Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 I 255



96 I 255

44. Urteil vom 20. Februar 1970 i.S. Zugerland Verkehrsbetriebe AG gegen
Generaldirektion der PTT-Betriebe. Regeste

    Beiträge des Bundes an die Deckung der Defizite konzessionierter
Automobilunternehmungen (Verordnung vom 15. Oktober 1965).

    1.  Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 1).

    2.  Wann sind Autobuslinien "unentbehrlich"? (Erw. 3).

    3.  Was ist unter dem "Orts-" und dem "Vorortsverkehr" zu
verstehen? (Erw. 4-6).

Sachverhalt

    A.- Der Bundesrat erliess am 15. Oktober 1965 eine "Verordnung über
Defizitdeckung bei konzessionierten Automobilunternehmungen" (VDKA), die
am 1. Januar 1966 in Kraft trat. Sie ist anwendbar auf konzessionierte
Automobilunternehmungen, die fahrplanmässige Verbindungen sicherstellen
und nebst Personen auch Gepäck, Güter oder Postsendungen befördern
(Art. 3). Solchen Unternehmungen gewährt der Bund "zur Aufrechterhaltung
unentbehrlicher öffentlicher Verkehrsverbindungen" Beiträge an die
Defizitdeckung (Art. 1). Linien, "die überwiegend dem Orts-, Vororts-
oder touristischen Verkehr dienen", fallen für die Defizitdeckung ausser
Betracht (Art. 5 Abs. 3).

    B.- Am 2. Dezember 1965 fragte die Zugerland Verkehrsbetriebe
AG (ZVB) die Generaldirektion der PTT an, ob die von ihr geführten
Autobuslinien unter die Verordnung fielen. Die Anfrage wurde vom Direktor
der Postdienste als vorsorgliches Gesuch um Gewährung der Hilfe behandelt
und bejaht für die Linien Zug-Menzingen, Zug-Oberägeri und Cham-Hünenberg,
dagegen verneint für die Linien Zug-Baar, Zug-Steinhausen-Cham und
Zug-Kollermühle-Cham.

    Eine Beschwerde der ZVB gegen den ablehnenden Teil dieses Entscheids
wurde von der Generaldirektion der PTT am 6. August 1968 abgewiesen mit
der Begründung, die Linie Zug-Baar diene dem Ortsverkehr und die beiden
Linien zwischen Zug und Cham trügen den Stempel des Vorortsverkehrs.

    C.- Gegen diesen Entscheid erhebt die ZVB Verwaltungsgerichtsbeschwerde
mit dem Antrag, ihre Autobuslinien Zug-Baar, Zug-Steinhausen-Cham und
Zug-Kollermühle-Cham seien in die Defizitdeckung aufzunehmen.

    Es wird geltend gemacht, ein enger baulicher Zusammenhang zwischen
Zug und Baar bestehe nicht. Wohl näherten sich von beiden Orten her
längs der Hauptstrasse Häuserzeilen, doch lägen dahinter grosse Flächen
unüberbauten Wieslandes, die nach der beidseitigen Ortsplanung erhalten
werden sollten. Beide Städte seien wirtschaftlich, sozial und kulturell
eigenständig. Im Jahre 1958 seien die Verkehrsverhältnisse im Raume Zug
eingehend überprüft und die Linien des Überlandverkehrs, mit Einschluss der
Linie Zug-Baar, der ZVB zugewiesen worden. Diese Strecke sei ein Teilstück
der Überlandverbindungen Baar-Zug-Ägeri und Baar-Zug-Menzingen. Bis 1953
habe die Strassenbahn von Zug über Baar nach Ägeri und Menzingen geführt;
bei der Umstellung auf den Autobusbetrieb sei die direkte Verbindung
Baar-Talacher aufgehoben und durch den Umweg über Zug ersetzt worden;
damals sei für die Strecke Baar-Zug der Anspruch auf Defizitdeckung gemäss
Eisenbahngesetz anerkannt worden; er könne daher heute gerechterweise
auch nach der VDKA nicht abgelehnt werden.

