Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 I 560



96 I 560

88. Urteil vom 16. September 1970 i.S. Genossenschaft Migros St. Gallen
und Genossenschaft Migros Schaffhausen gegen Steuerrekurskommission des
Kantons Thurgau sowie Kantone Thurgau, Schaffhausen und St. Gallen.
Regeste

    Kantonale Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen der juristischen
Personen. Rechtsgleichheit, Handels- und Gewerbefreiheit,
Doppelbesteuerung, Verhältnis zur eidg. Warenumsatzsteuer.

    1.  Eine Minimalsteuer, die auf den Bruttoeinnahmen oder dem
Umsatz berechnet und von den sog. "nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen
erhoben wird, ist im Rahmen eines auf dem Grundsatz der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit beruhenden Steuergesetzes zulässig und verstösst an
sich weder gegen Art. 4 noch 31 BV (Erw. 3).

    2.  Mit Art. 4 (und 31) BV vereinbar ist es,

    -  dass die Minimalsteuer nur von den juristischen Personen zu
entrichten ist (Erw. 4 a),

    - dass die Steuer nur auf den einen gewissen Betrag übersteigenden
Bruttoeinnahmen berechnet wird (Erw. 4 c),

    - dass der Steuersatz für alle Branchen des Detailhandels
gleich und überdies höher als derjenige für Engroshandels- und
Fabrikationsunternehmungen ist (Erw. 4 f),

    - dass der Steuersatz 0,75 Promille beträgt (Erw. 4 e),

    - nicht dagegen, dass der Steuersatz progressiv. d.h. auf den einen
bestimmten Betrag übersteigenden Bruttoeinnahmen höher ist (Erw. 4 d).

    3.  Die Minimalsteuer verletzt die Steuerhoheit des Bundes (Art. 41ter

    Abs. 2 lit. a BV) nicht (Erw. 5) und verstösst dann nicht gegen Art.
46 Abs. 2 BV, wenn sie bei einer Betriebsstätte nicht auf dem ganzen im
Kanton erzielten, sondern nur auf dem um den Vorausanteil des Sitzkantons
gekürzten Umsatz berechnet wird (Erw. 6).

Sachverhalt

    A.- Der Kanton Thurgau erliess am 27. September 1964 ein neues
Steuergesetz (StG), das am 1. Januar 1965 in Kraft trat. Die juristischen
Personen bezahlen danach eine Ertrags- und eine Kapitalsteuer (§ 1 und §§
47 ff.). Der Begriff des steuerbaren Ertrags ist für alle juristischen
Personen der gleiche (§§ 48, 49); als steuerbares Kapital gelten bei
den Kapitalgesellschaften das einbezahlte Grundkapital und die als
Ertrag versteuerten Reserven, bei den Genossenschaften und den übrigen
juristischen Personen das Reinvermögen (§ 50). Die Ertragssteuer beträgt
bei den Kapitalgesellschaften je nach der Ertragsintensität 3-8 Promille
(§ 51 Abs. 1), bei den Genossenschaften einheitlich 4% des steuerbaren
Ertrages (§ 54), die Kapitalsteuer sowohl bei den Kapitalgesellschaften
wie bei den Genossenschaften 11/2 Promille für ein steuerbares Kapital
bis zu Fr. 500'000.-- und 2 Promille für den Mehrbetrag (§ 51 Abs. 2 und
§ 54). Die übrigen juristischen Personen werden nach dem für natürliche
Personen geltenden Steuersatz besteuert (§ 55).

    Neben dieser im wesentlichen der bisherigen entsprechenden Ordnung
sieht das StG für juristische Personen erstmals Minimalsteuern von den
Bruttoeinnahmen und vom Grundeigentum vor. Die Bestimmungen über die
erstere lauten:

    "§ 57. Minimalsteuer von den Bruttoeinnahmen.  Die juristischen
Personen, die ein Unternehmen betreiben, haben eine Minimalsteuer auf
den Bruttoeinnahmen zu entrichten.

    Die Steuer tritt an die Stelle der Ertrags- und Kapitalsteuer und ist
zu entrichten, wenn sie die auf dem Ertrag und dem Kapital geschuldete
Steuer übersteigt.

    § 58. Bruttoeinnahmen.

    Die Bruttoeinnahmen umfassen alle Einnahmen aus der Tätigkeit der
Gesellschaft mit Einschluss der Kapitalerträge, unter Vorbehalt der
folgenden Bestimmungen:

    a)  Skonti, Rabatte und Rückvergütungen sind von den Bruttoeinnahmen
abzurechnen;

    b)  bei den Banken gelten insbesondere die Erträge aus Aktivzinsen,
die Kommissionen und die Erträge aus Wechseln und Wertschriften als
Bruttoeinnahmen;

    c)  bei den Lebensversicherungsgesellschaften sind die Prämien
lediglich zur Hälfte als Bruttoeinnahmen anzurechnen;

    d)  Beteiligungserträge gelten nicht als Bruttoeinnahmen.

    Die Bruttoeinnahmen werden für die Berechnung der Minimalsteuer mit
dem Fr. 500'000.-- übersteigenden Betrag berücksichtigt.

    § 59. Steuersatz.

    Die Minimalsteuer beträgt

    a)  0,75 Promille für die steuerbaren Bruttoeinnahmen des Detailhandels
bis zu Fr. 2'000,000.-- und 1,5 Promille für den Mehrbetrag;

    b)  0,3 Promille auf allen übrigen Einnahmen.

    Nach § 61 StG haben die juristischen Personen ferner eine Minimalsteuer
von dem im Kanton gelegenen Grundeigentum zu entrichten, die 0,75 Promille
des Steuerwertes beträgt und erhoben wird, sofern sie die Steuer vom
Kapital und Ertrag oder die Minimalsteuer von den Bruttoeinnahmen
übersteigt (vgl. dazu BGE 96 I 64 ff.).

    B.- Die Genossenschaft Migros St. Gallen in St. Gallen (Migros-SG)
und die Genossenschaft Migros Schaffhausen in Schaffhausen (Migros-SH,
seither fusioniert mit der Genossenschaft Migros Winterthur) betreiben
im Kanton Thurgau acht Verkaufsläden, welche Betriebsstätten im Sinne
des interkantonalen Doppelbesteuerungsrechts bilden.

    Die Migros-SG erzielte im Jahre 1964 einen steuerbaren Gesamtertrag
von Fr. 2'138,822, wovon nach Abzug eines Vorausanteils von 20 % für den
Sitzkanton Fr. 323'561.-- auf den Kanton Thurgau entfielen. Der Anteil
des Kantons Thurgau am steuerbaren Gesamtkapital von Fr. 4'971,700.--
betrug per 31. Dezember 1964 Fr. 1'314,000.--. Aufgrund dieser Faktoren
hätte die von der Migros-SG im Kanton Thurgau zu entrichtende einfache
Staatssteuer Fr. 15'504.30 betragen, während die Bruttoeinnahmen ihrer
7 Verkaufsläden von zusammen Fr. 27'806,893.-- eine Minimalsteuer von
1'41908 Promille = Fr. 39'460.35 ergaben. Die kantonale Steuerverwaltung
verpflichtete sie deshalb für 1965 zur Entrichtung der Minimalsteuer,
die mit Einschluss der Zuschläge und der Gemeindesteuer Fr. 131'118.55
ausmachte gegenüber der ordentlichen Steuer von Fr. 51'355.80.

    Bei der Migros-SH hätte die ordentliche Steuer Fr.  124.30, mit
Zuschlägen und Gemeindesteuer Fr. 493.10 betragen. Statt dessen wurde
von ihr eine Minimalsteuer von Fr. 601.45 bzw. Fr. 2'374.55 verlangt.

    Die Migros-SG und die Migros-SH erhoben gegen diese Veranlagungen
gemeinsam Einsprache, wurden aber mit Entscheid vom 2. September
1966 abgewiesen. Hiegegen beschwerten sie sich bei der kantonalen
Steuerrekurskommission (StRK), indem sie geltend machten, die Minimalsteuer
gemäss §§ 57 ff. StG verstosse gegen Art. 4 und 31 BV und verletze insofern
Bundesrecht, als sie auf eine Erhöhung der Warenumsatzsteuer hinauslaufe.

