Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 I 568



95 I 568

82. Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Juli 1969 i.S. Hausmann gegen
Basel-Stadt, Regierungsrat. Regeste

    Miteigentum. Verpfändung der Miteigentumsanteile (Art.  646 Abs. 3
ZGB) und der im Miteigentum stehenden Sache selbst (Art. 648 Abs.
2 und 3 ZGB). Verhältnis zwischen den Pfandrechten an der Sache selbst
einerseits und an Miteigentumsanteilen anderseits. Tragweite der
Vorschrift, wonach die Miteigentümer die Sache selbst nicht mehr mit
Grundpfandrechten belasten dürfen, wenn solche an Miteigentumsanteilen
bestehen (Art. 648 Abs. 3 ZGB). Diese Vorschrift verbietet nach ihrem
Sinn und Zweck nicht, an der Sache selbst ein Pfandrecht zu errichten,
das den bereits bestehenden Pfandrechten an Miteigentumsanteilen vorgeht,
wenn alle Beteiligten, insbesondere die Gläubiger der Pfandrechte an den
Anteilen, damit einverstanden sind. Für die Zustimmung dieser Gläubiger
genügt eine schriftliche Erklärung.

Sachverhalt

    Das Grundstück Parzelle 3998 der Sektion II des Grundbuchs der Stadt
Basel wurde im Jahre 1934 mit einer Grundpfandverschreibung im I. Range
von Fr. 75 000.-- belastet. Nach dem Hinschied eines der Eigentümer ging
es im Jahre 1949 auf Grund eines Teilungsvertrages in das Miteigentum
von drei Personen mit Anteilen von je einem Drittel über. Einer der
Miteigentümer, Werner Hausmann, belastete im Jahre 1962 seinen Anteil
mit einem Inhaberschuldbrief von Fr. 35 000.--, dem im Hinblick auf das
bereits eingetragene, das ganze Grundstück belastende Pfandrecht der
II. Rang beigelegt wurde.

    Am 29. November 1966 beurkundete Notar Dr. Andreas Saxer einen
"Nachtrag zur Grundpfandverschreibung von Fr. 75 000.-- im I. Rang auf
Parzelle 3998 ...", der u.a. vorsah, dass diese Grundpfandverschreibung
um Fr. 10 000.-- auf Fr. 85 000.-- erhöht werde und dass die drei
Miteigentümer Hans, Werner und Gertrud Hausmann sowie die Ehefrau des
Miteigentümers Werner Hausmann der Gläubigerin diesen Betrag solidarisch
schulden. In einem schriftlichen "Nachtrag zum Inhaberschuldbrief
von Fr. 35 000.-- im II. Rang auf ein Drittel-Anteil von Parzelle
3998 ..." erklärte der Schuldbriefgläubiger mit Zustimmung einer als
"Forderungspfandgläubigerin" bezeichneten Bank "den Rücktritt für sein
gegenwärtiges Pfandrecht hinter einen Vorgang von nun Fr. 85 000.--
im I. Rang mit Zins bis 7%".

    Am 17. April 1967 wies das Grundbuchamt des Kantons Basel-Stadt
den Antrag Dr. Saxers auf Eintragung der von ihm beurkundeten Änderung
der Grundpfandverschreibung ab, weil nach der zwingenden Vorschrift von
Art. 648 Abs. 3 ZGB das Grundstück als ganzes nicht mehr verpfändet werden
könne, wenn einzelne Miteigentumsanteile verpfändet wurden.

    Die Beschwerde der drei Miteigentümer gegen diese Verfügung wurde
am 9. November 1967 vom Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt
als erstinstanzlicher und am 10. September 1968 vom Regierungsrat des
Kantons Basel-Stadt als zweitinstanzlicher kantonaler Aufsichtsbehörde
in Grundbuchsachen abgewiesen.

    Gegen den Entscheid des Regierungsrates haben die Miteigentümer
beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem
Begehren, das Grundbuchamt sei anzuweisen, die verlangte Eintragung zu
vollziehen. Gleichzeitig haben sie die Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
die sie vorsorglich gegen den Entscheid des Justizdepartements erhoben
hatten, zurückgezogen.

