Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 I 219



96 I 219

39. Auszug aus dem Urteil vom 24. Juni 1970 i.S. Nöthiger und Pinkus gegen
Polizeirichteramt der Stadt Zürich und Obergericht des Kantons Zürich.
Regeste

    Bestrafung wegen Teilnahme an einer nicht bewilligten Demonstration.

    1.  Die Versammlungsfreiheit und die Meinungsäusserungsfreiheit
sind durch ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete
Freiheitsrechte. Stellt auch die "Demonstrationsfreiheit" ein solches
Recht dar? (Erw. 4).

    2.  Auslegung und gesetzliche Grundlage der vom Stadtrat von Zürich
erlassenen Vorschrift, wonach die Veranstaltung von Versammlungen und
Umzügen auf dem öffentlichen Grunde der vorgängigen Bewilligung der
Polizeibehörde bedarf (Erw. 6).

    3.  Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem ungeschriebenen
Verfassungsrecht des Bundes und mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit
(Erw. 7).

Sachverhalt

    A.- Am 14. Oktober 1959 erliess der Gemeinderat der Stadt Zürich
eine Allgemeine Polizeiverordnung (APV), die den gleichnamigen Erlass
vom 5. April 1894 ersetzte und in Art. 6 bestimmt:

    "Anordnungen der Polizeibeamten ist Folge zu leisten."

    Gemäss Art. 52 APV werden Übertretungen der Vorschriften der APV mit
Polizeibusse bis Fr. 50.- bestraft.

    Die vom Stadtrat von Zürich am 24. Juin 1911 erlassene Verordnung
betreffend Benützung des öffentlichen Grundes (VBöG) enthält hauptsächlich
Vorschriften über diese Benützung zu Bau- und gewerblichen Zwecken. Am 27.
April 1929 fügte der Stadtrat der VBöG folgenden Art. 18bis bei:

    "Die Veranstaltung von Versammlungen, Umzügen, Vorträgen, Darbietungen
usw. auf dem öffentlichen Grunde bedarf der vorgängigen Bewilligung des
Vorstandes des Polizeiamtes."

    B.- Am 9. November 1967 wurden in Winterthur und Zürich Flugblätter
verteilt, in denen die spanischen Gastarbeiter unter Hinweis auf
die politischen Verhältnisse ihres Heimatlandes eingeladen wurden,
an einer am 11. November 1967 um 15.30 Uhr auf dem Helvetiaplatz in
Zürich stattfindenden Protestkundgebung teilzunehmen. In einem weiteren
Flugblatt wurde mitgeteilt, dass vom Helvetiaplatz zum spanischen Konsulat
marschiert werde. Da für diese Demonstration keine Bewilligung eingeholt
worden war, machte die Polizei die auf dem Helvetiaplatz eintreffenden
Leute mit Lautsprechern auf das Fehlen der erforderlichen Bewilligung
aufmerksam und forderte sie auf, die Kundgebung zu unterlassen und den
Platz zu räumen. Trotzdem kam es zu einem Marsch von etwa 200 Personen zum
spanischen Konsulat, wobei den wiederholten Aufforderungen der Polizei,
diesen Marsch abzubrechen, keine Folge gegeben wurde. Unterwegs wurden
Transparente enthüllt, von der Polizei jedoch in einem Handgemenge
beschlagnahmt. Beim spanischen Konsulat kam es zu einem Auflauf, der
schliesslich von der Polizei zerstreut wurde.

    C.- Unter den Demonstranten befanden sich auch die heutigen
Beschwerdeführer Rudolf Nöthiger, die Eheleute Amalie und Theodor
Pinkus sowie Marco Pinkus. Der Polizeirichter der Stadt Zürich büsste
sie am 8. Januar 1968 wegen Übertretung der Art. 18bis VBöG und 6 APV
mit Fr. 35.- bzw. Fr. 30.-. Ähnliche Bussen wurden gegen sechs weitere
Personen ausgesprochen. Während diese sich damit abfanden, verlangten
die Beschwerdeführer gerichtliche Beurteilung.

    Der Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich sprach sie mit Urteil
vom 18. November 1968 frei. Er nahm an, Übertretung des Art. 18bis VBöG
könne den Verzeigten schon deshalb nicht vorgeworfen werden, weil diese
Bestimmung sich nur an die Veranstalter, nicht an die Teilnehmer von
Versammlungen usw. richte. Die Verurteilung wegen Übertretung des Art. 6
APV aber komme nicht in Frage, weil die Verzeigten durch ihre Teilnahme
an der Demonstration lediglich ein verfassungsmässiges Recht ausgeübt
hätten, weil eine gesetzliche Grundlage für die Anordnungen der Polizei
fehle und weil auch sonst kein hinreichender Grund für das Einschreiten
der Polizei vorgelegen habe.

