Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 I 322



95 I 322

47. Urteil vom 8. Oktober 1969 i.S. Zimmermann gegen Gemeinderat Vitznau
und Regierungsrat des Kantons Luzern. Regeste

    Kantonale Handänderungssteuer; gesetzliche Grundlage.

    Ergänzt die rechtsanwendende Behörde den klaren Wortlaut einer
Steuerbefreiungsvorschrift, indem sie auf Voraussetzungen abstellt, die
im Gesetzestext nicht enthalten sind, dann ist dieses Vorgehen unter
dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV von vornherein nicht zulässig, wenn
es der Behörde darum geht, eine Gesetzeslücke zu füllen. Im Rahmen der
blossen Gesetzesauslegung ist ein solches Abweichen vom klaren Wortlaut
nur dann frei von Willkür, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass der
Gesetzestext nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt.

    Anwendung dieser Grundsätze im Falle von § 4 lit. c des luzernischen
Gesetzes betreffend die Handänderungsgebühren.

Sachverhalt

    A.- Nach § 1 des luzernischen Gesetzes betreffend die
Handänderungsgebühren (HGG) ist von der Kaufs- oder Schatzungssumme
eine Handänderungsgebühr zu entrichten, wenn eine Liegenschaft an
einen neuen Eigentümer übergeht, sei es durch Kauf, Tausch, Erbschaft
oder Schenkung. Die "Gebühr" beträgt 11/2% des Kaufspreises bzw. der
Katasterschatzung und fällt zu gleichen Teilen an den Staat und an die
Einwohnergemeinde (§ 2 HGG).

    § 4 HGG bestimmt:

    "Der Bezug einer Handänderungsgebühr findet nicht statt bei:

    a) Liegenschaftserwerbungen durch den Staat oder durch Gemeinden für
öffentliche oder gemeinnützige Zwecke;

    b) Handänderungen zwischen Eltern und Kindern, zwischen Grosseltern
und Grosskindern und zwischen Ehegatten;

    c) freiwilligen Liegenschaftsteilungen und Auskäufen zwischen
Geschwistern, sofern die Teilung ohne öffentliche Steigerung vorgenommen
wird;

    d) Rückkäufen durch den frühern Eigentümer, sofern der Rückkauf innert
Jahresfrist, vom vorangegangenen Verkaufe an gerechnet, stattfindet;

    e) Handänderungen, wobei die Kaufsumme den Betrag von Fr.  1000.--
nicht erreicht;

    f) Handänderungen infolge Zwangsverwertung, wenn ein
Hypothekaransprecher durch Gutbietung seines Titels Käufer wird;

    g) Tauschverträgen um einzelne Grundstücke zum Zwecke der
Güterzusammenlegung."

    B.- Die Brüder Anton, Walter, Guido und Pius Zimmer mann waren im
Rahmen einer einfachen Gesellschaft Gesamteigentümer der Liegenschaft
Sonnhalden, Parzelle Nr. 441 in Vitznau/LU. Zudem waren Anton, Walter
und Guido Zimmermann zu gleichen Teilen Miteigentümer des in derselben
Gemeinde gelegenen Grundstückes Nr. 130 Oberstegli.

    Um ihre vermögensrechtlichen Verhältnisse zu vereinfachen, schlossen
die Brüder Zimmermann am 16. März 1968 folgende Rechtsgeschäfte:

    Walter und Guido verkauften ihre Miteigentumsanteile am Grundstück
Nr. 130 ihrem Bruder Anton, der damit zum Alleineigentümer wurde. Anton
Zimmermann seinerseits trat aus der einfachen Gesellschaft aus, deren
Gesellschafter Gesamteigentümer des Grundstücks Nr. 441 sind.

    C.- Mit Entscheid vom 6. Mai 1968 unterwarf der Gemeinderat von Vitznau
die beiden Rechtsgeschäfte der Handänderungsgebühr, die er auf Fr. 1'500.--
(11/2% der vertraglich vereinbarten Entschädigung von Fr. 100'000.--)
bestimmte.