    Die StRK wies die Beschwerde mit Entscheid vom 23. Oktober
1967 ab. In den Erwägungen dieses Entscheides wird ausgeführt,
dass mit der Minimalsteuer juristische Personen erfasst würden, die
nicht danach streben, einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen. Bei
diesen "nichtgewinnstrebigen" Unternehmen werde die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit weder durch den ausgewiesenen Reinertrag noch
durch das Eigenkapital hinreichend zum Ausdruck gebracht und komme
man den tatsächlichen Verhältnissen näher, wenn man auf den Umsatz
als Ersatz-Anknüpfungsfaktor abstelle. Die Minimalsteuer auf den
Bruttoeinnahmen und ihre Ausgestaltung im thurgauischen StG verstosse weder
gegen Art. 4 noch gegen Art. 31 BV und sei auch nicht bundesrechtswidrig.

    C.- Gegen diesen Entscheid der StRK haben die Migros-SG und die
Migros-SH staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, ihn und
die ihm zugrunde liegenden Veranlagungsverfügungen aufzuheben. Sie machen
Verletzung der Art. 4, 31, 41ter Abs. 2 lit. a und 46 Abs. 2 BV geltend,
verweisen auf das in ASA 34 (1965/66) S. 1 ff. abgedruckte Gutachten von
Prof. I. BLUMENSTEIN und erheben folgende Rügen:

    a) Die Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen verstosse gegen Art. 4
BV, weil der Umsatz kein Kriterium der für die Besteuerung massgebenden
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein könne.

    b) Die Ausgestaltung der thurg. Minimalsteuer verstosse gegen Art. 4
und 31 BV

    -  weil die hohe Freigrenze von Fr. 500'000.-- und die massive
Progression sich nur mit verfassungswidrigen gewerbepolitischen Gründen
rechtfertigen lasse,

    - weil Grossunternehmen des Detailhandels fünfmal stärker belastet
würden als die übrigen Unternehmen mit gleich hohem Umsatz und es an einer
differenzierten Behandlung der verschiedenen Branchen des Detailhandels
fehle,

    - weil die Minimalsteuer nur juristische, nicht aber natürliche
Personen treffe.

    c) Die Minimalsteuer verstosse gegen Art.  41ter Abs. 2 lit. a BV.

    d) Schliesslich verletze der angefochtene Entscheid Art.  46 Abs. 2 BV.

    Die nähere Begründung dieser Rügen ergibt sich, soweit notwendig,
aus den nachstehenden Erwägungen.

    D.- Der Regierungsrat und die StRK des Kantons Thurgau beantragen,
die angefochtenen Veranlagungen seien dahin zu korrigieren, dass lediglich
80% des im Kanton Thurgau erzielten Bruttoumsatzes der Steuerberechnung
zugrunde gelegt werde; im übrigen sei die Beschwerde abzuweisen.

    E.- Die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen ist der Auffassung,
dass die Doppelbesteuerung durch die von den thurgauischen Behörden
vorgeschlagene Korrektur der Veranlagung beseitigt werde. Der Regierungsrat
des Kantons Schaffhausen hat sich nicht vernehmen lassen.

    F.- Auf Ersuchen des Instruktionsrichters hat die Steuerverwaltung
des Kantons Thurgau dem Bundesgericht nähere Angaben gemacht über
die unter die Minimalsteuer fallenden und die nicht darunter fallenden
juristischen Personen sowie über die Auswirkungen, welche die Herabsetzung
der Freigrenze oder die Beseitigung der Progression hätte.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Entscheid der StRK vom 23. Oktober 1967 ist ein
letztinstanzlicher Entscheid, der die Staatssteuerveranlagungen
der Beschwerdeführerinnen für das Jahr 1965 geschützt und das
Veranlagungsverfahren abgeschlossen hat. Die staatsrechtliche Beschwerde
wegen Verletzung der Art. 4, 31 und 46 Abs. 2 BV ist daher aus dem
Gesichtspunkt der Art. 86 Abs. 2 und Art. 87 OG zulässig. Sie wäre
es übrigens auch, wenn es sich beim angefochtenen Entscheid um einen
Zwischenentscheid im Sinne des Art. 87 OG handeln würde, da die dort
vorgesehene Beschränkung nicht gilt für Beschwerden, mit denen, wie mit
der vorliegenden, neben der Verletzung des Art. 4 BV noch andere Rügen
erhoben werden, auf welche einzutreten ist (BGE 95 I 443 E. 1).

    Mit der Berufung auf Art. 41 Abs. 1 lit. a BV wird dem Kanton Thurgau
ein Übergriff in die Steuerhoheit des Bundes vorgeworfen. Das ist nicht
mit staatsrechtlicher Beschwerde, sondern mit verwaltungsrechtlicher
Klage gemäss Art. 111 lit. a OG (heute: 116 lit. f rev. OG) geltend zu
machen. Eine solche Klage kann jedoch mit der staatsrechtlichen Beschwerde
in einer einzigen Eingabe vereinigt werden, weshalb die vorliegende
Eingabe auch als verwaltungsrechtliche Klage entgegenzunehmen ist (BGE
81 I 185 E. 5 a mit Verweisungen, 94 I 275 E. 1).

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerinnen bestreiten die Verfassungsmässigkeit
der §§ 57 ff. StG, auf die sich der angefochtene Entscheid stützt. Diese
Rüge ist zulässig. Jene Bestimmungen können zwar, da die Frist zur
Anfechtung des StG abgelaufen ist (Art. 89 OG), vom Bundesgericht nicht
mehr aufgehoben werden. Dagegen können die Beschwerdeführerinnen ihre
Verfassungswidrigkeit noch im Anschluss an die gestützt darauf ergangenen
Veranlagungsverfügungen geltend machen (BGE 95 I 4 E. 2 und 371 E. 3
mit Hinweisen auf frühere Urteile). Doch sind sie hiezu nur insoweit
legitimiert, als die Bestimmungen auf sie angewendet worden sind oder
hätten angewendet werden sollen (vgl. BGE 90 I 79 E. 1 und 91 E. 1).

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerde macht in erster Linie geltend, dass eine
Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen oder dem Umsatz als solche,
unabhängig von ihrer Ausgestaltung, gegen Art. 4 und 31 BV verstosse,
weil der Umsatz kein Kriterium der nach heutiger Auffassung für die
Besteuerung allein massgebenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein
könne und die Steuer gewerbepolitische Zwecke verfolge.

    a) Art. 4 BV bindet auch den Gesetzgeber. Ausser den Schranken,
die sich aus Art. 46 Abs. 2 BV, aus dem übrigen Verfassungsrecht und aus
dem Bundesrecht ergeben, hat deshalb der kantonale Steuergesetzgeber das
Gleichheitsprinzip nach Art. 4 BV und das darin enthaltene Willkürverbot
zu beachten. Gegen diese verfassungsmässigen Grundsätze verstösst ein
Steuergesetz nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, wenn es sich
nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt, sinn- und zwecklos
ist oder rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger
Grund in den zu regelnden tatsächlichen Verhältnissen nicht ersichtlich
ist. Innerhalb dieses Rahmens verbleibt den Kantonen ein weiter Spielraum
der (bisher ungenau als Ermessen bezeichneten) Gestaltungsfreiheit; aus
Art. 4 BV lässt sich nicht eine bestimmte Methode der Besteuerung ableiten
(BGE 91 I 84 E. 2 und dort angeführte frühere Urteile, 92 I 442 E. 3,
96 I 66 E. 2).

    Dass die streitige Minimalsteuer sinn- und zwecklos sei, behaupten
die Beschwerdeführerinnen mit Recht nicht, da die Steuer zur Deckung des
staatlichen und gemeindlichen Finanzbedarfs dient und ihr Sinn aus den
Gesetzesmaterialien klar hervorgeht. Fraglich kann nur sein, ob sich die
angefochtene Ordnung auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt und
insbesondere, ob durch sie rechtliche Unterscheidungen getroffen werden,
für die ein vernünftiger Grund in den tatsächlichen Verhältnissen nicht
zu finden ist. Die Frage, ob ein Steuergesetz diesen Anforderungen
genügt, kann nicht aufgrund formaler Kriterien entschieden werden und
fällt letztlich zusammen mit der Frage, ob das Gesetz gerecht sei,
d.h. mit der Frage des "richtigen Rechts" (vgl. BURCKHARDT, Komm. der
BV S. 30/31; E. BLUMENSTEIN, Die Minimalsteuer des Kantons Glarus ASA
3 S. 58/9; FAVRE, Droit constitutionnel suisse 2. Aufl. S. 260/62). Die
Gerechtigkeit aber lässt sich nicht näher umschreiben. Sie ist jedenfalls
ein relativer Begriff, der sich mit den politischen, sozialen und
wirtschaftlichen Verhältnissen wandelt. Das gilt insbesondere auch,
soweit es um die Verteilung der Steuerlasten und um die Ausgestaltung
der Steuern geht. Hiefür lassen sich in der Regel aus dem in Art. 4
BV enthaltenen Gleichheitssatz nur ganz allgemeine Gesichtspunkte und
Richtlinien gewinnen.

