Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 III 57



96 III 57

9. Entscheid vom 7. Juli 1970 i.S. W. Regeste

    Betreibung unter Ehegatten (Art. 173 ff. ZGB).

    Die Unterhaltsbeiträge, die ein Ehegatte dem andern in einer
vom Eheschutzrichter genehmigten Vereinbarung über die Aufhebung des
gemeinsamen Haushalts verspricht, gelten als vom Richter auferlegt; für
solche Beiträge ist daher nach Art. 176 Abs. 2 ZGB die Zwangsvollstreckung
zulässig. Ablehnung des Einwandes, die Beiträge seien nicht gültig
festgesetzt worden.

Sachverhalt

    A.- Am 25. Juli /4. August 1965 schlossen die Ehegatten W. eine
"Vereinbarung über das Getrenntleben", die u.a. vorsah, der Ehemann
habe der Ehefrau für sie und die fünf aus der Ehe hervorgegangenen Kinder
Unterhaltsbeiträge zu bezahlen, die sich auf 60% des ihm nach verschiedenen
Abzügen verbleibenden Arbeitseinkommens belaufen sollten. Seither leben die
Ehegatten getrennt. Da sie sich über die - in der Vereinbarung nicht näher
geregelte - Ausübung des Besuchsrechts des Ehemannes nicht verständigen
konnten, wandte sich dieser am 1. April 1966 an den Eheschutzrichter. Im
Eheverhör vom 11. Mai 1966 warf der Vertreter des Ehemanns die Frage auf:
"Kann man das vereinbarte Getrenntleben nicht richterlich bewilligen?",
worauf der Vertreter der Ehefrau erklärte, er habe nichts dagegen. Mit
Verfügung vom gleichen Tage regelte der Eheschutzrichter das Besuchsrecht
und bestimmte:

    "Den Ehegatten wird das Getrenntleben bis auf weiteres bewilligt. Für
die Dauer des Getrenntlebens gilt die zwischen den Ehegatten am 25. Juli
1965 abgeschlossene Vereinbarung."

    B.- Mit Zahlungsbefehl vom 25. Mai 1970 betrieb die Ehefrau den Ehemann
gestützt auf die erwähnte, vom Eheschutzrichter genehmigte Vereinbarung
für rückständige Unterhaltsbeiträge im Betrage von Fr. 41'183.90 nebst 5%
Zins auf dem jeweils ausstehenden Betrage seit 1. Januar 1967.

    Der Ehemann erhob Rechtsvorschlag und führte ausserdem Beschwerde
mit dem Antrag, die Betreibung sei wegen Verletzung von Art. 173 ZGB
aufzuheben. Er machte geltend, die Betreibung könne sich nicht auf
Art. 176 Abs. 2 ZGB stützen, da die geforderten Unterhaltsbeiträge nicht
vom Richter festgesetzt worden seien.

    Am 23. Juni 1970 wies die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab.

    C.- Diesen Entscheid hat der Ehemann an das Bundesgericht
weitergezogen.

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab.

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägungen:

    Der Entscheid BGE 77 III 49 ff., auf den der Rekurrent sich beruft,
sagt (S. 55) deutlich, dass unter dem Gesichtspunkte von Art. 176
Abs. 2 ZGB den durch richterlichen Entscheid auferlegten Beiträgen die
Beiträge gleichzustellen sind, die einem Ehegatten durch eine vom Richter
genehmigte Vereinbarung auferlegt wurden. Die richterliche Genehmigung
einer Vereinbarung über das Getrenntleben bewirkt wie die gemäss Art. 158
Ziff. 5 ZGB erfolgte richterliche Genehmigung einer Vereinbarung über
die Nebenfolgen einer Scheidung oder Trennung (vgl. hiezu BGE 95 II
387 E. 1; HINDERLING, Das schweiz. Ehescheidungsrecht, 3. A., S. 187),
dass die Vereinbarung Bestandteil des richterlichen Entscheides wird,
m.a.W. dass ihr Inhalt als vom Richter angeordnet gilt.

    Indem der Eheschutzrichter am 11. Mai 1966 verfügte, für die
Dauer des von ihm bewilligten Getrenntlebens gelte die Vereinbarung
vom 25. Juli 1965, genehmigte er diese Vereinbarung und damit auch die
darin enthaltene Bestimmung über die vom Rekurrenten zu entrichtenden
Unterhaltsbeiträge. Diese Beiträge haben deshalb als vom Richter auferlegt
zu gelten. Hieran ändert nichts, dass die Vereinbarung die Beiträge
nicht ziffernmässig, sondern in Prozenten des reinen Arbeitseinkommens
des Rekurrenten festsetzt. Ob ein Antrag auf richterliche Genehmigung
der erwähnten Vereinbarung vorlag, was der Rekurrent heute bestreitet,
ist unerheblich; denn die Verfügung, welche die Genehmigung aussprach,
ist unstreitig in Rechtskraft erwachsen. Im übrigen hat der Vertreter des
Rekurrenten seinerzeit die richterliche Bewilligung des "vereinbarten
Getrenntlebens" selbst angeregt, was sehr wohl dahin verstanden
werden konnte, er beantrage die Genehmigung der Vereinbarung über das
Getrenntleben. Auf jeden Fall schlug der Vertreter des Rekurrenten mit
der erwähnten Erklärung die richterliche Bewilligung des Getrenntlebens
vor. Bei Erteilung dieser Bewilligung waren notwendigerweise auch die
Modalitäten des Getrenntlebens zu regeln, was durch Genehmigung der
Vereinbarung geschehen konnte und tatsächlich geschehen ist. Für die
in der Vereinbarung vorgesehenen Unterhaltsbeiträge ist also nach
Art. 176 Abs. 2 ZGB die Zwangsvollstreckung gegen den Rekurrenten
zulässig. Ob der Rekurrent auf Grund der Vereinbarung die in Betreibung
gesetzten Beiträge schulde oder ob ihm begründete Einwendungen gegen die
Betreibungsforderung zu Gebote stehen, ist nicht im Beschwerdeverfahren,
sondern im Rechtsöffnungsverfahren oder allenfalls im ordentlichen Prozess
zu prüfen.