    Die Brüder Zimmermann beschwerten sich gegen diese Verfügung beim
Regierungsrat des Kantons Luzern, der den Rekurs am 28. August 1968 abwies.
Zur Begründung führte er aus, die Beschwerdeführer stützten sich zu
Unrecht auf § 4 lit. c HGG, um die Steuerfreiheit zu verlangen. Nicht
jedes Teilungs- oder Auskaufsgeschäft zwischen Geschwistern, das
gemeinschaftliches Eigentum an Liegenschaften betreffe, sei von der
Handänderungsgebühr ausgenommen. Steuerfrei seien diese Geschäfte nach
dem Willen des Gesetzgebers vielmehr nur dann, wenn die Liegenschaften den
Geschwistern entweder durch Erbgang oder durch Schenkung oder anderes
Geschäft unter Lebenden von den Eltern oder Grosseltern zugefallen
seien. Diese Ansicht habe der Regierungsrat bisher in ständiger Praxis
vertreten. Da die hier umstrittenen Grundstücke den Beschwerdeführern
nicht von ihren Eltern oder Grosseltern zugefallen seien, komme eine
Steuerbefreiung nicht in Betracht.

    D.- Anton, Walter, Guido und Pius Zimmermann führen staatsrechtliche
Beschwerde. Sie beantragen dem Bundesgericht, den angefochtenen Entscheid
des Regierungsrates des Kantons Luzern wegen Verletzung von Art. 4 BV
aufzuheben.

    E.- Der Regierungsrat des Kantons Luzern und der Gemeinderat von
Vitznau schliessen auf Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Zwar bezeichnet das luzernische Recht die hier umstrittene
Abgabe als "Gebühr". Es handelt sich dabei aber nicht um eine Gebühr
im Rechtssinne, d.h. um ein Entgelt für eine Tätigkeit der Verwaltung,
sondern vielmehr unbestrittenermassen um eine Steuer. Steuern dürfen
nach feststehender Lehre und Praxis nur erhoben werden, wenn hiefür eine
gesetzliche Grundlage vorhanden ist. Missachtet das Gemeinwesen dieses
Gebot, so liegt gleichzeitig eine Verletzung von Art. 4 BV vor (BGE 84
I 93 Erw. 2).

    § 4 HGG zählt die Tatbestände, die der Handänderungsgebühr nicht
unterliegen, in lit. a-e abschliessend auf. Im vorliegenden Fall steht die
Anwendung von lit. c des § 4 in Frage, wonach keine Steuer bezogen wird bei
freiwilligen Liegenschaftsteilungen und Auskäufen zwischen Geschwistern,
sofern die Teilung ohne öffentliche Steigerung vorgenommen wird. Der
Regierungsrat bestreitet nicht, dass es sich bei den Rechtsgeschäften,
die die Beschwerdeführer unter sich abgeschlossen haben, um solche im
Sinne der genannten Gesetzesvorschrift handelt. Trotzdem hält er dafür,
§ 4 lit. c HGG sei hier nicht anwendbar, eine Steuerbefreiung mithin
nicht gegeben. Die kantonale Instanz begründet diese Auffassung im
wesentlichen damit, Steuerfreiheit könne nur dann angenommen werden,
wenn das Grundstück, das Gegenstand des Teilungs- oder Auskaufsgeschäftes
bildet, den Geschwistern durch Erbschaft oder Zuwendung unter Lebenden
von ihren Eltern oder Grosseltern zugefallen sei, es sich also um eine
sogenannte Erbliegenschaft handle. Dass diese Voraussetzung im vorliegenden
Fall nicht erfüllt ist, stellen die Beschwerdeführer ihrerseits nicht in
Abrede. Indessen bringen sie vor, das Gesetz mache die Steuerbefreiung
nicht von der genannten Bedingung abhängig. Das verkenne der Regierungsrat,
weshalb die angefochtene Besteuerung gegen Art. 4 BV verstosse.

