Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 I 324



96 I 324

53. Urteil vom 1. Juli 1970 i.S. Burgergemeinde Saas-Grund und Konsorten
gegen Kraftwerke Mattmark AG und Staatsrat des Kantons Wallis Regeste

    Entschädigung für die Lieferung von Trinkwasser; Legitimation zur
staatsrechtlichen Beschwerde; Verweigerung des rechtlichen Gehörs, Willkür.

    Legitimation der öffentlich-rechtlichen Körperschaften im allgemeinen
(Erw. 1).

    Ist eine Genossenschaft, die im Kanton Wallis eine Quelle gefasst hat
und eine Ortschaft mit Trinkwasser versorgt, eine juristische Person des
Privatrechts (Art. 828 ff. OR) oder eine öffentlichrechtliche Körperschaft?
(Erw. 3).

    Ist die Munizipalgemeinde zur Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
BV legitimiert, wenn Gegenstand des angefochtenen Entscheids nicht das
Verwaltungsvermögen als solches, sondern die Entschädigung für dessen
Benutzung ist? (Erw. 4).

    Eigentumsverhältnisse an Quellen, die vor der Schaffung der
Munizipalgemeinde den Walliser Burgergemeinden gehörten (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Art. 4 Abs. 1 und 2 des Walliser Gesetzes vom 2.  Februar 1961
"über die Bodenverbesserungen und andere Massnahmen zu Gunsten der
Landwirtschaft" hat folgenden Wortlaut:

    "Eigentümer von Werken, die zu einer mit öffentlichen Mitteln
unterstützten Bodenverbesserung gehören, haben den Anschluss weiterer
solcher Unternehmen zu dulden, wenn er nach den natürlichen und technischen
Verhältnissen möglich und zweckmässig ist.

    Der Staatsrat entscheidet über den Anschluss. Er setzt hiefür eine
angemessene Vergütung fest, sofern sich eine solche rechtfertigt."

    B.- Als Folge der Einrichtungsarbeiten für das Kraftwerk Mattmark,
vermutlich im Zusammenhang mit der Erstellung des Druckstollens im
Abschnitt Bidermatten - Saas-Fee, versiegte im Herbst 1961 die der
Wassergenossenschaft Dorf, Saas-Grund, gehörende Quelle Nr. 041. Diese
lieferte vor Beginn der Arbeiten durchschnittlich 2 l/Sek. und versorgte
einen Teil des Dorfes Saas-Grund. Zur Sicherstellung der Wasserversorgung
erhielt die Kraftwerke Mattmark AG die Erlaubnis, die betroffenen Leitungen
vorläufig aus der Quelle Nr. 207 (Eigentümer: Ludwig Zurbriggen) zu
speisen. Die Kraftwerke Mattmark AG bemühte sich in der Folge vergeblich
um den Erwerb einer geeigneten Ersatzquelle. Sie wandte sich deshalb
an die Trinkwassergenossenschaft Trift, die eine angeblich im Eigentum
der Burgergemeinde Saas-Grund stehende Quelle gefasst hat und einen
andern Dorfteil mit Trinkwasser versorgt; sie stellte das Begehren, es
sei ihr zu gestatten, die Leitungen der Wassergenossenschaft Dorf gegen
angemessene Entschädigung an das Netz der Trinkwassergenossenschaft Trift
anzuschliessen. Nach längeren Auseinandersetzungen erklärte sich diese
bereit, den Anschluss provisorisch bis zum 15. Juni 1967 zu gestatten. In
der Folge konnten sich die Parteien über die von der Kraftwerke Mattmark
AG zu leistende Entschädigung nicht einigen. Zu Beginn des Winters
1967/68 teilte die Trinkwassergenossenschaft Trift der Unternehmung
mit, sie sei nicht mehr in der Lage, die Wassergenossenschaft Dorf
weiterhin zu beliefern. Mit Schreiben vom 11. Dezember 1967 gelangte die
Kraftwerke Mattmark AG deshalb an das Departement des Innern des Kantons
Wallis mit dem Begehren, die Gemeinde Saas-Grund sei gestützt auf das
Enteignungsgesetz sowie auf Art. 4 des Bodenverbesserungsgesetzes vom
2. Februar 1961 zu verpflichten, der Wassergenossenschaft Dorf die
benötigte Trinkwassermenge von 2 l/Sek. zu liefern; weiter sei die
Trinkwassergenossenschaft Trift zu verhalten, der Gemeinde Saas-Grund
für die Durchleitung des Wassers ihre Leitungen zur Verfügung zu
stellen und den Anschluss an die Anlagen der Wassergenossenschaft
Dorf aufrechtzuerhalten. Die Gesuchstellerin erklärte sich bereit,
hiefür eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Das Departement des
Innern stellte das Gesuch sowohl der Gemeinde Saas-Grund als auch der
Trinkwassergenossenschaft Trift zur Vernehmlassung zu. Da innert Frist
keine Antworten eingingen, fällte der Staatsrat des Kantons Wallis am
12. Januar 1968 folgenden Entscheid:

    "1. Das Begehren der Kraftwerke Mattmark AG wird mit
den Verflichtungen, die sich daraus für die Gemeinde und die
Trinkwassergenossenschaft Triftalp ergeben, angenommen.

    2. Falls keine Einigung zustande kommt, werden die von der erwähnten
Genossenschaft [richtig: Gesellschaft] der Gemeinde Saas-Grund und der
Trinkwassergenossenschaft zu entrichtenden Entschädigungen vom Staatsrat
auf Grund eines Expertengutachtens festgesetzt."

    In der Begründung seines Beschlusses wies der Staatsrat darauf
hin, dass die Gemeinde Saas-Grund selbst Trinkwasser gefasst habe,
dass diese Fassung jedoch aus unbekannten Gründen nicht an das Netz der
Trinkwassergenossenschaft Trift angeschlossen worden sei, so dass das
Wasser unbenutzt in den Bach fliesse. Dieses Trinkwasser sei demnach
verfügbar und könne der Trinkwassergenossenschaft Dorf ohne weiteres
zur Verfügung gestellt werden, zumal eine Verbindung zwischen den beiden
Leitungsnetzen bestehe.

    Dieser Beschluss wurde den Parteien am 29. Januar 1968 eröffnet;
er wurde von den Beteiligten nicht angefochten.

    C.- In der Entschädigungsfrage konnte in der Folge keine Einigung
erzielt werden. Mit Beschluss vom 9. April 1968 beauftragte der Staatsrat
deshalb die Herren Hans Bloetzer, Ing. agr., Visp, und Pius Werner,
Grossrat in Naters, mit der Erstellung eines Gutachtens. Da die Kraftwerke
Mattmark AG gegen die Person des Experten Bloetzer Einwendungen erhoben
hatte, bestimmte der Staatsrat am 11. Dezember 1968 Karl Zumtaugwald,
Direktor der kantonalen landw. Schule Oberwallis, Visp, zum zweiten
Sachverständigen. In ihrem Bericht vom 18. Juli 1969 empfahlen die beiden
Experten, folgende Entschädigungen zuzusprechen:

    - Fr. 5'000.-- an die Burgergemeinde Saas-Grund für die Abgabe von
1,5 l/Sek. in Trift;

    - Fr. 15'000.-- an die Gemeinde Saas-Grund für die Benutzung der
Installationen;

    - Fr. 7'000.-- an die Trinkwassergenossenschaft Trift für die Benutzung
der Einrichtungen.

    Der Staatsrat des Kantons Wallis schloss sich diesen Empfehlungen an
und fasste am 12. September 1969 einen entsprechenden Beschluss.