    Als Vorortslinien gälten nach den Richtlinien der PTT Verbindungen,
deren Endstationen in der gleichen Agglomeration liegen. Der Raum
Zug-Steinhausen-Cham bilde aber keine Agglomeration. Diese Orte ständen
offensichtlich nicht in baulicher Verbindung miteinander und führten ein
gesundes wirtschaftliches, soziales und kulturelles Eigenleben. Dabei werde
es auch bleiben; die Regionalplanung sehe zwischen der Stadt Zug und dem
Ennetsee mit Cham eine klare Trennung vor, und Steinhausen entwickle
sich nicht gegen Zug, sondern gegen Knonau hin. Die Autobuslinien
Zug-Steinhausen-Cham und Zug-Kollermühle-Cham seien gleich wie die an
sie anschliessende Linie Cham-Hünenberg typische Überlandverbindungen.

    Das gesamte Netz der ZVB sei auf dem Grundgedanken aufgebaut, die
Verbindung zwischen den zugerischen Landgemeinden unter sich und mit der
Stadt Zug herzustellen. Alle dazu gehörenden Linien seien für Kanton und
Gemeinden lebenswichtig. Sie müssten in ihrer Gesamtheit gewürdigt werden;
es gehe nicht an, einzelne Teilstrecken isoliert zu betrachten und von
der Defizitdeckung auszuschliessen.

    D.- Die Generaldirektion der PTT beantragt Abweisung der Beschwerde.

    Sie führt aus, zwischen Baar und Zug bestehe zumindest entlang der
Hauptstrasse ein baulicher Zusammenhang. Dass dahinter unüberbaute Flächen
liegen und erhalten werden sollen, ändere daran nichts; die Schaffung von
Grünzonen gehöre zu einer vernünftigen Städteplanung. Die Linie Zug-Baar
sei somit keine Überlandlinie, sondern diene dem Ortsverkehr. Auf jeden
Fall sei sie eine Vorortsverbindung, da ihr Anfangs- und Endpunkt in
der gleichen Agglomeration lägen. Zwar habe das Eidg. Statistische Amt
nach der Volkszählung 1960 darauf verzichtet, Zug und die angrenzenden
Gemeinden als Agglomeration aufzuführen; doch habe sich seither die Region
rasant entwickelt, so dass heute mindestens die Gemeinden Zug und Baar
zweifellos eine Agglomeration bildeten.

    Nach Art. 1 VDKA werde die Hilfe nur zur Aufrechterhaltung
unentbehrlicher öffentlicher Verkehrsverbindungen gewährt, und nach Art. 5
Abs. 3 müsse es sich um Überlandverbindungen handeln; die betreffende Linie
müsse also eine unentbehrliche öffentliche Überlandverkehrsverbindung
sein. Das treffe aber weder für die Linie Zug-Steinhausen-Cham noch
für die Linie Zug-Kollermühle-Cham zu; denn Cham und Steinhausen seien
durch zahlreiche SBB-Kurse mit Zug verbunden, die den Bedürfnissen des
Überlandverkehrs vollauf genügten. Die Autobuslinien Zug-Steinhausen-Cham
und Zug-Kollermühle-Cham mit ihren vielen Haltestellen dienten nicht
dem Überlandverkehr zwischen den Ortskernen, sondern dem Orts- und
Vorortsverkehr. Einzig das Teilstück Steinhausen-Cham könnte unter
Umständen mangels anderer direkter öffentlicher Verkehrsverbindung als
unentbehrlich anerkannt werden.

    E.- Eine Delegation des Bundesgerichts nahm am 24.  November 1969 einen
Augenschein vor, wobei die umstrittenen Linien der ZVB befahren wurden.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 99 OG (in der hier anwendbaren ursprünglichen Fassung)
ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht u.a. zulässig
gegen nicht an das Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement
weiterziehbare Entscheide der Generaldirektion der PTT über Ansprüche, die
sich auf das Postverkehrsgesetz und die zugehörigen Vollziehungsordnungen
stützen (Ziff. XI). Die VDKA ist eine solche Vollziehungsverordnung;
der Bundesrat hat sie in Ausführung des Postverkehrsgesetzes erlassen.

