Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 I 384



95 I 384

56. Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. Mai 1969 i.S. Resegatti und
Vatri gegen Direktion des Innern des Kantons Zürich. Regeste

    Anerkennung mit Standesfolge; Verbot der Anerkennung von
Ehebruchskindern (Art. 304 ZGB). Ein Kind, das ein zur Zeit der Beiwohnung
nicht verheirateter Mann mit einer verheirateten Frau erzeugt hat und
das auf Klage des Ehemanns für unehelich erklärt wurde, kann von seinem
Vater anerkannt werden (Änderung der Rechtsprechung).

Sachverhalt

    A.- Am 5. Juni 1962 trennte das Bezirksgericht Zürich die Ehe der
italienischen Eheleute Vatri. Am 28. August 1963 gebar Frau Vatri einen
Knaben. Dieser wurde im Geburtsregister der Stadt Zürich als eheliches
Kind der Eheleute Vatri eingetragen. Auf Klage des Ehemannes erklärte
jedoch ein italienisches Gericht mit Urteil vom 12. November 1964 das
Kind für unehelich.

    In der Folge äusserte der ledige Schweizerbürger Resegatti, der mit
Frau Vatri zusammenlebt, sich zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen für
das Kind verpflichtet hat und für dieses wie für ein eheliches sorgt,
die Absicht, das Kind mit Standesfolge anzuerkennen. Das Zivilstandsamt
der Stadt Zürich weigerte sich indessen, diese Anerkennung zu beurkunden
und einzutragen, weil nach Art. 304 ZGB die Anerkennung eines im Ehebruch
erzeugten Kindes ausgeschlossen sei.

    Die Direktion des Innern des Kantons Zürich als kantonale
Aufsichtsbehörde in Zivilstandssachen wies die vom Beistand des
Kindes unterstützte Beschwerde Resegattis gegen diese Verfügung des
Zivilstandsamtes am 28. Oktober 1968 ab.

    B.- Gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde
haben Resegatti und der Beistand des Kindes beim Bundesgericht
gemeinsam Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben mit dem Antrag, das
Zivilstandsamt Zürich sei anzuweisen, die Anerkennung zu beurkunden und
im Zivilstandsregister einzutragen.

    Die kantonale Aufsichtsbehörde und das Eidgenössische Justiz- und
Polizeidepartement enthalten sich in ihren Vernehmlassungen eines Antrags.

    Das Bundesgericht schützt die Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Ob das durch seinen Beistand vertretene Kind am kantonalen
Verfahren als Partei beteiligt war, was der angefochtene Entscheid offen
lässt, ist unerheblich; denn das Kind ist nach Art. 103 OG auf jeden Fall
deshalb zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert, weil es im Sinne
dieser Bestimmung durch den angefochtenen Entscheid, sofern er objektiv
rechtswidrig ist, in seinen Rechten verletzt wird (vgl. BGE 93 I 474
mit Hinweisen).

Erwägung 2

    2.- Da Resegatti Schweizerbürger ist, beurteilt sich die Frage, ob
er den Knaben, einen italienischen Staatsangehörigen, mit Standesfolge
anerkennen kann, gemäss Art. 8 und 32 NAG nach schweizerischem Recht
(BGE 89 I 320 E. 2).

Erwägung 3

    3.- Art. 304 ZGB lautet: "Die Anerkennung eines im Ehebruch oder
in Blutschande erzeugten Kindes ist ausgeschlossen" (L'enfant né d'un
commerce adultérin ou incestueux ne peut être reconnu; Il riconoscimento
del figlio adulterino od incestuoso non è ammesso).

    Diese Bestimmung erfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht
nur den Fall, dass der Vater zur Zeit der Zeugung des Kindes verheiratet
war und mit dem zur Zeugung führenden Geschlechtsverkehr folglich seine
eigene Ehe gebrochen hat, sondern auch den Fall, dass der Vater damals
unverheiratet, die Mutter dagegen verheiratet war, so dass durch den
Geschlechtsverkehr ihre Ehe gebrochen wurde.

