Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 V 81



96 V 81

21. Auszug aus dem Urteil vom 7. Juli 1970 i.S. Boschung gegen
Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons
Zürich Regeste

    Art. 16bis Abs. 2 IVV.

    Über die Faktoren, welche der Bemessung des Amortisationsbeitrags für
ein vom Versicherten auf eigene Kosten angeschafftes Motorfahrzeug dienen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer voraussichtlich
dauernd eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit ausübt und zur
Überwindung des 1,5 km langen Arbeitsweges wegen seiner Invalidität
auf ein persönliches Motorfahrzeug angewiesen ist. Er erfüllt somit die
Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 IVV für die Abgabe von Motorfahrzeugen
durch die Invalidenversicherung.

    Nachdem der Beschwerdeführer Ende Mai 1967 auf eigene Kosten ein
Motorfahrzeug angeschafft hat, haben ihm die Verwaltung und die kantonale
Rekurskommission Amortisationsbeiträge und einen Reparaturkostenbeitrag
zugesprochen. Der Versicherte lässt lediglich die Höhe dieser grundsätzlich
ebenfalls unbestrittenen Leistungen anfechten.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 16bis Abs. 2 Satz 2 IVV werden die Amortisationsbeiträge
"nach Massgabe der Kosten und der voraussichtlichen Benützungsdauer unter
Einrechnung eines angemessenen Reparaturkostenanteils festgesetzt". Es
sind also drei Faktoren für die Berechnung der Amortisationsbeiträge
eines Automobils entscheidend:

    a) die Anschaffungskosten: Massgebend ist - in analoger Anwendung
des Art. 21 Abs. 3 Satz 1 IVG - der Preis eines Kleinautomobils (Art. 14
Abs. 1 lit. g IVV) "in einfacher und zweckmässiger Ausführung". Es muss
demnach darauf abgestellt werden, welche Art von Kleinautomobil die
Invalidenversicherung einem Invaliden abgeben würde, hätte dieser nicht
schon auf eigene Kosten ein Motorfahrzeug angeschafft;

    b) die voraussichtliche Benützungsdauer: Diese berechnet sich
zunächst nach dem Mass der Abnützung des Fahrzeuges durch Fahrten zum
Arbeitsplatz und hängt somit wesentlich von der Länge des Arbeitsweges
ab (vgl. ZAK 1963 S. 256 und 1967 S. 103). Diese als Berechnungsfaktor
heranzuziehen, drängt sich schon deshalb auf, weil sonst manche Bezüger von
Amortisationsbeiträgen besser behandelt würden als Versicherte, denen die
Invalidenversicherung ein Motorfahrzeug abgegeben hat. Anderseits verlangt
die Rechtsgleichheit aber auch die Berücksichtigung der Toleranzmarge für
Privatfahrten, welche dem Benützer leihweise abgegebener Motorfahrzeuge
zugestanden wird (vgl. dazu EVGE 1966 S. 186);

    c) der Reparaturkostenanteil: Hierbei handelt es sich nicht um eine
selbständige Leistung im Sinn des Art. 16 Abs. 2 IVV, wie die Vorinstanz
anscheinend meint. Diese Bestimmung bezieht sich ihrem Wortlaut nach nur
auf Hilfsmittel (u.a. Motorfahrzeuge), welche von der Invalidenversicherung
abgegeben worden sind, und nicht auf Ersatzleistungen gemäss Art. 16bis
Abs. 2 IVV.

Erwägung 3

    3.- a) Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der
Beschwerdeführer sein Automobil Marke DAF 44 Ende Mai 1967 angeschafft
hat. Nach den unwidersprochenen Darlegungen der Rekurskommission, die
auf einer Auskunft des Bundesamtes vom 13. Juni 1969 beruhen, hätte die
Invalidenversicherung dem Versicherten bei leihweiser Abgabe ein Automobil
"DAFFODIL de Luxe extra" zugesprochen. Der Katalogpreis eines solchen
Fahrzeuges betrug im Frühjahr 1967 Fr. 6550.--. Nach Abzug des üblichen
Invalidenrabattes von 10% ergibt sich ein Kaufpreis von Fr. 5895.--.

    b) Mit Rücksicht darauf, dass der Beschwerdeführer von seiner Wohnung
zum Arbeitsplatz lediglich eine Wegstrecke von 1,5 km zurückzulegen hat,
sein Arbeitsweg somit täglich 6 km oder - bei 270 Arbeitstagen im Jahr -
1620 km jährlich beträgt, hat die Vorinstanz in Übereinstimmung mit der
Verwaltungspraxis die voraussichtliche Benützungsdauer des Motorfahrzeuges
ermessensweise auf 12 Jahre festgesetzt. Diese mutmassliche Zeitspanne
berücksichtigt ausser dem Arbeitsweg auch die Toleranzmarge für
Privatfahrten. Angesichts des kurzen Arbeitsweges ist das Vorgehen
der Rekurskommission nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des
Beschwerdeführers ist die massgebende voraussichtliche Benützungsdauer
nicht etwa deswegen zu kürzen, weil der Motor eines jeweils nur auf sehr
kurzen Strecken verwendeten Automobils für Schäden besonders anfällig
wäre. Dieser Gesichtspunkt ist jedenfalls bei der geringen jährlichen
Fahrleistung, auf die es hier ankommt, praktisch unbeachtlich.

    Teilt man den Anschaffungspreis von Fr. 5895.-- durch 12 Jahre, so
ergibt sich ein Beitrag von 491 Franken für ein volles Jahr bzw. von 287
Franken für die Monate Juni bis Dezember 1967.

    c) In den Amortisationsbeitrag ist ferner der Reparaturkostenanteil
einzurechnen. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht dagegen, dass
nach der seit dem 1. Januar 1968 gültigen Verwaltungspraxis bei einer
Benützungsdauer von 8 Jahren der Reparaturkostenanteil auf jährlich 200
Franken bemessen wird. Er ist aber der Auffassung, der Gesamtbetrag von
(8 x Fr. 200.-- =) Fr. 1600.-- dürfe nicht auf 12 Jahre verteilt werden.

    Die rechtsgleiche Behandlung der Versicherten, denen die
Invalidenversicherung ein Motorfahrzeug abgibt, und jener Invaliden,
die Amortisationsbeiträge erhalten, verlangt, dass Art. 16 Abs. 2 Satz
2 IVV betreffend die Übernahme der Kosten von Reparaturen an den von
der Invalidenversicherung abgegebenen Motorfahrzeugen auf Bezüger von
Amortisationsbeiträgen sinngemäss angewandt wird. Diese Bestimmung lautet:

    "Bei Motorfahrzeugen werden diese Kosten nur übernommen,. soweit die
Reparatur- oder Erneuerungsbedürftigkeit des Fahrzeugs auf Fahrten an
den Arbeitsort zurückzuführen ist."

    Der für die Berechnung des Reparaturkostenanteils allein
massgebende Arbeitsweg des Beschwerdeführers beträgtjährlich bloss
1620 km oder 19 440 km innert 12 Jahren. Damit ist die mittlere
jährliche Reparaturbedürftigkeit bedeutend geringer als bei einem
Motorfahrzeug, welches die Strecke von rund 20 000 km im Verlauf von 8
Jahren zurücklegt. Dass das Automobil des Beschwerdeführers wegen des sehr
kurzen Arbeitsweges nicht in beachtlich erhöhtem Mass reparaturbedürftig
ist, wurde bereits dargelegt.

    Bei diesen Gegebenheiten erscheint ein Reparaturkostenanteil von
jährlich Fr. 135.-- ab 1. Januar 1968 als angemessen.