    Unter den Ansprüchen im Sinne von Art. 99 Ziff. XI OG sind nach
ständiger Praxis der Bundesbehörden Rechtsansprüche zu verstehen,
denen nach der massgebenden Ordnung entsprochen werden muss, wenn
bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Ist dagegen der Entscheid
in das Ermessen der Verwaltungsbehörde gestellt, so ist nicht die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, sondern die Beschwerde innerhalb der
Verwaltung gegeben (vgl. BGE 85 I 266; nicht veröffentlichte Urteile des
Bundesgerichts vom 20. November 1957 i.S. Bloch und vom 10. April 1963 i.S.
Walser und Janser). Sofern man es hier mit einer Streitigkeit über einen
Rechtsanspruch zu tun hat, ist daher das Bundesgericht zur Beurteilung
der Beschwerde zuständig; in der Tat ist dann die Generaldirektion der
PTT nach Art. 15 lit. c der Vollziehungsverordnung vom 26. Mai 1961 zum
PTT-Organisationsgesetz Mittelinstanz im Sinne des Art. 23 des BG über die
Organisation der Bundesverwaltung, mit der Folge, dass ihr Entscheid direkt
mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen
werden kann.

    Die VDKA regelt die Voraussetzungen der Gewährung von Beiträgen
des Bundes an die Defizitdeckung in bestimmter Weise. Sie umschreibt
einlässlich den Kreis der Begünstigten (Art. 3 und 4), den Umfang
der Defizitdeckung (Art. 5) und die Art und Weise der Berechnung des
zu deckenden Defizits (Art. 6). Ausserdem macht sie die Gewährung
von Bundesbeiträgen davon abhängig, dass auch die Kantone oder
die Gemeinden oder andere Interessenten sich an der Defizitdeckung
beteiligen (Art. 2). Nach Art. 1 "gewährt" der Bund Beiträge; diese
Bestimmung ist eine Muss-Vorschrift, die einen Rechtsanspruch der
Unternehmung begründet. Wohl lässt der Text der Verordnung den zuständigen
Verwaltungsbehörden einen gewissen Beurteilungsspielraum (vgl. Art. 1:
"unentbehrliche öffentliche Verkehrsverbindung"; Art. 5 Abs. 3:
"Linien, die überwiegend dem Orts-, Vororts- oder touristischen Verkehr
dienen"). Dies bedeutet aber nicht, dass die Verwaltung nach Ermessen
über die Gewährung von Bundesbeiträgen befinden kann; vielmehr handelt
es sich um unbestimmte, der Auslegung bedürftige Rechtsbegriffe, d.h. um
Rechtsfragen. Wenn und soweit eine konzessionierte Automobilunternehmung
die in der Verordnung umschriebenen Voraussetzungen erfüllt, hat sie
somit einen Rechtsanspruch auf Hilfeleistung des Bundes.

    Daraus folgt, dass der hier angefochtene Entscheid der Generaldirektion
der PTT nicht der Beschwerde innerhalb der Verwaltung, sondern der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegt, wie das Bundesgericht und
das Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement im durchgeführten
Meinungsaustausch festgestellt haben.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin ist eine konzessionierte
Automobilunternehmung, die fahrplanmässige Verbindungen sicherstellt
und nebst Personen auch Gepäck, Güter und Postsendungen befördert
(Art. 3 VDKA). Ihre Rechnung ist seit Jahren defizitär. Es ist nicht
bestritten, dass hinsichtlich ihrer Linien Zug-Menzingen, Zug-Oberägeri
und Cham-Hünenberg alle Voraussetzungen für die Ausrichtungen von
Bundesbeiträgen nach den Bestimmungen der VDKA erfüllt sind. Streitig
ist, ob dies auch für die Linien Zug-Baar, Zug-Kollermühle-Cham und
Zug-Steinhausen-Cham zutreffe. Sie sind in die Defizitdeckung dann
einzubeziehen, wenn sie unentbehrliche öffentliche Verkehrsverbindungen
(Art. 1 VDKA) darstellen und nicht überwiegend dem Orts- oder
Vorortsverkehr dienen (Art. 5 Abs. 3 VDKA).

