Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 I 477



95 I 477

69. Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. Juli 1969 i.S. Continental
Gummi-Werke Aktiengesellschaft gegen Eidgenössisches Amt für geistiges
Eigentum. Regeste

    Internationale Marke deutschen Ursprungs; Voraussetzungen der
Eintragung in der Schweiz. Madrider Abkommen (Fassung von Nizza) Art. 5
Abs. 1; Pariser Verbandsübereinkunft (Fassung von Lissabon) Art. 6 Abs. 1,
6 quinquies lit. B Ziff. 2; Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG (Erw. 1).

    Unzulässigkeit der Marke "Synchrobelt", die durch ihre der griechischen
und englischen Sprache entnommenen Bestandteile auf die Bestimmung eines
Erzeugnisses hinweist (Erw. 2).

Sachverhalt

    Die Continental Gummi-Werke Aktiengesellschaft in Hannover ist
Inhaberin der in der Warenzeichenrolle der Bundesrepublik Deutschland
stehenden Wortmarke Synchrobelt. Sie liess sie am 4. April /17. Mai 1968
unter Nr. 345'651 auch in das vom Internationalen Büro zum Schutze des
gewerblichen Eigentums geführte Markenregister eintragen, und zwar für
"courroies de transmission (excepté pour véhicules terrestres), courroies
de transport, courroies dentées (excepté pour véhicules terrestres)". Am
25. März 1969 verfügte das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum,
dieser Marke werde für das Gebiet der Schweiz der Schutz verweigert, weil
sie eine bloss beschreibende Angabe ohne jegliche Unterscheidungskraft sei.

    Die Hinterlegerin beantragt dem Bundesgericht mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 9. Mai 1969, diese Verfügung, die ihr am
11. April 1969 durch das Internationale Büro mitgeteilt wurde, aufzuheben.

    Das Eidgenössische Amt beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Bundesrepublik Deutschland und die Schweiz sind dem
Madrider Abkommen betreffend die internationale Registrierung der
Fabrik- oder Handelsmarken in der am 15. Juni 1957 in Nizza revidierten
Fassung beigetreten. Dessen Art. 5 Abs. 1 erlaubt den auf das Abkommen
verpflichteten Ländern, einer international registrierten Marke den Schutz
unter den gleichen Voraussetzungen zu verweigern, unter denen sie ihn nach
der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums
(PVUe) einer zur nationalen Eintragung hinterlegten Marke versagen dürfen.

    Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz ist die am 31.
Oktober 1958 in Lissabon vereinbarte Fassung der PVUe massgebend. Sie
umschreibt in Art. 6 quinquies lit. B die Voraussetzungen, unter denen ein
Land die Eintragung von Fabrik- oder Handelsmarken verweigern darf. Diese
Bestimmung lässt in Ziffer 2 die Verweigerung unter anderem zu, "wenn
die Marken jeder Unterscheidungskraft entbehren oder ausschliesslich aus
Zeichen oder Angaben zusammengesetzt sind, die im Verkehr zur Bezeichnung
der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wortes, des
Ursprungsortes der Erzeugnisse oder der Zeit der Erzeugung dienen können,
oder die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen
Verkehrsgepflogenheiten des Landes, in dem der Schutz beansprucht wird,
üblich sind". Im übrigen hängt die Eintragungsfähigkeit von den Gesetzen
dieses Landes ab (Art. 6 Abs. 1 PVUe). Ein Verbandsland kann eine Marke
also auch dann schützen, wenn es ihr nach der PVUe den Schutz verweigern
dürfte.

    Nach schweizerischem Recht darf eine Marke unter anderem dann nicht
eingetragen werden, wenn sie als wesentlichen Bestandteil ein als Gemeingut
anzusehendes Zeichen enthält oder wenn sie gegen bundesgesetzliche
Vorschriften oder gegen die guten Sitten verstösst (Art. 14 Abs. 1
Ziff. 2 MSchG). Als Gemeingut gelten nach ständiger Rechtsprechung unter
anderem Hinweise auf Eigenschaften oder Beschaffenheit der Erzeugnisse,
für welche die Marke bestimmt ist (BGE 94 I 76, 91 I 357 Erw. 3 und dort
erwähnte Entscheide). Diese Rechtsprechung überschreitet die Grenzen
nicht, die Art. 6 quinquies lit. B PVUe der Landesgesetzgebung zieht.

