Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 II 371



97 II 371

53. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. November 1971
i.S. Kanton Schaffhausen gegen Einwohnergemeinde Schaffhausen. Regeste

    Feststellungsklage (Art. 25 BZP). Interesse an sofortiger
Feststellung. Voraussetzungen, unter denen auf Feststellung geklagt werden
kann, obwohl eine Leistungsklage möglich wäre (Erw. 2).

    Leitungsdienstbarkeit; Verlegung der Leitung; Kostenpflicht.

    1.  Begründung einer Dienstbarkeit zulasten eines Grundstücks, das im
Eigentum des Staates (eines Kantons) steht und entweder zum Finanzvermögen
oder zum Verwaltungsvermögen oder zu den Sachen im Gemeingebrauch gehört
(Art. 6, 664 Abs. 1, 944 Abs. 1 ZGB; Erw. 3).

    2.  Nichtigkeit eines Dienstbarkeitsvertrages wegen Fehlens der
bundesrätlichen Bewilligung im Sinne von Art. 23 des BG betr. die eidg.
Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902 (Erw. 4 Abs. 1).

    Kann eine Dienstbarkeit für eine unterirdische Starkstromleitung ohne
Grundbucheintrag entstehen? (Art. 676 Abs. 2 und 3, 691 Abs. 2 und 3 ZGB;
Art. 46 ElG; Erw. 4 Abs. 2).

    Einigung der Parteien darüber, dass die Frage, wer die Kosten der
Verlegung zu tragen hat, auf Grund der Annahme zu beurteilen ist, das
Durchleitungsrecht sei gültig begründet worden (Erw. 4 Abs. 3).

    3.  Die Verlegung von Leitungen, die Gegenstand einer frei vereinbarten
Dienstbarkeit sind, wird trotz der missverständlichen deutschen Fassung
von Art. 742 Abs. 3 ZGB in allen Punkten, namentlich auch hinsichtlich
der Kosten, durch Art. 693 ZGB geregelt (Erw. 5).

    4.  Tragweite von Art. 693 Abs. 2 und 3
ZGB. Gesetzeslücke? Einschränkende Auslegung von Art. 693 Abs. 2
ZGB? (Erw. 6-8). Wann liegen besondere Umstände im Sinne von Art. 693
Abs. 3 ZGB vor? (Erw. 9-11).

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    A.- Der Kirchen- und Schulfonds des Kantons Schaffhausen ist
Eigentümer des Grundstücks GB Schaffhausen Nr. 3843 (Geissbergwald),
das 9673 a misst. Im südlichen Abschnitt dieses Grundstücks befindet sich
das Kantonsspital, das seit dem 1. April 1954 in Betrieb steht.

    Ein Vertrag zwischen dem Kanton und der Einwohnergemeinde Schaffhausen
vom 29. Mai 1959 sah u.a. vor, dass der Kanton der Einwohnergemeinde
(Elektrizitätswerk) für die Erstellung eines Unterwerks auf dem nördlich
des Kantonsspitals sich erhebenden "Rundbuck"/Geissberg vom (damals noch
mehr als 9750 a umfassenden) Grundstück Nr. 3843 eine Teilfläche von ca. 42
a (neues Grundstück Nr. 5231) verkaufe. Hierauf baute die Einwohnergemeinde
das erwähnte Unterwerk. Am 3. Dezember 1959 schlossen der Kanton und die
Einwohnergemeinde einen Dienstbarkeitsvertrag, der bestimmte:

    "1. Die Einwohnergemeinde Schaffhausen (Elektrizitätzwerk) hat das
dingliche Recht, 2 Kabel 50kV, 19 Kabel lokV und 4 Steuerkabel unter
Boden durch das Waldgrundstück No. 3843 zu führen und im Maximum für 40
Jahre fortbestehen zu lassen. Die Organe der Berechtigten sind befugt,
das belastete Grundstück zur Vornahme von Revisionen oder Reparaturen
jederzeit zu betreten.

    Die Eigentümer des belasteten Grundstücks sind verpflichtet, bei der
Ausführung von Arbeiten, insbesondere bei Auffüllungen oder Abgrabungen die
notwendige Rücksicht auf die Kabelanlage zu nehmen und der Betriebsleitung
des EWSch zu berichten, sobald die Kabelanlage gefährdet werden könnte.

    Auf dem Kabeltrasse dürfen zu Gunsten der Einwohnergemeinde
Schaffhausen (Elektrizitätswerk) weder Bäume noch Hecken gepflanzt werden.

    Diese Dienstbarkeit ist übertragbar.

    2. Diese Dienstbarkeit ist als Durchleitungsrecht für Kabelleitungen
unter Boden und Pflanzungsbeschränkung (übertragbar) zu Lasten von No. 3843
und zu Gunsten der Einwohnergemeinde Schaffhausen (Elektrizitätswerk) im
Grundbuch einzutragen für die Dauer von 40 Jahren, d.h. bis 5. Dezember
1999, und wird hiermit angemeldet.

    8. Für die vorerwähnten Rechtseinräumungen, Verpflichtungen und für
die zu erwartende Erschwerung der Bewirtschaftung auf dem Waldgrundstück,
den dauernden Ertragsausfall auf der Leitungsfläche und alle weiteren
forstlichen Inkonvenienzen entschädigt das EWSch die Staats-Forstverwaltung
nach erfolgter Grundbuchanmeldung mit einer Abfindung von Fr. 750.--.

    ..."

    Das um Eintragung der Dienstbarkeit ersuchte Grundbuchamt verwies
auf Art. 23 des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht
über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902 (BS 9 S. 521), wonach die
öffentlichen Waldungen nur mit Bewilligung des Bundesrates (und der
betreffenden Kantonsregierung) durch neue, einer guten Waldwirtschaft
nachteilige Rechte und Dienstbarkeiten belastet werden können und
Rechtsgeschäfte, soweit sie damit in Widerspruch stehen, nichtig sind. Da
der kantonale Forstdirektor fand, der Bundesrat sollte "wegen derartig
geringfügiger Beeinträchtigungen der Waldwirtschaft nicht belästigt
werden", zogen die Vertragsparteien die im Dienstbarkeitsvertrag enthaltene
Grundbuchanmeldung zurück. In diesem Zusammenhang schrieb der kantonale
Forstmeister dem Elektrizitätswerk der Stadt Schaffhausen am 16. Dezember
1959 unter anderm, die Regierung werde sich auch ohne die Bewilligung
des Bundesrates und ohne Eintrag im Grundbuch an den Vertrag halten.

    Die hierauf erstellte Kabelleitung zum Unterwerk "Rundbuck" führte
am Kantonsspital vorbei und war ungefähr 400 m lang.