Erwägung 3

    3.- Ob eine öffentliche Verkehrsverbindung unentbehrlich im Sinne
des Art. 1 VDKA sei, ist nach den Bedürfnissen der Bevölkerung zu
beurteilen. Da die ZVB für die von ihr geführten Linien eine Konzession
erhalten hat, liegt die Annahme nahe, dass alle diese Linien für die
Bevölkerung unentbehrlich sind. Denn die Konzession konnte nur für
Fahrten erteilt werden, die einem Bedürfnis entsprechen und durch die
der Betrieb bestehender öffentlicher Transportunternehmungen nicht
wesentlich konkurrenziert wird (Vollziehungsverordnungen I und II zum
Postverkehrsgesetz: Art. 3 VV I vom 23. Dezember 1955, nun ersetzt
durch Art. 11 VV I vom 1. September 1967; Art. 11 VV II vom 4. Januar
1960). Die Generaldirektion der PTT bestreitet offenbar nicht, dass
diese Voraussetzungen auch hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin
betriebenen Linien Zug-Baar, Zug-Kollermühle-Cham und Zug-Steinhausen-Cham
erfüllt sind. Wohl verkehren auf den SBB-Strecken Zug-Baar, Zug-Steinhausen
und Zug-Cham zahlreiche Züge, die in diesen Orten halten; doch werden
durch diese Verbindungen die Bedürfnisse der Bevölkerung bei weitem
nicht voll befriedigt. Die Siedlungen sind zum Teil von den Bahnhöfen
ziemlich weit entfernt. Die heutigen Lebensgewohnheiten bringen es
mit sich, dass der Bevölkerung der Zugang zu den Arbeits-, Bildungs-,
Einkaufs- und Erholungsstätten nach Möglichkeit durch das Angebot günstiger
Verkehrsverbindungen erleichtert wird. Ein reiches Verkehrsangebot ist auch
im Interesse der Siedlungspolitik erwünscht. Eine Linienführung, die einem
ins Gewicht fallenden Bedürfnis der Einwohnerschaft entspricht, hat deshalb
als unentbehrlich zu gelten. Der Verzicht darauf ist der Bevölkerung nicht
zuzumuten. Nur dort, wo das Bedürfnis nach einer bestimmten Linienführung
bloss gelegentlich auftritt oder von wenig zahlreichen Kreisen geäussert
wird, ist anzunehmen, dass die Linie entbehrlich sei. Die streitigen Linien
der ZVB weisen viele Haltestellen auf, und es werden auf ihnen zahlreiche
Kurse geführt, besonders in Stosszeiten. Daraus ist zu schliessen, dass
alle diese Linien einem erheblichen Verkehrsbedürfnis entsprechen, also
unentbehrlich im Sinne des Art. 1 VDKA sind. Zu prüfen bleibt, ob sie
überwiegend dem Orts- oder Vorortsverkehr dienen (Art. 5 Abs. 3 VDKA).

Erwägung 4

    4.- Nach Art. 2 Abs. 1 lit. b des Postverkehrsgesetzes ist die
Beförderung von Postsendungen im Ortsverkehr vom Postregal ausgenommen. Als
Ortsverkehr im Sinne dieser Bestimmung gilt nach Art. 8 Abs. 1 VV I vom 1.
September 1967 - wie schon nach Art. 7 Abs. 1 VV I vom 23. Dezember
1955 - in der Regel der Verkehr innerhalb der politischen Gemeinde, in
der der Absender seinen Wohn- oder Geschäftssitz hat; wo die örtlichen
Verhältnisse es rechtfertigen, können die PTT-Betriebe eine Einschränkung
oder Ausdehnung anordnen. Es ist anzunehmen, dass in der VDKA, welche wie
die VV I ein Ausführungserlass zum Postverkehrsgesetz ist, der Begriff
des Ortsverkehrs eine ähnliche Bedeutung hat. Das ist auch die Auffassung
der Generaldirektion der PTT. In der von ihr aufgestellten Wegleitung
für den Vollzug der VDKA bezeichnet sie als Linien des Ortsverkehrs
"Linien innerhalb einer politischen Gemeinde sowie solche in baulich
zusammenhängenden, dicht besiedelten Gebieten zweier oder mehrerer
politischen Gemeinden", wobei sie eine Ausnahme vorsieht für Linien,
"die innerhalb einer politischen Gemeinde unentbehrliche, ganzjährige
Verbindungen zu abgelegenen geschlossenen Siedlungen in Berggegenden
und Seitentälern sicherstellen" und nicht "überwiegend touristischen
Zwecken dienen". Diese Umschreibung entspricht nicht nur dem allgemeinen
Sprachgebrauch, sondern auch dem Sinn und Zweck der Ausnahme, die Art. 5
Abs. 3 VDKA für Linien des Ortsverkehrs vorsieht. Denn dieser Ordnung
liegt der Gedanke zugrunde, dass Beiträge des Bundes an die Defizitdeckung
dann nicht gerechtfertigt sind, wenn die Linien mindestens überwiegend
dem Verkehr innerhalb eines zusammenhängenden Siedlungsraumes dienen; in
solchen Fällen soll es mit den Hilfeleistungen der an der Aufrechterhaltung
der Linien interessierten örtlichen Kreise - Zuwendungen der politischen
Gemeinden, des Kantons usw. - sein Bewenden haben.