    Der Regierungsrat und das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement
(EJPD) beantragen in ihren Vernehmlassungen die Abweisung der vorliegenden
Beschwerde.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist das Grundbuchamt
an, die verlangte Eintragung vorzunehmen.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Art. 648 ZGB, der nach seinem Randtitel die "Verfügung über
die Sache" (d.h. die Verfügung über die im Miteigentum stehende Sache)
regelt, lautete in seiner ursprünglichen, bis zum 31. Dezember 1964
geltenden Fassung:

    "Jeder Miteigentümer ist befugt, die Sache insoweit zu vertreten, zu
gebrauchen und zu nutzen, als es mit den Rechten der anderen verträglich
ist.

    Zur Verässerung oder Belastung der Sache, sowie zur Veränderung ihrer
Zweckbestimmung bedarf es, insofern sie nicht einstimmig anders verfügt
haben, der Übereinstimmung aller Miteigentümer."

    Das am 1. Januar 1965 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Änderung
des Vierten Teiles des ZGB (Miteigentum und Stockwerkeigentum) vom 19.
Dezember 1963 (AS 1964 S. 993 ff.) ersetzte in Art. 648 Abs. 2 ZGB den
eingeschobenen Nebensatz "insofern sie nicht einstimmig anders verfügt
haben" durch den an den Schluss gestellten Nebensatz "soweit diese
(die Miteigentümer) nicht einstimmig eine andere Ordnung vereinbart
haben". Diese Änderung ist lediglich redaktioneller Natur (BBl 1962 II
1508; MEIER-HAYOZ, 4. Aufl. 1966, N. 20 zu Art. 688 ZGB).

    Aus Art. 648 Abs. 2 ZGB alter und neuer Fassung geht unzweifelhaft
hervor, dass es grundsätzlich möglich ist, eine im Miteigentum stehende
Sache als solche zu verpfänden, wenn alle Miteigentümer dieser Verfügung
zustimmen.

    Die Befugnis, den Miteigentumsanteil zu verpfänden, die nach
dem bei der Revision von 1963 nicht geänderten Art. 646 Abs. 3
ZGB jedem Miteigentümer zusteht, bleibt auch dann bestehen, wenn
die im Miteigentum stehende Sache als solche verpfändet worden ist
(Kreisschreiben des EJPD an die kantonalen Aufsichtsbehörden über das
Grundbuch betr. die grundbuchliche Behandlung des Stockwerkeigentums
und des gewöhnlichen Miteigentums vom 24. November 1964, BBl 1964 II
1198 f. Ziff. 4; MEIER-HAYOZ N. 45 zu Art. 646 ZGB). Das Pfandrecht an
der Sache und das Pfandrecht am Anteil bestehen in einem solchen Falle
nebeneinander. Da die beiden Pfandrechte rechtlich nicht den gleichen
Gegenstand haben (vgl. Art. 655 ZGB, wonach sowohl die Liegenschaften
als auch die Miteigentumsanteile an Grundstücken Grundstücke im Sinne des
Gesetzes sind), kann zwischen ihnen nicht ein Rangverhältnis im Sinne von
Art. 813 ff. ZGB bestehen, d.h. die Vorschriften über die Pfandstellen und
über die Vereinbarung eines Nachrückungsrechts sind auf das Verhältnis
zwischen diesen beiden Rechten nicht anwendbar, sondern die genannten
Vorschriften regeln nur das Verhältnis zwischen mehreren Pfandrechten
am Grundstück selbst und das Verhältnis zwischen mehreren Pfandrechten
an einem Anteil. Auch wenn das Grundstück selbst verpfändet ist, kann
also an jedem Anteil ein Pfandrecht im I. Rang errichtet werden (vgl.
hiezu BBl 1962 II 1508, MEIER-HAYOZ N. 29 d zu Art. 648 ZGB, sowie
Ziff. 4 und 5 des erwähnten Kreisschreibens). Es war deshalb falsch,
dass dem zulasten des Miteigentumsanteils von Werner Hausmann errichteten
Inhaberschuldbrief mit Rücksicht auf die bereits bestehende Pfandbelastung
des ganzen Grundstücks der II. Rang beigelegt wurde.

