Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 I 613



96 I 613

94. Urteil vom 25. September 1970 i.S. Müller gegen Eidg. Finanz-
und Zolldepartement. Regeste

    Vollziehungsverordnung zum Alkoholgesetz und zum Bundesgesetz über
dieKonzessionierung der Hausbrennerei vom6. April 1962 (VVAIkG).

    1.  Als Hausbrenner oder Hausbrennauftraggeber kann nach der
Vollziehungsverordnung nur anerkannt werden, wer Landwirt ist. Welches
sind die Voraussetzungen hiezu? (Erw. 1).

    2.  Ein Bäckermeister, der nebenbei 112 Aren grösstenteils als Wiesund
Weideland für einiges Kleinvieh bewirtschaftet, ohne dafür wesentliche Zeit
aufwenden zu müssen, ist kein Landwirt im Sinne der Vollziehungsverordnung.
(Erw. 2).

Sachverhalt

    A.- Fritz Müller führt in Niederösch eine Bäckerei. Er besitzt 353 a
Grund und Boden, den er selbst bewirtschaftet. 241 a seines Grundbesitzes
sind Wald. Von den restlichen 112 a hat er im Jahre 1969, wie eine
Kontrolle ergeben hat, 15 a mit Getreide und 6 a mit Gemüse bepflanzt und
91 a als Wies- und Weidland genutzt. Er besitzt insgesamt 76 Obstbäume.
Im Herbst 1969, am Tage der erwähnten Kontrolle, hielt er 17 Schafe und
6 Schweine. Der Inspektor der Eidg. Alkoholverwaltung, der die Kontrolle
durchführte, schätzt den Anteil der Bewirtschaftung von Grund und Boden an
der gesamten Erwerbstätigkeit Müllers auf "nicht mehr als ca. 1/5". Müller
selbst gibt sein Jahreseinkommen aus der Landwirtschaft mit Fr. 1630.--,
jenes aus der Bäckerei mit Fr. 6500.-- an.

    B.- Am 18. November 1958 hatte die Eidg.  Alkoholverwaltung
Müller auf Grund des Bundesratsbeschlusses über die Umschreibung der
nicht gewerbsmässigen Herstellung der gebrannten Wasser und über die
Begrenzung des steuerfreien Eigenbedarfes vom 28. Dezember 1938 als
Hausbrennauftraggeber anerkannt. Der für seinen Landwirtschaftsbetrieb
und Haushalt erforderliche Branntwein aus Eigengewächs oder selbst
gesammeltem Wildgewächs wurde ihm demzufolge als steuerfreier Eigenbedarf
belassen. Am 13. November 1969 teilte die Eidg. Alkoholverwaltung Müller
zu den voll steuerpflichtigen Branntweinproduzenten im Sinne von Art. 36
der Vollziehungsverordnung zum Alkoholgesetz und zum Bundesgesetz über
die Konzessionierung der Hausbrennerei vom 6. April 1962 (VV AlkG)
um. Das Eidg. Finanz- und Zolldepartement hat am 22. April 1970 eine
gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde abgewiesen.

    Fritz Müller ficht den Entscheid des Eidg. Finanz- und
Zolldepartementes mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht
an. Das Eidg. Finanz- und Zolldepartement beantragt, die Beschwerde
abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 57 Abs. 1 VV AlkG kann ein Hausbrenner den für
seinen Haushalt und Landwirtschaftsbetrieb erforderlichen Branntwein
aus Eigengewächs oder selbst gesammeltem inländischem Wildgewächs zum
Eigenbedarf steuerfrei zurückbehalten. Als Hausbrenner gilt nach Art. 37
Abs. 1 VV AIG der Landwirt, der Inhaber einer Brennereieinrichtung
ist, allein oder mit seiner Familie oder seinen Dientskräften einen
Landwirtschaftsbetrieb selbst bewirtschaftet und ausschliesslich
inländisches Eigengewächs oder selbst gesammeltes inländisches Wildgewächs
brennt. Die für Hausbrenner geltenden Vorschriften sind sinngemäss auch auf
Hausbrennauftraggeber anwendbar, d.h. auf Personen, die mangels eigenen
Brennapparates Branntwein durch Dritte herstellen lassen, im übrigen aber
den Anforderungen an einen Hausbrenner genügen (Art. 65 Abs. 2 VV AlkG).