    D.- Die Burgergemeinde und die Munizipalgemeinde Saas-Grund sowie
die Trinkwassergenossenschaft Trift führen gemeinsam staatsrechtliche
Beschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Staatsrates vom 12. September
1969 sei aufzuheben. Die Trinkwassergenossenschaft rügt eine Verletzung
des rechtlichen Gehörs mit der Begründung, der angefochtene Entscheid
beruhe auf dem vorausgegangenen Staatsratsbeschluss vom 12. Januar 1968,
der ihr nie gehörig eröffnet worden sei; eine Rechtsverweigerung sei zudem
darin zu erblicken, dass ihr das Sachverständigengutachten vom 18. Juli
1969 nicht zur Vernehmlassung zugestellt worden sei. Die Burgergemeinde
Saas-Grund macht geltend, sie sei im bisherigen Verfahren gar nicht
Partei gewesen, da sich das Begehren der Kraftwerke Mattmark AG lediglich
an die Munizipalgemeinde gerichtet habe; dass ihr der Staatsrat nicht
Gelegenheit gegeben habe, zur Entschädigungsfrage Stellung zu nehmen,
stelle deshalb eine Gehörsverweigerung dar. Sie führt weiter aus, Art. 4
des Bodenverbesserungsgesetzes vom 2. Februar 1961 hätte in ihrem Fall gar
nicht angewendet werden dürfen, da sie nicht Eigentümerin des betroffenen
Werkes, sondern lediglich Quelleneigentümerin sei; die Festsetzung der
Entschädigung sei willkürlich, da sie nicht nach den Vorschriften des
Enteignungsgesetzes erfolgt sei. Die Munizipalgemeinde Saas-Grund rügt
schliesslich ebenfalls eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

    E.- Die Kraftwerke Mattmark AG beantragt in ihrer Vernehmlassung, auf
die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Der
Staatsrat des Kantons Wallis schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die staatsrechtliche Beschwerde ist nach der Umschreibung
ihrer Voraussetzungen in Verfassung (Art. 113 Ziff. 3 BV) und Gesetz
(Art. 88 OG) ein Rechtsbehelf zum Schutze der natürlichen und juristischen
Personen gegen Übergriffe der öffentlichen Gewalt und dient daher nicht
zur Anfechtung von Entscheidungen, die gegen den Inhaber dieser Gewalt
ergangen sind. Dennoch steht der Gemeinde ein beschränktes Beschwerderecht
zu; sie ist befugt, eine Verletzung der Gemeindeautonomie zu rügen und
Entscheidungen oder Erlasse anzufechten, durch welche ihre Existenz
oder der Bestand ihres Gebietes in Frage gestellt wird (BGE 88 I 108,
89 I 206/7, 93 I 66, 95 I 46). Darüber hinaus ist die Gemeinde jedoch
bloss insoweit zur Erhebung staatsrechtlicher Beschwerde berechtigt,
als ein Erlass oder Entscheid sie wie einen Privaten trifft (BGE 90 I
337, 95 I 46, 53 Erw. 1; unveröffentlichtes Urteil vom 24. Juni 1970
i.S. Röm.-kath. Kirchgemeinde Selzach). Dies ist unter Umständen der Fall,
wenn ein Erlass oder eine Verfügung in Rechte eingreift, die der Gemeinde
als Grundeigentümerin zustehen (BGE 95 I 46), insbesondere wenn Gegenstände
des Finanzvermögens betroffen werden (BGE 90 I 337). Wie das Bundesgericht
indessen in seinem Urteil vom 3. Juni 1970 i.S. Commune de Lutry erkannt
hat, ist die Gemeinde nicht legitimiert, allein gestützt auf Art. 4 BV
mit staatsrechtlicher Beschwerde Erlasse oder Verfügungen anzufechten,
welche das Verwaltungsvermögen bzw. öffentliche Sachen im Gemeingebrauch
zum Gegenstand haben.