    Das Bundesgericht hat eine einschränkende Auslegung des Art. 304
ZGB bisher abgelehnt. Es nahm an, das Verbot der Anerkennung von
Ehebruchskindern gelte aus Gründen der öffentlichen Ordnung und der
Familienmoral ausnahmslos (BGE 51 II 48, 72 I 346 E. 2); es gelte
insbesondere auch im Falle, dass der Vater zur Zeit der Zeugung des Kindes
nicht verheiratet war (BGE 72 I 346 E. 2, 89 I 320 E. 2); überdies müsse
der Grundsatz des Art. 304 ZGB bei der Auslegung des Art. 323 Abs. 2 ZGB,
der gegenüber einem Ehemann die Zusprechung mit Standesfolge verbietet,
wenn er zur Zeit der Beiwohnung schon verheiratet war, in dem Sinne
berücksichtigt werden, dass das von einem verheirateten Mann erzeugte
aussereheliche Kind jenem selbst dann nicht mit Standesfolge zugesprochen
werden könne, wenn die Ehe inzwischen aufgelöst wurde (BGE 51 II 48,
72 I 346 E. 2). Im zuletzt genannten Entscheide wurde sogar die Frage
aufgeworfen, ob im Hinblick auf Art. 304 ZGB in Fällen, wo bei der
Empfängnis zwar nicht der Erzeuger, wohl aber die Mutter verheiratet
war, der Vorbehalt der Vaterschaftsklage in Art. 316 ZGB nur auf die
gewöhnliche Vaterschaftsklage zu beziehen sei, was bedeuten würde, dass
ein unehelich erklärtes Kind einer verheirateten Frau dem ledigen Vater
nicht mit Standesfolge zugesprochen werden könnte, obwohl Art. 323 Abs. 2
ZGB nur bestimmt, die Zusprechung mit Standesfolge sei gegenüber einem
Ehemann ausgeschlossen, der zur Zeit der Beiwohnung schon verheiratet war.

    Die Auffassung, dass das Verbot der Anerkennung von Ehebruchskindern
auch dann gelte, wenn zur Zeit der Empfängnis nur die Mutter verheiratet
war, liegt auch dem Kreisschreiben E 11 des Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartements zugrunde.

    Der Kommentator SILBERNAGEL (2. Aufl. 1927) teilt zwar die
Ansicht, Art. 304 ZGB gelte auch für das Kind einer Ehefrau und eines
unverheirateten Mannes, das für unehelich erklärt wurde, betrachtet diese
Regelung aber als unbefriedigend (N. 5/6 zu Art. 304 ZGB; ähnlich auch
schon O. PEYER, Die familienrechtliche Stellung der unehelichen Kinder
im schweiz. Privatrecht, Diss. Zürich 1907, S. 135, und L.-H. ROBERT, De
la condition juridique de l'enfant naturel, Diss. Genf 1912, S. 178 ff.;
vgl. auch J.-F. AUBERT, Les actions de la filiation en droit civil suisse,
Diss. Neuenburg 1955, S. 77 f.). EGGER (2. Aufl. 1943) hält grundsätzlich
ebenfalls dafür, weder das unehelich erklärte Kind einer Ehefrau noch das
Kind eines Mannes, der durch den Umgang mit der Mutter seine Ehe gebrochen
hat, könne nach dem geltenden Recht anerkannt werden (N. 3 zu Art. 304
ZGB). Er will dieses Verbot aber nicht angewendet wissen, "wenn weder
eine Ehefrau noch eheliche Kinder des Anerkennenden mehr vorhanden sind"
(N. 4 zu Art. 304) bezw. "wenn seine des Vaters] Ehe aufgelöst und eheliche
Kinder nicht vorhanden sind" (N. 21 zu Art. 323 ZGB). Er verweist in N. 4
zu Art. 304 u.a. auf A. MEYER (Die Anerkennung ausserehelicher Kinder
und die Zusprechung mit Standesfolge, Diss. Zürich 1931, S. 12 f.), der
annahm, nach der ratio legis könne das aussereheliche Kind eines zur Zeit
der Empfängnis nicht verheirateten Mannes und einer Ehefrau schon heute
anerkannt werden. Eine einschränkende Auslegung des Art. 304 ZGB bezeichnet
auch LALIVE (ZSR 1965 II 611) als wünschbar ("Rarement... l'interprétation
restrictive aura paru plus justifiée"). Neuestens befürwortet sodann
HEGNAUER mit einlässlicher Begründung eine Auslegung des Art. 304 ZGB,
welche die Anerkennung des ausserehelichen Kindes einer verheirateten
Mutter durch den unverheirateten Vater zulässt (Zeitschrift für
Zivilstandswesen 1967 S. 324 ff. = Zeitschrift für Vormundschaftswesen
1968 S. 1 ff.; Berner Kommentar, N. 14 zu Art. 304 ZGB; zur Frage der
Anerkennung des ausserehelichen Kindes eines Ehemannes nach Auflösung
der Ehe vgl. N. 12 zu Art. 304 ZGB). Es rechtfertigt sich daher, die
bisherige Rechtsprechung neu zu überprüfen.