Erwägung 2

    2.- Der Bestandteil "belt" der Marke Synchrobelt der Beschwerdeführerin
ist eine Sachbezeichnung. Er gehört der englischen Sprache an und bedeutet
Riemen, Treibriemen, Gurt, Gürtel, Förderband (Hoyer-Kreuter, Technological
Dictionary, 1944; Harrap's Standart French and English Dictionary
1955; Cassel's German and English Dictionary, 1962; Langenscheidt's
Encyclopaedic Dictionary, 1962; W. Goedecke, Dictionary of electrical
engineering, 1967). Hievon geht auch die vom Büro des internationalen
Verbandes zum Schutze des gewerblichen Eigentums herausgegebene
"Internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für Fabrik-
und Handelsmarken" aus (vgl. verschiedene den Bestandteil Gurte, Gürtel,
Riemen oder courroies aufweisende Warenbezeichnungen, die im Englischen
den Ausdruck belt enthalten). Gleicher Auffassung sind die Hinterleger
verschiedener schweizerischer Fabrik- oder Handelsmarken, die für
Treibriemen, Gurten, Gürtel, Förderbänder und dgl. bestimmt sind und
die Silbe belt aufweisen (z.B. die Wort/Bildmarke The Teon Belt und die
Wortmarken Durabelt, Polybelt, Optibelt, Simplabelt, Vertibelt, Mobelt,
Interbelt, Dynabelt, Ari-Belt). Die Beschwerdeführerin bestreitet denn
auch den erwähnten Sinn des Wortes belt nicht, sondern macht nur geltend,
er sei dem Durchschnittskäufer ihrer Ware nicht geläufig. Das trifft
indessen nicht zu. Treibriemen und Förderbänder werden vorwiegend von
Fachleuten der Maschinenindustrie und ihren Abnehmern benötigt. Dieser
Kundschaft sind Fachausdrücke, auch wenn sie aus dem Englischen stammen,
bekannt. Es liegt denn auch auf der Hand, dass die Beschwerdeführerin
durch den Markenbestandteil belt nicht einen Phantasienamen vortragen,
sondern die Gattung der angebotenen Ware kennzeichnen will.

    Der Ausdruck "synchro" sodann entspricht dem aus dem griechischen
"syn" (gleich) und "chronos" (die Zeit) abgeleiteten Worte synchron
(französisch synchrone; englisch synchronous), welches bedeutet, dass zwei
Vorgänge sich in der gleichen Zeit abspielen (Der Grosse Brockhaus, 1957;
Grand Larousse, 1964; Robert, Dictionnaire alphabétique et analogique
de la langue française, 1964; Hoyer-Kreuter, Technological Dictionary,
1964; Webster's New World Dictionary, 1964; Langenscheidt's Encyclopaedic
Dictionary, 1962). Dass der letzte Buchstabe von "synchron" in "synchro"
weggelassen ist, ändert am Sinne nichts. In gewissen zusammengesetzten
Wörtern pflegt dieser Buchstabe des Wohlklanges wegen unterdrückt zu
werden, z.B. in "Synchrotron" (Der Grosse Brockhaus, 1957; Grand Larousse,
1964), "synchromachine" (Grand Larousse, 1964) und "synchroscope"
(Webster's New World Dictionary, 1964).

    Die Marke Synchrobelt als Ganzes weist demnach auf eine Eigenschaft
der Treibriemen und Förderbänder hin, für die sie bestimmt ist. Sie
hat den Sinn, bei Verwendung dieser Riemen oder Bänder liefen die
antreibende und die angetriebene Welle synchron, d.h. die Drehungen der
ersteren würden ohne jeglichen auf ein Gleiten des Riemens oder Bandes
zurückzuführenden Zeitverlust im gewünschten Verhältnis (z.B. 1:1 oder
2:1) auf die angetriebene Welle übertragen. Das Wort Synchrobelt ist somit
als Aussage über eine Eigenschaft der Ware Gemeingut und daher als Marke
nicht zulässig.

    Dass die Beschwerdeführerin dieses Zeichen nicht für Riemengetriebe,
sondern für Treibriemen und Förderbänder beansprucht, ist unerheblich. Die
Synchronisierung des Getriebes soll durch die Riemen und Bänder ermöglicht
werden, und auf diese Eigenschaft der Erzeugnisse der Beschwerdeführerin
weist das Wort Synchrobelt hin. Um seinen Sinn zu erfassen, bedarf man
nicht der Phantasie oder der Gedankenverbindung, wie es in gewissen von
der Beschwerdeführerin angerufenen anderen Fällen (BGE 79 II 101 Erw. 2,
84 II 431 Erw. 3) zutraf.

    Es kommt auch nichts darauf an, dass der Ausdruck Synchrobelt im
Verkehr noch nicht gebräuchlich ist. Die Neuheit eines Wortes schliesst
seine Würdigung als Gemeingut nicht aus, wenn sein Sinn für die Kreise, an
die es sich richtet, auf der Hand liegt, was namentlich dann zutrifft, wenn
es, wie im vorliegenden Falle, aus bereits bekannten Teilen zusammengesetzt
ist (BGE 80 II 176 Erw. 3 [Marke Clip] und Entscheid der I. Zivilabteilung
vom 12. Mai 1969 i.S. J.M. Voith GmbH [Marke Hydroformer]).

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.