    Art. 5 Abs. 3 VDKA stellt dem Ortsverkehr den Vorortsverkehr
gleich. Die beiden Begriffe sind miteinander verwandt und sind daher
nach ähnlichen Gesichtspunkten auszulegen. Vorortsverkehr ist der Verkehr
zwischen einem Vorort und einem als Zentrum geltenden anderen, benachbarten
Ort oder zwischen Vororten unter sich. Als Vorort wird nach dem allgemeinen
Sprachgebrauch ein Ort bezeichnet, der zwar administrativ vom Zentrum
getrennt ist, aber mit ihm ein zusammenhängendes Siedlungsgebiet
bildet. Eine Aussengemeinde, die in einer solchen engen räumlichen
Beziehung zum Zentrum steht, ist auch dann als Vorort anzusehen, wenn sie
in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht eine gewisse Eigenständigkeit
bewahrt. Der den Vorort kennzeichnende Zusammenhang mit einem Zentrum
kann auch bestehen, wenn zwischen den beiden Orten Grünflächen, die nicht
überbaut werden dürfen, belassen werden; wird es doch heute allgemein als
erwünscht betrachtet, dass innerhalb von Siedlungen städtischen Charakters
Grünzonen ausgespart werden. Der in Art. 5 Abs. 3 VDKA verwendete Begriff
des Vorortsverkehrs ist im Sinne dieser Ausführungen zu verstehen.

    Die Generaldirektion der PTT bezeichnet in der erwähnten Wegleitung als
Linien des Vorortsverkehrs "Linien, deren Anfangs- und Endpunkt innerhalb
der gleichen Agglomeration liegen"; sie fügt bei: "Massgebend sind die
vom Eidg. Statistischen Amt anlässlich der Volkszählung festgestellten
Agglomerationen." Dazu führt sie aus, Vororte entständen dann, wenn
eine Stadt über ihre politischen Grenzen hinauswachse. Wenn eine Stadt
mit den Vororten ein mehr oder weniger geschlossenes Siedlungsgebiet
bilde, fasse das Eidg. Statistische Amt schon seit Jahrzehnten die
Bevölkerung dieses Raumes in einer Agglomeration zusammen. Indessen
wendet das Statistische Amt diesen Agglomerationsbegriff nicht immer
folgerichtig an, noch hält sich die Generaldirektion der PTT stets an
die von ihr aufgestellte Richtlinie; sie hat auch schon Linien in die
Defizitdeckung einbezogen, die innerhalb eines vom Statistischen Amt als
Agglomeration bezeichneten Gebietes liegen, während sie im vorliegenden
Fall umgekehrt einen Raum, den das Statistische Amt anlässlich der
letzten Volkszählung nicht als Agglomeration zusammengefasst hat, doch
als solche betrachtet. Zudem erheben sich gegen die Verwendung des
Agglomerationsbegriffs, wie ihn das Eidg. Statistische Amt versteht,
grundsätzliche Bedenken. Wie es scheint, soll er die Feststellung
ermöglichen, wie weit die Schweiz "verstädtert" ist. Seine Umschreibung
ist nach statistischen und soziologischen Gesichtspunkten orientiert,
die für die Anwendung der VDKA nicht massgebend sein können. In der
Wissenschaft besteht übrigens keine Einhelligkeit darüber, nach welchen
Kriterien Siedlungen als Agglomerationen zusammengefasst werden sollen;
der vom Eidg. Statistischen Amt verwendete Agglomerationsbegriff hat daher
nicht allgemeine Zustimmung gefunden (vgl. EICHENBERGER, Die Agglomeration
Basel in ihrer raumzeitlichen Struktur, 1968, S. 39 f.; STAEDELI, Die
Stadtgebiete der Schweiz, Diss. Zürich 1969, S. 29 ff.). Nach alledem
ist dieser Begriff nicht eine taugliche Grundlage für die Bestimmung,
was zum Vorortsverkehr im Sinne der VDKA gehöre.