    Der Polizeirichter führte gegen diesen Freispruch
Nichtigkeitsbeschwerde gemäss § 430 zürch. StPO, mit welcher er dem
Einzelrichter sowohl aktenwidrige tatsächliche Annahmen als auch Verletzung
materieller Gesetzesvorschriften vorwarf.

    Das Obergericht des Kantons Zürich hiess die Beschwerde mit
Urteil vom 7. Juli 1969 teilweise gut, indem es die Verzeigten der
Übertretung des Art. 6 APV schuldig erklärte, von einer Bestrafung
jedoch wegen Rechtsirrtums Umgang nahm. Der Begründung dieses Urteils
ist zu entnehmen: Art. 18bis VBöG beziehe sich nach seinem Wortlaut
und Sinn auch auf politische Versammlungen und Umzüge, untersage aber
nur die Veranstaltung nicht bewilligter Versammlungen und Umzüge,
nicht dagegen die Teilnahme an solchen; er falle daher hier ausser
Betracht, da nicht bewiesen sei, dass die Verzeigten die Demonstration
veranstaltet oder veranlasst hätten. Dagegen hätten sie sich im Sinne
von Art. 6 APV strafbar gemacht. Da die Demonstration mangels Bewilligung
rechtswidrig gewesen sei, habe die Polizei die Teilnahme daran verbieten
dürfen. Dies sei nicht etwa deshalb unzulässig gewesen, weil der Bürger ein
verfassungsmässiges Recht auf Demonstration besitze, das ohne gesetzliche
Grundlage nicht von einer Bewilligung abhängig gemacht werden dürfe. Gewiss
gehe es hier um ein verfassungsmässig garantiertes Freiheitsrecht,
wobei offen bleiben könne, ob es unter die Rechte der Versammlungs-
und Meinungsäusserungsfreiheit falle oder darüber hinausgehend ein
selbständiges Freiheitsrecht darstelle. Alle diese Rechte stünden nämlich,
wie Art. 3 zürch. KV ausdrücklich festhalte, aber auch sonst gelten
müsste, unter dem Vorbehalt der durch das Gesetz gezogenen Schranken,
insbesondere unter dem allgemeinen Polizeivorbehalt. Weder für generelle
noch für konkrete Einschränkungen, die sich auf diese Vorbehalte stützen
könnten, bedürfe es einer besonderen gesetzlichen Grundlage. Übrigens habe
der den streitigen Aufforderungen zugrunde liegende Art. 18bis VBöG in §
74 des Gemeindegesetzes und § 61 des Strassengesetzes eine gesetzliche
Grundlage. Er enthalte auch eine sinnvolle, ja unbedingt notwendige
Regelung. Da bei jeder grösseren Ansammlung von Menschen auf öffentlichen
Plätzen und Strassen die Gefahr von Verkehrsstörungen und strafbaren
Handlungen gegen Personen und Eigentum bestehe, müsse die Polizei über
beabsichtigte Demonstrationen orientiert sein, um die nötigen Vorkehren zur
Gewährleistung von Ordnung, Ruhe und Sicherheit zu treffen. Dem Bürger,
der seine Freiheitsrechte rechtmässig ausüben wolle, sei die in der
Einholung einer Bewilligung liegende unbedeutende Einschränkung seiner
Rechte durchaus zuzumuten. Die Behörde könne ihren Entscheid nicht nach
freiem Belieben treffen, sondern sei an die allgemeinen Grundsätze der
Rechtsanwendung gebunden. Im vorliegenden Falle hätte die Bewilligung ohne
jeden Zweifel erteilt werden müssen. Da sie aber nicht nachgesucht worden
sei, sei die Demonstration illegal und das Vorgehen der Polizei zulässig
und verhältnismässig gewesen, auch ohne dass es noch wegen besonderer
Gefährdung nötig gewesen sei. Dagegen sei von einer Bestrafung der
Verzeigten nach Art. 20 StGB Umgang zu nehmen angesichts der in Zürich
selbst bei Juristen bestehenden Unsicherheit inbezug auf die rechtliche
Beurteilung des Demonstrationsrechts, zumal da diese Rechtsunsicherheit
noch dadurch gefördert worden sei, dass in den Jahren 1967/68 nicht
weniger als 19 Demonstrationen ohne Bewilligung durchgeführt worden seien.

    D.- Gegen dieses Urteil des Obergerichts haben Rudolf Nöthiger, die
Eheleute Pinkus und Marco Pinkus staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit
dem Antrag, es aufzuheben. Sie machen geltend, der Entscheid verletze
das Demonstrationsrecht als selbständiges Recht und als Bestandteil
des Rechts auf freie Meinungsäusserung und auf Versammlungsfreiheit,
somit Art. 56 BV, ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes und Art. 3
zürch. KV. Ferner sei der Entscheid willkürlich und verstosse gegen
Art. 4 BV. Die Begründung der Beschwerde ergibt sich, soweit wesentlich,
aus den nachstehenden Erwägungen.