    Der Umstand, dass das Pfandrecht an der Sache selbst und dasjenige an
einem Miteigentumsanteil rechtlich nicht den gleichen Gegenstand haben,
ändert jedoch nichts daran, dass das Pfandrecht am Anteil letztlich
wie das Pfandrecht an der ganzen Sache die Befriedigung des Gläubigers
aus dem Wert der Sache bzw. aus einer bestimmten Quote dieses Wertes
gewährleisten soll. Kommt es zur Verwertung der Sache selbst, was
nicht nur infolge Betreibung durch den Gläubiger, dem die ganze Sache
verpfändet ist, sondern wenigstens nach den bisher geltenden Vorschriften
über die Zwangsverwertung von Grundstücken (Art. 73 lit. b und 102 VZG)
auch infolge Betreibung durch den Gläubiger, dem ein Anteil verpfändet
ist, geschehen kann, so muss entschieden werden, wieweit der Erlös dem
einen und dem andern Pfandgläubiger zukommt. Über die Frage, in welchem
Verhältnis die beiden Pfandrechte zueinander stehen, muss aber auch
dann Klarheit bestehen, wenn allenfalls nur der Anteil verwertet wird
(was Art. 73 lit. a VZG freilich nur für den Fall zulässt, dass das
Grundstück als solches nicht verpfändet ist) oder wenn versucht werden
soll, eine Verständigung unter den Miteigentümern und den Pfandgläubigern
über die Auflösung des Miteigentumsverhältnisses (Art. 73 lit. b VZG)
herbeizuführen. Es handelt sich dabei um eine Frage der Reihenfolge oder
des Ranges in einem weiteren Sinne. Sie ist dahin zu beantworten, dass das
Pfandrecht an der Sache selbst dem erst nachher begründeten Pfandrecht an
einem Miteigentumsanteil vorgeht (vgl. Art. 73 lit. b am Ende VZG; Ziffer
4 am Ende des Kreisschreibens des EJPD vom 24. November 1964; MEIER-HAYOZ
N. 29 d Abs. 2 zu Art. 648 ZGB). Das folgt daraus, dass die Wertquote der
Sache, die Gegenstand eines dinglichen Rechts des Gläubigers ist, dem das
ganze Grundstück verpfändet wurde, mit Rücksicht auf dieses absolute Recht
nicht nachträglich auch noch zur Sicherung anderer Gläubiger verwendet
werden kann, soweit sie zur Deckung der Ansprüche des Gläubigers, dem die
ganze Sache verpfändet wurde, erforderlich ist (vgl. LIVER, Einleitung
zum 21. Titel des ZGB, N. 37, wo zu einer ähnlichen Frage eine analoge
Erwägung angestellt wird).