    Das Vorbringen der Beschwerdeführer findet eine Stütze im Wortlaut
von § 4 lit. c HGG. Dieser unterscheidet nicht nach der Herkunft
des Grundstückes, das, im gemeinschaftlichen Eigentum der Geschwister
stehend, Gegenstand des Teilungs- oder Auskaufsgeschäftes bildet. Zu Recht
behauptet der Regierungsrat nicht etwa, der Gesetzgeber habe sich in § 4
lit. c unklarer oder zweideutiger Begriffe bedient. Damit die kantonale
Instanz die Steuerbefreiung des § 4 lit. c HGG dennoch nur im Falle
von Grundstücken gewähren kann, die durch Erbgang oder Zuwendung unter
Lebenden von den Eltern oder Grosseltern auf die Geschwister übergegangen
sind, muss sie den klaren Gesetzeswortlaut ergänzen. Ob sie dieses Ziel
auf dem Wege der Lückenfüllung oder demjenigen der blossen Auslegung
erreiche (vgl. MEIER-HAYOZ, Komm. zu Art. 1 ZGB N. 255 ff., 54 ff.;
IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3. Aufl., Nr. 241 III),
lässt sich dem angefochtenen Entscheid nicht mit Sicherheit entnehmen,
braucht hier aber nicht entschieden zu werden. Wie sich aus dem Folgenden
ergibt, sind beide Arten des Vorgehens mit Art. 4 BV nicht vereinbar.

Erwägung 2

    2.- Der Regierungsrat hält dafür, der Begriff des Auskaufes finde
nur Anwendung bei der Auflösung erbrechtlich entstandenen gemeinsamen
Eigentums. Der Begriff der Teilung hänge damit eng zusammen. In dieser
erbrechtlichen Beziehung sei der innere Grund für die Steuerfreiheit zu
erblicken, die § 4 lit. c HGG gewähren wolle. Die kantonale Instanz ist
also der Ansicht, der Wortlaut von § 4 lit. c HGG gebe den Sinn dieser
Steuerbefreiungsvorschrift nicht richtig wieder, weil er nicht nach
der Herkunft des betreffenden Grundstückes unterscheide. Wollte man
darin, dass der Gesetzgeber die nach Auffassung des Regierungsrates
notwendige Verdeutlichung nicht vornahm, eine Gesetzeslücke sehen,
dann wäre es der kantonalen Instanz unter dem Gesichtspunkt von
Art. 4 BV verwehrt, eine solche Lücke zu füllen. Nach der Praxis
des Bundesgerichts ist ein derartiges Vorgehen immer dann untersagt,
wenn damit neue Besteuerungstatbestände geschaffen werden, die nicht
ausdrücklich im Gesetz vorgesehen sind (vgl. BGE 84 I 94). Einen solchen
neuen Steuertatbestand schafft die rechtsanwendende Behörde auch dann,
wenn sie einer Befreiungsvorschrift einschränkende Bedingungen anfügt,
die sich im klaren Wortlaut der Bestimmung nicht finden.

Erwägung 3

    3.- Eine Verfassungswidrigkeit liegt aber auch vor, wenn man davon
ausgeht, der Regierungsrat sei mit der vorgenommenen Ergänzung des
Wortlautes von § 4 lit. c HGG im Rahmen der Auslegung geblieben. Nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf die rechtsanwendende
Behörde vom klaren Gesetzeswortlaut ohne Verletzung des Art. 4 BV nur
dann abweichen, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass er nicht den
wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der
Entstehungsgeschichte, aus Grund und Zweck der Vorschrift und aus dem
Zusammenhang mit andern Gesetzesbestimmungen ergeben (BGE 87 I 16, 90 I
214/5). Entgegen der Ansicht des Regierungsrates bestehen im vorliegenden
Fall keine derartigen Gründe, weshalb auch unter diesem Gesichtspunkt
eine Verletzung des Legalitätsprinzips anzunehmen ist.

    a) Um seine Auffassung zu stützen, wonach sinnvoll nur die
Steuerbefreiung bei Teilung und Auskauf von gemeinsamem Eigentum sei,
das die Geschwister von Eltern oder Grosseltern geerbt oder gekauft
hätten, bringt der Regierungsrat in der Beschwerdeantwort einmal vor,
nach der Gesetzgebung, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des HGG
gegolten habe, hätten sich die Begriffe des Auskaufes und der Teilung
nur auf Erbengemeinschaften beziehen können.