    E.- Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich beantragt Abweisung der
Beschwerde, soweit auf sie einzutreten sei. Das Obergericht des Kantons
Zürich hat sich, ohne einen Antrag zu stellen, auf eine kurze Bemerkung
zu einem einzelnen Vorbringen der Beschwerdeführer beschränkt.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    1./2. - (Prozessuales).

Erwägung 3

    3.- (Selbständige Willkürrügen).

Erwägung 4

    4.- Die weiteren Ausführungen und Rügen der Beschwerdeführer betreffen
die Frage der Gesetz- und Verfassungsmässigkeit des den Anordnungen der
Polizeibeamten zugrunde liegenden Art. 18bis VBöG sowie die Auslegung
dieser Bestimmung. Was die Verfassungsmässigkeit betrifft, berufen
sich die Beschwerdeführer auf ein Demonstrationsrecht als ein durch
ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes gewährleistetes Freiheitsrecht.
Im kantonalen Verfahren haben sie behauptet, dieses Demonstrationsrecht
bestehe "nach anerkannter Lehre und Rechtsprechung". Sie haben diese
Behauptung indes weder dort noch in der staatsrechtlichen Beschwerde
zu belegen versucht. Dieser Mangel schadet jedoch ihnen nicht. Dass
es ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes gibt und dieses auch
Freiheitsrechte gewährleistet, deren Verletzung mit staatsrechtlicher
Beschwerde gerügt werden kann, hat das Bundesgericht schon wiederholt
erkannt (BGE 91 I 485/6, 96 I 107). Es ist daher zu prüfen, ob das
ungeschriebene Verfassungsrecht des Bundes die von den Beschwerdeführern
angerufenen Freiheitsrechte, das Versammlungs-, Meinungsäusserungs- und
Demonstrationsrecht, gewährleiste. Insoweit dies der Fall ist, hat die in
Art. 3 zürch. KV enthaltene Gewährleistung der freien Meinungsäusserung
und des Versammlungsrechtes keine Bedeutung, es sei denn die KV biete
einen weitergehenden Schutz als das ungeschriebene Bundesrecht.

    Wie das Bundesgericht kürzlich unter Hinweis auf AUBERT, Traité
de droit constitutionnel suisse Nr. 312 ausgeführt hat, ist bei der
Anerkennung von durch ungeschriebenes Bundesrecht gewährleisteten
Freiheitsrechten Zurückhaltung geboten. Die Annahme einer solchen
Gewährleistung rechtfertigt sich nur für Befugnisse und Freiheiten,
die eine Voraussetzung für die Ausübung anderer Freiheitsrechte bilden
oder die sonst als unentbehrliche Bestandteile der demokratischen und
rechtsstaatlichen Ordnung des Bundes erscheinen (BGE 96 I 107; vgl. Hans
HUBER, Probleme des ungeschriebenen Verfassungsrechts, ZBJV 91bis/1955
S. 104/5. Das trifft, wie das Bundesgericht schon früher entschieden hat
(BGE 87 I 117, 91 I 485/6), vorab für die Meinungsäusserungsfreiheit zu,
denn ohne freie Meinungsäusserung ist die demokratische Willensbildung
bei Wahlen und Abstimmungen und die freie Ausübung der politischen Rechte
(Initiativrecht, Referendum usw.) nicht denkbar. Und das gleiche gilt für
die Versammlungsfreiheit, die den Bürgern die Möglichkeit gibt, politische
Fragen auch ausserhalb der unter dem Schutz der Vereinsfreiheit stehenden
politischen Parteien gemeinsam zu erörtern und darüber Beschlüsse zu
fassen. Dass die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit durch
das ungeschriebene Verfassungsrecht des Bundes gewährleistet seien,
wird auch von der neueren Rechtslehre angenommen (Hans HUBER aaO;
FLEINER-GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht S. 245, 365 und 379; FAVRE, Droit
constitutionnel suisse S. 295 und 313; AUBERT aaO Nr. 2011 und 2159). Eine
besondere, durch ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete
Demonstrationsfreiheit ist bisher weder in der Rechtsprechung anerkannt
noch in der schweizerischen Rechtslehre erörtert worden (vgl. BUSCHBECK,
Demonstrationsfreiheit und Strassenverkehr in der Schweiz, Beiträge
des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und
Völkerrecht, Bd. 54 S. 157 ff.). Soweit Demonstrationen in der Form
von Versammlungen und auf privatem Boden durchgeführt werden, reicht
der Schutz der Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit aus. Eine
besondere Demonstrationsfreiheit hätte darüber hinaus zum Inhalt, dass
für Demonstrationen in der Form von Versammlungen und namentlich Umzügen
der öffentliche Grund beansprucht werden dürfte. Ob das ungeschriebene
Verfassungsrecht des Bundes ein solches Demonstrationsrecht gewährleiste,
braucht nicht entschieden zu werden. Dieses Demonstrationsrecht stünde
jedenfalls, wie alle persönlichen Freiheitsrechte, unter dem allgemeinen
Polizeivorbehalt und könnte nur in den durch die öffentliche Ordnung
geforderten Schranken ausgeübt werden (BGE 91 I 326 E. 4). Dabei fällt
in Betracht, dass die Inanspruchnahme des öffentlichen Grundes für
Demonstrationsversammlungen und -umzüge einen gesteigerten Gemeingebrauch
darstellt (BGE 61 I 110; AUBERT aaO Nr. 2167, GRISEL, Droit administratif
suisse S. 299) und dass den Behörden aus diesem Gesichtspunkt eine
weitergehende Möglichkeit der Beschränkung zur Wahrung allgemeiner
Interessen zuzugestehen ist als gegenüber Versammlungen auf privatem Boden
(vgl. BGE 57 I 272, 60 I 207; AUBERT aaO Nr. 2167). Die Beschwerdeführer
anerkennen mit Recht, dass das von ihnen behauptete Demonstrationsrecht
unter dem "allgemeinen Polizeivorbehalt" steht. Dagegen machen sie
unter Hinweis auf das eben erwähnte Urteil BGE 91 I 325 ff. geltend,
gestützt auf diesen Vorbehalt könnten Freiheitsrecht nur von Fall zu Fall
in konkreten Verfügungen, nicht aber generell eingeschränkt werden. Der
Einwand ist unbegründet. Das Bundesgericht hat dort (S. 326 unten) zunächst
ausgeführt, dass die durch die öffentliche Ordnung geforderten Schranken
der Ausübung von Freiheitsrechten grundsätzlich durch das Gesetz festgelegt
werden müssen, und hat dann, wie auch in BGE 92 I 30 E. 5, geprüft, unter
welchen Voraussetzungen einschränkende Massnahmen auch ohne ausdrückliche
verfassungs- oder gesetzmässige Grundlage zulässig seien.