Erwägung 2

    2.- Während nie bezweifelt wurde, dass die einzelnen
Miteigentumsanteile auch nach Verpfändung der Sache selbst verpfändet
werden können (Erw. 1 hievor), war unter der Herrschaft der ursprünglichen
Fassung von Art. 648 ZGB umstritten, ob umgekehrt eine Verpfändung der
Sache selbst auch dann noch zulässig sei, wenn einer oder mehrere der
Miteigentümer ihren Anteil verpfändet haben. LEEMANN (2. Aufl. 1920, N. 29
zu Art. 648 ZGB) hielt dafür, das sei rechtlich möglich; das Pfandrecht
an der Sache selbst trete dann "für die bereits verpfändeten Anteile in
den nachgehenden Rang"; mit Rücksicht auf die grossen Schwierigkeiten,
die dadurch für die Pfandverwertung entstehen, sollte indes "die
Verpfändung der Sache, nachdem bereits einzelne Anteile verpfändet
worden sind, vermieden" werden. Demgegenüber vertraten namentlich GUHL
(ZBJV 1917 S. 52), HAAB (N. 24 zu Art. 646 ZGB), FRIEDRICH (ZSR 1956
II 227 a) und MEIER-HAYOZ (3. Aufl. 1959, N. 29 zu Art. 648 ZGB) die
Auffassung, nach Verpfändung einzelner Anteile sei die Verpfändung
der Sache selbst nicht bloss unerwünscht, sondern unzulässig. Diese
Auffassung wurde namentlich mit den - auch von LEEMANN anerkannten
- grossen praktischen Schwierigkeiten begründet, die sonst bei der
Pfandverwertung einträten. HAAB betrachtete eine Verpfändung der Sache
selbst nach Verpfändung von Anteilen auch deshalb als ausgeschlossen,
weil der Miteigentümer, der seinen Anteil belaste, insoweit über die
ihm zustehende Quote des Grundstückswertes verfüge und fortan über diese
Quote nicht mehr in der Weise verfügen könne, dass er zusammen mit den
anderen Miteigentümern das Grundstück als solches verpfändet (aaO).

    Der vorherrschenden Lehre folgend, fügte das Bundesgesetz vom
19. Dezember 1963 dem Art. 648 ZGB einen dritten Absatz bei, der lautet:

    "Bestehen Grundpfandrechte oder Grundlasten an Miteigentumsanteilen,
so können die Miteigentümer die Sache selbst nicht mehr mit solchen
Rechten belasten."

    Zu dieser Bestimmung, die in ihrem wesentlichen Inhalt auf die
Vorentwürfe vom Mai 1957 und April 1958 zurückgeht, führt die Botschaft
des Bundesrates vom 7. Dezember 1962 (BBl 1962 II 1461 ff.), die das
Ergebnis der Beratungen der Studienkommission für das Stockwerkeigentum
über die von ihr geprüften Vorentwürfe, Berichte und Vernehmlassungen
zusammenfasst und der die nachfolgenden parlamentarischen Beratungen in
diesem Punkte keine neuen Überlegungen beifügten, im wesentlichen aus,
das in Art. 648 Abs. 3 ZGB ausgesprochene Verbot solle nicht nur die
praktischen Schwierigkeiten der Zwangsverwertung vermeiden, sondern beruhe
"auf einer grundsätzlichen theoretischen und praktischen Notwendigkeit";
zwischen den Pfandrechten an der Sache selbst und jenen an den Anteilen
könne wegen Verschiedenheit der Pfandgegenstände kein Rangverhältnis
bestehen; die Pfandrechte am einen und die am andern Gegenstand hätten aber
das gleiche Verwertungssubstrat; bei Versteigerung der Sache auf Betreiben
der Gläubiger, denen sie verpfändet ist, erwerbe der Ersteigerer an ihr
Alleineigentum; da das Miteigentum untergehe, verlören die Gläubiger,
denen Anteile verpfändet waren, ihre Pfandgegenstände; ob die Verwertung
einen Überschuss ergebe, aus dem ihnen etwas zukäme, sei ganz unsicher;
die Verpfändung der Sache, die bereits zum Verwertungssubstrat für
Pfandrechte an Miteigentumsanteilen gemacht worden sei, müsse aber, wie
HAAB in N. 24 zu Art. 646 ZGB ausführe, auch deswegen (gemeint: im Hinblick
auf die Verfügung, die mit dieser Verpfändung über die betreffende Quote
des Grundstückswertes getroffen wurde) ausgeschlossen werden.