    Selbst wenn man annähme, diese Behauptung treffe zu - was nicht
dargetan wurde - übersieht die kantonale Instanz einen wesentlichen
Punkt: Die Erbengemeinschaft zwischen Geschwistern setzt nämlich nicht
notwendigerweise voraus, dass die betreffenden Grundstücke ihnen erbweise
von ihren Eltern oder Grosseltern zugefallen sind. Vielmehr können die
Geschwister die Grundstücke auch gemeinsam von andern Personen geerbt
haben (z.B. von ihren Onkeln oder Tanten). Ginge man übrigens davon aus,
die Begriffe "Teilungen und Auskäufe" setzten nach altem luzernischen
Zivilrecht notwendigerweise den Bestand einer sogenannten Erbliegenschaft
voraus, dann wäre schwer verständlich, warum der luzernische Gesetzgeber
in dem unter der Herrschaft des schweizerischen Zivilgesetzbuches
im Jahre 1919 erlassenen Wertzuwachssteuergesetz dieselben Begriffe
verwendete. Jedenfalls folgt unter solchen Umständen aus dem Hinweis
auf die Entstehungsgeschichte nicht, dass triftige Gründe für eine vom
Wortlaut abweichende Auslegung vorliegen.

    b) Der Regierungsrat macht sodann geltend, die Befreiungsvorschrift
der lit. c von § 4 müsse im Zusammenhang mit der lit. b des gleichen
Paragraphen ausgelegt werden, die alle Handänderungen zwischen Eltern und
Kindern, zwischen Grosseltern und Grosskindern sowie zwischen Ehegatten als
steuerfrei erkläre. Sollte indessen der Gesetzgeber wirklich beabsichtigt
haben, in lit. c nur die Teilungsgeschäfte betreffend diejenigen
Grundstücke von der Steuer auszunehmen, die den Geschwistern von ihren
Grosseltern oder Eltern zufielen, dann hätte er angesichts der gewählten
Formulierung zwei wesentliche Tatsachen übersehen. Einmal sind nicht alle
Enkel des Erblassers notwendigerweise auch Geschwister, und doch haben
Teilungsgeschäfte sowohl zwischen Enkeln als auch zwischen Kindern und
Enkeln des Erblassers im Kanton Luzern als steuerfrei zu gelten (vgl. nicht
veröffentlichtes Urteil vom 22. Juni 1944 i.S. Meyer-Keller). Zweitens
unterscheiden sich die in lit. b und c von § 4 HGG verwendeten Begriffe
zum Teil derart voneinander, dass sich der von der kantonalen Instanz
gewünschte sachliche Zusammenhang zum mindesten nicht zwangslos daraus
ergibt. Lit. b befreit die "Handänderungen", also klarerweise alle
Geschäfte dieser Art (d.h. diejenigen unter Lebenden, von Todes wegen,
durch Erbgang), die zwischen den im Gesetz erwähnten Blutsverwandten und
Ehegatten stattfinden. Demgegenüber geniessen nach dem klaren Wortlaut
von lit. c nur jene Teilungs- und Auskaufsgeschäfte Steuerfreiheit, die
zwischen Geschwistern stattfinden und Grundstücke betreffen, welche im
gemeinschaftlichen Eigentum dieser Geschwister standen. Gemeinsam ist den
beiden Vorschriften somit einzig, dass sich beide auf verwandtschaftliche
Verhältnisse beziehen. Es konnte dem Gesetzgeber kaum entgangen sein, dass
er einen Zusammenhang zwischen lit. b und c, wie ihn die kantonale Instanz
auf dem Wege der Auslegung erreichen will, durch entsprechend ausgestaltete
Begriffe hätte augenscheinlich machen müssen. Wenn er das nicht getan hat,
so wohl deshalb, weil er der Befreiungsvorschrift von lit. c nicht jenen
engen Sinn beilegte, den ihr der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid
zuerkennt. Triftige Gründe, um vom klaren Gesetzeswortlaut abzuweichen,
lassen sich jedenfalls auch in diesem Punkte nicht anführen.