Erwägung 5

    5.- Im vorliegenden Fall ist streitig, ob die Durchführung einer
Demonstration auf öffentlichem Grund von einer vorgängigen Bewilligung
abhängig gemacht werden darf.

    Die Verpflichtung zur Einholung einer Polizeierlaubnis kann, als
Beschränkung der Freiheit, im allgemeinen nur durch Rechtssatz begründet
werden (IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtssprechung Nr. 441 VII). Es
ist daher in erster Linie zu prüfen, ob Art. 18bis VBöG auf politische
Demonstrationen anwendbar und insoweit gesetz- und verfassungsmässig
ist. Das Bundesgericht hat freilich wiederholt erklärt, dass die
Behörde, welche die staatliche Aufsicht über die öffentlichen Sachen im
Gemeingebrauch ausübe, auch ohne besondere gesetzliche Grundlage befugt
sei, eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung von einer
Bewilligung oder Konzession abhängig zu machen (BGE 95 I 249 E. 3 und
dort angeführte frühere Urteile). Ob dieser Grundsatz auch gilt, wenn
der gesteigerte Gemeingebrauch zur Ausübung von Rechten beansprucht wird,
die wie die Versammlungs- oder Meinungsäusserungsfreiheit unentbehrliche
Bestandteile der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung sind,
kann dann offen bleiben, wenn sich ergibt, dass die streitige
Bewilligungspflicht auf einer gesetzlichen Grundlage beruht.

    Dagegen fragt sich auch in diesem Fall, ob eine im kantonalen
Recht vorgesehene generelle Bewilligungspflicht sich mit den durch
ungeschriebenes Bundesrecht gewährleisteten Freiheitsrechten vereinbaren
lässt. Ferner ist die Rüge der Beschwerdeführer zu prüfen, dass die
Bewilligungspflicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstosse,
der nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sowohl für generelle
wie für konkrete polizeiliche Eingriffe in Freiheitsrechte gilt (BGE 91
I 327 und 487, 92 I 35 E. 7, 94 I 1101it. b; vgl. AUBERT aaO Nr. 1765,
GRISEL aaO S. 184/5.

Erwägung 6

    6.- Auf das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage der
Bewilligungspflicht beziehen sich drei Rügen der Beschwerdeführer.

    a) Sie sprechen dem Stadtrat die Zuständigkeit zum Erlass des
Art. 18bis VBöG ab unter Berufung auf Art. 32 lit. e der Gemeindeordnung
der Stadt Zürich vom 15. Januar 1933, wonach der Erlass von "Verordnungen
von allgemeiner Wichtigkeit" dem Gemeinderat (= Gemeindeparlament) zusteht.

