Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 III 68



97 III 68

17. Auszug aus dem Entscheid vom 2. Februar 1971 i.S. F. Regeste

    Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen.

    Art. 132 SchKG. Ist das auf Verwertung eines gepfändeten Anteils an
einer unverteilten Erbschaft gerichtete Verfahren bereits in Gang gesetzt
worden, so ist es später im Hinblick auf die Verwertung des gleichen
Anteils in einer andern Betreibung nicht zu wiederholen. Es genügt, wenn
das Betreibungsamt der bei der Erbteilung mitwirkenden Behörde den neuen
Gläubiger meldet.

    Art. 127 SchKG kann auch zur Anwendung gelangen, wenn bereits einzelne
der gepfändeten Gegenstände verwertet worden sind. Dies gilt selbst dann,
wenn die durchgeführte Teilverwertung bereits längere Zeit zurückliegt.

Sachverhalt

    W. setzte gegen F. am 8. August 1963 eine Forderung von Fr. 6500.--
in Betreibung. In dieser Betreibung Nr. 63633 pfändete das Betreibungsamt
den Liquidationsanteil des Schuldners am unverteilten Nachlass seines
Vaters. Am 24. August 1964 wurde auf Verlangen des Gläubigers ein
Verlustschein ausgestellt.

    In einer anderen gegen F. gerichteten Betreibung ordnete die
Aufsichtsbehörde am 25. November 1964 die Auflösung der Erbengemeinschaft
und die Liquidation des Erbschaftsvermögens an. Ein Rekurs gegen diese
Anordnung wurde am 19. Februar 1965 abgewiesen. Daraufhin verfügte
der Einzelrichter in nichtstreitigen Rechtssachen am 31. Mai 1965 die
behördliche Mitwirkung bei der Teilung, welche indessen bis heute noch
nicht durchgeführt worden ist.

    W. trat seine Verlustscheinsforderung an K. ab. Dieser stellte
nach Durchführung einer Faustpfandbetreibung, die einen Ausfall von
Fr. 2930.50 ergab, am 27. Juli 1967 ein Fortsetzungsbegehren (Betreibung
Nr. 63374). Am 9. August 1967 wurde der Liquidationsanteil des Schuldners
am Erbschaftsvermögen neuerdings gepfändet, ferner unter Pos. 10 der
Pfändungsurkunde ein weiteres Guthaben des Schuldners. Am 3. Januar 1968
verlangte K. die Verwertung mit der Bemerkung: "Es steht zur Verwertung
Position Nr. 10 (Prozessgewinn) ..." Die Pos. 10 wurde am 7. Februar
1968 an K. versteigert. Auf sein Verlangen wurde am 18. März 1970
ein Verlustschein ausgestellt, worauf er am 23. März 1970 ein weiteres
Fortsetzungsbegehren einreichte (Betreibung Nr. 66696). Am 6. April 1970
erhielt der Schuldner die Pfändungsankündigung.

    Hiegegen führte der Schuldner am 8. April 1970 Beschwerde. Die untere
kantonale Aufsichtsbehörde wies diese mit Entscheid vom 15. Juli 1970
ab, soweit sie sie nicht als gegenstandslos betrachtete. Ein Rekurs
des Schuldners wurde von der oberen Aufsichtsbehörde am 7. Januar 1971
abgewiesen.

    Mit dem Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des
Bundesgerichts verlangt der Schuldner, das Betreibungsamt sei anzuweisen,
die in den Betreibungen Nr. 63633/63 und 63374/67 ausgestellten
Verlustscheine als nichtig zu erklären.

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab, soweit
darauf eingetreten werden kann.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

    1. ...

