Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 I 667



96 I 667

101. Auszug aus dem Urteil vom 4. Dezember 1970 i.S. X. gegen
Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich. Regeste

    Wehrsteuer vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit (Art. 21 Abs. 1 lit. a
WStB).

    Solches Einkommen können auch Gewinne bilden, die beim Verkauf von
Liegenschaften erzielt werden. Unterscheidung zwischen Erwerbstätigkeit
und Verwaltung des privaten Vermögens.

Sachverhalt

    A.- Der Beschwerdeführer X., geb. 1908, war früher kantonaler
Beamter. Im Jahre 1963 wurde er wegen Invalidität vorzeitig
pensioniert. Seit 1952 kaufte er verschiedentlich Liegenschaften. Einige
verkaufte er mit oder ohne Gewinn. Die übrigen behielt er; auf einem
Grundstück in A. baute er für sich ein Wohnhaus, auf einem anderen, in B.
gelegenen ein Ferienhaus. Im Jahre 1954 kaufte er einen 590 m2 messenden
Landstreifen in O. für Fr. 1400.-- und im Jahre 1963 einen angrenzenden,
in der gleichen Gemeinde liegenden Streifen von 555 m2 für Fr. 2400.--. Am
2. Juni 1966 verkaufte er diese beiden Parzellen der Gemeinde O. zum
Preise von Fr. 73 300.--, wobei er einen Gewinn von Fr. 68 000.-- erzielte.

    B.- Für die 14. Wehrsteuerperiode (Berechnungsjahre 1965/66)
deklarierte er ein durchschnittliches Einkommen von Fr. 7515.--. Die
Veranlagungsbehörde rechnete die Hälfte des Gewinns aus dem Verkauf der
Parzellen in O. (Jahresdurchschnitt) hinzu, so dass sich ein steuerbares
Einkommen von Fr. 41 500.-- ergab. Der Steuerpflichtige bestritt, dass
der Liegenschaftsgewinn der Wehrsteuer unterliege. Die Veranlagung wurde
indessen bestätigt, zuletzt von der Wehrsteuer-Rekurskommission des
Kantons Zürich durch Entscheid vom 15. Dezember 1969.

    Die Rekurskommission führte aus, der Steuerpflichtige habe seit 1952
10 Grundstücke in verschiedenen Kantonen gekauft und 5 ganz oder teilweise
verkauft. Er habe damit eine planmässige, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit
ausgeübt. Anfänglich habe er ein recht bescheidenes Vermögen besessen. Noch
am Ende des Jahres 1960 habe er lediglich einen Aktivenüberschuss von rund
Fr. 20 000.-- ausgewiesen. Durch die mit geborgtem Geld durchgeführten
Grundstückgeschäfte sei es ihm gelungen, bis Ende 1966 ein Reinvermögen
von Fr. 150 600.-- zu erwerben. Einzelne Grundstücke hätten sich als
Anlageobjekte gar nicht geeignet. Zu ihnen gehörten die Parzellen in
O. Der Beschwerdeführer habe sie in der Absicht des Wiederverkaufs
erworben. Er sei auf eine gewinnbringende Verwertung dieses Landes
angewiesen gewesen. Es habe keinen Ertrag abgeworfen, mit dem er die zur
Finanzierung der Grundstückkäufe eingegangenen Grundpfandschulden von
Fr. 267 500.-- hätte verzinsen können. Der streitige Gewinn sei somit
als Erwerbseinkommen gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB zu besteuern.

    C.- Gegen den Entscheid der Rekurskommission erhebt X.
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren, das steuerbare
Einkommen sei auf Fr. 7515.-- herabzusetzen. Es wird geltend gemacht,
bis 1963 seien der Beschwerdeführer und seine Ehefrau beruflich
tätig gewesen. Die Ersparnisse beider Ehegatten seien in Grundeigentum
angelegt worden. Für den Kauf der verhältnismässig billigen Grundstücke
habe der Beschwerdeführer keine fremden Mittel nötig gehabt. Von den 10
Grundstücken, die er erworben habe, seien 6 heute noch ganz oder teilweise
in seinem Besitz. Zum grössten Teil handle es sich um unerschlossene
oder nicht erschliessbare Parzellen. Verschiedene Grundstücke habe er
für den privaten Gebrauch erworben. So habe er in die im Jahre 1954
gekaufte Parzelle in O. eine Bienenzucht verlegt. Weil dieses Grundstück
langgezogen und schmal sei, habe er auch einen angrenzenden Landstreifen
erwerben wollen, was umständehalber erst im Jahre 1963 möglich geworden
sei. Es sei ein reiner Zufall, dass die Gemeinde, welche Land für die
Leistung von Realersatz gesucht habe, ihm ein verlockendes Angebot für
die beiden Parzellen gemacht habe. In einem Zeitraum von 14 Jahren habe er
nur bei 3 Verkäufen einen Gewinn erzielt. Seit der Pensionierung habe er
Grundstücke nicht mehr gekauft, sondern nur noch verkauft. Alle Verkäufe
habe er im Rahmen der ordentlichen Vermögensverwaltung getätigt. Von einem
Liegenschaftenhandel könne nicht gesprochen werden. Der streitige Gewinn
falle daher nicht in die Berechnung der Wehrsteuer.