    B.- Am 8. September 1968 bewilligten die Stimmberechtigten des Kantons
Schaffhausen einen Kredit von 45 Millionen Franken für die Erweiterung des
Kantonsspitals. Das Bauprojekt erforderte die Verlegung eines Teils der
Kabelleitung. Das Elektrizitätswerk schätzte die Kosten dieser Arbeit
auf ca. 300'000 Franken. Die Einwohnergemeinde Schaffhausen war der
Ansicht, der Kanton habe sich an diesen Kosten zu beteiligen, was der
Kanton ablehnte. Die kantonale Baudirektion machte zunächst geltend,
der Dienstbarkeitsvertrag sei mangels bundesrätlicher Bewilligung und
mangels Eintragung im Grundbuch nichtig. Später gab sie diesen Standpunkt
auf und erklärte ausdrücklich, der Kanton werde in einem allfälligen
Rechtsstreit über die Kosten der Leitungsverlegung auf die Geltendmachung
der Nichtigkeit verzichten.

    C.- Am 23. Oktober 1970 leitete der Kanton Schaffhausen unter
Berufung auf Art. 42 OG beim Bundesgericht als einziger Instanz gegen
die Einwohnergemeinde Schaffhausen Klage ein mit den Begehren, es sei
festzustellen, dass die Stadt Schaffhausen verpflichtet sei, die Kosten der
Verlegung ihrer Kabelleitung im Geissbergwald (GB Schaffhausen Nr. 3843)
selbst zu tragen; eventuell habe das Bundesgericht die Beteiligung der
Parteien an den Kosten anteilsmässig festzusetzen.

    Die Beklagte beantragte die Abweisung des Hauptbegehrens der Klage
und die Gutheissung des Eventualbegehrens in dem Sinne, dass die Kosten
der Verlegung zu 3/4 dem Kanton und zu 1/4 der Stadt zu überbinden,
eventuell nach richterlichem Ermessen aufzuteilen seien.

    Das Bundesgericht heisst die Klage gut und stellt fest, dass die
Beklagte die Kosten der Verlegung ihrer Kabelleitung im Geissbergwald
selbst zu tragen hat.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- ... (Anwendbarkeit von Art. 42 OG. Verfahren nach BZP gemäss
Art. 1 dieses Gesetzes).

Erwägung 2

    2.- Mit der Klage wird in erster Linie die Feststellung verlangt, dass
die Beklagte die Kosten der Verlegung ihrer Kabelleitung selbst zu tragen
habe. Das Urteil soll also nach der Meinung des Klägers feststellen, dass
auf Grund der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen nicht
der Kläger, sondern die Beklagte die erwähnten Kosten übernehmen müsse.

    Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines
Rechtsverhältnisses kann nach Art. 25 BZP geklagt werden, wenn der Kläger
ein rechtliches Interesse an sofortiger Feststellung hat. Ob im einzelnen
Fall ein solches Interesse bestehe, ist von Amtes wegen zu prüfen (LEUCH,
Die ZPO für den Kanton Bern, 3. Aufl. 1956, N. 3 zu Art. 174, S. 196
unten; vgl. auch W. ZUMSTEIN, Die Feststellungsklage, Berner Diss. 1916,
S. 56; STEIN-JONAS, Kommentar zur [deutschen] ZPO, 19. Aufl., 5. Lfg. 1968,
Anm. IV/6 zu § 256, S. 1024; FASCHING, Kommentar zu den [österreichischen]
Zivilprozessgesetzen, III. Band 1966, Anm. 9 zu § 228, S. 51). Dabei
muss dem richterlichen Ermessen ein gewisser Spielraum gelassen werden
(ZUMSTEIN, S. 60; KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft
im schweiz. Recht, 1954, S. 33).

    Ein Interesse an sofortiger Feststellung fehlt nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichts in der Regel, wenn der Kläger in der Lage ist, über
die blosse Feststellung hinaus eine vollstreckbare Leistung zu verlangen
(BGE 96 II 131 Erw. 2 mit Hinweisen). Auch bei Möglichkeit einer
Leistungsklage kann aber ein selbständiges Interesse an gerichtlicher
Feststellung bestehen. So verhält es sich z.B., wenn es darum geht,
nicht nur die fällige Leistung zu erhalten, sondern die Gültigkeit
des ihr zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses auch für dessen
künftige Abwicklung feststellen zu lassen (BGE 84 II 692 Erw. 2 mit
Hinweisen). Der Feststellungsklage kann neben der Leistungsklage aber
auch dann selbständige Bedeutung zukommen, wenn die Parteien nur in der
grundsätzlichen Frage des Bestehens einer Verpflichtung uneinig sind
und die Erfüllung der Leistung auf blosse Feststellung hin zweifelsfrei
gesichert ist (KUMMER, S. 53). Das trifft in der Regel zu, wenn die
beklagte Partei eine öffentlichrechtliche Körperschaft ist (LEUCH, N. 3
zu Art. 174, S. 196, mit Hinweis auf BGE 50 II 56 f. Erw. 1 und 80 II 366
f. Erw. 4; STEIN-JONAS, Anm. III/5 b beta zu § 256, S. 1021). In solchen
Fällen wäre es, wie LEUCH (aaO) zutreffend bemerkt, sinnlos, auf die
Feststellungsklage wegen Möglichkeit der Leistungsklage nicht einzutreten.

    Nach der übereinstimmenden Darstellung beider Parteien verlangte
der Kläger seinerzeit die sofortige Verlegung der Kabelleitung, damit
er die beschlossene Erweiterung des Kantonsspitals in Angriff nehmen
könne, doch verweigerte die Beklagte die Verlegung, bis abgeklärt sei,
wer die Kosten zu tragen habe. Bei dieser Sachlage hätte der Kläger mit
einer Leistungsklage die Verlegung der Leitung auf Kosten der Beklagten
verlangen können. Durch einen solchen Prozess wäre jedoch der Beginn der
Bauarbeiten für die Spitalerweiterung stark verzögert worden. Daher wurde
nach einer andern Lösung gesucht. Nach verschiedenen Verhandlungen erklärte
sich die Beklagte unter der Bedingung, dass der Kläger unverzüglich beim
Bundesgericht das Verfahren zur Entscheidung der Kostenfrage einleite,
dazu bereit, die Leitung vorderhand auf ihre Kosten zu verlegen. Mit
der Klageerhebung beim Bundesgericht konnte der Kläger also erreichen,
dass die Beklagte die Leitung sofort verlegte und er selbst ohne Verzug
mit den Bauarbeiten beginnen konnte. Da die Beklagte unter der erwähnten
Bedingung bereit war, die Leitung zu verlegen und einstweilen auch
für die Kosten aufzukommen, konnte der Kläger von ihr keine Leistung
mehr verlangen. Vielmehr konnte er die von ihr gestellte Bedingung nur
erfüllen, indem er die Frage, wer die Kosten der Verlegung zu tragen habe,
zum Gegenstand eines Feststellungsbegehrens machte. Er hatte also zur
Zeit der Klageeinleitung ein erhebliches rechtliches und tatsächliches
Interesse an der Abklärung dieser Frage in einem Feststellungsprozess. Der
Umstand, dass die Leitung heute verlegt ist und die Beklagte nunmehr in der
Lage wäre, eine Leistungsklage auf Ersatz der daraus entstandenen Kosten
zu erheben, hat nicht zur Folge, dass dem Kläger heute ein rechtliches
Interesse an der verlangten Feststellung abzusprechen wäre. (Zur Frage, wie
sich der Wegfall des Feststellungsinteresses auswirken kann, vgl. LEUCH,
N. 3 zu Art. 174, S. 197; ZUMSTEIN, S. 61; STEIN-JONAS, Anm. IV/7 zu
§ 256, S. 1025; FASCHING, Anm. 25 zu § 228, S. 71). Da beide Parteien
öffentlichrechtliche Körperschaften sind, darf angenommen werden, dass
sie die aus dem Urteil sich ergebenden Verpflichtungen schon auf blosse
Feststellung hin erfüllen werden. Es hätte daher keinen Sinn, sie auf
eine Leistungsklage zu verweisen. Im Laufe des Verfahrens haben denn
auch beide Parteien betont, dass ihnen an der materiellen Behandlung der
vorliegenden Klage durch das Bundesgericht viel gelegen sei. Daher ist
auf die Klage einzutreten.