    c) Unbehelflich ist ferner der Hinweis des Regierungsrates auf die
Gesetzesnovelle vom 28. Juli 1919 betreffend teilweise Abänderung des
Steuergesetzes vom 30. November 1892, die sich auf die Wertzuwachssteuer
bezieht. Zwar lauten die lit. d und e von § 29 dieses Gesetzes
wörtlich gleich wie § 4 lit. b und c HGG. In § 29 lit. c des alten
Wertzuwachssteuergesetzes werden aber auch alle Handänderungen von der
Steuer befreit, die auf Grund des Erbrechts erfolgen. Trotzdem befreit
das genannte Gesetz in lit. d (alle) Handänderungen zwischen Eltern und
Kindern, zwischen Grosseltern und Grosskindern sowie zwischen Ehegatten
und in lit. e die freiwilligen Liegenschaftsteilungen und Auskäufe
zwischen den Geschwistern, sofern die Teilung ohne öffentliche Steigerung
erfolgt. In dieser Regelung (vgl. auch die entsprechende Botschaft vom
29. Juli 1913) kommt der Wille des Gesetzgebers klar zum Ausdruck,
neben der Befreiung nach Erbrecht auch eine solche für alle Arten
von Handänderungen unter Verwandten zu gewähren. Der gleiche Hang des
Gesetzgebers zur Unterscheidung offenbart sich übrigens noch deutlicher
auch im Gesetz vom 31. Oktober 1961 über die Grundstückgewinnsteuer,
das die Novelle aus dem Jahre 1919 ablöste (vgl. § 4 Ziff. 8 und 9 dieses
Gesetzes). Auch daraus ergibt sich klar, dass dem luzernischen Gesetzgeber
die Unterscheidung zwischen einer Steuerbefreiung von Handänderungen
auf Grund des Erbrechtes und solchen gestützt auf verwandtschaftliche
Beziehungen stets gegenwärtig war.

    Wenn nun der Regierungsrat der Steuerbefreiung nach § 4 lit. c
ausschliesslich erbrechtlichen Charakter zuerkennen will, dann setzt
er voraus, dass der Gesetzgeber ausgerechnet in jener Vorschrift
Unterscheidungen nicht traf, die er sonst nach dem Gesagten stets
getroffen hatte. Aus einer derartigen Vermutung, die der Wirklichkeit
kaum entsprechen dürfte, lassen sich zwingende Gründe für ein Abweichen
vom klaren Wortlaut des Gesetzes ebenfalls nicht herleiten.

    d) Die kantonale Instanz legt Gewicht darauf, dass ohne lit. c von §
4 HGG der geschwisterlose Erbe, dem "eine elterliche Liegenschaft ohne
Erbengemeinschaft" zufalle, "gegenüber Erbanfällen an mehrere Nachkommen
bevorzugt" wäre. Zwar ist § 4 lit. c geeignet, auch eine derartige
unterschiedliche Behandlung zu beheben, was die Beschwerdeführer mit
Recht nicht bestreiten. Daraus folgt aber nicht, dass der Vorschrift,
die von der Steuer (alle) Liegenschaftsteilungen ausnimmt, sofern sie
zwischen Geschwistern und ohne öffentliche Steigerung stattfinden,
nur jener enge erbrechtliche Sinn zukommt. Der Regierungsrat hat nicht
nur diesen Nachweis nicht erbracht, er hat nach dem Gesagten auch nicht
dargetan, dass die sich an den Wortlaut anlehnende Auslegung, welche die
Beschwerdeführer fordern, zu einem unvernünftigen Ergebnis führe.

Erwägung 4

    4.- Ist aber weder das Ausfüllen einer Lücke noch eine Auslegung,
die vom klaren Gesetzeswortlaut abweicht, im vorliegenden Fall zulässig,
dann fehlt der angefochtenen Besteuerung die gesetzliche Grundlage. Die
Beschwerde ist mithin gutzuheissen und der angefochtene Entscheid wegen
Verletzung des Art. 4 BV aufzuheben.

    Die kantonale Instanz behauptet nicht, ihre bisherige Praxis, auf
die sie sich beruft, sei zum Gewohnheitsrecht geworden.

    Ob die angefochtene Besteuerung sich auf Gewohnheitsrecht stützen
liesse - was übrigens zweifelhaft wäre (vgl. BGE 94 I 310) -, braucht
deshalb nicht geprüft zu werden.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid vom 29.
August 1968 aufgehoben.