    Das Obergericht erblickt die gesetzliche Grundlage des Art.
18bis VBöG in § 74 des kantonalen Gemeindegesetzes vom 6. Juli 1926
(GG) und § 61 des kantonalen Strassengesetzes vom 20. August 1893
(StrG). Nach § 74 Abs. 1 GG hat der Gemeinderat (= Exekutive) u.a. für
die "Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung und für die
Sicherheit von Personen und Eigentum gegen Schädigungen und Gefahren jeder
Art zu sorgen" und "zu diesem Zwecke eine Gemeindepolizeiverordnung"
zu erlassen, während nach § 61 StrG die Städte Zürich und Winterthur
"Polizeivorschriften über das an die Strassen grenzende Gebiet und über
das Strassengebiet selbst und dessen Benützung" aufstellen. § 74 Abs. 1
GG, der die Zuständigkeit zum Erlass der Gemeindepolizeiverordnung der
Exekutive zuweist, enthält eine zwingende Ordnung, die eine andere
Verteilung der Zuständigkeit in der Gemeindeverfassung ausschliesst
(EPPRECHT, Die ausserordentliche Gemeindeorganisation im Kanton Zürich
S. 80; ETTER, Die Gewaltendifferenzierung in der zürch. Gemeinde
S. 49/50). Der Stadtrat von Zürich war daher aufgrund von § 74 Abs. 1
GG (und § 61 StrG) zum Erlass des Art. 18bis VBöG zuständig, wenn es
sich dabei um eine Polizeivorschrift handelt. Das ist, wie ohne jede
Willkür angenommen werden kann, der Fall. Erste Aufgabe der Polizei
ist die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit
(statt vieler BGE 87 I 364, 93 I 7). Die Kontrolle der Versammlungen,
Umzüge usw. auf öffentlichem Grunde gehört insofern zu dieser Aufgabe
der Polizei, als sie dazu dient, Störungen des öffentlichen Verkehrs zu
vermeiden und die Ruhe und Sicherheit der Anwohner und übrigen Benützer der
für solche Veranstaltungen beanspruchten öffentlichen Strassen und Plätze
zu schützen. Ebenso verfolgt Art. 18bis VBöG ein polizeiliches Ziel, denn
mit der darin vorgesehenen Bewilligungspflicht werden Veranstaltungen,
die erfahrungsgemäss leicht zu polizeiwidrigen Zuständen führen, einer
vorbeugenden Überwachung unterstellt.

    b) Die Beschwerde wiederholt den bereits vor Obergericht erhobenen
und von diesem zurückgewiesenen Einwand, Art. 18bis VBöG beziehe sich
nicht auf politische Versammlungen und Umzüge. Wie es sich damit verhält,
kann das Bundesgericht nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der
Willkür prüfen, da es sich um die Auslegung kantonalen Rechts handelt und
die streitige Bestimmung nicht besonders schwer in die Rechte der Bürger
eingreift (vgl. BGE 95 I 16). Von Willkür kann jedoch nicht die Rede sein.
Zwar spricht Art. 1 VBöG nur von privater Benützung des öffentlichen
Grundes zu "Bau- und gewerblichen Zwecken" und findet sich der bei der
Revision vom 27. April 1929 eingefügte Art. 18bis im Abschnitt über die
"Benützung zu gewerblichen Zwecken". Die in Art. 18bis in erster Linie
erwähnten Versammlungen und Umzüge haben aber erfahrungsgemäss nur ganz
ausnahmsweise einen kommerziellen Zweck, sondern verfolgen in der Regel
politische oder gewerkschaftliche Ziele. Wären solche Versammlungen und
Umzüge von der Bewilligungspflicht ausgenommen, so wäre dies in Art.
18bis zweifellos ausdrücklich gesagt, erklärt doch der gleichzeitig
mit der Einfügung von Art. 18bis revidierte Art. 18 in Abs. 2 die
Verteilung von Drucksachen politischen Inhalts auf öffentlichem Grund
ohne besondere Erlaubnis als zulässig im Gegensatz zu der nach Abs. 1
verbotenen Verteilung von Drucksachen, die Erwerbszwecken dienen. Bei
dieser Sachlage erscheint die Annahme, Art. 18bis sei auch auf politische
Veranstaltungen auf öffentlichem Grunde anwendbar, als zutreffend und
hält jedenfalls dem Vorwurfe der Willkür stand.

    c) Die Beschwerdeführer machen weiter dem Sinne nach geltend,
Art. 18bis VBöG sei gewohnheitsrechtlich ausser Kraft getreten; die Polizei
habe allein in den Jahren 1967/68 insgesamt 19 politische Demonstrationen
ohne Bewilligung geduldet, und zur Zeit der Globus-Krawalle im Jahre 1968
habe der Stadtrat politische Demonstrationen auf öffentlichem Grund ohne
Bewilligung ausdrücklich untersagt, was nicht nötig gewesen wäre, wenn Art.
18bis noch gegolten hätte.