Erwägung 3

    3.- ... (Das Bundesgericht verwirft die Auffassung der Beklagten,
dass das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien trotz seiner Regelung
durch einen Dienstbarkeitsvertrag dem öffentlichen Recht unterstehe. Es
führt in diesem Zusammenhang u.a. aus:)

    c) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Geissbergwald, durch
den die Kabelleitung der Beklagten führt, zum Finanzvermögen oder zum
Verwaltungsvermögen des Klägers oder - welche Möglichkeit die Beklagte
mit dem Hinweis auf die "Erholungsfunktion" des Waldes andeutet - zu den
Sachen im Gemeingebrauch gehöre (vgl. zu diesen Begriffen BGE 95 I 100;
MEIER-HAYOZ, Eigentum, 4. Aufl. 1966, Systemat. Teil N. 112, GRISEL,
Droit administratif suisse, 1970, S. 283 f., 286 f., sowie die von
der Sektion für Finanzrecht des Verbandes der Finanzkontrollbeamten
öffentlicher Verwaltungen herausgegebene Arbeit über "Die Bewertung
von Finanzvermögen bei der Übertragung zum Verwaltungsvermögen",
ZBl 1964 S. 281 ff.). Gehört er zum Finanzvermögen, wofür die übliche
Einordnung der Staats- und Gemeindewaldungen (HAAB, N. 4 zu Art. 664 ZGB;
HOMBERGER, N. 6 zu Art. 944 ZGB; ZBl 1964 S. 282; GRISEL, aaO S. 283),
die ursprüngliche wirtschaftliche Funktion des Geissbergwaldes und seine
Behandlung in der kantonalen Vermögensrechnung sprechen, so untersteht er
grundsätzlich (von hier nicht in Betracht kommenden Vorbehalten abgesehen)
dem Privatrecht (HAAB, N. 4 und 32 zu Art. 664 ZGB; MEIER-HAYOZ, aaO
N. 113; GIACOMETTI, Allg. Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts,
1960, S. 87; IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3. Aufl., Bd. I
1968, Nr. 327 S. 191 f.; GRISEL, aaO S. 283/84). Die Parteien konnten
das streitige Durchleitungsrecht aber auch dann als privatrechtliche
Dienstbarkeit begründen, wenn der Geissbergwald zum Verwaltungsvermögen
des Klägers zu rechnen ist, was die Beklagte namentlich aus dem
öffentlichen Interesse an seiner Erhaltung und aus der Art abzuleiten
sucht, wie in der kantonalen Verwaltungspraxis über ihn verfügt wird,
oder wenn er eine Sache im Gemeingebrauch sein sollte. In der Schweiz
ist nämlich anerkannt, dass auch an öffentlichen Sachen beschränkte
dingliche Rechte, namentlich Dienstbarkeiten, bestellt werden können,
soweit sich das mit der öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung dieser
Sachen verträgt (MEIER-HAYOZ, 3. Aufl. 1964, N. 68 zu Art. 664 ZGB;
LIVER, Dienstbarkeiten und Grundlasten, 1968, Einleitung N. 25 und 112,
sowie N. 121 zu Art. 731 ZGB; GRISEL, aaO S. 282/83). Das ZGB nimmt auf
diese Möglichkeit Bezug, indem es in Art. 944 Abs. 1. u.a. bestimmt,
dass die nicht im Privateigentum stehenden und die dem öffentlichen
Gebrauche dienenden Grundstücke in das Grundbuch nur aufgenommen werden,
"wenn dingliche Rechte daran zur Eintragung gebracht werden sollen". Das
streitige Durchleitungsrecht ist mit der von der Beklagten behaupteten
öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung des Geissbergwaldes nicht
unvereinbar. Es ist aber auch nicht etwa dargetan, dass die für die
Parteien handelnden Organe mit dem Abschluss des Dienstbarkeitsvertrags
vom 3. Dezember 1959 ihre Zuständigkeit überschritten oder das vom
Verwaltungsrecht vorgeschriebene Verfahren missachtet oder das ihnen
zustehende administrative Ermessen überschritten oder eine inhaltlich
gegen das Verwaltungsrecht verstossende Regelung getroffen hätten (vgl. zu
diesen Schranken des privatrechtlichen Handelns von Gemeinwesen IMBODEN,
aaO Nr. 331 S. 199).

