 542 ein besonders strenger Massstab anzulegen, wenn eine neue
Wortmarke sich von einer bestehenden bloss durch einige abgetrennte oder
beigefügte Buchstaben unterscheidet. Dieser Grundsatz bedarf jedoch der
Verdeutlichung, da die Veränderung in Klang und Bild sehr unterschiedlich
ausfallen kann, je nachdem wo sie vorgenommen wird, am Anfang oder am
Ende des Wortes, und ob um Silben oder bloss um Buchstaben gekürzt oder
ergänzt wird. Beispiele dafür sind die Marken "Sihl" und "Silta" einerseits
sowie "Sihl" und "Cosil" anderseits. Zwischen den ersten beiden wurde
die Verwechslungsgefahr bejaht, zwischen den letzteren dagegen verneint
(BGE 77 II 324, 92 II 275).

    c) Die Vorinstanz verneint auch, dass der Konsument die Marke RESPOND
als Serienmarke der POND'S - Reihe betrachten könnte, weil die Marken
der Klägerin durchwegs das Wort POND,S enthielten; eine Ausnahme mache
einzig die Marke PONDERMA, in der das Stammwort leicht verändert vorkomme.

    Diese Feststellung beruht nach der Auffassung der Klägerin auf einem
offensichtlichen Versehen, da auch die Marke CP CHESEBROUGH-POND'S zu
den Ausnahmen gehöre. Dass diese Marke im schweizerischen Register
eingetragen ist, ergibt sich aus den Akten, nicht aber, dass die
Bezeichnung CHESE-BROUGH-POND'S auf allen Packungen der Klägerin oder
ihrer Konzerngesellschaften vorkommt, wie in der Berufung behauptet
wird. Hierüber ist auch der Klageschrift und dem Protokoll des
Handelsgerichts nichts zu entnehmen, noch ist die Behauptung durch
Musterpackungen belegt. Die Behauptung ist vielmehr neu und daher nicht
zu hören (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Damit ist auch dem weitern Einwand
der Boden entzogen, das Publikum habe sich nachgerade daran gewöhnt,
dass vor dem Stamm POND'S noch etwas stehe. Die Marke PON-DERMA, die
eine Ergänzung nicht vor, sondern hinter dem (unvollständigen) Stammwort
aufweist, vermochte eine solche Gewöhnung nicht zu bewirken. Diese
Marke fällt übrigens, wie die Vorinstanz mit Recht bemerkt, eher aus
der POND'S-Reihe, und von der Marke RESPOND lässt sich im Ernst nicht
behaupten, sie erwecke den Eindruck, dass sie in diese Reihe gehöre.

    d) Die Auffassung des Handelsgerichtes, eine Verwechslungsgefahr
zwischen den Marken POND'S und RESPOND sei zu verneinen, ist somit nicht
zu beanstanden, wenn auch einzuräumen ist, dass es sich namentlich wegen
ihrer Ähnlichkeit im französischen Sprachbereich um einen Grenzfall
handelt. Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob die Waren der
Klägerin verhältnismässig teuer sind und diesem Umstand bei den heutigen
Einkommensverhältnissen eine besondere Bedeutung zukäme.

Erwägung 3

    3.- Von unlauterem Wettbewerb kann nach dem angefochtenen Urteil schon
deshalb nicht die Rede sein, weil die Parteien in der Schweiz nicht in
wirtschaftlichem Wettbewerb miteinander stehen. Dies trifft indes, wie
beide Parteien übereinstimmend erklären, nicht zu. Es liegt daher ein
Versehen vor.

    Dass die Marke der Beklagten die Markenrechte der Klägerin nicht
verletzt, schliesst unlauteren Wettbewerb nicht aus. Dieser kann in
Handlungen oder Massnahmen liegen, die vom Markenschutzgesetz nicht erfasst
werden. In der Klageschrift beruft die Klägerin sich auf Art. 1 Abs. 2
lit. d UWG, und in der Berufung führt sie aus, die Verwechslungsgefahr
nach MSchG und UWG sei aus den gleichen Gründen zu bejahen. Nachdem eine
solche Gefahr nach MSchG verneint worden ist, bleibt für die Anwendung
von Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG indes kein Raum mehr. Die Verwendung einer
Marke darf nicht als Verstoss gegen Treu und Glauben gewertet werden,
wenn sie nach dem Markenschutzgesetz erlaubt ist (BGE 92 II 265 und
277 f., 95 II 198). Andere Handlungen aber, namentlich die Benützung
verwechselbarer Ausstattungsmerkmale, sind nicht dargetan.

    Dass die Beklagte durch die Verwendung der Marke RES-POND in die
Firmen- oder Persönlichkeitsrechte der Klägerin eingreife, wie diese
unter Berufung auf Art. 8 PVUe behauptet, lässt sich schon deshalb
nicht sagen, weil die Firma der Klägerin aus den Worten Chesebrough und
Pond's besteht. Ob die Firma der Klägerin selber oder nur die ihrer Genfer
Zweigniederlassung im schweizerischen Handelsregister eingetragen sei, ist
offen. Je nachdem geniesst sie firmenrechtlichen oder bloss wettbewerbs-
und persönlichkeitsrechtlichen Schutz (BGE 90 II 197 f.). Der Einwand
der Klägerin, ihr Handelsname stehe auf den Verkaufspackungen ihrer
Erzeugnisse und die Schreibweise der Firma sei dem Publikum seit mehr als
15 Jahren bekannt, ist neu und daher auch in diesem Zusammenhang nicht zu
hören. Dass ihr Handelsname sonstwie in Verbindung mit POND'S-Erzeugnissen
dem kaufenden Publikum nahe gebracht worden sei, legt sie nicht dar;
in der Berufung räumt sie vielmehr selber ein, dass das Publikum schon
wegen der Schwierigkeit, das Wort Chesebrough richtig auszusprechen,
sich kaum erinnere, worum es gehe. Doch wie dem auch sei, gegenüber dem
fremdsprachigen Doppelnamen Chesebrough-Pond's birgt die Marke RESPOND
jedenfalls keine Täuschungs- oder Verwechslungsgefahr.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 9. April 1970 bestätigt.