    Diese Grundsätze gelten auch für öffentlichrechtliche Körperschaften,
die einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck verfolgen und denen das
Gemeinwesen die Erfüllung öffentlicher Aufgaben übertragen hat, denn sie
sind Trägerinnen öffentlicher Gewalt und üben öffentliche Befugnisse aus
(BGE 88 I 108, 95 I 53). Das Beschwerderecht steht demnach einer solchen
öffentlich-rechtlichen Körperschaft nur zu, wenn sie sich auf dem Boden
des Privatrechts bewegt und durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass
wie eine Privatperson betroffen wird, ferner dann, wenn sie die ihr durch
Verfassung oder Gesetz gewährleistete Autonomie gegenüber dem Gemeinwesen
als dem ihr übergeordneten Träger öffentlicher Gewalt verteidigen will
oder Entscheidungen anficht, durch welche ihre Existenz oder der Bestand
ihres Gebiets in Frage gestellt wird (BGE 95 I 53 Erw. 1 mit Verweisungen).

Erwägung 2

    2.- Die Trinkwassergenossenschaft Trift rügt in erster Linie,
der Staatsratsbeschluss vom 12. Januar 1968 (Verpflichtung zur Abgabe
von Trinkwasser), der dem angefochtenen Beschluss vom 12. September
1969 (Festsetzung der Entschädigungssummen) zugrunde liegt, sei ihr
nicht gültig eröffnet worden; sie erblickt darin eine Verweigerung des
rechtlichen Gehörs. Welcher Formmangel der Mitteilung anhaften soll,
wird indessen in der Beschwerdeschrift nicht näher ausgeführt. Da die
Beschwerdebegründung insoweit den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b
OG nicht genügt, kann auf die Rüge nicht eingetreten werden. Eine nähere
Prüfung der Beschwerdelegitimation der Trinkwassergenossenschaft Trift
mag deshalb in diesem Zusammenhang unterbleiben. - Der Vorwurf ist im
übrigen offensichtlich unbegründet. Aus den Akten geht hervor, dass die
Mitteilung an die Trinkwassergenossenschaft Trift durch eingeschriebenen
Brief erfolgt ist, und zwar zuhanden von Herrn Benjamin Anthamatten. Diese
Eröffnung entspricht Art 17 Abs. 1 des Beschlusses vom 11. Oktober 1966
über das Verwaltungsverfahren vor dem Staatsrat (Walliser Gesetzessammlung
Nr. 353), wonach die Verfügung dem Betroffenen schriftlich mitzuteilen ist.

Erwägung 3

    3.- Die Trinkwassergenossenschaft wirft dem Staatsrat weiter vor, er
habe ihr das Gutachten der Experten Werner und Zumtaugwald vom 18. Juli
1969 nicht zur Vernehmlassung zugestellt und sich damit einer Verletzung
von Art. 4 BV schuldig gemacht. Auf diese Rüge wäre nach den in Erw. 1
entwickelten Grundsätzen jedenfalls dann einzutreten, wenn es sich bei
der Trinkwassergenossenschaft Trift um eine Genossenschaft im Sinne
von Art. 828 ff. OR, d.h. um eine juristische Person des Privatrechts
handeln würde. Ob dies zutrifft, ist indessen fraglich. Die Genossenschaft
bezweckt gemäss Art. 1 ihrer Satzungen vom 7./10. September 1952, "unter
Beihilfe des Bundes und des Kantons Wallis auf dem Gebiet der Gemeinde
Sans-Grund eine preiswerte Trinkwasserversorgung mit Hydrantenanlage zu
erstellen". Sie sucht diese Zwecke durch den Erwerb geeigneter Quellen
sowie durch den Bau von Reservoirs und eines Verteilungsnetzes zu erreichen
(Art. 2). Die Genossenschaft gibt Trinkwasser sowohl an öffentliche
Körperschaften als auch an Private "zum möglichst billigen Preis" ab
(Art. 3). Anschlussberechtigt sind jedoch nur Genossenschaftsmitglieder
(Art. 4). Die Genossenschaft ist im Handelsregister eingetragen. Daraus und
aus dem Umstand, dass die Satzungen im wesentlichen den Vorschriften der
Art. 828 ff. OR entsprechen, ergibt sich jedoch noch nicht ohne weiteres,
dass eine Genossenschaft des Obligationenrechts vorliegt. Aus den Akten
geht nämlich hervor, dass ein Doppel der Satzungen dem Departement des
Innern des Kantons Wallis zugestellt worden ist. Sollten die Statuten
vom Staatsrat genehmigt worden sein - was aus den Akten nicht ersichtlich
ist -, so könnte es sich bei der Trinkwassergenossenschaft Trift um eine
Körperschaft im Sinne von Art. 66 Abs. 1 des Walliser Einführungsgesetzes
zum Zivilgesetzbuch vom 15. Mai 1912 handeln, welche gemäss Art. 59
Abs. 3 ZGB weiterhin dem kantonalen Recht untersteht und für welche die
Bestimmungen des Obligationenrechts als ergänzendes kantonales Recht
angewendet werden können (vgl. BGE 83 II 355/6). In diesem Zusammenhang
ist ferner von Bedeutung, dass die Genossenschaft stellvertretend für
die Gemeinde eine öffentliche Aufgabe erfüllt, sind doch die Gemeinden
nach Art. 83 Abs. 1 des Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen
vom 18. November 1961 verpflichtet, "die auf ihrem Gebiete gelegenen
Wohnsiedlungen mit Trinkwasser in einer für den normalen Bedarf der
öffentlichen Dienste und der Wohnbevölkerung ausreichenden Menge zu
versorgen". Ob die Trinkwassergenossenschaft Trift eine juristische
Person des Privatrechts oder eine öffentlich-rechtliche Körperschaft
ist, mag indessen - gleich wie die damit verbundene Frage nach ihrer
Beschwerdelegitimation - offen bleiben, denn ihre Beschwerde ist
unbegründet.