Erwägung 3

    3.- Art. 648 Abs. 3 ZGB sagt ganz allgemein, dass die Miteigentümer,
wenn Grundpfandrechte (oder Grundlasten) an Miteigentumsanteilen bestehen,
die Sache selbst nicht mehr mit solchen Rechten belasten können. Es fragt
sich indessen, ob diese Bestimmung nach ihrem wahren Sinn so allgemein
gelte, wie sie lautet, oder ob die gesetzgeberischen Erwägungen, die
ihr zugrunde liegen, die Tragweite des darin ausgesprochenen Verbots
einschränken und der vertraglichen Gestaltung der in Frage stehenden
Pfandrechtsverhältnisse einen gewissen Spielraum lassen (zur Frage,
wieweit im Sachenrecht Vertragsfreiheit bestehe, vgl. MEIER-HAYOZ,
4. Aufl., Systemat. Teil, N. 41 und 39, 39 a).

    a) Eine nach der Verpfändung von Miteigentumsanteilen erfolgende
Verpfändung der Sache selbst schafft bei der Zwangsverwertung dann
erhebliche Schwierigkeiten, wenn das damit begründete Pfandrecht an der
Sache selbst den Pfandrechten an den Miteigentumsanteilen nachgeht,
d.h. wenn der Gläubiger, dem die Sache verpfändet ist, erst nach
Befriedigung der Gläubiger, denen Anteile verpfändet sind, auf den Erlös
der Sache Anspruch erheben kann. Es ist sehr schwierig, wenn überhaupt
möglich, in einem solchen Fall einerseits die Rechte des Gläubigers,
dem die Sache selbst verpfändet ist, zu wahren, anderseits aber zu
vermeiden, dass die Miteigentümer, welche ihre Anteile nicht verpfändet
haben, gegenüber den anderen in ungerechtfertigter Weise benachteiligt
werden. Die Probleme, die sich bei der Zwangsverwertung stellen, wenn die
Pfandrechte an der Sache selbst denen an Miteigentumsanteilen vorgehen,
sind dagegen sehr wohl lösbar (vgl. Art. 73 lit. b VZG und BGE 69 III 12
ff.). Soweit das Verbot der Belastung der Sache selbst nach Belastung
von Miteigentumsanteilen das Entstehen erheblicher Schwierigkeiten bei
der Zwangsverwertung verhindern soll, kann es sich also seinem Zwecke
nach nur gegen die - von LEEMANN (aaO) ins Auge gefasste und für rechtlich
möglich gehaltene - Errichtung von solchen Pfandrechten an der Sache selbst
richten, welche den Pfandrechten an den Miteigentumsanteilen nachgehen.

    Da im vorliegenden Falle die Miteigentümer selbst ein dem Pfandrecht
am verpfändeten Anteil vorgehendes Pfandrecht am Grundstück errichten
wollen, braucht heute nicht entschieden zu werden, ob sich Art. 648
Abs. 3 ZGB, wie MEIER-HAYOZ (N. 29 c zu Art. 648 ZGB) in Übereinstimmung
mit der bundesrätlichen Botschaft (BBl 1962 II 1509) annimmt, nicht
nur auf die rechtsgeschäftliche Errichtung von Grundpfandrechten durch
die Miteigentümer, sondern auch auf die Eintragung von gesetzlichen
Pfandrechten, namentlich Bauhandwerkerpfandrechten auf Verlangen der
Gläubiger beziehe, obwohl die endgültige Fassung dieser Bestimmung
nur sagt, dass "die Miteigentümer" die Sache selbst nach Verpfändung
von Anteilen nicht mehr mit Grundpfandrechten belasten können.
(Im bundesrätlichen Entwurf lautete Art. 648 Abs. 3 ZGB: "Bestehen
Grundpfandrechte oder Grundlasten an Miteigentumsanteilen, so kann die
Sache selbst nicht mehr mit solchen Rechten belastet werden." In dieser
Fassung wurde Art. 648 Abs. 3 ZGB von den gesetzgebenden Räten angenommen:
Sten.Bull. 1963 NR S. 217, StR 213/214. Der neue Absatz 2 von Art. 47 GBV
lehnt sich an diese Fassung an, indem er sagt: "Bestehen Grundpfandrechte
oder Grundlasten an Miteigentumsanteilen, so können solche Rechte nicht
mehr zu Lasten des im Miteigentum stehenden Grundstückes eingetragen
werden." Die in der Sammlung der eidgenössischen Gesetze enthaltene, in
Erw. 2 hievor wiedergegebene Fassung von Art. 648 Abs. 3 ZGB erscheint
erstmals in der Referendumsvorlage: BBl 1963 II 1448 ff. Die erfolgte
Änderung wurde also offenbar als rein redaktionell betrachtet.)