    b) Alle neuern Gesetze über die direkten Steuern beruhen auf dem
Gedanken der Besteuerung der natürlichen und juristischen Personen nach
ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Als Massstab derselben gelten
bei den natürlichen Personen das Reineinkommen und das Reinvermögen,
bei den juristischen Personen im allgemeinen der Reingewinn und das
Kapital nebst den Reserven. Ob es angehe, im Rahmen eines Gesetzes,
nach dem diese Faktoren die Objekte der direkten Steuern bilden, an ihrer
Stelle bei gewissen Steuersubjekten und unter bestimmten Voraussetzungen
den in einem Geschäftsbetrieb erzielten Umsatz, die mit diesem erzielten
Bruttoeinnahmen zu besteuern, hatte das Bundesgericht, soweit ersichtlich,
einzig in BGE 61 I 321 ff. zu beurteilen. Es ging dort um die Glarner
Minimalsteuer, die von allen den Detailhandel "mit Bedarfsartikeln des
täglichen Gebrauchs" betreibenden "Unternehmungen" mit einem Umsatz
von über Fr. 100'000.-- zu entrichten war nach einem mit der Höhe des
Umsatzes steigenden progressiven Satz von 0,6 bis 1,5%. Das Bundesgericht
hat angenommen, diese Minimalsteuer verstosse gegen die Art. 4 und 31
BV. Dabei führte es in den Erwägungen unter anderem aus, es liege "auf
der Hand, dass eine Besteuerung nach Massgabe des Umsatzes unmöglich eine
Belastung des Pflichtigen nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
bedeuten kann" (S. 327). Von dieser absoluten Formulierung, auf die sich
die Beschwerde mit Nachdruck beruft, ist das Bundesgericht indessen
schon in BGE 92 I 439 ff. abgerückt, indem es erklärte, an der in BGE
61 I 324 ff. zum Ausdruck kommenden "Auffassung, eine nur eine kleine
Gruppe von Steuerpflichtigen treffende Minimalsteuer... auf dem Umsatz
habe innerhalb eines im übrigen auf dem System der Reineinkommens- und
Reinvermögenssteuer aufgebauten Steuergesetz auf keinen Fall Platz und
verstosse stets gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit", könne nicht
festgehalten werden (S. 448). Da es in diesem Entscheid um die vom Kanton
Thurgau ebenfalls eingeführte Minimalsteuer auf dem Grundeigentum ging,
war (wie auf S. 445 bemerkt) nicht zu prüfen, inwieweit die in diesem und
andern Kantonen (Waadt, Wallis) bestehenden Minimalsteuern auf dem Umsatz
mit Art. 4 BV vereinbar seien. Diese Frage ist nun für die in den §§
57-60 des thurg. StG enthaltene Ordnung zu entscheiden.

    c) Dabei ist zunächst festzustellen, dass die tatsächlichen
Verhältnisse, die in letzter Zeit Anlass zur Einführung von Minimalsteuern
auf dem Umsatz gaben, ganz andere waren als bei der in BGE 61 I 321
ff. beurteilten Glarner Minimalsteuer, und dass sich auch die Anschauungen
über die Zulässigkeit von Minimalsteuern seit jenem Urteil geändert
haben. Die Glarner Minimalsteuer war offensichtlich eine gewerbepolitische
Massnahme, die in der damaligen schweren Wirtschaftskrise ergriffen
wurde; sie verfolgte den Zweck, die durch diese Krise stark betroffenen
mittelständischen Kleinbetriebe des Detailhandels vor der Konkurrenz
der Grossunternehmen zu schützen; sie war so ausgestaltet, dass sie bei
diesen Grossunternehmen in der Regel an die Stelle der ordentlichen Steuer
trat. Die heute in mehreren Kantonen zu findenden Minimalsteuern auf
dem Umsatz und/oder auf dem Grundeigentum wurden eingeführt im Verlaufe
einer nun schon mehr als 20 Jahre dauernden Wirtschaftskonjunktur;
sie bezwecken in erster Linie eine gerechte steuerliche Belastung
einer in dieser Zeit immer häufiger gewordenen Erscheinung, der
sogenannten "nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen. Darunter versteht
man Unternehmungen, die als juristische Personen (Aktiengesellschaften
oder Genossenschaften) organisiert sind, aus bestimmten Gründen ihre
Ertragsfähigkeit nicht voll ausschöpfen und meist auch ein im Verhältnis
zu ihren Aktiven sehr kleines Eigenkapital aufweisen. Dass von solchen
Unternehmungen dann, wenn sie Grundeigentum besitzen, ohne Verletzung von
Art. 4 (und 46 Abs. 2) BV eine auf die ordentliche Steuer vom Reingewinn
und Kapital anrechenbare Minimalsteuer auf dem Wert des Grundeigentums
erhoben werden darf, hat das Bundesgericht wiederholt entschieden (BGE
92 I 442 ff., 94 I 39 ff. und 96 I 65 ff.). Im vorliegenden Falle ist
die Zulässigkeit einer Minimalsteuer auf dem Umsatz streitig.

    d) Bei den "nichtgewinnstrebigen Unternehmungen" lassen sich zwei
Gruppen unterscheiden.

    Die eine Gruppe umfasst Unternehmungen, die zugunsten bestimmbarer
Dritter, nämlich der sie beherrschenden Aktionäre oder Genossenschafter,
auf die Erzielung eines höheren Gewinnes verzichten. Häufig handelt
es sich um einen einzigen oder einige wenige Begünstigte, wie bei
Immobiliengesellschaften, Partnerwerken der Elektrizitätswirtschaft
(vgl. BGE 82 I 288 ff.) und sonstigen Hilfsunternehmen. In andern
Fällen, so bei Wohnbau-, Einkaufs-, kleineren Konsumenten- und andern
Genossenschaften ist der Kreis der Begünstigten grösser. Hier wie dort
lässt sich aber die Höhe des Ertrags, auf den das Unternehmen zugunsten der
Dritten verzichtet, annähernd schätzen, was es unter Umständen gestattet,
ihn beim Unternehmen als verdeckte Gewinnausschüttung zu besteuern.

    Diese Möglichkeit entfällt bei der andern Gruppe "nichtgewinnstrebiger
Unternehmungen". Dazu gehören vor allem grosse Konsumentengenossenschaften,
die ihre vorteilhaften Leistungen nicht nur ihren Mitgliedern, sondern der
Allgemeinheit anbieten. Diese Geschäftspolitik wird dadurch erleichtert,
dass die Geschäftsleitung solcher Genossenschaften von den Mitgliedern
als den rechtlichen Trägern der Unternehmung weitgehend unabhängig und
bei ihren wirtschaftlichen Entscheidungen frei ist. Mit dem infolgedessen
leichter möglichen Verzicht auf volle Ausschöpfung der Ertragsmöglichkeit
werden statt der sonst üblichen Gewinnerzielung oder der Begünstigung der
Mitglieder andere wirtschaftliche Zwecke wie rasche Vergrösserung des
Betriebs, Beherrschung des Marktes usw. und sogar nichtwirtschaftliche
Zwecke verfolgt. Wenn eine derartige Unternehmung unter Einsatz
beträchtlicher Mittel eine umfang- und erfolgreiche wirtschaftliche
Tätigkeit ausübt, dabei aber nur einen ganz geringen steuerbaren Gewinn
erzielt und auch nur ein kleines steuerbares Eigenkapital aufweist,
lässt sich mit guten Gründen die Auffassung vertreten, dass ihre
tatsächliche steuerliche Leistungsfähigkeit in diesen Faktoren nicht
richtig zum Ausdruck komme, so dass eine gestützt darauf erhobene Steuer
dem Postulat der gerechten Verteilung der Steuerlasten nicht entspreche,
keinen angemessenen Beitrag der Unternehmung an die auch ihr direkt und
indirekt zugute kommenden öffentlichen Ausgaben bilde. Das gleiche trifft
bei den Unternehmen der erstgenannten Gruppe zu. Es kann dabei auf den
Bericht verwiesen werden, den eine vom Eidg. Finanz- und Zolldepartement
aufgrund einer Motion Piller eingesetzte Expertenkommission im Jahre
1955 erstattet hat und dessen Ausführungen zur Frage der Besteuerung
der "nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen (S. 88 ff., 126 ff., 143
ff.), wie bereits in BGE 92 I 444 bemerkt wurde, als überzeugend
erscheinen. Eine Unternehmung, die zur Verfolgung anderer Zwecke
bewusst auf die Erzielung desjenigen Gewinnes verzichtet, den sie mit
den eingesetzten Mitteln und insbesondere durch ihren bedeutenden und
in der Regel ständig wachsenden Umsatz ohne weiteres erzielen könnte,
befindet sich in einer grundsätzlichen andern Lage und weist eine
höhere wirtschaftliche und steuerliche Leistungsfähigkeit auf als ein
Unternehmen, dessen Gewinne wegen ungünstiger Konkurrenzverhältnisse
oder wegen Unfähigkeit der Unternehmensleitung niedrig bleiben. Will man
die "nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen zu einem ihrer tatsächlichen
Leistungsfähigkeit entsprechenden Beitrag an die öffentlichen Ausgaben
heranziehen, so muss daher ihre steuerliche Leistungsfähigkeit nach
einem andern Kriterium als nach den ihnen gegenüber versagenden Faktoren
Reingewinn und Reinvermögen bestimmt werden.