    d) Nach Art. 6 Abs. 1 ZGB, laut welchem die Kantone in ihren
öffentlichrechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht
beschränkt werden, und Art. 664 Abs. 1 ZGB, wonach die herrenlosen und
die öffentlichen Sachen unter der Hoheit des Staates stehen, in dessen
Gebiet sie sich befinden, entscheidet freilich das öffentliche Recht
der Kantone darüber, ob und wieweit die in ihrem Gebiet befindlichen
öffentlichen Sachen dem Privatrecht oder dem öffentlichen Recht
unterstehen (MEIER-HAYOZ, N. 50, 58, 82 zu Art. 664 ZGB, BGE 97 II 29
Erw. 2 b). Die Kantone sind daher grundsätzlich befugt, die Anwendung
des Bundesprivatrechts auf die in ihrem Gebiet befindlichen öffentlichen
Sachen auszuschliessen und diese Sachen einer rein öffentlichrechtlichen
Regelung zu unterwerfen (MEIER-HAYOZ, N. 82 zu Art. 664 ZGB; GRISEL,
aaO S. 280). Das kantonale öffentliche Recht kann insbesondere auch
bestimmen, dass Sondergebrauchsrechte an öffentlichen Sachen nicht auf
privatrechtlichem Wege, sondern nur durch öffentlichen Akt begründet
werden dürfen (MEIER-HAYOZ, N. 99 zu Art. 664 ZGB). Eine umfassende
öffentlichrechtliche Regelung der Rechtsverhältnisse an öffentlichen Sachen
besteht jedoch in keinem Kanton (vgl. MEIER-HAYOZ, N. 58 zu Art. 664 ZGB;
GRISEL, aaO S. 280), insbesondere nicht im Kanton Schaffhausen. Obwohl
die Beklagte den Geissbergwald als öffentliche Sache (Bestandteil des
Verwaltungsvermögens oder Sache im Gemeingebrauch) betrachtet, bestreitet
sie nicht, dass er im zivilrechtlichen Eigentum des Kantons steht (wie es
der in den meisten deutschsprachigen Kantonen herrschenden Auffassung über
die Frage des Eigentums an öffentlichen Sachen entspricht; MEIER-HAYOZ,
N. 54 zu Art. 664 ZGB). Die Beklagte vermag auch keine Bestimmung des
kantonalen Rechts zu nennen, aus der sich ergäbe, dass das streitige
Durchleitungsrecht, falls der Geissbergwald eine öffentliche Sache
sein sollte, nur auf öffentlichrechtlichem Wege hätte begründet werden
können... Daher ist für den Kanton Schaffhausen keine Ausnahme von der
Regel anzunehmen, dass an öffentlichen Sachen beschränkte dingliche Rechte
begründet werden können, soweit dadurch die öffentliche Zweckbestimmung
der betreffenden Sachen nicht beeinträchtigt wird (lit. c hievor).

Erwägung 4

    4.- Es lässt sich nicht bezweifeln, dass das vereinbarte
Durchleitungsrecht, mit dem sich ein Pflanzverbot verbindet (Ziff. 1 Abs. 3
des Dienstbarkeitsvertrages), im Sinne von Art. 23 des Bundesgesetzes betr.
die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902
"einer guten Waldwirtschaft nachteilig" ist und daher nur mit Bewilligung
des Bundesrates begründet werden konnte. Diese Bewilligung wurde nicht
eingeholt. Deshalb ist der Vertrag vom 3. Dezember 1959 nach Absatz 2 der
eben genannten Bestimmung nichtig. Hieran ändert grundsätzlich nichts, dass
die Parteien ihn als gültig behandelt wissen wollen; denn die Nichtigkeit
ist von Amtes wegen zu beachten. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang
auch, dass die Gewährung von Durchleitungsrechten durch die am 29. Mai
1959 erfolgte Abtretung einer mitten im Geissbergwald gelegenen Parzelle
für die - den Wald ebenfalls schädigende - Erstellung eines Unterwerks
präjudiziert war.

    Selbst im Falle der Gültigkeit des Vertrages vom 3. Dezember 1959
wäre im übrigen fraglich, ob das vereinbarte Durchleitungsrecht als
dingliches Recht entstanden sei. Die dingliche Belastung fremder (nicht
dem Werkeigentümer gehörender) Grundstücke mit Leitungen für Wasser, Gas,
elektrische Kraft und dergleichen erfolgt nämlich nach Art. 676 Abs. 2 ZGB,
soweit nicht das Nachbarrecht Anwendung findet, durch die Errichtung einer
Dienstbarkeit (vgl. BGE 97 II 40 ff.), die nach Art. 676 Abs. 3 bei einer
äusserlich nicht wahrnehmbaren Leitung durch die Eintragung im Grundbuch
und in den andern Fällen mit der Erstellung der Leitung entsteht. Das
Recht auf Durchleitung aus Nachbarrecht, das möglicherweise - sofern das
kantonale öffentliche Recht das zulässt - auch gegenüber öffentlichen
Grundstücken ausgeübt werden kann (vgl. Erw. 3 d hievor und BGE 58 I 241;
FRITZ VISCHER, Elektrizitätsleitungsrecht, Basler Diss. 1933, S. 65),
und dessen Ausübung dem Berechtigten das dingliche Recht ohne Eintragung
im Grundbuch verschafft (Art. 691 Abs. 3 ZGB; LIVER, Einleitung, N. 90,
sowie N. 14 zu Art. 731 und N. 79 zu Art. 742 ZGB; MEIER-HAYOZ, N. 18 und
28 zu Art. 676 ZGB), lässt sich nach Art. 691 Abs. 2 ZGB in den Fällen
nicht beanspruchen, in denen das kantonale Recht oder das Bundesrecht auf
den Weg der Enteignung verweist. Ein solcher Fall liegt hier vor; denn
nach Art. 46 ElG konnte die Beklagte das Durchleitungsrecht auch dann,
wenn der Geissbergwald im Sinne von Art. 46 Abs. 2 ElG zum öffentlichen
Eigentum des Klägers gehören, d.h. öffentlichen Zwecken dienen, eine
öffentliche Sache sein sollte, auf dem Wege der Enteignung erwerben,
was genügt, um den Anspruch aus Nachbarrecht auszuschliessen (BGE 51
II 159/60). Nach Art. 46 Abs. 5 ElG darf die Enteignung öffentlichen
Areals für elektrische Anlagen allerdings nur unter Wahrung der andern
(öffentlichen) Zwecke, denen das beanspruchte Gebiet gewidmet ist,
stattfinden. Dieser Einschränkung unterliegt aber auch das Recht auf
Durchleitung aus Nachbarrecht (vgl. Erw. 3 c hievor und BGE 58 I 241,
wonach dieses Recht gegenüber öffentlichem Eigentum auf jeden Fall
ausgeschlossen ist, wenn seiner Gewährung "ein öffentliches Interesse
des Verbandes entgegensteht, in dessen Eigentum und Hoheit sich die
Sache befindet"). Das in Frage stehende Durchleitungsrecht liess sich
also privatrechtlich nur durch die Errichtung einer frei vereinbarten
Dienstbarkeit im Sinne von Art. 676 Abs. 2 ZGB als dingliches Recht
begründen. Als äusserlich wahrnehmbar im Sinne von Art. 676 Abs. 3 ZGB
gilt eine Leitung nach der im Schrifttum vorherrschenden Auffassung nur
dann, wenn es sich um eine oberirdische Leitung handelt (Sten. Bull. 1906
S. 536, Votum HUBER; WIELAND, N. 9 d zu Art. 676 ZGB, S. 120; LEEMANN,
2. Aufl., und HAAB, je N. 10 zu Art. 676 ZGB; VISCHER, aaO S. 45; vgl. auch
LIVER, N. 9 zu Art. 731 ZGB; anderer Meinung E. ROMER, Die Behandlung der
Leitungen nach schweiz. Zivilrecht, ZSR 1946 S. 71, und MEIER-HAYOZ, N. 27
zu Art. 676 ZGB, die dafür halten, die äussere Wahrnehmbarkeit könne auch
bei unterirdischen Leitungen gegeben sein, z.B. dann, wenn in bestimmten
Abständen äusserlich gut sichtbare Schächte vorhanden sind). Es ist daher
auf jeden Fall zweifelhaft, ob die vereinbarte, eine unterirdische Leitung
betreffende Dienstbarkeit ohne die Grundbucheintragung, auf welche die
Parteien am 16. Dezember 1959 verzichteten, entstehen konnte, wie das
der Anwalt der Beklagten in seinem Gutachten vom 1. Dezember 1969 annahm.