    2. a)...

    b) Der Rekurrent vertritt die Auffassung, das Betreibungsamt hätte
nach Eingang des Verwertungsbegehrens in der Betreibung Nr. 63374/67
nach den speziellen Bestimmungen über die Verwertung von Anteilen an
Gemeinschaftsvermögen vorgehen sollen, nachdem es dieses Begehren trotz
dessen Formulierung auch auf den gepfändeten Liquidationsanteil und nicht
nur auf die Position Nr. 10 bezogen habe. Er wirft der Vorinstanz in diesem
Zusammenhang vor, sie habe sich mit seinen diesbezüglichen Ausführungen
in seiner Rekurseingabe vom 9. August 1970 nicht auseinandergesetzt. Die
Rüge des Rekurrenten ist indessen unbegründet, wie die Vorinstanz durch
Verweis auf ihren Entscheid vom 19. Februar 1965 und auf den Entscheid
des Bezirksgerichts vom 15. Juli 1970 zutreffend dargelegt hat. Das auf
Verwertung des Erbanteils des Rekurrenten gerichtete Verfahren gemäss
Art. 132 SchKG und Art. 9 VVAG war anlässlich früherer Betreibungen
bereits in Gang gesetzt worden und konnte somit in dieser Betreibung
nicht wiederholt werden. Entgegen der Auffassung des Rekurrenten war
es vollkommen genügend, dass das Betreibungsamt der gemäss Art. 609
ZGB bei der Auflösung des Erbschaftsvermögens mitwirkenden Behörde den
neuen Gläubiger meldete. Dass das Betreibungsamt nicht noch einmal die
Vornahme der Teilung verlangte, bewirkte keineswegs die Nichtigkeit
späterer Betreibungshandlungen.

    Die Betreibung Nr. 63374 ist auch nicht abgelaufen oder dahingefallen,
weil die Liquidation des Erbschaftsvermögens noch nicht durchgeführt
werden konnte, wie in der Rekursschrift darzulegen versucht wird. Der
Gläubiger war daher grundsätzlich immer noch berechtigt, im Sinne von
Art. 127 SchKG auf seine Beteiligung an der Verwertung des Erbanteils zu
verzichten und die Ausstellung eines Verlustscheins zu verlangen.

    c) Der Rekurrent wendet hiegegen allerdings ein, das Betreibungsamt
hätte keinen Verlustschein ausstellen dürfen; denn Art. 127 SchKG könne
nicht mehr zur Anwendung gelangen, nachdem bereits eine Verwertung
stattgefunden habe. Nichts spricht indessen dagegen, Art. 127 SchKG auch
zur Anwendung zu bringen, wenn bereits einzelne der gepfändeten Gegenstände
verwertet worden sind. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung können auch
nur inbezug auf einen Teil oder ein einziges der Pfändungsobjekte erfüllt
sein. Auch wenn die andern Gegenstände bereits verwertet worden sind,
rechtfertigt es sich, von einer weitern Verwertung abzusehen, sofern
zum vorneherein feststeht, dass sie nichts einbringen wird. Weder der
Wortlaut noch der Sinn von Art. 127 SchKG verbieten dieses Vorgehen. Eine
Besonderheit ist im vorliegenden Fall nur darin zu erblicken, dass
erst lange nach der durchgeführten Teilverwertung von der Verwertung des
restlichen Pfändungssubstrats abgesehen wurde, dieses aber im Zusammenhang
mit andern Betreibungen doch noch verwertet werden soll. Diese Besonderheit
ist jedoch eine Folge des Spezialverfahrens bei der Verwertung von
Anteilen an Gemeinschaftsvermögen, das unter Umständen sehr lange Zeit
in Anspruch nehmen kann. Es soll einem Gläubiger nicht verwehrt sein,
auch im Laufe eines solchen Verfahrens bei Erfüllung der Voraussetzungen
des Art. 127 SchKG von der Teilnahme an der Verwertung abzusehen und die
Ausstellung eines Verlustscheins zu verlangen. Nachdem die Vorinstanz
für das Bundesgericht verbindlich festgestellt hat, es müsse angenommen
werden, dass die Verwertung des Erbanteils des Rekurrenten keinen die
Pfandforderungen und die Kosten übersteigenden Erlös einbringen werde, sind
die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 127 SchKG im vorliegenden
Fall erfüllt. Das Betreibungsamt hat daher dem Gläubiger in der Betreibung
Nr. 63374 zu Recht einen Verlustschein ausgestellt. Die Ausführungen des
Rekurrenten vermögen hieran nichts zu ändern.