    b) Gleich wie der Gläubiger, dem die Sache selbst verpfändet
ist, kraft seines Pfandrechts gegenüber den Gläubigern, denen nachher
Miteigentumsanteile verpfändet werden, ein Vorrecht auf die von seinem
Pfandrecht erfasste Quote des Grundstückswertes besitzt (Erw. 1 hievor,
am Ende), hat ein Gläubiger, dem vor Verpfändung der Sache selbst ein
Miteigentumsanteil verpfändet wurde, bis zur Höhe der Pfandsumme ein
Vorrecht auf den Bruchteil des Grundstückswertes, der dem quotenmässigen
Umfang des verpfändeten Miteigentumsanteils entspricht (vgl. die in
Erw. 2 hievor zusammengefassten Ausführungen im Kommentar HAAB und in
der Botschaft vom 7. Dezember 1962). Ein solcher Gläubiger braucht
sich daher nicht gefallen zulassen, dass die Miteigentümer ein seinem
Pfandrecht vorgehendes Pfandrecht an der Sache selbst errichten, es
wäre denn, dass vor Verpfändung des Miteigentumsanteils zulasten des
im Miteigentum stehenden Grundstücks eine leere Pfandstelle geschaffen
wurde (vgl. hiezu MEIER-HAYOZ N. 29 a zu Art. 648 ZGB). Das ist aber
kein zureichender Grund dafür, den Miteigentümern die Errichtung eines
solchen Pfandrechts beim Fehlen einer leeren Pfandstelle schlechthin
zu verbieten. Die Rücksicht auf die Rechte des Anteilspfandgläubigers
verlangt vielmehr nur, dass den Miteigentümern verboten wird, ein dem
Pfandrecht am Anteil vorgehendes Pfandrecht an der Sache selbst gegen
den Willen des Anteilspfandgläubigers zu begründen, sofern sie sich das
nicht durch Schaffung einer leeren Pfandstelle vorbehalten haben. Stimmt
der Anteilspfandgläubiger, der über seine Rechte frei verfügen kann,
der Errichtung eines seinem Pfandrecht vorgehenden Pfandrechts an der
Sache selbst zu, so entfällt der gesetzgeberische Grund für die Anwendung
von Art. 648 Abs. 3 ZGB, soweit er im Schutz der Anteilspfandgläubiger
vor einer Beeinträchtigung ihrer Rechte durch die Miteigentümer liegt.