    Im vorliegenden Verfahren ist jedoch nicht die Frage der Gültigkeit
des von den Parteien vereinbarten Durchleitungsrechts, sondern nur die
Frage zu beurteilen, wer die Kosten zu tragen hat, die daraus entstanden
sind, dass die seinerzeit auf Grund des Dienstbarkeitsvertrags tatsächlich
erstellte Leitung wegen der Erweiterung des Kantonsspitals verlegt werden
musste. Die Parteien sind darüber einig, dass diese Frage auf Grund der
Annahme, das Durchleitungsrecht sei gültig begründet worden, beurteilt
werden soll. Dem steht nichts entgegen. Das forstpolizeiwidrige Verhalten
der Parteien wird dadurch nicht gutgeheissen und nicht begünstigt, so dass
die erfolgte Verständigung der Parteien über die Behandlung der zwischen
ihnen streitigen Kostenfrage nicht gegen die zwingende Vorschrift von
Art. 23 des eidg. Forstpolizeigesetzes verstösst. Dass bei Beurteilung
dieser Frage über das Fehlen einer Grundbucheintragung hinweggesehen werden
soll, weckt um so weniger Bedenken, als sich mit guten Gründen die Ansicht
vertreten lässt, die sachenrechtlichen Bestimmungen über die Verlegung
von Leitungen seien auch ohne dahingehende Einigung der Beteiligten auf
für eine lange Dauer vereinbarte Durchleitungsrechte nicht dinglichen,
sondern bloss persönlichen (obligatorischen) Charakters entsprechend
anzuwenden (vgl. HAAB, N. 16 zu Art. 691/93 ZGB).

Erwägung 5

    5.- Art. 742 ZGB, der im Abschnitt über die Grunddienstbarkeiten steht,
aber auch für andere Dienstbarkeiten gilt (LIVER, N. 7 zu Art. 742 ZGB),
bestimmt:

    "Wird durch die Ausübung der Grunddienstbarkeit nur ein Teil des
Grundstückes in Anspruch genommen, so kann der Eigentümer, wenn er ein
Interesse nachweist und die Kosten übernimmt, die Verlegung auf eine
andere, für den Berechtigten nicht weniger geeignete Stelle verlangen.

    Hiezu ist er auch dann befugt, wenn die Dienstbarkeit im Grundbuch
auf eine bestimmte Stelle gelegt worden ist.

    Auf die Verlegung von Leitungen werden im übrigen die
nachbarrechtlichen Vorschriften angewendet."

    Die nachbarrechtlichen Vorschriften über die Durchleitungen
(Art. 691 ff. ZGB) behandeln deren Verlegung in Art. 693, der lautet:

    "Ändern sich die Verhältnisse, so kann der Belastete eine seinen
Interessen entsprechende Verlegung der Leitung verlangen.

    Die Kosten der Verlegung hat in der Regel der Berechtigte zu tragen.

    Wo besondere Umstände es rechtfertigen, kann jedoch ein angemessener
Teil der Kosten dem Belasteten auferlegt werden."

    Art. 742 Abs. 1 ZGB gewährt also dem belasteten Grundeigentümer den
Anspruch auf Verlegung in engerm Rahmen als Art. 693 Abs. 1 und regelt
die Frage, wer die Kosten der Verlegung zu tragen hat, in anderer,
für den Grundeigentümer ungünstigerer Weise als Art. 693 Abs. 2 und
3. Handelt es sich um die Verlegung einer nicht auf Grund von Art. 691
ZGB als sog. Legalservitut entstandenen, sondern frei vereinbarten
Leitungsdienstbarkeit, wie das bei der Beurteilung des vorliegenden
Rechtsstreites zu unterstellen ist (Erw. 4 hievor), so ist folglich für
den Entscheid über die Verlegung als solche (die im vorliegenden Falle
nicht mehr streitig, sondern bereits erfolgt ist) und für den Entscheid
über die Kostenpflicht von erheblicher Bedeutung, welche Tragweite dem
in Art. 742 Abs. 3 ZGB enthaltenen Hinweis auf die nachbarrechtlichen
Vorschriften über die Verlegung von Leitungen zukommt.

    Streng wörtlich genommen, könnte die Bestimmung, dass auf die Verlegung
von Leitungen "im übrigen" die nachbarrechtlichen Vorschriften angewendet
werden, dahin verstanden werden, dass diese Vorschriften (d.h. Art. 693
Abs. 1-3 ZGB) für die Verlegung von Leitungen nur in den Punkten gelten,
die durch Art. 742 Abs. 1 und 2 ZGB nicht geregelt werden. So aufgefasst,
wäre Art. 742 Abs. 3 ZGB jedoch sinnlos, da Art. 693 ZGB keine Fragen
regelt, die sich auf Grund von Art. 742 Abs. 1 und 2 ZGB nicht beantworten
liessen. Soll Art. 742 Abs. 3 ZGB eine praktische Bedeutung haben,
so kann also die Einschränkung, die bei streng wörtlicher Auslegung in
der Wendung "im übrigen" liegt, nicht gelten. Diese Wendung hat denn
auch in der französischen und in der italienischen Fassung von Art. 742
Abs. 3 ZGB kein Gegenstück. Diese beiden Fassungen unterstellen die
Verlegung von Leitungen vielmehr ohne solchen Vorbehalt den Vorschriften
des Nachbarrechts. Sie entsprechen darin der von der ständerätlichen
Kommission vorgeschlagenen, von den eidgenössischen Räten bei der
Gesetzesberatung angenommenen deutschen (und französischen) Fassung des
Entwurfs (Art. 733 Abs. 4; Sten.Bull. 1906 S. 1357) und den in den Räten
zu dieser Bestimmung abgegebenen Voten der Berichterstatter HOFFMANN und
HUBER (Sten. Bull. 1906 S. 1360 und 1907, NR, S. 338). Die endgültige
Fassung dieser Bestimmung stammt von der Redaktionskommission, die
ihrer Aufgabe gemäss an den Beschlüssen der Räte materiell nichts ändern
wollte (vgl. den Bericht dieser Kommission an die Bundesversammlung vom
20. November 1907, BBl 1907 VI 367 ff., 371). Wäre auf die Verlegung frei
vereinbarter Durchleitungsdienstbarkeiten Art. 742 Abs. 1 ZGB anwendbar,
wonach stets der Eigentümer die Kosten zu tragen hat, so könnten sich die
Eigentümer der für die Leitung beanspruchten Grundstücke veranlasst sehen,
solche Dienstbarkeiten nicht mehr freiwillig einzuräumen, wodurch das
Erstellen nötiger Leitungen wesentlich erschwert würde (vgl. VISCHER,
aaO S. 50). Aus allen diesen Gründen darf der im deutschen Text von
Art. 742 Abs. 3 ZGB enthaltenen Wendung "im übrigen" keine materielle
Bedeutung beigemessen werden, sondern ist entsprechend dem französischen
und dem italienischen Gesetzestext anzunehmen, dass die Verlegung von
Leitungen, die Gegenstand einer frei vereinbarten Dienstbarkeit sind, in
allen Punkten, insbesondere auch hinsichtlich der Kosten, durch Art. 693
ZGB geordnet wird (so auch die herrschende Lehre; vgl. LIVER, N. 88 zu
Art. 742 ZGB, mit Hinweisen; anderer Meinung CH. BESSON, La suppression
et l'adaptation des servitudes par le juge, in JdT 1969 I 258 ff., 284).