    e) Der thurgauische Gesetzgeber ist offensichtlich den Empfehlungen
und Vorschlägen der genannten Expertenkommission gefolgt, wenn er im Jahre
1965 eine Minimalsteuer auf dem Umsatz eingeführt hat, wie es vor ihm
schon der Waadtländer (1956) und der Walliser (1960) Gesetzgeber und nach
ihm der Gesetzgeber von Appenzell I.Rh. (1968), Nidwalden und St. Gallen
(1970) getan hat. Er ist also davon ausgegangen, dass der Umsatz bei
den "nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen ein tauglicher Massstab zur
Bestimmung der steuerlichen Leistungsfähigkeit sein könne. Diese Annahme
erscheint keineswegs als abwegig und hält vor Art. 4 BV stand. Schon
ERNST BLUMENSTEIN hat bei seiner Stellungnahme zu der in BGE 61 I
321 ff. beurteilten Glarner Minimalsteuer ausgeführt, dass die Höhe
des Umsatzes bei der Bemessung der ordentlichen direkten Steuern eine
gewisse Rolle spielen und in bestimmtem Ausmasse als ein Kriterium der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in Betracht
fallen könne (ASA 3 S. 57 und 109 ff., 4 S. 382 ff.). Er glaubte freilich,
dass der Umsatz für sich allein keinen Gradmesser der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit darstellen könne und es nur angehe, ihn mit dem
erzielten Reinertrag in Verbindung zu setzen und in Form von Zuschlägen
zu der auf dem Ertrag berechneten Steuer zu berücksichtigen. Lässt aber
der Umsatz Schlüsse auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu,
so ist nicht einzusehen, weshalb er nicht wenigstens zur Bestimmung
einer minimalen Belastung der "nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen
sollte dienen können. Der genannte Expertenbericht von 1955 kommt mit
überzeugender Begründung zum Schluss, dass eine Minimalsteuer auf dem
Umsatz das geeignetste Mittel zur richtigen steuerlichen Erfassung dieser
Unternehmungen bilde und nicht verfassungswidrig sei. Ebenso vertritt
IMBODEN (ASA 34 S. 193 ff.) die Auffassung, dass eine solche Minimalsteuer
mit Art. 4 BV grundsätzlich vereinbar sei. Die dagegen erhobenen
Einwendungen (IRENE BLUMENSTEIN, ASA 34 S. 1 ff. und dort erwähnte
weitere Autoren) erscheinen nicht als stichhaltig. Mit dem Grundsatz der
Rechtsgleichheit unvereinbar wäre es wohl, gewisse Steuerpflichtige,
z.B. Detailhandelsunternehmungen oder Genossenschaften, allgemein nur
aufgrund ihres Umsatzes statt des für alle andern Steuerpflichtigen
massgebenden Reinvermögens (Kapitals) und Reingewinns zu besteuern. Dagegen
ist es aus dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV jedenfalls grundsätzlich,
d.h. unter Vorbehalt der Überprüfung der näheren Ausgestaltung einer
solchen Minimalsteuer, nicht zu beanstanden, bei Unternehmungen,
die bewusst auf die vollständige Ausschöpfung ihrer Ertragsfähigkeit
verzichten, die minimale steuerliche Leistungsfähigkeit aufgrund ihres
Umsatzes und des mit diesem ohne weiteres erzielbaren Reingewinnes
zu besteuern, sofern durch geeignete Massnahmen dafür gesorgt wird,
dass diese Steuer nicht erhoben wird von notleidenden Unternehmungen,
die nicht fähig wären, den der Besteuerung der "nichtgewinnstrebigen"
Unternehmungen zugrunde gelegten minimalen Gewinn zu erzielen.

    f) So wenig wie gegen Art. 4 BV verstösst eine auf dem Umsatz
berechnete Minimalsteuer schon als solche gegen die in Art. 31 BV
gewährleistete Handels- und Gewerbefreiheit. Nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichts bietet Art. 31 BV überhaupt keinen Schutz gegen
eine allgemeine Steuer, welche die private Erwerbstätigkeit belastet,
selbst wenn sie den Konkurrenzkampf erschwert (BGE 73 I 59 E. 7 und dort
angeführte frühere Urteile). Er schliesst auch eine besondere fiskalische
Belastung des Gewerbes nicht aus, wenn diese sich einerseits aus Gründen
des allgemeinen Interesses rechtfertigt und nicht ausschliesslich
gewerbepolitische Zwecke verfolgt und anderseits für das betreffende
Gewerbe nicht prohibitiv ist, d.h. die Erzielung eines angemessenen
Gewinns nicht verunmöglicht (BGE 87 I 30/31 und dort angeführte
frühere Urteile). Aus diesen Gesichtspunkten ist aber die Erhebung der
angefochtenen Minimalsteuer auf dem Umsatz jedenfalls dem Grundsatze nach
nicht zu beanstanden. Einmal gilt sie für alle von juristischen Personen
betriebenen Unternehmungen, nicht nur für solche einer bestimmten Branche.
Sodann verfolgt sie nicht gewerbepolitische Zwecke, sondern will bewirken,
dass sämtliche Unternehmungen entsprechend ihrer tatsächlichen steuerlichen
Leistungsfähigkeit belastet werden, was nicht bloss im fiskalischen
Interesse liegt, sondern im allgemeinen öffentlichen Interesse an einer
gerechten Verteilung der Steuerlasten. Ob die angefochtene Minimalsteuer
prohibitiven Charakter habe oder durch ihre Ausgestaltung im einzelnen
gegen Art. 31 BV verstosse, ist im folgenden zu prüfen.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerinnen erheben für den Fall, dass eine
Minimalsteuer auf dem Umsatz mit Art. 4 und 31 BV grundsätzlich vereinbar
sein sollte, verschiedene Einwendungen gegen ihre Ausgestaltung in den §§
57-60 StG.>

    a) Sie erblicken darin einen Verstoss gegen den Grundsatz der
Rechtsgleichheit, dass die Steuer nur von juristischen Personen zu
entrichten ist. Die Rüge ist unbegründet. Einmal werden in der Schweiz
die juristischen Personen allgemein nach andern Grundsätzen als die
natürlichen besteuert. Sodann treffen die Gründe, die den Gesetzgeber zur
Einführung von Minimalsteuern veranlasst haben, sozusagen ausschliesslich
bei juristischen Personen zu, wie bereits in BGE 92 I 445 E. 6 a und 96 I
68 E. 2 c festgestellt wurde. Das gilt nicht nur für die dort beurteilten
Minimalsteuern auf dem Grundeigentum, sondern erst recht für diejenige auf
dem Umsatz. Damit ein Unternehmen mit einer erheblich unter der üblichen
liegenden Gewinnmarge erfolgreich betrieben werden kann, muss es eine so
beträchtliche Grösse haben, wie sie in der Regel nur ein als juristische
Person organisiertes Unternehmen aufweist. Nur ein solches Unternehmen
oder dessen Geschäftsleitung dürfte im allgemeinen auch ein Interesse
daran haben, zugunsten bestimmter Dritter oder gar der Allgemeinheit auf
die volle Ausschöpfung der Ertragsmöglichkeit zu verzichten. Es erscheint
daher nicht als rechtsungleiche Behandlung, wenn das StG für natürliche
Personen keine Minimalsteuer auf dem Umsatz vorsieht.

    b) Die Beschwerdeführerinnen weisen darauf hin, dass die der
Minimalsteuer zugrundeliegende Annahme, der Umsatz lasse auf eine
steuerliche Leistungsfähigkeit schliessen, bei notleidenden Unternehmungen
nicht zutreffe, dass das StG aber nichts vorsehe, um eine in diesem
Fall unhaltbare Besteuerung auszuschliessen. Die kantonalen Behörden
halten dem in der Beschwerdeantwort entgegen, dass in Härtefällen die
Bestimmungen über den Steuererlass (§§ 129 ff. StG) anwendbar seien,
was die Beschwerdeführerinnen in der Replik bestreiten. Wie es sich
damit verhält, kann dahingestellt bleiben, da auf die Beschwerde
in diesem Punkte nach dem in Erw. 2 Gesagten mangels Legitimation
der Beschwerdeführerinnen nicht einzutreten ist, denn es wird nicht
geltend gemacht, dass die Beschwerdeführerinnen notleidend seien und die
angefochtene Minimalsteuerveranlagung aus diesem Grunde unhaltbar sei.

    c) Nach § 58 Abs. 2 StG werden die Bruttoeinnahmen für die Berechnung
der Minimalsteuer nur mit dem Fr. 500'000.-- übersteigenden Betrage
berücksichtigt.

    Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, diese Freigrenze, die
zweieinhalbmal höher als im Kanton Waadt sei, übersteige den Betrag, der
sich noch "verfahrensökonomisch" rechtfertigen lasse, um ein Vielfaches und
sei aus gewerbepolitischen Gründen so hoch angesetzt worden, d.h. damit
nur grosse Betriebe von der Minimalsteuer getroffen und die kleinen und
mittleren davon verschont würden.

    Da erfahrungsgemäss nur verhältnismässig grosse Betriebe auf
die volle Ausschöpfung ihrer Ertragsfähigkeit verzichten, die Gründe
für die Erhebung der Minimalsteuer also regelmässig nur bei grösseren
Unternehmungen vorliegen, ist es verständlich, dass alle Kantone, welche
eine Minimalsteuer auf dem Umsatz eingeführt haben, eine Freigrenze
vorsehen. Dabei hat die Gewährung eines allgemeinen Abzuges vom steuerbaren
Umsatz gegenüber einer Mindestgrenze, bei deren Überschreitung der
gesamte Umsatz erfasst wird, den Vorteil, im Grenzraum einen sprunghaften
Übergang zu vermeiden, so dass die Lösung des thurgauischen StG aus dem
Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit den Vorzug verdient. Fragwürdig
erscheint sie, wie IMBODEN (ASA 34 S. 198) zutreffend bemerkt, einzig
deshalb, weil ein allgemeiner Abzug, wenn er entsprechend hoch ist,
eine ähnliche Wirkung haben kann wie ein progressiver Tarif. Ein solcher
Tarif ist aber, wie die nachfolgenden Ausführungen ergeben, mit dem
Wesen einer Minimalsteuer auf dem Umsatz unvereinbar und lässt sich nur
gewerbepolitisch begründen. Ferner bewirkt der allgemeine Abzug, dass auch
grössere Unternehmungen, deren Umsatz die Freigrenze verhältnismässig wenig
übersteigt, nur theoretisch unter die Minimalsteuer fallen, da die auf
dem geringen Überschussbetrag berechnete Abgabe fast immer niedriger sein
wird als die auf dem Ertrag und Kapital geschuldete ordentliche Steuer.

    Dass sowohl bei Ansetzung einer Mindestgrenze wie auch bei Gewährung
eines allgemeinen Abzuges kleinere Betriebe von der Steuer befreit sind,
zwingt nicht zum Schluss, dass die Freigrenze aus gewerbepolitischen
Gründen vorgesehen wurde, denn eine gewisse Freigrenze lässt sich auch
veranlagungsökonomisch rechtfertigen. Ohne eine solche müssten nämlich
die Steuerbehörden bei allen als juristische Personen organisierten
Unternehmungen, also auch bei solchen, bei denen es wegen ihrer
Kleinheit zum vorneherein höchst unwahrscheinlich ist, dass sie
"nichtgewinnstrebig" sind und unter die Minimalsteuer fallen, prüfen, ob
dies tatsächlich zutrifft. Bis zu welchem Betrag sich eine Mindestgrenze
veranlagungsökonomisch rechtfertigen lässt und daher vor Art. 4 und 31
BV standhält, kann dahingestellt bleiben. Zu prüfen ist einzig, ob der
in § 58 Abs. 2 thurg. StG vorgesehene allgemeine Abzug von Fr. 500'000.--
vor diesen Bestimmungen der BV standhält.

    Die erwähnten progressionsähnlichen Wirkungen des Abzugs können deshalb
noch hingenommen werden, weil die Gewährung eines allgemeinen Abzugs,
wie bereits ausgeführt, aus dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit den
Vorzug verdient vor einer Mindestgrenze. Zu prüfen bleibt, ob der Betrag
von Fr. 500'000.--, der wesentlich höher ist als die Freigrenze der andern
Kantone (Fr. 100'000.-- bis Fr. 300'000.--), sich veranlagungsökonomisch
oder (nur) gewerbepolitisch begründen lässt.

    Nach den vom Instruktionsrichter eingeholten Amtsberichten der
thurgauischen Steuerverwaltung wiesen im Jahre 1965, d.h. im ersten
Jahr nach dem Inkrafttreten des StG, von den 723 alsjuristische
Personen organisierten Unternehmungen rund 60% und, wenn man von den 82
Unternehmungen mit einem Umsatz von weniger als Fr. 100'000.-- absieht,
bei denen das Vorliegen der Voraussetzungen der Minimalsteuer als
ausgeschlossen erscheint, etwas über 70% einen Umsatz von über 500'000.--
auf. Schon diese grosse Zahl der theoretisch von der Abgabe betroffenen
Unternehmungen spricht gegen die Annahme, der Kanton Thurgau habe den
Abzug ausschliesslich oder vorwiegend aus gewerbepolitischen Gründen so
hoch angesetzt.

    Wie den Amtsberichten weiter zu entnehmen ist, würde die Herabsetzung
der Freigrenze auf Fr. 200'000.-- (entsprechend der Regelung im Kanton
Waadt) zur Folge haben, dass sich die Zahl der von der Minimalsteuer
betroffenen Unternehmungen von heute 11 um 14 auf 25 erhöhen würde. Diese
erhebliche Zunahme der Zahl der Steuerpflichtigen würde jedoch
nur einen Mehrertrag der Kantonssteuer (mit Zuschlag) von insgesamt
Fr. 1'273.--, im Durchschnitt also weniger als Fr. 100 pro Unternehmen,
ergeben. (Der Umstand, dass die Herabsetzung der Freigrenze überdies
für die 11 schon bisher betroffenen Unternehmungen, darunter für die
beiden Beschwerdeführerinnen, eine Mehrbelastung von 0,75 Promille von
Fr. 300'000.-- = Fr. 225.-- zur Folge hätte, fällt in diesem Zusammenhang
ausser Betracht). Bedenkt man, dass zur Erzielung dieses bescheidenen
Mehrertrages von Fr. 1'273.-- die Steuerbehörden bei den 142 Unternehmungen
mit einem Umsatz zwischen Fr. 200'000.-- und 500'000.-- abklären müssten,
ob die Voraussetzungen der Minimalsteuer gemäss § 57 Abs. 2 StG vorliegen,
so erscheint die auf den ersten Blick hohe Freigrenze von Fr. 500'000.--
veranlagungsökonomisch gerechtfertigt und nicht vorwiegend oder gar
ausschliesslich gewerbepolitisch bedingt. Dass dieses Ergebnis nicht
etwa auf die besondern Verhältnisse im Kanton Thurgau zurückzuführen ist,
zeigt eine vom Instruktionsrichter eingeholte Auskunft des waadtländischen
Finanzdepartements, wonach umgekehrt die Erhöhung der im waadtländischen
Gesetz vorgesehenen Freigrenze von Fr. 200'000.-- auf Fr. 500'000.-- für
die Jahre 1969/70 zwar die Zahl der 82 von der Minimalsteuer betroffenen
Unternehmungen um 11 (d.h. ca. 14%), den Mehrertrag der Minimalsteuer im
Verhältnis zur ordentlichen Steuer jedoch nur um rund 2% vermindern würde.