    Eher noch könnte als Vorortsverkehr ein Verkehr zwischen
nicht allzu weit voneinander abliegenden Orten betrachtet werden,
der quantitativ und seiner Art nach stark durch wirtschaftliche
Gegebenheiten beeinflusst wird und darum besonders intensiv ist, weil
einer der Orte wirtschaftlich und verkehrsmässig einen ausgesprochenen
Schwerpunkt darstellt. Anzeichen dafür wären ein starker Pendlerverkehr
von Arbeitskräften und Schülern und ein reger Verkehr zur Ausnützung der
im Zentrum gebotenen reichhaltigeren Einkaufsmöglichkeiten. Vorortszone
wäre dann ein ökonomisch und verkehrsmässig auf die Stadt eingestellter
Randgürtel, der auch noch nicht mit dem Zentrum verschmolzene Gemeinden
umfasst (vgl. EICHENBERGER aaO S. 31). Von dieser mehr funktionellen
als siedlungsgeographischen Umschreibung scheint die Vorinstanz im
angefochtenen Entscheid auszugehen. Eine solche Betrachtungsweise würde
aber dazu führen, dass der Begriff des Vorortsverkehrs in einem Masse
ausgedehnt würde, das mit dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem Sinn
der VDKA nicht vereinbar wäre; der Anwendungsbereich der Verordnung
würde dadurch allzu stark eingeengt. Es ist daran festzuhalten, dass
Vorortsverkehr nur dort angenommen werden kann, wo Orte miteinander ein
zusammenhängendes Siedlungsgebiet bilden.

Erwägung 5

    5.- Wie der Augenschein gezeigt hat, hängen die Siedlungen auf
dem Gebiete der Gemeinden Zug und Baar entlang der die beiden Orte
verbindenden Hauptstrasse (Baarerstrasse-Zugerstrasse), auf der die
Autobusse der ZVB verkehren, eng zusammen. Zwar bestehen dort noch einige
kleinere Lücken in der Überbauung, doch befinden sie sich nicht an der
Grenze zwischen den beiden Orten, sondern in einiger Entfernung davon
auf dem Boden der Gemeinde Baar. Es trifft auch zu, dass die Überbauung
längs der Hauptstrasse ausserhalb der Ortskerne nur von geringer Tiefe
ist und sich dahinter Grünflächen ausdehnen, die nach den beidseitigen
Ortsplanungen jedenfalls zum Teil erhalten werden sollen. Das ändert
aber nichts daran, dass der Übergang zwischen den Orten Zug und Baar
fliessend ist; der Ortsunkundige würde ohne Hinweis nicht bemerken,
wo die Grenze liegt und wo die eine Siedlung aufhört und die andere
beginnt. Wie erwähnt, gehören nach heutiger Auffassung zu einer Siedlung
städtischen Charakters auch Grünzonen. Die Überbauung im Raum zwischen
den Ortskernen von Zug und Baar ist immerhin so dicht, dass es sich als
notwendig erwies, dort mehrere Haltestellen der ZVB in regelmässigen,
kurzen Abständen vorzusehen. Der Eindruck des Zusammenhanges wird noch
dadurch verstärkt, dass die Hauptstrasse zwischen Zug und Baar bis in die
Ortskerne hinein völlig gerade verläuft. Unter diesen Umständen kommt die
Linie Zug-Baar der ZVB nach Art. 5 Abs. 3 VDKA für die Defizitdeckung nicht
in Betracht, weil sie entweder ausschliesslich dem Ortsverkehr oder, falls
Baar als Vorort von Zug betrachtet wird, zum Teil dem Vorortsverkehr und
im übrigen dem Ortsverkehr dient. Ob Baar ein blosser Vorort von Zug sei,
kann daher offen gelassen werden. Auf jeden Fall kann die Autobuslinie
Zug-Baar wegen des engen räumlichen Zusammenhangs der Siedlungen der
beiden Orte nicht in die Defizitdeckung einbezogen werden.