    D.- Die kantonalen Behörden und die eidgenössische Steuerverwaltung
beantragen die Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- ... (Abs. 1 = BGE 96 I 657 E. 1).

    Der Gewinn, den der Verkauf der Parzellen in O. dem Beschwerdeführer
eingebracht hat, ist nicht im Betriebe eines buchführungspflichtigen
Unternehmens entstanden, so dass Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB nicht anwendbar
ist. Der Streit geht darum, ob dieser Gewinn Erwerbseinkommen gemäss
lit. a daselbst bilde.

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer hat in den Jahren 1952-1966 10 Grundstücke
gekauft und 5 ganz oder teilweise wieder verkauft; einige Verkäufe haben
ihm Gewinne verschafft. Die kantonalen Behörden und die eidgenössische
Steuerverwaltung schliessen daraus, dass er gewerbsmässig Handel mit
Liegenschaften getrieben habe. Sie nehmen an, auch der beim Verkauf der
Parzellen in O. erzielte Gewinn sei ein Ergebnis dieser Erwerbstätigkeit,
weshalb er nach Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB zu versteuern sei.

    Indessen ist keine der vorangegangenen Handänderungen bei den früheren
Veranlagungen des Beschwerdeführers als gewerbsmässig qualifiziert worden.
War das richtig, dann können diese Handänderungen auch nicht als Indiz
dafür dienen, dass eine Erwerbstätigkeit vorliegt. Es ist aber auch
möglich, dass die bei den früheren Geschäften erzielten Gewinne aus
Irrtum nicht besteuert worden sind. Doch steht heute die Besteuerung
dieser Gewinne nicht zur Diskussion. Zu beurteilen ist einzig, ob der
Gewinn aus dem Verkauf der beiden Grundstücke in O. Erwerbseinkommen
darstelle. Dabei kann allerdings ein Rückblick auf die früheren
Handänderungen aufschlussreich sein (ASA 33 270). Die Häufung von
Grundstückkäufen und -verkäufen kann ein Indiz für gewerbsmässiges Handeln
sein, muss es aber nicht. Es kommt vor, dass auch Liegenschaftenhändler
gelegentlich ein Grundstück in der Absicht, es zu bewohnen, oder
für sonstige private Zwecke erwerben, tatsächlich dafür verwenden und
nachher mit Gewinn veräussern. In solchen Fällen kann es gerechtfertigt
sein, den Verkauf als einen Akt der Verwaltung des privaten Vermögens zu
betrachten, so dass der dabei erzielte Gewinn der Wehrsteuer für Einkommen
nicht unterliegt (Urteile Fankhauser vom 23. Oktober 1970 und Graf vom
7. November 1970, nicht veröffentlicht).

Erwägung 3

    3.- Hätte der Beschwerdeführer für die Finanzierung der Grundstückkäufe
bedeutende fremde Mittel verwendet, so wäre dies nach der Rechtsprechung
ein gewichtiges Indiz für ein berufsmässiges Vorgehen (BGE 92 I 122). Er
macht jedoch geltend, er habe die Käufe im wesentlichen aus seiner
Beamtenbesoldung und aus dem Arbeitsverdienst der Ehefrau, die seit
der Verheiratung im Jahre 1942 bis 1963 ebenfalls berufstätig gewesen
sei, finanzieren können. Diese Darstellung ist glaubhaft, zumal die
Ehe kinderlos geblieben ist. Vergeblich weisen die Vorinstanz und die
eidgenössische Steuerverwaltung darauf hin, dass der Beschwerdeführer im
Zusammenhang mit den Käufen auch Fremdkapital in Anspruch genommen hat. Er
hat keine anderen als Grundpfandschulden. Der gesamte Schuldbetrag von
Fr. 267 500.-- verteilt sich auf die drei Grundstücke in A. (Fr. 210
000.--), B. (Fr. 50 000.--) und C. (Fr. 7500.--). Es ist alltäglich,
dass beim Kauf von Grundstücken bestehende Hypotheken übernommen und
zur Finanzierung von Bauten Hypothekarkredite zuhilfe genommen werden;
beides tun nicht nur Leute, die mit Grundstücken Handel treiben. Auf
den Liegenschaften in A. und B. hat der Beschwerdeführer Häuser für
sich gebaut, die er heute noch besitzt. Diese Grundstücke hat er auf
jeden Fall nicht im Rahmen einer Erwerbstätigkeit erworben. Die kleine
Hypothek auf seinem Land in C., das immer noch über 2,3 ha umfasst,
fällt nicht ins Gewicht. Es ist anzunehmen, dass der Beschwerdeführer
die Kaufpreise von Fr. 1400.-- und Fr. 2400.-- für die beiden Parzellen
in O. ohne Inanspruchnahme fremder Mittel hat bezahlen können.