    Ob eine klare Vorschrift des Verwaltungsrechts durch derogierendes
Gewohnheitsrecht aufgehoben werden kann, ist in der Rechtsprechung und
Lehre umstritten (vgl. BGE 94 I 308 E. 2; IMBODEN aaO Nr. 231 I, GRISEL
aaO S. 39; HÖHN, Gewohnheitsrecht im Verwaltungsrecht S. 78 ff. und
87/88). Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben. An die
Voraussetzungen für die Entstehung von Gewohnheitsrecht (langanhaltende
Übung und opinio necessitatis) werden im öffentlichen Recht strenge
Anforderungen gestellt (BGE 83 I 247, 84 I 95, 89 I 270). Im vorliegenden
Falle ist schon die erste Voraussetzung, die lange Dauer der Übung, nicht
dargetan. Dazu genügen die zwei Jahre, in denen die Polizei offenbar
eine grössere Zahl nicht bewilligter politischer Demonstrationen auf
öffentlichem Grund der Stadt Zürich geduldet hat, bei weitem nicht. Soweit
die Beschwerdeführer aus der zeitweisen Nichtanwendung des Art. 18bis
schliessen durften, die Vorschrift sei hinfällig, hat das Obergericht
dem dadurch Rechnung getragen, dass es ihnen Rechtsirrtum zugebilligt und
von Strafe Umgang genommen hat. Bedeutungslos ist der Umstand, dass der
Stadtrat nach der streitigen Demonstration im Jahre 1968, im Anschluss
an die Globus-Krawalle, nicht bewilligte Demonstrationen durch einen
besondern Erlass verboten hat. Er hat damit lediglich die Bevölkerung
darauf aufmerksam gemacht, dass die Polizei inskünftig nicht bewilligte
Demonstrationen auf öffentlichem Grund nicht mehr dulden werde.

Erwägung 7

    7.- Beruht demnach die Bewilligungspflicht gemäss Art. 18bis VBöG
auch für politische Veranstaltungen auf einer hinreichenden gesetzlichen
Grundlage, so bleibt zu prüfen, ob sie sich mit den durch ungeschriebenes
Bundesrecht gewährleisteten Freiheitsrechten und mit dem Grundsatz der
Verhältnismässigkeit vereinbaren lässt.

    a) Indem der Staat die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit von
einer Bewilligung (Polizeierlaubnis) abhängig macht, unterwirft
er sie einer besonders wirkungsvollen präventiven Überwachung zur
Verhinderung polizeiwidriger Zustände (vgl. FLEINER, Institutionen
S. 405/6). Einer solchen Überwachung kann grundsätzlich auch die Ausübung
verfassungsmässiger Freiheitsrechte unterstellt werden. So sind,
obwohl Art. 45 BV dies nicht ausdrücklich sagt, die Kantone befugt,
die Schweizerbürger, die sich auf ihrem Gebiet niederlassen wollen, zur
Einholung einer Niederlassungsbewilligung zu verpflichten (BURCKHARDT,
Komm. der BV S. 395/6; FLEINER-GIACOMETTI, aaO S. 252). Die Ausübung
der in der Eigentumsfreiheit enthaltenen Baufreiheit setzt regelmässig
die Einholung einer Baubewilligung voraus. Ferner darf die Ausübung
zahlreicher unter dem Schutz des Art. 31 BV stehender Berufe und Gewerbe
der Bewilligungspflicht unterstellt werden (FLEINER-GIACOMETTI aaO
S. 306 und dort in Anm. 18 angeführte Urteile). Indessen gibt es auch
Freiheitsrechte, deren Ausübung der präventiven Überwachung entzogen
ist. Die Pressefreiheit (Art. 55 BV) schliesst es aus, Herstellung
und Vertrieb von Presseerzeugnissen von einer Bewilligung abhängig
zu machen oder einer Vorzensur zu unterstellen (BURCKHARDT aaO 515/6,
FLEINER-GIACOMETTI aaO S. 372/3, FAVRE aaO S. 296, AUBERT aaO Nr. 2097 und
2099). Entsprechendes muss für das die Pressefreiheit umfassende Recht
der freien Meinungsäusserung gelten. Ferner wird allgemein angenommen
(eine Rechtsprechung hierüber scheint nicht zu bestehen), dass es mit der
Vereinsfreiheit (Art. 56 BV) unvereinbar sei, die Gründung von Vereinen
oder die Veranstaltung von Vereinsversammlungen von einer Bewilligung
abhängig zu machen (FLEINER-GIACOMETTI aaO S. 384 Anm. 48 und 387 Anm. 66;
AUBERT aaO Nr. 2157; a.A. BURCKHARDT aaO S. 525 inbezug auf die Gründung
von Vereinen).