    Der vorliegende Rechtsstreit beurteilt sich daher nach dieser
Bestimmung. Daran ändert nichts, dass mit dem von den Parteien
vereinbarten Durchleitungsrecht ein Pflanzverbot, das an und für sich nicht
unter Art. 742 Abs. 3 und 693 ZGB fällt, verbunden ist; denn das Verbot,
auf dem Kabeltrasse Bäume oder Hecken zu pflanzen (Ziff. 1 Abs. 3 des
Dienstbarkeitsvertrages), hat keine vom Durchleitungsrecht unabhängige
Bedeutung, sondern ist rein akzessorischer Natur.

Erwägung 6

    6.- Die Beklagte beruft sich in ihren "privatrechtlichen
Erwägungen" vor allem auf LIVER, der in N. 89-100 zu Art. 742 ZGB die
Auffassung vertritt, es lasse sich sachlich nicht rechtfertigen, die
Durchleitungsrechte und die anderen Dienstbarkeiten in der Kostenfrage
verschieden zu behandeln; die Regel, dass bei Durchleitungsrechten die
Verlegung auf Kosten des Berechtigten verlangt werden könne, wirke
sich in manchen Fällen als Unrecht aus; sie sei "das Produkt einer
parlamentarischen Gesetzgebung mit eng beschränktem Gesichtsfeld"; in ihr
liege ein "gesetzgeberischer Missgriff", eine "verpfuschte gesetzliche
Regelung"; bei der Verlegung von Elektrizitätsleitungen, an die man in
erster Linie, wenn nicht gar ausschliesslich gedacht habe, sei nach
dem Willen des Gesetzgebers im Sinne eines Entgegenkommens gegenüber
dem Grundeigentümer die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beteiligten
mitzuberücksichtigen; mit der Regel, der Berechtigte habe die Kosten
zu tragen, habe man dagegen "weit über das Ziel hinausgeschossen"; man
hätte die Regelung des Vorentwurfs von 1900 (der in Art. 689 Abs. 2 die
Verteilung der Kosten unter die Beteiligten nach Ermessen des Richters
vorsah) beibehalten sollen mit der Ergänzung, dass die finanzielle
Leistungsfähigkeit der Beteiligten mitzuberücksichtigen sei; die "allein
vertretbare Lösung der Kostenfrage in der Anwendung des Art. 693 ZGB", die
für die Verlegung aller Legalservituten und der durch Vertrag freiwillig
begründeten Durchleitungsrechte gelte, laute wie folgt: "Die Kosten
sind nach Ermessen des Richters unter Berücksichtigung der beidseitigen
Vor- und Nachteile sowie der finanziellen Leistungsfähigkeit unter die
Beteiligten zu verteilen". Auch die in den übrigen Fällen geltende Regel
des Art. 742 Abs. 1 ZGB, wonach der belastete Grundeigentümer die Kosten zu
tragen hat, bedarf nach der Meinung LIVERS der "Auflockerung" in ähnlichem
Sinne (N. 101-105 zu Art. 742 ZGB). Die von LIVER vorgeschlagene Lösung
der Frage, wer die Kosten der Verlegung einer Leitung zu tragen habe,
mag de lege ferenda vertretbar sein. Mit dem geltenden Recht verträgt
sie sich aber nicht; denn sie beseitigt den in Art. 693 Abs. 2 ZGB klar
ausgesprochenen Grundsatz, dass die Kosten der Verlegung in der Regel
vom Berechtigten zu tragen sind. In dieser Weise von der gesetzlichen
Regelung abzuweichen, wie LIVER es der Sache nach befürwortet, liesse sich
höchstens dann rechtfertigen, wenn diese Regelung auf einem offenkundigen
Irrtum des Gesetzgebers über gewisse Tatsachen beruhen würde oder durch
die seit Erlass des Gesetzes eingetretene Entwicklung der Verhältnisse
überholt wäre, so dass eine sogenannte rechtspolitische Lücke des Gesetzes
vorläge (vgl. hiezu MEIER-HAYOZ, N. 295 ff. zu Art. 1 ZGB). Hievon kann
nicht die Rede sein.

    a) Art. 693 ZGB, dessen Kostenregelung LIVER als verfehlt betrachtet,
stellt mit Bezug auf die Kostenpflicht keinen starren Grundsatz auf,
sondern sieht in Absatz 3 vor, dass dem Belasteten entgegen der Regel
von Absatz 2 ein angemessener Teil der Kosten auferlegt werden kann,
wenn besondere Umstände das rechtfertigen. Mit Hilfe dieser Bestimmung
können stossende Ergebnisse, wie LIVER sie als Folge der Anwendung von
Absatz 2 befürchtet (N. 92 und 94 zu Art. 742 ZGB), vermieden werden. Die
in Art. 693 Abs. 2 und 3 ZGB getroffene Regelung der Kostenfrage lässt
sich also nicht schon deshalb als offensichtlicher Missgriff bezeichnen,
weil sie in gewissen Fällen den Berechtigten überfordern würde.