    Der Staatsrat hat sich im angefochtenen Entscheid auf Art. 4 des
Gesetzes über die Bodenverbesserungen und andere Massnahmen zugunsten der
Landwirtschaft vom 2. Februar 1961 gestützt; danach ist er berechtigt,
über einen Werkanschluss zu entscheiden und eine angemessene Vergütung
festzusetzen. Nach welchen Kriterien die Entschädigung zu bemessen ist,
wird im Gesetz nicht näher ausgeführt, und es finden sich darin auch keine
Bestimmungen über das Verfahren; der Staatsrat wird insbesondere nicht
ausdrücklich verpflichtet, in jedem Fall ein Sachverständigengutachten
einzuholen. - Der Staatsrat gab der Trinkwassergenossenschaft Trift vom
Begehren der Kraftwerke Mattmark AG vom 11. Dezember 1967 Kenntnis und
setzte ihr eine Antwortfrist von 15 Tagen. Die Genossenschaft erhob gegen
den Werkanschluss keine Einwendungen. Mit Rücksicht darauf verpflichtete
sie der Staatsrat in seinem Beschluss vom 12. Januar 1968, ihre Anlagen
zur Durchleitung der benötigten Wassermenge zur Verfügung zu stellen.
Gleichzeitig kündigte er an, er werde aufgrund eines Expertengutachtens
über die von der Kraftwerke Mattmark AG zu entrichtende Entschädigung
entscheiden, falls hierüber keine Einigung erzielt werden könne. Dieser
Beschluss wurde von den Beteiligten nicht angefochten. Da sich die
Parteien in der Folge über die Höhe der Entschädigung nicht einigen
konnten, ernannte der Staatsrat zwei Sachverständige, die Herren Werner
und Zumtaugwald. Diese luden die Vertreter der Parteien zu einer
Besprechung ein; die Vertreter der Trinkwassergenossenschaft Trift,
Benjamin Anthamatten und Josef Venetz, hatten am 11. Juni 1969 Gelegenheit,
den Experten ihren Standpunkt darzulegen und insbesondere zum Gutachten
Rudaz vom 19. Dezember 1966 Stellung zu nehmen, auf welches die Kraftwerke
Mattmark AG ihr Angebot stützte und auf welches die Sachverständigen in
ihrem Bericht vom 18. Juli 1969 ausdrücklich Bezug nehmen. Da die Experten
zu annähernd gleichen Ergebnissen gelangten wie seinerzeit Herr Ing. Rudaz,
machte sich der Staatsrat als Verwaltungsbehörde keiner Verletzung
von Art. 4 BV schuldig, wenn er der Trinkwassergenossenschaft Trift den
Bericht vom 18. Juli 1969 nicht zur Stellungnahme zugehen liess, sondern
die Entschädigung sogleich festsetzte. Eine Gehörsverweigerung liegt
schliesslich umso weniger vor, als der Staatsrat, wie bereits erwähnt,
gar nicht verpflichtet gewesen wäre, ein Expertengutachten einzuholen. 4. -
Die Munizipalgemeinde Saas-Grund beklagt sich ebenfalls darüber, dass ihr
der Expertenbericht vom 18. Juli 1969 nicht zur Vernehmlassung zugestellt
worden ist. Sie erblickt darin - gleich wie die Trinkwassergenossenschaft
Trift - eine Verletzung des unmittelbar aus Art. 4 BV fliessenden Anspruchs
auf rechtliches Gehör.