    Lässt sich somit ein Abzug von Fr. 500 000.-- veranlagungsökonomisch
rechtfertigen, so verstösst er nicht gegen Art. 31 BV. Im Hinblick auf
seine wenig weitgehenden Auswirkungen verletzt er auch Art. 4 BV nicht,
sondern hält sich noch im Rahmen der dem kantonalen Gesetzgeber beim
Erlass von Steuergesetzen zustehenden Gestaltungsfreiheit.

    d) Während die Minimalsteuer auf allen übrigen Einnahmen einheitlich
0,3 Promille beträgt, also proportional ist, gilt für die Einnahmen
des Detailhandels ein Satz von 0,75 Promille bis zum Betrag von zwei
Millionen Franken und von 1,5 Promille für den Mehrbetrag (§ 59). Die
Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass diese scharfe Progression
sich nicht mit einer Anpassung der Steuer an die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit, sondern nur mit gewerbepolitischen Gründen
(Benachteiligung der Filialunternehmen gegenüber dem Einzelbetrieb)
rechtfertigen lasse; zudem sei es unerfindlich, weshalb die Überschreitung
eines gewissen Umsatzes beim Detailhandel und nur bei ihm zu einer
Verdoppelung der Steuer führen solle, nicht aber beim Engroshandel und
bei den Fabrikationsunternehmungen.

    Im angefochtenen Entscheid wird zur Rechtfertigung der Progression
ausgeführt, dass sie auf der Annahme beruhe, die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit komme bei nichtgewinnstrebigen Unternehmungen im
erzielten Umsatz zum Ausdruck, und dass daher einem höheren Umsatz auch
eine höhere Leistungsfähigkeit entspreche. Dabei wird indessen übersehen,
dass die Minimalsteuer, sofern sie nicht einfach eine gewerbepolitische
Massnahme zum Schutz der kleinen vor der Konkurrenz der grossen Unternehmen
ist, ihren Grund nicht in der Höhe des Umsatzes, sondern nur in dem
damit verbundenen Verzicht auf die Erzielung des üblichen oder doch eines
minimalen Gewinnes haben kann. Die Minimalsteuer auf dem Umsatz wirkt,
da sie auf die ordentlichen Steuern anrechenbar ist, wie eine sogenannte
Sollertragssteuer, d.h. es wird der Steuerschuldner, der mit seinem Umsatz
nicht einen bestimmten minimalen Gewinn erzielt, nicht für den effektiven
Gewinn besteuert, sondern für denjenigen, den er hätte erzielen können
und sollen. Dieser "Sollertrag" als minimale Gewinnmarge in Prozenten des
Umsatzes lässt sich bei den Genossenschaften, die nach § 54 thurg. StG
eine proportionale Ertragssteuer von 4% zu entrichten haben, aufgrund
des Minimalsteuersatzes genau errechnen, wenn man dabei die Kapitalsteuer
ausser acht lässt, die ebenfalls auf die Minimalsteuer anrechenbar ist,
aber zumal bei den Genossenschaften im allgemeinen eine untergeordnete
Rolle spielt. Der "Sollertrag" in Prozenten des Umsatzes berechnet sich
nach folgender Formel:

    Sollertrag in % des Umsatzes = Minimalsteuersatz / Gewinnsteuersatz

    Das ergibt für eine proportionale Minimalsteuer ohne Freigrenze
zum Satz von 0,75 Promille einen "Sollertrag" von 1'875% und für eine
Steuer von 1,5 Promille einen "Sollertrag" von 3,75%. Das heisst mit
andern Worten, dass eine Unternehmung bei einem Minimalsteuersatz von
0,75 Promille bzw. 1,5 Promille dann als "nichtgewinnstrebig" gilt und
daher minimalsteuerpflichtig ist, wenn ihr Nettogewinn weniger als 1'875%
bzw. 3,75% des Umsatzes ausmacht. Ebenso lässt sich der "Sollertrag"
berechnen, wenn man die Freigrenze und die Progression des thurg. StG
berücksichtigt. Dabei erscheint es, um ein möglichst wirklichkeitsgetreues
Bild von den Auswirkungen der Freigrenze und der Progression zu erhalten,
als angezeigt, von den aus den Amtsberichten ersichtlichen tatsächlichen
Grössenverhältnissen der Unternehmungen dieses Kantons auszugehen. Nach
dem Amtsbericht vom 15. Mai 1968 erzielten von den insgesamt 150 als
juristische Personen organisierten Detailhandelsunternehmen mit einem
Umsatz von über Fr. 500'000.-- ungefähr je ein Drittel einen Umsatz
von 1/2 bis 1, von 1 bis 2 und von über 2 Millionen. Setzt man für die
kleineren Unternehmen einen Durchschnittsumsatz von Fr. 750'000.--, für
die mittleren 1,5 Millionen und für die grösseren 5 Millionen (ungefährer
Durchschnitt der 9 neben den Beschwerdeführerinnen von der Minimalsteuer
betroffenen Unternehmen) und berücksichtigt man mit 20 Millionen ausserdem
ein Unternehmen von der Grösse der Migros-SG, so gelangt man zu folgenden
Steuern und Sollerträgen:

    Minimalsteuer Sollertrag

    Umsatz in Franken  in % in %
      des Umsatzes des Umsatzes

    1) bei einer proportionalen Minimalsteuer von 0,75 Promille

    750 000 187.50 0'250 0'625

    1,5 Mio 750.-- 0'500 1'250

    5 Mio 3 375.-- 0'675 1'687

    20 Mio 14 625.-- 0'731 1'827

    2) bei einer progressiven Minimalsteuer gemäss § 59 lit. a StG

    750 000 187.50 0'250 0'625

    1,5 Mio 750.-- 0'500 1'250

    5 Mio 5 250.-- 1'070 2'675

    20 Mio 27 850.-- 1'392 3'480

    Schon bei einer proportionalen Minimalsteuer ergibt sich demnach, als
Folge der Freigrenze, eine nicht unerhebliche Progression der Steuersätze
und damit auch der "Sollerträge". Bei der Minimalsteuer gemäss § 59 lit. a
StG ist die Progression so stark, dass Steuersatz und Sollertrag bei
einem Umsatz von 20 Mio fast drei Mal höher sind als bei 1,5 Mio Umsatz.

    IMBODEN (ASA 34 S. 197) ist der Auffassung, dass es an sich
widerspruchsvoll sei, eine Objektsteuer wie die Minimalsteuer auf dem
Umsatz nach einem progressiven Tarif zu erheben und dass ein solcher
Tarif mit Art. 31 BV nur vereinbar sei, soweit der Steigerung des
Umsatzes eine "nachweisbar bessere Rentabilität" entspreche. In
der Tat ist nicht einzusehen, weshalb - gemäss obiger Aufstellung
- die grösseren Unternehmungen schon dann "nichtgewinnstrebig"
sein und unter die Minimalsteuer fallen sollen, wenn sie mit einer
Gewinnmarge von weniger als 3'348% bzw. 2'675% arbeiten, die kleineren
dagegen erst dann, wenn ihr Nettogewinn weniger als 1'250% bzw. 0'625%
beträgt. Zwar ist nicht zu bestreiten, dass sich mit zunehmendem Umsatz
fast immer gewisse kostenmässige Einsparungen erzielen lassen durch
günstigere Einkaufsbedingungen, Zentralisierung der Geschäftsleitung
und der Buchhaltung usw. Diesen Vorteilen, welche die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit steigern und deshalb eine höhere Steuerbelastung
rechtfertigen, wird jedoch reichlich Rechnung getragen durch die nicht
unbeträchtliche Progression, die - wie die obige Aufstellung zeigt -
schon als Folge der Freigrenze eintritt. Die zusätzliche, durch die
beiden Steuersätze von § 59 lit. a StG geschaffene Progression ist nur
gewerbepolitisch zu erklären und verfolgt offensichtlich den Zweck, die
grossen Detailhandelsunternehmungen im Konkurrenzkampf mit den kleinen
zu benachteiligen. Dass die Progression ausschliesslich gewerbepolitisch
bedingt ist, geht eindeutig daraus hervor, dass das StG sie lediglich
für die Einnahmen aus dem Detailhandel vorsieht, nicht dagegen für die
übrigen Einnahmen, obwohl die Vergrösserung des Umsatzes zweifellos auch
bei Engroshandels- und bei Fabrikationsunternehmungen in der Regel mit
Kostenersparnissen verbunden ist und zu einer Steigerung der Rendite
führt. Eine grundsätzlich proportionale Ausgestaltung der Minimalsteuer
entspricht schliesslich auch ihrem Zweck am besten, der darin besteht, die
"nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen zu einem angemessenen Beitrag an die
auch ihnen zugute kommende öffentlichen Ausgaben heranzuziehen, denn die
von ihnen der Öffentlichkeit verursachten Lasten sind, wie im angefochtenen
Entscheid selber, in anderm Zusammenhang ausgeführt wird, "im wesentlichen
zum Betriebsumfang und nicht zum erzielten Ertrag proportional".