    Er erklärt, anstatt sein erspartes Geld auf die Sparkasse zu tragen
oder in Wertschriften anzulegen, habe er damit Land erworben. Das ist eine
mögliche, jedenfalls nicht zum vornherein unglaubhafte oder unvernünftige
Art der Anlage. Sie wirft dem Anleger unter Umständen nichts oder nur
wenig ab, ist aber nicht nur dem Schwund des Geldwertes und des Wertes
vieler Wertpapiere völlig entzogen, sondern gewährt dem Eigentümer noch
die Chance eines gewissen Wachstums seiner Vermögenssubstanz, zumal
dann, wenn der Boden Bauland ist oder werden kann. Die Parzellen in O.,
die der Beschwerdeführer in den Jahren 1954 und 1963 gekauft hat, sind
in die Bauzone gekommen. Zudem macht der Beschwerdeführer geltend, er
habe die zuerst gekaufte Parzelle erworben, um eine Bienenzucht hieher zu
verlegen. Dass er das getan hat, ist nicht bestritten. Angesichts dieser
Verwendung liegt die Annahme, dass der Kaufein Akt der Vermögensverwaltung
war, erst recht nahe.

    Allerdings ist es wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer schon beim
Entschluss zum Ankauf des Landes in O. die Aussicht auf einen Wiederverkauf
und einen dabei erzielbaren Gewinn einkalkuliert hat. Er sagt selbst, die
zuerst gekaufte Parzelle sei ein langgezogener, schmaler Streifen gewesen,
so dass es für ihn "wichtig" gewesen sei, auch den angrenzenden Streifen zu
erhalten; er habe sich mit dem Eigentümer dieses Streifens schon im Jahre
1954 über den Kauf geeinigt, doch sei die Übereignung erst im Jahre 1963
möglich geworden, weil der Verkäufer bis dahin durch einen langfristigen
Pachtvertrag gebunden gewesen sei. Diese Darstellung wird durch die
Tatsache bestätigt, dass der Beschwerdeführer den Preis von Fr. 2400.-- für
den hinzugekauften Streifen seit 1954 in Raten abbezahlt hat. Zwar haben
die beiden Parzellen zusammen nach dem vorgelegten Situationsplan immer
noch einen verhältnismässig schmalen Streifen gebildet, der für sich allein
wohl kaum hätte überbaut werden können. Gleichwohl kann angenommen werden,
dass der Beschwerdeführer von Anfang an in Aussicht genommen hat, das
ganze Land bei günstiger Gelegenheit mit Gewinn weiterzuverkaufen. Diese
Gelegenheit stellte sich im Jahre 1966 ein, als die Gemeinde O. Land zu
kaufen suchte, um bei Enteignungen, Landumlegungen und dgl. Realersatz
bieten zu können. Wenn der Beschwerdeführer die Parzellen in der Absicht,
sie mit Gewinn wieder zu verkaufen, erworben hat, so ist dies aber noch
kein Grund, den erzielten Gewinn als Ergebnis einer Erwerbstätigkeit zu
betrachten. Denn einerseits durfte der Beschwerdeführer damit rechnen,
bei einem späteren Verkauf auch eine nachträgliche Verzinsung seiner
Gestehungskosten zu erreichen, und anderseits ist die Gewinnabsicht nicht
ein Merkmal, durch das sich der berufsmässige Liegenschaftenhandel von der
Tätigkeit eines umsichtigen Vermögensverwalters unterscheidet. Wer sein
Vermögen in Grund und Boden anlegt, wird in der Tat kaum je unterlassen,
Überlegungen über die Möglichkeit einer späteren gewinnbringenden
Veräusserung anzustellen (BGE 93 I 288).

    Dass andere Kennzeichen einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit
vorhanden sind, ist jedenfalls hinsichtlich der die Grundstücke in
O. betreffenden Geschäfte nicht dargetan. Die günstige Gelegenheit,
die dem Beschwerdeführer den streitigen Gewinn verschafft hat, ist ohne
sein Zutun eingetreten. Sie hat sich auch erst 12 Jahre nach dem Ankauf
der einen Parzelle und nach der Einigung über den Zukauf der anderen
ergeben. Nichts deutet darauf hin, dass das Geschäft nur dank besonderen
Bemühungen des Beschwerdeführers zustande gekommen ist.

    Die Würdigung aller Umstände führt zum Schluss, dass keine genügenden
Gründe bestehen, den umstrittenen Gewinn als Einkommen aus Erwerbstätigkeit
im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB zu erfassen.

Erwägung 4

    4.- (Infolgedessen wird der in Art. 26 WStB festgesetzte Mindestbetrag
des steuerpflichtigen Einkommens nicht erreicht.)