    b) Eine krasse Unvollkommenheit des Gesetzes, die allenfalls vom
Richter korrigiert werden könnte, kann aber auch nicht etwa darin
erblickt werden, dass das ZGB die Pflicht zur Tragung der Kosten einer
Verlegung für die Durchleitungsrechte und für andere Dienstbarkeiten
verschieden ordnet. Ein nicht unwesentlicher Unterschied zwischen den
Durchleitungsrechten und anderen Dienstbarkeiten kann schon im Umstand
erblickt werden, dass bei Durchleitungsrechten die genaue Stelle, auf
welche die Dienstbarkeit gelegt wird, mehr von Zufälligkeiten abhängen
und für den Berechtigten im allgemeinen weniger wichtig sein dürfte als
bei anderen Dienstbarkeiten (z.B. Wegrechten). Vor allem aber zeichnen
sich die Durchleitungsrechte vor den meisten anderen Dienstbarkeiten
dadurch aus, dass sie einem wichtigen Allgemeininteresse, nämlich der
Versorgung der Bevölkerung mit Wasser und Energie dienen und dass es
sich bei ihnen um eine ausgesprochene Massenerscheinung handelt, weil
die von einem Werk ausgehenden Leitungen meist über weite Strecken
führen, was die Auseinandersetzung mit zahlreichen Grundeigentümern
nötig macht. Der Erwerb der nötigen Durchleitungsrechte auf dem Wege der
Verständigung, der rascher und mit weniger Aufwand zum Ziel führt als
der Zwangserwerb nach Enteignungsrecht oder nach Art. 691 ZGB, wird ganz
wesentlich erleichtert, wenn die Eigentümer der in Anspruch genommenen
Grundstücke erwarten können, dass die Kosten einer später allenfalls
nötig werdenden Verlegung im Regelfall nicht von ihnen, sondern vom
Berechtigten zu tragen sind. Bei einer für die Grundeigentümer weniger
günstigen Regelung dieser Frage wäre ernstlich zu befürchten, dass die
Grundeigentümer, von denen das Werk ein Durchleitungsrecht zu erhalten
wünscht, es weit mehr, als das heute geschieht, auf einen behördlichen
Entscheid ankommen liessen, was den Bau verzögern und verteuern würde
(vgl. zur bestehenden Praxis HESS, Das Enteignungsrecht des Bundes,
1935, N. 90 zu Art. 50 ElG, wonach 98% der elektrischen Leitungen ohne
Inanspruchnahme des Enteignungsrechts gebaut werden). Alles in allem
genommen, dürfte es für die Wasser- und Energieversorgungswerke (und damit
auch für die Allgemeinheit) vorteilhafter sein, wenn sie die meisten
Durchleitungsrechte durch freie Vereinbarung erwerben können und dafür
in Fällen, wo später eine Verlegung nötig wird, deren Kosten übernehmen
müssen, als wenn sie bei einer allfälligen Verlegung weniger zahlen,
dafür aber vermehrt zum Zwangserwerb der Durchleitungsrechte schreiten
müssen. Könnten die Grundeigentümer nicht damit rechnen, dass die Kosten
einer späteren Verlegung regelmässig vom Berechtigten zu tragen sind,
so müsste sich das Risiko der Auferlegung eines Teils dieser Kosten auch
auf die ihnen auszurichtenden Entschädigungen auswirken, was den Erwerb
der Durchleitungsrechte ebenfalls verteuern würde. Es ist also keineswegs
unverständlich, dass das Gesetz dem belasteten Grundeigentümer bei der
Verlegung von Leitungen mehr entgegenkommt als bei der Verlegung anderer
Dienstbarkeitsvorrichtungen. Wo der Berechtigte nicht ein Werk, sondern ein
Privater ist, was heute die Ausnahme bilden dürfte, lassen sich unbillige
Härten, wie schon angedeutet, mit Hilfe von Art. 693 Abs. 3 ZGB vermeiden
(vgl. den Schluss von Erw. 7 hienach).

    Der Richter ist also nicht befugt, im Sinne der von LIVER aufgestellten
Regel, auf welche die Beklagte sich beruft, vom klaren Sinne von Art. 693
Abs. 2 und 3 ZGB abzuweichen.

    Ob die für Durchleitungsrechte nicht geltende Kostenregel des Art. 742
Abs. 1 ZGB ihrerseits "aufgelockert" werden sollte und ob das geltende
Recht in diesem Punkte die von LIVER vorgeschlagene Lösung zulasse,
ist heute nicht zu prüfen.

Erwägung 7

    7.- ... (Das Bundesgericht verwirft den Eventualstandpunkt
der Beklagten, Art. 693 Abs. 2 ZGB sei mit Rücksicht auf die
Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung und aus Gründen der Billigkeit
in dem Sinne einschränkend auszulegen, dass der hier ausgesprochene
Grundsatz nur gelte, wenn ein privater Grundeigentümer eine von einem
Elektrizitätswerk errichtete Leitung verlegen lassen will. Es stellt fest,
die in Erw. 6 dargestellte ratio legis des Art. 693 Abs. 2 gelte nicht
bloss für elektrische Leitungen, sondern für Leitungen im allgemeinen,
und bemerkt: "Der von Art. 693 Abs. 2 verfolgte Zweck, die Begründung
der nötigen Durchleitungsrechte zu erleichtern, wird nur erreicht,
wenn diese Vorschrift unabhängig davon gilt, ob der Eigentümer des
belasteten Grundstücks ein Privater mit beschränkten Mitteln oder ein
Gemeinwesen oder Privatunternehmen mit ähnlicher Finanzkraft wie das Werk
ist. Hievon abgesehen geht es nicht an, gewisse Grundeigentümer einzig und
allein deswegen schlechter zu behandeln als andere, weil ihre finanzielle
Leistungsfähigkeit das Durchschnittsmass übersteigt." Aus entsprechenden
Gründen lehnt das Bundesgericht auch die Auffassung ab, beim Entscheid
darüber, wer die Kosten der Verlegung einer Leitung zu tragen habe, seien
nach dem Sinne von Art. 693 ZGB "die beteiligten Investitionsgrössen" zu
berücksichtigen; die von der Beklagten beantragte Verteilung der streitigen
Kosten werde dadurch gerechtfertigt, dass diese Kosten mehr als 10% der
Anlagekosten des Unterwerks der Beklagten, dagegen nur einen geringen
Bruchteil der Kosten der Erweiterung des Kantonsspitals ausmachen. Im
Anschluss an die Widerlegung dieser Argumente der Beklagten führt das
Bundesgericht aus:)

    Mit diesen Ausführungen soll nicht gesagt sein, dass die finanziellen
Verhältnisse der Beteiligten bei Beurteilung der Frage, wer die Kosten
der Verlegung einer Leitung zu tragen habe, überhaupt nie in Betracht
kommen können. Vielmehr kann es sich gegebenenfalls rechtfertigen,
die Tatsache, dass diese Kosten zu den Mitteln des Berechtigten und zum
Wert der Dienstbarkeit für ihn in einem Missverhältnis stehen (vgl. das
von LIVER in N. 94 zu Art. 742 ZGB angeführte Beispiel), als besonderen
Umstand im Sinne von Art. 693 Abs. 3 ZGB zu würdigen.