    Die Anlagen zur Wasserversorgung gehören nach Massgabe von Art. 83
des Gesetzes vom 18. November 1961 über das öffentliche Gesundheitswesen
und nach den Bestimmungen des Staatsratsbeschlusses vom 8. Januar 1969
betreffend die Trinkwasseranlagen (Walliser Gesetzessammlung Nr. 536) zum
Verwaltungsvermögen der Munizipalgemeinde. Gegenstand des angefochtenen
Beschlusses ist jedoch nicht das Verwaltungsvermögen als solches, sondern
die Entschädigung für dessen Benutzung. Ob dieser Umstand genügt, um der
Munizipalgemeinde Saas-Grund im vorliegenden Fall die Legitimation zur
staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV zu verschaffen,
braucht indessen nicht entschieden zu werden, denn der Vorwurf der
Gehörsverweigerung ist unbegründet. Die Vertreter der Munizipalgemeinde,
Gemeindepräsident Anthamatten und Benedikt Kalbermatten, legten den beiden
Experten ihren Standpunkt anlässlich der bereits erwähnten Besprechung
vom 11. Juni 1969 dar und hatten demnach - gleich wie die Vertreter der
Trinkwassergenossenschaft Trift - in ausreichendem Masse Gelegenheit,
sich zur Entschädigungsfrage zu äussern. Im übrigen kann in diesem
Zusammenhang auf die vorstehende Erwägung 3 verwiesen werden.

Erwägung 5

    5.- Die Burgergemeinde Saas-Grund macht geltend, sie sei Eigentümerin
der Quelle "Egge", welche das Verteilungsnetz der Trinkwassergenossenschaft
Trift speist. Sie rügt in dieser Eigenschaft ebenfalls eine Verletzung
von Art. 4 BV. Zur Begründung dieses Vorwurfs führt sie aus, sie
sei im bisherigen Verfahren gar nicht Partei gewesen, da sich das
Begehren der Kraftwerke Mattmark AG lediglich an die Munizipalgemeinde
gerichtet habe; dass ihr der Staatsrat nicht Gelegenheit gegeben
habe, zur Entschädigungsfrage Stellung zu nehmen, stelle demnach eine
Gehörsverweigerung dar. Im übrigen rügt sie als willkürlich, dass die
Entschädigung nicht im Enteignungsverfahren, sondern nach Massgabe von
Art. 4 des Gesetzes über die Bodenverbesserungen vom 2. Februar 1961
festgesetzt worden ist.