    Dass die Ausübung der hier in erster Linie in Frage stehenden
Versammlungsfreiheit durch präventive Massnahmen beschränkt werden darf,
hat das Bundesgericht wiederholt bejaht, doch ging es jeweils um das
spezielle Verbot einer angekündigten Versammlung oder eines Umzugs oder um
die Ausnahme von einem bestimmten Verbot (BGE 57 I 272 ff., 60 I 202 ff.;
61 I 35 ff., 107 ff., 265 ff.; 91 I 325 ff., 92 I 29 ff.). Ein generelles
Verbot stellt trotz des Erlaubnisvorbehalts einen schwereren Eingriff
in das Freiheitsrecht dar als wenn Versammlungen und Umzüge zwar auch
präventiv, aber bloss von Fall zu Fall verboten werden können. Inwieweit
die Bewilligungspflicht mit der Versammlungsfreiheit vereinbar ist, hatte
das Bundesgericht bisher noch nicht zu entscheiden. Auch in der Rechtslehre
ist die Frage nicht abgeklärt. Nach HOERNI (Die Versammlungsfreiheit in
der Schweiz. Diss. Zürich 1938, S. 122 ff.) ist zwar die Abhaltung von
Versammlungen auf öffentlichem Grund allgemein bewilligungspflichtig, auf
privatem Boden dagegen solange nicht, als kein ausdrücklicher Rechtssatz
die Bewilligungspflicht einführt. AUBERT aaO Nr. 2164 und 2167 erklärt
indes lediglich, dass auch präventive Einschränkungen zulässig sind
und diese bei Versammlungen auf öffentlichem Grund weiter gehen können,
äussert sich aber nicht über ihre Natur, und FLEINER-GIACOMETTI aaO S. 378
sowie FAVRE aaO S. 315 befassen sich überhaupt nicht mit der Frage der
präventiven Massnahmen.

    b) Ob Versammlungen auf privatem Boden der Bewilligungspflicht
unterstellt werden dürfen, ist hier nicht zu prüfen. Art. 18bis VBöG
bezieht sich nur auf Versammlungen und Umzüge auf öffentlichem Grund,
und die Beschwerdeführer machen lediglich geltend, dass für solche
Versammlungen und Umzüge die Bewilligungspflicht unnötig, unzweckmässig und
unverhältnismässig sei. Dass Art. 18bis mit dem Wesen der Versammlungs-
und einer allfälligen Demonstrationsfreiheit unvereinbar sei, kann nicht
gesagt werden, da diese Rechte jedenfalls keinen unbedingten Anspruch auf
Inanspruchnahme des öffentlichen Grundes umfassen. Zu prüfen bleibt, ob er
gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstösst. Das wäre dann der
Fall, wenn der mit der Bewilligungspflicht verfolgte polizeiliche Zweck
auch mit weniger weit gehenden präventiven Massnahmen wie dem Verbot
angekündigter polizeiwidriger Veranstaltungen oder mit repressiven
Massnahmen wie der Auflösung solcher Veranstaltungen erreicht werden
könnte.

    Versammlungen und Umzüge auf öffentlichem Grund gefährden
die polizeiliche Ordnung zweifellos stärker und unmittelbarer als
Versammlungen auf privatem Boden, die zudem meist in geschlossenen Räumen
stattfinden. Mit jenen sollen Gegner und Gleichgültige gezwungen werden,
die Meinung der Veranstalter über politische Dinge zur Kenntnis zu nehmen
und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Anderseits haben die Veranstalter
von Versammlungen und Umzügen auf öffentlichem Grund die Teilnehmer weniger
in der Hand als bei geschlossenen Veranstaltungen, und die Gefahr, dass es
zu Gewaltakten gegen Personen oder Sachen oder zu andern Ausschreitungen
kommt, ist verhältnismässig gross, zumal da häufig mit der Veranstaltung
von Gegendemonstrationen zu rechnen ist (vgl. BGE 92 I 24 ff.). Ferner
kann es bei einer Demonstration, die sich wie die hier in Frage stehende
gegen einen fremden Staat richtet, zu Angriffen gegen diesen kommen,
wodurch die Beziehungen der Schweiz zu ihm gestört werden. Ob all dies für
sich allein die streitige Bewilligungspflicht zu rechtfertigen vermag oder
ob nicht präventive Sicherungsmassnahmen wie die in BGE 91 I 321 ff. und
92 I 24 ff. beurteilten genügen, kann offen bleiben. Hinzu kommt nämlich,
dass die öffentlichen Strassen und Plätze, die für Versammlungen und Umzüge
beansprucht werden, in erster Linie für andere Zwecke bestimmt sind, die
sich mit der Abhaltung jener Veranstaltungen nicht vertragen, verstösst
doch derjenige, der an einem Umzug teilnimmt, fast unausweichlich gegen
Verkehrsvorschriften des Bundesrechts (Art. 49 SVG und 46 ff. VRV). Es
wird also in jedem Falle ein polizeiwidriger Zustand geschaffen, der in
einer Stadt mit starkem Verkehr bis zum Zusammenbruch desselben mit unter
Umständen schwerwiegenden Folgen für einzelne Verkehrsteilnehmer sowie zu
Verkehrsunfällen führen kann. Die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird
demnach durch Veranstaltungen auf öffentlichen Strassen und Plätzen nicht
nur in Ausnahmefällen, sondern regelmässig gestört, und diese Störung
kann auch dann, wenn keinerlei politische Bedenken bestehen, für die
Bevölkerung oder Teile derselben, z.B. solcher, die auf die Offenhaltung
bestimmter Verkehrswege dringend angewiesen sind, unzumutbar sein.