    c) Das Bestehen von Grundpfandrechten an der Sache selbst bedeutet,
wie die zutreffenden Ausführungen der bundesrätlichen Botschaft über die
möglichen Folgen einer von Gläubigern solcher Pfandrechte veranlassten
Verwertung der Sache zeigen, ganz allgemein eine Gefahr für den
Fortbestand des Miteigentums und damit auch einen erheblichen Nachteil
für die Inhaber von Miteigentumsanteilen. Abgesehen davon, dass die
Miteigentümer riskieren, ihre Anteile infolge Untergangs des Miteigentums
zu verlieren, kann das Bestehen von Pfandrechten an der Sache selbst auch
die Belehnung der Anteile erschweren. Der Gesetzgeber hat aber hieraus
nicht die Folgerung gezogen, die Begründung von Miteigentum zu verbieten,
solange Pfandrechte an der Sache selbst bestehen, und die Verpfändung einer
Sache nach der Begründung von Miteigentum daran allgemein zu untersagen. Er
lässt vielmehr die Pfandrechte an der Sache selbst, wenn daran Miteigentum
begründet wird, einfach fortbestehen (vgl. BBl 1962 II 1501 Abs. 2) und
erlaubt den Miteigentümern sogar die Neubegründung solcher Pfandrechte;
das wenigstens solange, als keine Pfandrechte an Anteilen bestehen
(Art. 648 Abs. 2 und 3 ZGB). Unter dem Gesichtspunkte der Gefährdung des
Miteigentums macht es aber keinen Unterschied aus, ob die Pfandrechte
an der Sache selbst vor oder nach der Verpfändung von Anteilen begründet
werden; die Gefährdung ist vielmehr in beiden Fällen die gleiche. Da der
Gesetzgeber es nicht für nötig hielt, allgemein zu verhindern, dass an
einer im Miteigentum stehenden Sache diese selbst erfassende Pfandrechte
bestehen, kann folglich auch nicht angenommen werden, das in Art. 648
Abs. 3 ZGB ausgesprochene Verbot der Verpfändung der Sache selbst nach
Belastung von Anteilen müsse im Interesse der Erhaltung des Miteigentums
auch dann gelten, wenn die Miteigentümer bereit sind, die Gefahren in
Kauf zu nehmen, denen eine solche Verpfändung sie aussetzt, und wenn die
Anteilspfandgläubiger ihrerseits damit einverstanden sind, dass das neu zu
errichtende Pfandrecht an der Sache selbst ihren Pfandrechten vorgeht. Das
lässt sich um so weniger annehmen, als die Beteiligten in einem solchen
Falle rechtlich nicht gehindert wären, das von ihnen angestrebte Ziel
dadurch zu erreichen, dass sie die Pfandrechte an den Anteilen löschen,
das Pfandrecht an der Sache selbst eintragen und hierauf die Pfandrechte an
den Anteilen wieder eintragen lassen (vgl. MEIER-HAYOZ N. 29 a zu Art. 648
ZGB, der die Verpfändung der Sache nach Ablösung der Anteilspfandrechte
als zulässig erklärt). In einem solchen Vorgehen läge keine unzulässige
Gesetzesumgehung, da das Gesetz nicht nur die dabei angewandten Mittel,
sondern auch das damit erstrebte Ergebnis zulässt. Ein solches Vorgehen
wäre aber umständlich und kostspielig, und die von Art. 648 Abs. 3 ZGB
verfolgten Zwecke verlangen nicht, dass die Beteiligten diesen Umweg
beschreiten, statt die von ihnen gewünschte Rechtsänderung unmittelbar
herbeizuführen.

    d) Art. 648 Abs. 3 ZGB verbietet also den Miteigentümern
eines Grundstücks schlechthin, dieses nach der Verpfändung
von Miteigentumsanteilen mit Pfandrechten zu belasten, die den
Anteilspfandrechten nachgehen würden, weil dadurch bei der Zwangsverwertung
grosse Schwierigkeiten entstünden. Ferner verbietet diese Vorschrift den
Miteigentümern, nach der Verpfändung von Anteilen das Grundstück selbst
gegen den Willen der Anteilspfandgläubiger mit einem den Pfandrechten
an den Anteilen vorgehenden Pfandrecht zu belasten, weil das ein
unzulässiger Eingriff in die Rechte der Anteilspfandgläubiger wäre. Sie
schliesst dagegen nach ihrem Sinn und Zweck nicht aus, dass ein solches
Pfandrecht mit Zustimmung der Gläubiger der Pfandrechte an den Anteilen
errichtet wird. Diese Auffassung wurde denn auch, wie die Beschwerdeführer
mit Recht bemerken, schon in den Beratungen der Studienkommission für
das Stockwerkeigentum vertreten (Protokoll der Sitzungen vom 18. bis
20. und 23. September 1957, S. 17: Voten Cavin und Liver; abweichend
das Votum Deschenaux). Warum der entsprechende Zusatz zu Art. 648 Abs. 3
ZGB ("so kann ohne Zustimmung der Gläubiger dieser Rechte nicht auch
noch die Sache mit solchen Rechten belastet werden"), der sich in dem
von Prof. Liver auf Grund der Verarbeitung des Vernehmlassungsmaterials
teilweise neu redigierten Gesetzestexte vom 31. März 1960 findet, später
gestrichen wurde, geht aus den Materialien nicht klar hervor; noch in
der Sitzung der Studienkommission vom 24. Juni 1960 führte Prof. Liver,
ohne in diesem Punkt auf Widerspruch zu stossen, u.a. aus (Protokoll der
Sitzungen vom 24. und 29. Juni und 6. Juli 1960, S. 2):