    Soweit der Steuersatz von 1,5 Promille neben demjenigen von 0,75
Promille auf die Beschwerdeführerinnen angewendet worden ist, verstösst
ihre Besteuerung demnach gegen Art. 31 BV und ist der angefochtene
Entscheid daher aufzuheben.

    e) Dass der Steuersatz von 0,75 Promille, der nach Wegfall
der Progression übrig bleibt und auf den gesamten Umsatz der
Beschwerdeführerinnen anzuwenden ist, wegen seiner Höhe gegen Art. 4
oder 31 BV verstosse, wird in der Beschwerde mit Recht nicht geltend
gemacht. Dieser Satz entspricht, selbst ohne Berücksichtigung der
Freigrenze und der auf die Abgabe anrechenbaren Kapitalsteuer, einer
Nettogewinnmarge (Sollertrag) von nur 1'875% auf dem Umsatz. Eine
Minimalsteuer, der eine so kleine Gewinnmarge zugrunde gelegt ist,
erscheint weder gewerbepolitisch bedingt noch kann sie eine prohibitive
Wirkung haben. Sie hat denn auch für die Beschwerdeführerinnen nur eine
geringe Erhöhung der Steuerlast zur Folge. Bei der Migros-SG, bei der
die ordentliche einfache Staatssteuer gemäss der Veranlagungsverfügung
vom 10. Januar 1966 Fr. 15 504.30 ausmachen würde, beträgt die Erhöhung
weniger als Fr. 1000.-- (was mit den Zuschlägen und den Gemeindesteuern
insgesamt etwa Fr. 3000.-- ergibt). Legt man nämlich, wie die kantonalen
Behörden in der Beschwerdeantwort mit Recht anerkennen, der Berechnung
der Minimalsteuer im Hinblick auf das Doppelbesteuerungsverbot nur 80%
des im Kanton Thurgau erzielten Umsatzes zugrunde, so berechnet sich die
Steuer für die Migros-SG wie folgt:

    Gesamtumsatz im Kanton Thurgau Fr. 27 806 893.--

    80% hievon Fr. 22 245 514.--

    abzüglich Freibetrag Fr.    500 000.--

    Steuerbarer Umsatz Fr. 21 745 514.--

    Steuer zu 0,75 Promille: Fr.     16 309.51

    Ob und inwieweit der Kanton Thurgau den proportionalen Satz von 0,75
Promille nach Wegfall der Progression ohne Verletzung der Art. 4 und 31
BV erhöhen könnte, ist hier nicht zu prüfen. Bemerkt sei lediglich, dass
jedenfalls nichts einzuwenden wäre gegen einen Steuersatz von 1 Promille
des Umsatzes, der die "nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen im Ergebnis
kaum höher belastet als der im Kanton Waadt seit 14 Jahren unangefochten
geltende Satz von 0,8 Promille, neben dem noch eine Minimalsteuer von 0,4
Promille auf den investierten Kapitalien zu entrichten ist. Der Satz von 1
Promille entspricht einer Gewinnmarge (Sollertrag) von 2,5% und kann nicht
als prohibitiv bezeichnet werden, zumal die Unternehmungen nicht gezwungen
werden, tatsächlich mit dieser Gewinnmarge zu arbeiten, sondern nur die bei
einer solchen Gewinnmarge geschuldete Steuer herauszuwirtschaften haben,
was keine ins Gewicht fallende Erhöhung der Verkaufspreise erfordert. Ob
und wieweit ein 1 Promille übersteigender Satz zulässig wäre, muss offen
bleiben.

    f) Die Beschwerdeführerinnen beanstanden die Ausgestaltung der
thurgauischen Minimalsteuer schliesslich auch deshalb, weil der Steuersatz
für die Einnahmen des Detailhandels nicht nach Branchen abgestuft sei
und weil er fünfmal höher sei als der Satz für alle übrigen Einnahmen.
Beide Rügen sind unbegründet.

    Wie die Beschwerdeführerinnen zutreffend ausführen, arbeiten die
einzelnen Branchen des Detailhandels mit verschiedenen Gewinnmargen. Es
wäre daher wünschbar, dieser Verschiedenheit bei der Festsetzung der
Minimalsteuersätze Rechnung zu tragen. Das lässt sich jedoch praktisch
kaum durchführen. Nicht nur ist es schwierig, die angemessenen minimalen
Gewinnmargen der verschiedenen Branchen zu bestimmen und zueinander
richtig abzustufen. Hinzu kommt, dass zahlreiche und gerade die
grossen Detailhandelsgeschäfte mit sehr verschiedenen Waren handeln,
woraus sich bei der Veranlagung fast unüberwindliche Schwierigkeiten
ergeben würden. Im Hinblick hierauf ist ein einheitlicher Satz für
alle Detailhandelsunternehmungen, wie ihn auch die andern Kantone mit
Minimalsteuern auf den Bruttoeinnahmen vorsehen, aus dem Gesichtspunkt
des Art. 4 BV nicht zu beanstanden, sofern dieser Satz einer Gewinnmarge
(Sollertrag) entspricht, die unter normalen Verhältnissen von allen
gewinnstrebigen Unternehmungen überschritten wird, und das dürfte,
wie vorher ausgeführt wurde, für die Gewinnmargen von höchstens 1'875%
und 2,5% zutreffen, die den Minimalsteuersätzen von 0,75 Promille und 1
Promille bei den Genossenschaften entsprechen.

    Als sachlich richtig und jedenfalls nicht willkürlich erscheint sodann
die leicht vorzunehmende Unterscheidung zwischen Einnahmen aus Detailhandel
und übrigen Einnahmen. Da die Gewinnmargen im Detailhandel regelmässig
wesentlich höher sind als diejenigen im Engroshandel, in der Fabrikation
und auf andern Gebieten, hat die Expertenkommission zur Motion Piller -
offenbar aufgrund von Berechnungen (vgl. Bericht S. 152) - vorgeschlagen,
die Minimalsteuer für Einnahmen aus Detailhandel fünf- bis sechsmal höher
anzusetzen als für Einnahmen aus Engroshandel. Auch in den andern Kantonen,
die Minimalsteuern auf den Bruttoeinnahmen eingeführt haben, ist der
Steuersatz für Einnahmen aus Detailhandel ein Mehrfaches desjenigen für
andere Einnahmen (vgl. BRÉLAZ, L'impôt minimum du Canton de Vaud, RDAF
1961 S. 191 ff.). Nachdem in Erw. 4d festgestellt worden ist, dass der
im thurg. StG für die Bruttoeinnahmen aus Detailhandel im Betrag von über
zwei Millionen Franken vorgesehene Satz von 1,5 Promille verfassungswidrig
und nur der Satz von 0,75 Promille anwendbar ist, beträgt der Satz für
Einnahmen aus Detailhandel nur das zweieinhalbfache desjenigen für die
übrigen Einnahmen. Dieses Verhältnis erscheint angesichts der tatsächlichen
Unterschiede zwischen den Gewinnmargen im Detailhandel und denjenigen bei
Engroshandels-, Fabrikations- und sonstigen Unternehmungen als sachlich
gerechtfertigt und nicht gewerbepolitisch bedingt und verstösst daher
weder gegen Art. 4 noch gegen Art. 31 BV.

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdeführerinnen machen weiter geltend, die Minimalsteuer
verletze die Steuerhoheit des Bundes, da Art. 41ter Abs. 2 lit. a BV den
Kantonen verbiete, Umsätze, die der Bund mit der Warenumsatzsteuer belaste
oder steuerfrei erkläre, einer gleichgearteten Steuer zu unterwerfen; um
eine solche gleichgeartete Abgabe handle es sich aber bei der thurgauischen
Minimalsteuer, bei welcher der beim Warenverkauf erzielte Bruttoerlös,
d.h. der Umsatz Steuerobjekt und zugleich Bemessungsgrundlage sei.

    Im angefochtenen Entscheid und in der Beschwerdeantwort der StRK wird
dies bestritten mit der Begründung, die Warenumsatzsteuer sei eine auf
andere Personen überwälzbare und damit indirekte Steuer, die Minimalsteuer
dagegen eine vom Pflichtigen wirtschaftlich selbst zu tragende, also
direkte Steuer, bei welcher der Umsatz nicht als solcher besteuert werde,
sondern lediglich zur Bestimmung der wirschaftlichen Leistungsfähigkeit
in gewissen typischen Fällen (nichtgewinnstrebige Unternehmungen) diene.

