Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 IV 89



96 IV 89

22. Auszug aus dem Entscheid der Anklagekammer vom 31. August 1970
i.S. Frischknecht gegen eidg. Untersuchungsrichter. Regeste

    Art. 214 BStP. Wer in der Voruntersuchung nicht Partei ist, kann
gegen Amtshandlungen des Untersuchungsrichters nur Beschwerde führen,
wenn er durch eine Verfügung einen ungerechtfertigten Nachteil erleidet.

Sachverhalt

    A.- Alfred Frauenknecht kaufte den Geschwistern Lilly und Fanny
Frischknecht am 9. Januar 1969 ein etwa 800 m2 messendes Grundstück zum
Preise von Fr. 120.-- je m2 ab. Als Anzahlung leistete er Fr. 25'000.--,
die er als Zuwendung zur Belohnung von strafbaren Handlungen erhalten
haben soll, deretwegen er am 23. September 1969 von der Bundesanwaltschaft
verhaftet wurde und sich seit Februar 1970 in einer eidgenössischen
Voruntersuchung zu verantworten hat. Wegen der Verhaftung konnte
er den Rest des Kaufpreises nicht leisten, weshalb die Geschwister
Frischknecht vom Vertrag zurücktraten und das Grundstück für Fr. 103 220.--
anderweitig verkauften. Am 8. Oktober 1969 beschlagnahmte der Bundesanwalt
die Forderung Frauenknechts gegen die Geschwister Frischknecht auf
Rückerstattung der angezahlten Fr. 25'000.--. Am 21. August 1970 bestätigte
der Untersuchungsrichter diese Verfügung und ersuchte die Geschwister
Frischknecht um Bericht, bis wann sie die Fr. 25'000.-- zurückzuzahlen
gedächten. Er teilte ihnen mit, gegen diese Verfügung könnten sie bei
der Anklagekammer des Bundesgerichts binnen drei Tagen Beschwerde führen.

    B.- Mit Eingabe vom 24./25. August 1970 an die Anklagekammer stellen
sich die Geschwister Frischknecht auf den Standpunkt, Frauenknecht habe
gegen sie keine Forderung, seine Anzahlung sei verfallen und er schulde
ihnen Ersatz des Schadens aus der Nichterfüllung des Kaufvertrages.

    Der Untersuchungsrichter äussert sich dahin, vorgängig einer
Betreibung, die zur Unterbrechung der Verjährung im September 1970
erfolgen würde, habe er die Geschwister Frischknecht am 21. August zur
Zahlung aufgefordert. Sein Schreiben enthalte höchstens insoweit eine
Verfügung, als er darin die Beschlagnahme bestätigt habe. Er beantragt,
wenn man die Eingabe der Geschwister Frischknecht als Einsprache gegen
diese Verfügung ansehe, habe die Anklagekammer sie abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Die Anklagekammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerde gegen Amtshandlungen des Untersuchungsrichters
steht den Parteien und einem jeden zu, der durch eine Verfügung einen
ungerechtfertigten Nachteil erleidet (Art. 214 BStP).

    Die Geschwister Frischknecht sind in der Voruntersuchung gegen
Frauenknecht nicht Partei. Soweit der Untersuchungsrichter sie am
21. August 1970 um Bericht ersuchte, bis wann sie die Fr. 25'000.--
zurückzuzahlen gedächten, erleiden sie durch seine Aufforderung auch
keinen ungerechtfertigten Nachteil. Es bleibt ihnen unbenommen, ihren
Standpunkt, sie schuldeten Frauenknecht nichts, durch Rechtsvorschlag
und vor dem Richter einzunehmen und zu begründen, falls der Staat sie
auf Grund der Beschlagnahme oder einer Verfallserklärung im Sinne des
Art. 59 StGB oder des Art. 42 MStG belangen wird. Dieser Meinung scheinen
sie übrigens selber zu sein, schreiben sie doch: "Es ist keine Verfügung
des Untersuchungsrichters, ... es ist lediglich eine Mitteilung, dass
event. Zahlungen, statt an Frauenknecht, an den Untersuchungsrichter zu
richten seien."

    Auf die Ausführungen, mit denen die Geschwister Frischknecht darzutun
versuchen, dass sie Frauenknecht nichts schuldeten, ist daher nicht
einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Ob die Beschwerdeführerinnen gegen die untersuchungsrichterliche
Bestätigung der Beschlagnahme Einspruch erheben wollen, ist zweifelhaft,
sprechen sie doch dem angefochtenen Schreiben des Untersuchungsrichters
vom 21. August die Natur einer Verfügung überhaupt ab und führen sie mit
keinem Worte aus, dass und inwiefern der auf die bestrittene Forderung
gelegte Beschlag rechtlich unzulässig sei. Wie es sich damit verhält,
kann jedoch dahingestellt bleiben, da die Beschwerdeführerinnen jedenfalls
durch die Beschlagnahme keinen ungerechtfertigten Nachteil im Sinne des
Art. 214 Abs. 2 BStP erleiden. Die Einwendungen und Einreden gegen ihre
Schuldpflicht bleiben ihnen gewahrt, und der Umstand, dass sie nicht
mehr an den angeblichen Gläubiger Frauenknecht, sondern nur noch an
die Eidgenossenschaft (Kasse der Bundesanwaltschaft) zahlen dürfen,
benachteiligt sie nicht, umso weniger, als sie überhaupt nicht zahlen
wollen und nicht behaupten, sie möchten allenfalls ihre Haltung ändern
und mit Frauenknecht einen Vergleich abschliessen.

    Auf die Beschwerde ist daher auch insoweit nicht einzutreten, als
sie sich allenfalls gegen die Beschlagnahme richtet. Ob sie auch der
nötigen Form ermangelt, weil sie in dieser Hinsicht keine Beschwerdegründe
vorträgt, kann offen bleiben. Bemerkt sei nur, dass die Art. 214 ff. BStP
nicht ausdrücklich bestimmen, die Beschwerde müsse begründet werden.

Entscheid:

Demnach erkennt die Anklagekammer:

    Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.