    "... Wird die Sache verwertet und erzielt sie keinen Überschuss über
die Forderungen der Gläubiger, denen sie als Pfand haftet, so gehen die
Gläubiger, denen die Anteile als Pfand haften, leer aus, und die Anteile
verschwinden; daher müssen denn auch die Gläubiger, denen die Anteile
haften, in die nachträgliche Belastung der Sache einwilligen."

    In der bundesrätlichen Botschaft und bei der parlamentarischen
Beratung wurde die Frage, ob nach der Verpfändung von Miteigentumsanteilen
auch das Grundstück selbst noch verpfändet werden könne, falls die
Anteilspfandgläubiger zustimmen, nicht erörtert, und auch das Schrifttum
behandelt diese Frage nicht. Wie zuzulassen ist, dass das Rangverhältnis
zwischen beschränkten dinglichen Rechten am gleichen Gegenstand durch
Vereinbarung aller Beteiligten abweichend von der gesetzlichen Ordnung
geregelt wird (WIELAND N. 4, HOMBERGER N. 21 zu Art. 972 ZGB; LIVER,
Einleitung zum 21. Titel, N. 42; Art. 812 Abs. 2 ZGB), darf grundsätzlich
auch zugelassen werden, dass beim Bestehen von Pfandrechten, die
rechtlich nicht den gleichen Gegenstand betreffen, aber das gleiche
"Verwertungssubstrat" haben, die Beteiligten die Frage, in welcher
Reihenfolge sie dieses Substrat für die Deckung ihrer Forderungen in
Anspruch nehmen können, in allseitigem Einverständnis abweichend von
der aus dem Gesetz sich ergebenden Ordnung regeln. Art. 648 Abs. 3 ZGB
beschränkt diese Befugnis nach seinem wahren Sinn nur insofern, als er
den Miteigentümern zur Vermeidung von grossen Schwierigkeiten bei der
Zwangsverwertung schlechthin (auch für den Fall des Einverständnisses
aller Beteiligten) verbietet, das Grundstück selbst nach Verpfändung von
Anteilen mit einem Pfandrecht zu belasten, das den Anteilspfandrechten
im angegebenen Sinne (hinsichtlich der Reihenfolge des Zugriffs auf das
gemeinsame Verwertungssubstrat) nachgehen würde.

Erwägung 4

    4.- Im vorliegenden Falle sind alle Beteiligten darüber einig, dass
der Betrag der das Grundstück selbst belastenden Grundpfandverschreibung
auf Fr. 85 000.-- erhöht werden und die Grundpfandverschreibung auch mit
diesem erhöhten Betrag dem Pfandrecht am Miteigentumsanteil des Werner
Hausmann im dargestellten Sinne vorgehen soll. Die Miteigentümer haben der
Pfanderhöhung gemäss Art. 799 Abs. 2 ZGB in einer öffentlichen Urkunde
zugestimmt. Die schriftliche Erklärung der aus dem Inhaberschuldbrief
am Anteil Werner Hausmanns berechtigten Personen, wonach sie für dieses
Anteilspfandrecht "den Rücktritt ... hinter einen Vorgang von nun Fr. 85
000.-- im I. Rang mit Zins bis 7%" erklären, lässt trotz ihrer nicht ganz
sachgerechten Fassung deutlich erkennen, dass sie damit einverstanden
sind, dass die auf Fr. 85 000.-- erhöhte Grundpfandverschreibung ihrem
eigenen Pfandrecht vorgehen soll. Für diese Erklärung genügte die einfache
Schriftform (vgl. LEEMANN N. 70, 71 zu Art. 813/814 ZGB). Die angemeldeten
Rechtsänderungen sind daher im Grundbuch einzutragen.