Erwägung 4

    4.- Art. 304 ZGB will unzweifelhaft nicht eine Strafe für den Ehebruch
vorsehen, die ja in erster Linie das für das Verhalten seiner Eltern
nicht verantwortliche Kind träfe. Der gesetzgeberische Grund für das
Verbot der Anerkennung von Ehebruchskindern kann vielmehr nur im Schutze
der ehelichen Familie liegen. Die Gründe der öffentlichen Ordnung, die
in BGE 51 II 48 und 72 I 346 angerufen wurden, können nur darin gefunden
werden, dass das öffentliche Interesse den Schutz der ehelichen Familie
verlangt. Dass das erwähnte Verbot die eheliche Familie, d.h. ihre
Glieder, ihre Ordnung, ihren Frieden, ihre Ehre schützen soll, wurde
schon bei der Gesetzesberatung hervorgehoben (vgl. namentlich die Voten
der Berichterstatter im Nationalrat, Huber und Gottofrey, Sten.Bull.
1905 S. 767, 769, und des Berichterstatters im Ständerat, Hoffmann,
aaO 1197, 1203) und ist auch im Schrifttum anerkannt (ROBERT S. 179,
MEYER S. 10, EGGER N. 2 zu Art. 304 ZGB, LALIVE S. 606, HEGNAUER in SJZ
1968 S. 162/63 und in N. 12 zu Art. 304 ZGB).

    Bei der zu schützenden ehelichen Familie kann es sich nur um die
eheliche Familie des Vaters handeln; denn es ist schlechthin unerfindlich,
in welcher Weise die Anerkennung eines für unehelich erklärten Kindes
einer Ehefrau der ehelichen Familie dieser Frau schaden könnte (vgl. hiezu
namentlich HEGNAUER, ZZW 1967 S. 326/27 = ZVW 1968 S. 4/5). Bei der
Gesetzesberatung haben denn auch sowohl die Befürworter als auch die
Gegner der Gesetz gewordenen Vorschrift (Art. 313 bis des Entwurfes)
nur den Fall eines von einem verheirateten Mann gezeugten ausserehelichen
Kindes konkret in Betracht gezogen. Das Hauptargument der Befürworter war,
im Interesse der ehelichen Familie des Vaters müsse vermieden werden, dass
dieser ein vom ihm im Ehebruch gezeugtes Kind in den ehelichen Haushalt
aufnehmen könne (vgl. namentlich die Voten von Nationalrat Büeler,
Sten.Bull. 1905 S. 772, und der Ständeräte Hoffmann, Lachenal, Hildebrand,
Python und Usteri, Sten.Bull. 1905 S. 1197 und 1203, 1204, 1270, 1271,
1273), mit welcher Möglichkeit gerechnet wurde, weil der bundesrätliche
Entwurf in Art. 332 Abs. 3 vorsah, das anerkannte Kind gelange unter die
elterliche Gewalt des Vaters, wenn die Vormundschaftsbehörde es nicht für
angezeigt erachte, ihm einen Vormund zu setzen. Ständerat Scherrer, der die
Streichung des von der nationalrätlichen Kommission vorgeschlagenen und
vom Nationalrat entgegen einem Antrag Zürchers angenommenen Verbots der
Anerkennung von Ehebruchs- (und Inzest-) kindern beantragte, begründete
diesen Antrag u.a. damit, gegen die Streichung liesse sich höchstens
einwenden, es gehe doch nicht an, dass derartige Kinder in den Haushalt
hineingelassen werden und die Gemeinschaft der ehelichen Familie teilen;
das Gesetz sehe aber nicht vor, dass das anerkannte aussereheliche Kind
in die häusliche Gemeinschaft der Familie des Vaters gebracht werden
solle (Sten. Bull. 1905 S. 1202). Er dachte also wie die Befürworter
des Verbots praktisch nur an die Anerkennung durch einen Ehemann. Das
gleiche gilt für die Ständeräte Richard und Schulthess sowie für die
Mehrheit der ständerätlichen Kommission, welche die Anerkennung von
Ehebruchskindern mit Zustimmung des andern Ehegatten zulassen wollten
(Richard, S. 1201/02; Kommissionsmehrheit, S. 1269) bezw. sie nur
auszuschliessen gedachten, "sofern der Vater eheliche Kinder hat und
solange die Ehe besteht", "wenn der anerkennende Vater verheiratet
ist oder eheliche Kinder hat" (Schulthess, S. 1204, 1275), und für
Ständerat Hildebrand, der den Eventualantrag stellte, die Anerkennung
eines Ehebruchskindes sei "nur zulässig, wenn keine ehelichen Nachkommen
vorhanden sind, und zudem ist während der Dauer der Ehe die Zustimmung
der Ehefrau erforderlich" (S. 1270). Diese Anträge zielten nach ihrer
Fassung oder jedenfalls nach der dafür gegebenen Begründung darauf ab,
unter bestimmten Voraussetzungen die Anerkennung eines ausserehelichen
Kindes eines Ehemanns zu erlauben. Die Ablehnung aller dieser Anträge
bedeutete demgemäss auch nur, dass man die Anerkennung eines von einem
verheirateten Manne im Ehebruch gezeugten Kindes unter allen Umständen
verhindern wollte. Über die Anerkennung eines ausserehelichen Kindes,
das ein unverheirateter Mann mit einer verheirateten Frau erzeugt hat,
wurde bei der Gesetzesberatung nicht diskutiert, ja der Fall eines
solchen Kindes wurde bei der Beratung über Art. 313 bis des Entwurfs
nicht einmal ausdrücklich erwähnt, wenn man davon absieht, dass Richard
(S. 1201) erklärte, die Eigenschaft als Ehebruchskind lasse sich nur
u.a. durch eine erfolgreiche Anfechtungsklage beweisen, dass Python
(S. 1271) in seinen einleitenden Bemerkungen über die verschiedenen Arten
ausserehelicher Kinder u.a. die unehelichen Kinder anführte, die ihr Leben
einem verheirateten Mann oder einer verheirateten Frau verdanken, und dass
Usteri (S. 1272) dem Antrag der Kommissionsmehrheit, der die Anerkennung
eines Ehebruchskindes mit Zustimmung des andern Ehegatten zulassen wollte,
u.a. entgegenhielt, eine Ehefrau könne ein solches Kind nicht anerkennen;
an die Stelle der Anerkennung trete hier die Geburt.