Erwägung 8

    8.- ... (Zusammenfassung: Art. 693 Abs. 2 ZGB beruht nicht, wie in BGE
71 II 30 Erw. 2 angenommen worden war, auf dem Gedanken, dass derjenige,
welcher den Vorteil der Durchleitungsberechtigung ohne vertraglich
begründetes Recht und ohne Gegenleistung einzig auf Grund einer dem
Nachbarn von Gesetzes wegen obliegenden Verpflichtung geniesst, den
Nachbarn nicht mehr als zur Wahrung seines rechtlich anerkannten Interesses
nötig in der freien Verfügung über das belastete Grundstück behindern darf.
Vielmehr liegen dieser Bestimmung, wie in Erw. 6b und 7 hievor dargelegt,
andere Überlegungen zugrunde. Aus dem erwähnten Entscheide darf daher
nicht durch Umkehrschluss gefolgert werden, dass ein Berechtigter, dem der
Eigentümer des belasteten Grundstücks das Durchleitungsrecht durch freie
Vereinbarung gegen Entgelt eingeräumt hat, die Kosten einer allfälligen
Verlegung der Leitung zu übernehmen habe.)

Erwägung 9

    9.- Die Tatsache allein, dass durch die Verlegung der Leitung die
das durchquerte Grundstück treffende Last vermindert und der Verkehrs-
oder doch der Gebrauchswert des Grundstücks entsprechend erhöht oder
dass die Lage des Belasteten in anderer Weise verbessert wird, kann
entgegen der Auffassung von LEEMANN (N. 11 zu Art. 693 ZGB), HAAB (N. 19
zu Art. 691-693 ZGB) und VISCHER (S. 73) nicht als besonderer Umstand im
Sinne von Art. 693 Abs. 3 ZGB gelten, der eine Beteiligung des Belasteten
an den Kosten der Verlegung zu rechtfertigen vermöchte; denn die Lage
des Belasteten verbessert sich praktisch in jedem Falle der Verlegung
im Sinne von Art. 693 Abs. 1 ZGB, weil diese ja gerade um einer solchen
Verbesserung willen verlangt wird (LIVER, N. 97 zu Art. 742 ZGB).

    Zur Auffassung VISCHERS, ein Beitrag des Belasteten könne "als
teilweise Rückzahlung der Entschädigung..., die er für die ursprünglich
grössere Belastung erhalten hat", in Betracht kommen, braucht im
vorliegenden Falle nicht abschliessend Stellung genommen zu werden. Dass
der Kläger die ihm seinerzeit ausgerichtete Entschädigung ganz oder
teilweise zurückzuzahlen habe, käme höchstens in Frage, wenn die Leitung
aufein anderes Grundstück verlegt worden wäre (vgl. zu dieser Möglichkeit
LEEMANN, N. 5 zu Art. 693 ZGB, HAAB, N. 18 zu Art. 691-693 ZGB, und LIVER,
N. 84 zu Art. 742 ZGB) oder wenn bei der Festsetzung der Entschädigung
Nachteile in Rechnung gestellt worden wären, die infolge der Verlegung
wegfallen. Weder das eine noch das andere ist der Fall. Die Leitung bleibt
auf dem Grundstück des Klägers, und hinsichtlich der forstwirtschaftlichen
Nachteile, die gemäss Ziff. 8 des Dienstbarkeitsvertrags bei der Bemessung
der Entschädigung allein berücksichtigt wurden, besteht zwischen dem
alten und dem neuen Verlauf der Leitung kein wesentlicher Unterschied. Im
übrigen würde eine teilweise Rückzahlung der Entschädigung, die im Vertrag
vom 3. Dezember 1959 auf den mehr nur symbolischen Betrag von Fr. 750.--
fesgesetzt worden war, der Beklagten, die einen Kostenbeitrag von Fr. 225
000.-- verlangt, sehr wenig helfen.

Erwägung 10

    10.- Ein besonderer Umstand im Sinne von Art. 693 Abs. 3 kann
namentlich darin liegen, dass die Leitung auch den Interessen des
Belasteten dient, weil er sie mitbenützt (LEEMANN, N. 11 zu Art. 693 ZGB;
HAAB, N. 19 zu Art. 691-693 ZGB; VISCHER S. 73), oder dass sie seinerzeit
auf besonderen Wunsch des Belasteten an die Stelle gelegt wurde, die
sie nun wieder verlassen soll (BGE 71 II 30), oder dass sie an eine
für den Berechtigten wesentlich weniger günstige Stelle verlegt wird
(was vorkommen kann, weil Art. 693 anders als Art. 742 ZGB den Anspruch
des Belasteten auf Verlegung nicht davon abhängig macht, dass dieser eine
"für den Berechtigten nicht weniger geeignete Stelle" zur Verfügung stellt;
vgl. LEEMANN, N. 6 zu Art. 693, HAAB, N. 18 zu Art. 691-693, und VISCHER,
S. 72). Ein solcher Umstand ist im vorliegenden Falle nicht dargetan
(was die Beklagte hätte beweisen müssen; vgl. LEEMANN, N. 13 zu Art. 693,
und VISCHER, S. 74).

Erwägung 11

    11.- Ein besonderer Umstand im Sinne von Art. 693 Abs. 3 ZGB
kann schliesslich gegeben sein, wenn der belastete Grundeigentümer
bei Erstellung der Leitung voraussehen konnte, dass eine Änderung
der Verhältnisse eintreten und eine Verlegung der Leitung nötig
machen werde, das aber dem Berechtigten verschwieg (LEEMANN, N. 12
zu Art. 693 ZGB; VISCHER, S. 73). ... (Zusammenfassung: Bei Abschluss
des Dienstbarkeitsvertrags vom 3. Dezember 1959 wussten beide Parteien,
dass das Kantonsspital bald erweitert werden müsse, doch war damals noch
nicht bekannt, wie das geschehen sollte. Dass die Spitalerweiterung
möglicherweise eine Verlegung der Leitung nötig machen werde, konnte
der Kläger damals allerdings voraussehen. Das gleiche gilt aber auch
für die Beklagte. Der Kläger durfte annehmen, dass die Beklagte sich
von dieser Möglichkeit so gut wie er selbst Rechenschaft gebe, und hatte
daher keinen Anlass, diese Möglichkeit zu erwähnen. In den Umständen des
Vertragsabschlusses liegt deshalb kein besonderer Umstand im Sinne von Art.
693 Abs. 3 ZGB, der es nahelegen würde, einen Teil der Verlegungskosten
dem Kläger zu überbinden. Mangels eines solchen Umstandes hat die Beklagte
gemäss Art. 693 Abs. 2 die gesamten Kosten zu tragen.)