    Grundlegend für die Einteilung als Hausbrenner
bzw. Hausbrennauftraggeber sind nach Art. 37 Abs. 1 VV AlkG somit die
Begriffe "Landwirt" und "Landwirtschaftsbetrieb". Wie das Bundesgericht in
einem neueren Entscheid festhält, kann als Landwirt im Sinne der Verordnung
nur anerkannt werden, wer berufsmässig, sei es im Haupt- oder Nebenberuf,
ein landwirtschaftliches Heimwesen, d.h. landwirtschaftlich nutzbares
Land von einer gewissen Ausdehnung, bewirtschaftet. Berufsmässig übt
nach diesem Entscheid eine landwirtschaftliche Tätigkeit aus, wer sich
damit ein Einkommen, sei es in Geld oder Naturalien, schafft, das in
seinem Haushalt ins Gewicht fällt (vgl. BGE 93 I 501 ff.). Im zitierten
Entscheid erübrigte es sich in Anbetracht des Sachverhaltes, den Begriff
des Landwirtes noch näher zu umschreiben. Als Landwirt im Sinne der
Verordnung kann aber nur gelten, wer die eben erwähnten Voraussetzungen
erfüllt und überdies für seine Tätigkeit in der Landwirtschaft, sei es
allein oder mit seiner Familie, ein erhebliches Mass an Zeit aufwenden
muss. Beansprucht die Bewirtschaftung seines Bodens ihn allein oder mit
seiner Familie nur während weniger Stunden seiner Freizeit, so kann er
nicht als Landwirt bezeichnet werden, selbst wenn er vielleicht eine
Fläche von einiger Ausdehnung nutzt und aus dieser Tätigkeit sich ein
verhältnismässig ansehnliches Einkommen verschafft. Die Nutzung von Wald
ist keine landwirtschaftliche, sondern eine forstwirtschaftliche Tätigkeit
und fällt hier daher ausser Betracht (BGE 93 I 502).

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer ist Bäckermeister. Die Bodenfläche, die
er landwirtschaftlich nutzt beträgt 112 a. Davon bebaut er nur einen
geringen Teil, während der Rest ihm als Wies- und Weideland für sein
Kleinvieh dient. Es kann sich deshalb schon fragen, ob sein Betrieb einen
Landwirtschaftsbetrieb im Sinne von Art. 37 VV AlkG darstellt. Diese Frage
kann aber offen bleiben, da der Beschwerdeführer ohnehin nicht als Landwirt
im Sinne der Verordnung qualifiziert werden kann. Zwar gibt er an, aus
seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit ein Jahreseinkommen von Fr. 1630.--zu
erzielen, einen Betrag also, der im Verhältnis zu seinen übrigen Einkünften
ins Gewicht fallen mag. Der für die Landwirtschaft des Beschwerdeführers
erforderliche Zeitaufwand erscheint aber mit Rücksicht auf die gegenwärtige
Bewirtschaftungsart zu gering, um ernsthaft ins Gewicht zu fallen. Auch
wenn man die Mithilfe der Ehefrau dabei berücksichtigt, kann noch nicht
von erheblichem Zeitaufwand gesprochen werden. Zu Recht hat die Vorinstanz
deshalb dem Beschwerdeführer die Eigenschaft eines Hausbrenners oder
Hausbrennauftraggebers aberkannt. Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch
auf steuerfreien Bezug von Branntwein nach Art. 57 Abs. 1 VV AIG.

    Zwar belässt die Verwaltung tatsächlich einzelnen betagten Produzenten,
die bisher ununterbrochen als Hausbrenner oder Hausbrennauftraggeber
anerkannt waren, zur Vermeidung von Härtefällen ausnahmsweise weiterhin
eine begrenzte steuerfreie Branntweinmenge, auch wenn sie die rechtlichen
Voraussetzungen nicht mehr erfüllen. Der Beschwerdeführer bringt
aber nichts vor, das die Anwendung dieser Praxis auf ihn rechtfertigen
könnte. Er ist erst 58 Jahre alt und war lediglich während 12 Jahren als
Hausbrennauftraggeber anerkannt. Dass seine 90-jährige Mutter bei ihm
wohnt, vermag keine Ausnahme von der geltenden Regelung zu begründen. Die
Beschwerde ist abzuweisen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.