    Kommt als gesetzgeberischer Grund des Verbots der Anerkennung von
Ehebruchskindern nur der Schutz der ehelichen Familie des Vaters in Frage,
so kann dieses Verbot nach der ratio legis nicht gelten, wenn es sich
um ein Kind handelt, das ein lediger Mann, d.h. ein Mann ohne eheliche
Familie, mit einer verheirateten Frau gezeugt hat und das auf Klage des
Ehemanns dieser Frau für unehelich erklärt wurde. Auf ein solches Kind
trifft das erwähnte Verbot nach seinem Zweck auf jeden Fall dann nicht zu,
wenn der Vater auch im Zeitpunkte der Anerkennung noch ledig ist, wie
es beim Beschwerdeführer Resegatti der Fall ist. Das gleiche muss aber
auch dann gelten, wenn der Vater sich nach der Erzeugung des Kindes mit
einer andern Frau als der Mutter verheiratet hat. Die Anerkennung eines
Kindes, das ein Ehemann vor seiner Heirat mit der Frau eines andern Mannes
gezeugt hat, ist der ehelichen Familie des Vaters nicht nachteiliger als
die einem Ehemann zweifellos freistehende Anerkennung eines vor der Ehe
mit einer ledigen Frau gezeugten Kindes. Ob das von einem Ehemann vor
der Heirat gezeugte uneheliche Kind eine verheiratete oder eine ledige
Frau zur Mutter hat, ist vom Standpunkt der ehelichen Familie des Vaters
aus gleichgültig. Der Bruch einer andern Ehe, an dem der Ehemann vor
seiner Heirat teilgenommen hat, lässt sie unberührt. Aus entsprechenden
Gründen greift Art. 304 ZGB nach seinem Grundgedanken auch nicht ein,
wenn der Anerkennende im Zeitpunkt der Zeugung des unehelichen Kindes
unverheiratet war, aber Kinder aus einer frühern Ehe hatte.