    Der Einteilung der Steuern in direkte und indirekte und in Objekt-
und Subjektsteuern kommt indessen, wie schon ERNST BLUMENSTEIN,
Schweiz. Steuerrecht § 10 III, dargelegt hat, nur beschränkte
juristische Bedeutung zu, soweit nicht das positive Recht oder die
Praxis, wie etwa die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Verbot der
interkantonalen Doppelbesteuerung, daraus bestimmte Folgerungen gezogen
hat. Inwieweit die Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Steuern
und die Überwälzbarkeit für die Frage der Zulässigkeit der streitigen
Minimalsteuer von Bedeutung sind, kann dahingestellt bleiben, da sich
die in der Beschwerde erhobenen Einwendungen auch abgesehen davon als
unbegründet erweisen.

    In dem dabei angerufenen Aufsatz von IMBODEN (ASA 34 S. 193 ff.) werden
die Minimalsteuern zwar durchwegs als "Objektsteuern" bezeichnet, wobei
als Objekt der Steuer auf den Bruttoeinnahmen offenbar diese Einnahmen
oder der Umsatz betrachtet werden. Indessen hat bereits ERNST BLUMENSTEIN
inbezug auf die Glarner Minimalsteuer zutreffend festgestellt, dass es
sich bei dieser Steuer nicht um eine Umsatzsteuer im technischen Sinne
handle (ASA 3 S. 51). Das muss auch für die thurgauische Minimalsteuer
auf den Bruttoeinnahmen gelten. Sie hat, wie bereits ausgeführt (Erw. 4d),
im wesentlichen die gleiche Wirkung wie eine Sollertragssteuer, d.h. wie
eine Steuer auf dem minimalen Gewinn, den eine Unternehmung der in Frage
stehenden Art unter normalen Verhältnissen ohne weiteres erzielen kann
und auch erzielen sollte. Der Umsatz bildet somit nur formell, nicht
dagegen materiell das Objekt der Besteuerung; er dient vielmehr lediglich
als Kriterium für die Bestimmung der steuerlichen Leistungsfähigkeit,
wenn und soweit diese in den eigentlichen Steuerobjekten (Ertrag und
Kapital) ausnahmsweise nicht richtig zum Ausdruck kommt, wie das bei den
"nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen der Fall ist. So betrachtet, stellt
die Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen eine in gewissen Fällen die
Ertrags- und Kapitalsteuer ersetzende und wie diese auf die steuerliche
Leistungsfähigkeit des Pflichtigen abstellende Steuer und nicht eine
Warenumsatzsteuer im Sinne des Art. 41ter BV dar, weshalb sie diese
Bestimmung nicht verletzt. Wenn die Beschwerdeführerinnen einwenden,
dass der Kanton die Ertrags- und Kapitalsteuer zu erhöhen habe, wenn
er finde, dass der Pflichtige zu wenig belastet sei, so übersehen sie,
dass dieser Ausweg gerade dort nicht hilft, wo Ertrag und Kapital die
steuerliche Leistungsfähigkeit nicht richtig zum Ausdruck bringen und
für die Bestimmung derselben ein anderes Kriterium gesucht werden muss.

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführerinnen machen endlich noch geltend,
die angefochtene Veranlagung verstosse gegen das Verbot der
interkantonalen Doppelbesteuerung (Art. 46 Abs. 2 BV), denn der nach
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für die Besteuerung des Ertrags
interkantonaler Unternehmungen geltende Verteilungsschlüssel sei nicht
auf das rohe, sondern auf das reine Betriebsergebnis anwendbar, was
voraussetze, dass die Steuer von diesem und nicht vom Umsatz erhoben
werde. Während sodann im vorliegenden Falle der Umsatz der Migros-SG im
Kanton Thurgau 18,91% des Gesamtumsatzes ausmache, entfalle nach Abzug
des Vorausanteils von 20% zugunsten des Sitzkantons nur eine Quote von
15,13% des Reingewinns auf den Kanton Thurgau, weshalb "mindestens im
Umfang des Präzipuums der Umsatz bzw. der daraus fliessende Gewinn von
beiden Kantonen doppelt besteuert" werde.

    Die thurgauischen Behörden haben die Begründetheit dieses zweiten
Einwands in der Beschwerdeantwort anerkannt und beantragen deshalb,
die "Veranlagungen seien dahin zu korrigieren, dass lediglich 80% des
im Kanton Thurgau erzielten Bruttoumsatzes der Steuerberechnung zugrunde
gelegt wird". Sie sind bei dieser Anerkennung zu behaften und haben, da der
angefochtene Entscheid schon aus einem andern Grunde aufzuheben ist, die
notwendige Berichtigung im neu zu treffenden Entscheid selber vorzunehmen.

    Die kantonale Steuerverwaltung St. Gallen vertritt in ihrer
Stellungnahme die Auffassung, durch diese Berichtigung werde die
Doppelbesteuerung beseitigt, während die Beschwerdeführerinnen das
in der Replik deshalb bestreiten, weil die Minimalsteuer nicht nur die
Ertrags-, sondern auch die Kapitalsteuer ersetze und für diese ein anderer
Verteilungsschlüssel gelte als das für die Ertragssteuerausscheidung
massgebende Verhältnis der in den einzelnen Kantonen erzielten Umsätze,
das übrigens nur für reine Handelsunternehmungen in Frage komme und bei
Fabrikations- und andern Betrieben versage.

    Von einer unzulässigen Doppelbesteuerung kann indes nach Vornahme der
Berichtigung, zu der sich die thurgauischen Behörden bereit erklärt haben,
nicht mehr die Rede sein. Bei einer reinen Warenhandelsunternehmung wie
der der Beschwerdeführerinnen ist der steuerbare Gesamtreingewinn, nach
Abzug eines Vorausanteils für den Sitzkanton (hier unbestrittenermassen
20%), im Verhältnis des Umsatzes den beteiligten Kantonen zur Besteuerung
zuzuweisen (LOCHER, Doppelbesteuerung § 8 II C 3 und dort angeführte
Urteile). Wenn der Kanton einer Betriebsstätte eine auf die Ertrags-
und die Kapitalsteuer anrechenbare Minimalsteuer auf dem Umsatz erhebt,
den Umsatz also mittelbar anstelle des Reingewinns und des Kapitals als
Kriterium für die steuerliche Leistungsfähigkeit behandelt, so verletzt
er das Doppelbesteuerungsverbot jedenfalls dann nicht, wenn er der
Steuerberechnung nicht den ganzen im Kanton erzielten Umsatz zugrunde
legt, sondern nur den um den Vorausanteil des Sitzkantons gekürzten
Umsatz, entsprechend der in der Beschwerdeantwort des Kantons Thurgau
beantragten Berichtigung. Selbst wenn nämlich andere oder auch alle
Kantone, in denen die Migros-SG Verkaufsläden betreibt, eine derartige
Minimalsteuer auf dem Umsatz einführen sollten, wird keinesfalls mehr
als der gesamte Umsatz als Berechnungsgrundlage herangezogen und ist
daher eine doppelte Besteuerung ausgeschlossen. Daran ändert auch der
Umstand nichts, dass die Minimalsteuer des Kantons Thurgau nicht nur, wie
diejenige des Kantons Waadt, auf die ordentliche Ertragssteuer, sondern
auch auf die Kapitalsteuer anrechenbar ist (§ 57 Abs. 2 StG), da dies zu
einer Ermässigung der durch die Minimalsteuer bewirkten Mehrbelastung
des Ertrages führt. Von einer unzulässigen Doppelbesteuerung kann bei
der Migros-SG umso weniger die Rede sein, als der Anteil des Kantons
Thurgau an ihrem steuerbaren Kapital unbestrittenermassen 26,43%,
also erheblich mehr als die ihm am Umsatz zustehende Quote von 15,13%
beträgt. Ob die Erhebung der Minimalsteuer bei andern Betrieben als reinen
Warenhandelsunternehmungen, nämlich bei Fabrikations- und gemischten
Betrieben, bei denen der Reingewinn nicht nach Massgabe des Umsatzes,
sondern nach einem andern Schlüssel verteilt wird, zu einer unzulässigen
Doppelbesteuerung führen kann, wie die Beschwerdeführerinnen behaupten,
ist nicht zu prüfen, da sie nach dem in Erw. 2 Gesagten zu dieser Rüge
nicht legitimiert sind.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und der
Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau vom 23. Oktober
1967 aufgehoben.