    Gemäss Art. 2 lit. a des Gesetzes vom 27. November 1877
"bezeichnend die zum öffentlichen Dienste der Gemeinden bestimmten
Burgergüter" (Walliser Gesetzessammlung Nr. 2221) gehören die Quellen zum
Burgereigentum, welches zum "öffentlichen Dienst" der Gemeinde bestimmt
ist und seiner Zweckbestimmung nicht entzogen werden darf. Demgegenüber
bestimmt Art. 3 dieses Gesetzes: "Alles burgerliche Eigenthum, welches
im Art. 2 nicht vorgesehen ist, bleibt Eigenthum der Burgerschaft". Das
erwähnte Gesetz aus dem Jahre 1877 unterscheidet demnach zwischen dem
gewöhnlichen Burgereigentum, das in der freien Verfügungsgewalt der
Burger steht, und dem Burgervermögen, das öffentlichen Zwecken dient. Nach
Art. 71 der Walliser Kantonsverfassung vom 8. März 1907 ist indessen das
Burgervermögen, "welches vor der Organisation der Munizipalgemeinde eine
öffentliche Bestimmung hatte", auf die Munizipalgemeinde übergegangen;
die Verfassungsbestimmung sieht vor, dass die betroffenen Teile
des Burgervermögens "durch das Gesetz" bestimmt werden. Darin liegt
offensichtlich eine Verweisung auf das erwähnte Gesetz aus dem Jahre
1877. Es ist daher fraglich, ob die Burgergemeinde Saas-Grund nach
geltendem Recht als Quelleneigentümerin betrachtet werden kann. Mit
Rücksicht darauf kann dem Staatsrat jedenfalls keine Verletzung
von Art. 4 BV vorgeworfen werden, wenn er die Verhandlungen mit der
"Gemeindeverwaltung Saas-Grund", d.h. mit der Munizipalgemeinde führte und
der Burgergemeinde weder den Beschluss vom 12. Januar 1968 noch denjenigen
vom 12. September 1969 gesondert eröffnete. Die Burgergemeinde hat sich
im übrigen nie darüber beklagt, dass die Korrespondenz allein mit der
Munizipalgemeinde geführt worden ist; sie macht denn auch nicht geltend,
vom Gang der Verhandlungen keine Kenntnis gehabt zu haben. Dazu kommt,
dass nach Art. 93 des Gesetzes vom 1. Juli 1938 betreffend die Wahlen
und Abstimmungen (Walliser Gesetzessammlung Nr. 51) der Gemeinderat die
Amtsverrichtungen des Burgerrats ausübt, wenn in einer Ortschaft kein
solcher besteht. Aus den Akten ergibt sich kein Hinweis dafür, dass im
vorliegenden Fall ein "getrennter Burgerrat" im Sinne dieser Bestimmung in
Erscheinung getreten wäre. Der von der Burgergemeinde Saas-Grund erhobene
Vorwurf der Gehörsverweigerung erweist sich daher als unbegründet und
verstösst nach den gesamten Umständen gegen Treu und Glauben. Dass die
Entschädigungssumme nicht im Enteignungsverfahren, sondern gestützt auf
Art. 4 des Gesetzes über die Bodenverbesserungen festgesetzt worden ist,
stellt schliesslich ebenfalls keine Verfassungsverletzung dar, da - wie
bereits erwähnt - zweifelhaft ist, ob der Burgergemeinde Saas-Grund ein
derartiger Anspruch überhaupt zugestanden hätte. Es lässt sich ohne Willkür
annehmen, die Entschädigung sei der Burgergemeinde bloss aus Gefälligkeit
zugesprochen worden, zumal die Summe nach dem Gesetz der Munizipalgemeinde
hätte ausgerichtet werden müssen (Beschwerdeantwort des Staatsrats
S. 3/4). Dass die Munizipalgemeinde den Zuspruch einer Entschädigung an
die Burgergemeinde nicht beanstandet, stellt im übrigen einen weiteren
Hinweis dafür dar, dass die Burgerschaft und die Munizipalgemeinde ihre
Interessen während des ganzen Verfahrens gemeinsam gewahrt haben. -
Da sich die Beschwerde der Burgergemeinde als unbegründet erweist und
abgewiesen werden muss, braucht über ihre Beschwerdelegitimation ebenfalls
nicht entschieden zu werden.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.