    Allerdings hätte für diese Linie eine Hilfeleistung des Bundes
nach Art. 58 und 95 Abs. 2 des Eisenbahngesetzes auch noch nach der
Umstellung vom Strassenbahn- auf den Autobusbetrieb beansprucht werden
können. Indessen sagt Art. 4 VDKA ausdrücklich, dass "die Bestimmungen
dieser Verordnung", also auch Art. 5 Abs. 3, auf solche konzessionierte
Automobilunternehmen, die aus der Umstellung von Bahnen des allgemeinen
Verkehrs hervorgegangen sind und die Hilfeleistung nach Eisenbahngesetz
nicht beanspruchen können oder wollen, ebenfalls anwendbar sind. Es kann
auch nicht eingewendet werden, dass durch den Ausschluss der Linie Zug-Baar
von der Defizitdeckung eine der Voraussetzungen für die seinerzeitige
Umstellung vom Bahn- auf den Autobusbetrieb nachträglich dahinfalle; denn
die Defizitdeckung, die nun in der VDKA vorgesehen ist, war im Zeitpunkt,
in dem die Umstellung beschlossen wurde, nicht einmal in Aussicht genommen.

    Unerheblich ist auch, dass im Jahre 1958, als die Zuger Berg-
und Strassenbahn AG (nachmals Zuger Bergbahn und Bus AG) und die
Beschwerdeführerin sich über die künftige Ausscheidung ihrer Tätigkeit
einigten, die Strecke Zug-Baar als Überlandstrecke qualifiziert und
dementsprechend der Beschwerdeführerin überlassen wurde. Eine solche
Vereinbarung vermag die Behörde, welche die VDKA anzuwenden hat, nicht
zu verpflichten.

    Zu Unrecht behauptet die Beschwerdeführerin, die Linie Zug-Baar
sei Bestandteil der Überlandlinien von Baar über Zug nach Menzingen
und Oberägeri. Von einem durchgehenden Verkehr zwischen Baar und diesen
Berggemeinden ist keine Rede mehr. Die meisten Kurse Baar-Zug haben in
Zug keinen Anschluss nach Menzingen und Oberägeri. Der Fahrplan führt
denn auch die Strecken Zug-Baar, Zug-Menzingen und Zug-Oberägeri als
gesonderte Linien auf.

    Die Vorinstanz hat es daher mit Recht abgelehnt, die Linie Zug-Baar
in die Defizitdeckung einzubeziehen.

Erwägung 6

    6.- Anders verhält es sich mit den Linien Zug-Kollermühle-Cham und
Zug-Steinhausen-Cham. Sie dienen überwiegend dem Verkehr zwischen Cham und
Steinhausen einerseits und Zug anderseits. Dieser Verkehr ist aber weder
Orts- noch Vorortsverkehr im Sinne des Art. 5 Abs. 3 VDKA. Denn weder Cham
noch Steinhausen bilden mit Zug ein zusammenhängendes Siedlungsgebiet. Die
beidseitigen Siedlungen sind durch ausgedehnte unüberbaute Flächen deutlich
voneinander getrennt, wie der Augenschein gezeigt hat.

    Da die Linien Zug-Kollermühle-Cham und Zug-Steinhausen-Cham somit
nicht dem Vorortsverkehr und auch nicht überwiegend dem Ortsverkehr
dienen (Art. 5 Abs. 3 VDKA), anderseits aber unentbehrliche öffentliche
Verkehrsverbindungen darstellen (Art. 1 VDKA), sind sie bei der
Defizitdeckung mitzuberücksichtigen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der ange fochtene
Entscheid dahin abgeändert, dass die Linien Zug-Steinhausen-Cham und
Zug-Kollermühle-Cham in die Defizitdeckung einzubeziehen sind. Im übrigen
wird die Beschwerde abgewiesen.