    Diese verkehrspolizeilichen Gründe vor allem rechtfertigen es,
jedenfalls in Ortschaften mit grösserem Verkehr für alle Veranstaltungen
auf öffentlichen Strassen und Plätzen die Bewilligungspflicht
einzuführen. Sie ermöglicht es der Polizei, das öffentliche Interesse an
der Aufrechterhaltung des Verkehrs und das Interesse der Veranstalter,
ihre Meinung mittels Versammlungen und Umzügen einem möglichst grossen Teil
der Bevölkerung bekannt zu geben, gegeneinander abzuwägen und nötigenfalls
die Veranstaltung durch Auflagen und Bedingungen örtlich und zeitlich zu
beschränken. Ferner erlaubt sie es der Polizei, für den Fall, dass nach
dem Gegenstand der Veranstaltung Ausschreitungen zu befürchten sind,
rechtzeitig die erforderlichen Sicherheitsvorkehren zu treffen. Wie
die Bewilligungspflicht im einzelnen zu handhaben ist und ob, wie das
Obergericht annahm, die streitige Demonstration hätte bewilligt werden
müssen, ist hier nicht zu prüfen, da die Bewilligung nicht nachgesucht
worden ist. Bemerkt sei lediglich, dass die Polizei selbstverständlich die
Bewilligung nicht nach freiem Belieben erteilen oder verweigern oder auch
nur dem Verkehr einen unbedingten Vorrang einräumen darf, sondern dass
sie, wie schon in BGE 61 I 108 E. 3 betont wurde, die entgegenstehenden
Interessen nach objektiven Gesichtspunkten gegeneinander abzuwägen und
ihren Entscheid nach pflichtgemässem Ermessen zu treffen hat.

    Die Beschwerdeführer wenden ein, dass der Rechtsweg, auf den
das Obergericht die Veranstalter für den Fall ungerechtfertigter
Verweigerung der Bewilligung verweise, in der Regel sehr lange dauere
und deshalb die Bewilligungspflicht für Demonstrationsversammlungen
und -umzüge darauf hinauslaufe, die in Frage stehenden Freiheitsrechte
total aufzuheben. Diesem Einwand ist eine gewisse Berechtigung nicht
abzusprechen, da zahlreiche Demonstrationen an ein bestimmtes politisches
Ereignis oder an eine bestimmte Situation anknüpfen und später oft keinen
Sinn mehr haben. Die Gefahr, dass einer zu engen Bewilligungspraxis der
Polizei mit den zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln nicht wirkungsvoll
und vor allem nicht rechtzeitig entgegengetreten werden kann, besteht
daher. Sie lässt die Bewilligungspflicht aber nicht als unverhältnismässig
erscheinen. Sie bestünde übrigens im gleichen Umfange auch dann, wenn
diese Pflicht ersetzt würde durch die Pflicht, Versammlungen und Umzüge
auf öffentlichem Grunde der Polizei vorher anzumelden (vgl. § 14 des
Versammlungsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 24. Juli 1953),
wobei die Polizei die erforderlichen Weisungen erteilt und allfällige
Verbote erlässt, weshalb die Beschwerdeführer mit Recht nicht geltend
machen, die Bewilligungspflicht könnte durch eine blosse Anmeldepflicht
ersetzt werden. Kommt die Kontrolle der Rechtsmittelinstanzen in der
Regel zu spät, so hat sie umso grössere präjudizielle Bedeutung und hält
die Polizei ab, die Bewilligung wiederholt in ungerechtfertigter Weise zu
verweigern. Dazu kommt, dass die Polizei auch der Kritik der Presse und
des Parlaments ausgesetzt ist und diese Kritik, deren Wirkung nicht zu
unterschätzen ist, meist sehr rasch einsetzt. Die Beschwerdeführer haben
denn auch nicht aufgrund von Entscheiden der Rechtsmittelinstanzen oder
auf andere Weise darzutun versucht, dass die bisherige Handhabung des im
Jahre 1929 erlassenen Art. 18bis VBöG zu einer unzulässigen Einschränkung
der Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit in der Stadt Zürich
geführt hätte.

    Die Beschwerdeführer werfen dem Obergericht schliesslich noch deshalb
Willkür und Verletzung der verfassungsmässigen Freiheitsrechte vor, weil
es mit seinem Entscheid gestatte, Teilnehmer an Spontandemonstrationen,
die naturgemäss nicht bewilligt sein könnten, wegzuweisen und zu
bestrafen. Das Obergericht hat indes im angefochtenen Entscheid zur Frage
der Spontandemonstrationen in keiner Weise Stellung genommen und hatte
auch keinen Anlass dazu, da die streitige Demonstration keine solche war,
sondern zwei Tage vorher öffentlich angekündigt wurde. Mit dem Verhältnis
der Bewilligungspflicht zur sogenannten Spontandemonstration braucht sich
daher auch das Bundesgericht nicht zu befassen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.