    Dass Art. 304 ZGB in diesem Sinne einschränkend auszulegen ist,
wird durch Art. 323 Abs. 2 ZGB bestätigt. Diese Bestimmung schliesst
gegenüber einem Ehemann die Zusprechung eines ausserehelichen Kindes
mit Standesfolge aus, wenn er zur Zeit der Beiwohnung schon verheiratet
war. Gegenüber einem Manne, der zur Zeit der Beiwohnung ledig war, ist also
die Zusprechung eines unehelichen Kindes mit Standesfolge bei Erfüllung
der Voraussetzungen des Art. 323 Abs. 1 ZGB stets zulässig, gleichgültig,
ob die Mutter ebenfalls ledig oder aber verheiratet war. Mit Bezug auf das
Kind eines zur Zeit der Beiwohnung ledigen Mannes und einer verheirateten
Frau zwar die Zusprechung mit Standesfolge, nicht aber die Anerkennung
zuzulassen, wäre ungereimt. EGGER führt zwar in N. 21 zu Art. 323 ZGB
aus, der Gesetzgeber könne mit guten Gründen die Befugnis zur Anerkennung
versagen, die Zusprechung durch den Richter dagegen gutheissen. Art. 304
und Art. 323 Abs. 2 ZGB verfolgen aber in Wirklichkeit genau den
gleichen Zweck: sie wollen die eheliche Familie des Vaters schützen
(vgl. zu Art. 323 Abs. 2 ZGB, dessen geltende Fassung auf einen Antrag
der ständerätlichen Kommission zu Art. 328 des bundesrätlichen Entwurfs
zurückgeht, das Votum von Hoffmann, Sten.Bull. 1905 S. 1199). Von diesem
Gesichtspunkt aus kommt es nicht so sehr auf den Weg an, auf welchem
zwischen dem Vater und dem unehelichen Kinde das Rechtsverhältnis der
Standesfolge hergestellt wird. Massgebend ist vielmehr das Ergebnis: im
Interesse der ehelichen Familie des Vaters wollte man die Standesfolge dann
ausschliessen, wenn der Vater zur Zeit der Beiwohnung schon verheiratet
war. Diesem Gedanken, der in Art. 323 Abs. 2 ZGB zum Ausdruck kommt, ist
auch bei der Auslegung des Art. 304 ZGB Rechnung zu tragen (das umsoeher,
als diese Vorschrift sonst unter Umständen durch Erhebung einer Klage auf
gerichtliche Zusprechung und Anerkennung des Vorliegens der Voraussetzungen
des Art. 323 Abs. 1 ZGB umgangen werden könnte; vgl. HEGNAUER, ZZW 1967
S. 325/26 = ZVW 1968 S. 3 und BGE 51 II 48). Die in BGE 72 I 346/47
aufgeworfene Frage, ob umgekehrt mit Rücksicht auf Art. 304 ZGB über
den Wortlaut von Art. 323 Abs. 2 hinaus die Zusprechung eines unehelich
erklärten Kindes einer verheirateten Frau gegenüber einem ledigen Manne
auszuschliessen sei (vgl. Erw. 3 Abs. 3 hievor), ist zu verneinen.

    Zu erwähnen ist schliesslich, dass die Rechtsprechung zu Art. 335
des französischen Code civil, welchem Art. 304 ZGB nachgebildet ist,
unter gewissen Voraussetzungen die Anerkennung eines Ehebruchskindes
durch den nicht verheirateten Elternteil zulässt (vgl. PH. MALAURIE in
Recueil Dalloz/Sirey 1967, jurisprudence, S. 528/29, und R. NERSON in
Revue trimestrielle de droit civil 1967 S. 803 ff., je mit Hinweisen, die
beide den im Recueil Dalloz/Sirey 1967 S. 528 wiedergegebenen Entscheid
der Cour de cassation vom 23. Juni 1967 besprechen), und dass Art. 252
des italienischen Codice Civile, der wie das französische Recht die
Anerkennung ausserehelicher Kinder durch den Vater und durch die Mutter
vorsieht (Art. 250), in Absatz 1 bestimmt, ein Ehebruchskind könne von dem
Elternteil anerkannt werden, der zur Zeit der Empfängnis unverheiratet war.

    Soweit die bisherige Rechtsprechung die Anerkennung eines
Ehebruchskindes durch den zur Zeit der Beiwohnung unverheirateten
Vater ausschloss, ist sie also preiszugeben. (Sie wurde übrigens von den
kantonalen Behörden in einem Falle, der die Kantone Basel-Stadt und Waadt
anging, nicht mehr befolgt; vgl. die redaktionelle Bemerkung in ZZW 1967
S. 324).

    Die Anerkennung zuzulassen, drängt sich im vorliegenden Falle umsomehr
auf, als anzunehmen ist, das Kind wäre längst durch Heirat seiner Eltern
legitimiert worden (Art. 285 ZGB), wenn das italienische Recht der Mutter
die Scheidung erlauben würde.

    Die Frage, ob und allenfalls unter welchen Voraussetzungen ein von
einem verheirateten Mann mit einer ledigen Frau erzeugtes Kind nach
Auflösung der Ehe anerkannt werden könne, ist heute nicht zu beurteilen.