Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 I 12



95 I 12

3. Auszug aus Urteil vom 19. März 1969 i.S. Merz gegen Appenzell A. Rh.,
Sanitätskommission und Obergericht. Regeste

    Ausübung der Heiltätigkeit im Kanton Appenzell A. Rh.

    Bei Beschwerden wegen Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit
prüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung des kantonalen
Gewerbepolizeirechts frei, wenn ein besonders schwerer Eingriff in die
freie Erwerbstätigkeit in Frage steht (Erw. 3).

    Neue kantonale Bestimmung, wonach die wie bisher grundsätzlich freie
Heiltätigkeit inskünftig nur "vertrauenswürdigen" Personen gestattet ist.

    -  Vereinbarkeit der Vorschrift mit Art. 4 und 31 BV (Erw. 4 und 5).

    - Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit; Bedeutung von Vorstrafen,
zu denen der Heiltätige in andern Kantonen insbesondere wegen der dort
unzulässigen Reklame verurteilt wurde (Erw. 6).

    - Das wegen dieser Vorstrafen ohne vorherige Warnung ausgesprochene
Verbot der vom Betroffenen im Kanton seit über 20 Jahren unbeanstandet
ausgeübten Heiltätigkeit verstösst gegen den Grundsatz der
Verhältnismässigkeit (Erw. 7).

Sachverhalt

    A.- Das am 18. Oktober 1965 in Kraft getretene Gesundheitsgesetz des
Kantons Appenzell A. Rh. vom 26. April 1965 (GG) enthält u.a. folgende
Bestimmungen:

    Art. 15 Die Ausübung einer Heiltätigkeit oder eines pharmazeutischen
Berufes ist nur vertrauenswürdigen Personen gestattet, die handlungsfähig
und im Besitz der bürgerlichen Ehren und Rechte sind und über zweckmässige
Räume und Einrichtungen verfügen.

    Sie haben sich vor Beginn ihrer Tätigkeit unter Angabe des Praxisortes
bei der Sanitätsdirektion unter Beilage eines Leumundszeugnisses und eines
Vorstrafenberichtes schriftlich anzumelden und, sofern es sich um eine
bewilligungspflichtige Tätigkeit handelt, die Bewilligung einzuholen...

    Art. 18

    Die Ausübung einer Heiltätigkeit oder eines pharmazeutischen Berufes
ist durch die Sanitätskommission zu verbieten, wenn die betreffende
Person die gesetzlichen Voraussetzungen nicht oder nicht mehr erfüllt,
oder wenn sie an einem geistigen oder körperlichen Gebrechen leidet,
das sie zur Berufsausübung unfähig macht.

    Vertrauenswürdig im Sinne von Art. 15 Abs. 1 ist insbesondere nicht,
wer sich schuldig gemacht hat:

    a)  schwerer Zuwiderhandlungen gegen gesundheitspolizeiliche
Vorschriften;

    b)  schwerer die Patienten gefährdender Verletzungen der
Berufspflichten;

    c)  missbräuchlicher Ausnützung der beruflichen Stellung;

    d)  sittlicher Verfehlungen an Patienten;

    e)  wirtschaftlicher Ausbeutung von Patienten.

    Das Verbot kann für die ganze oder einen Teil der Berufstätigkeit
auf bestimmte oder unbestimmte Zeit erfolgen.

    Art. 30

    Wer in den letzten drei Jahren vor dem 30. September 1964 während
mindestens eines Jahres im Kanton Appenzell A. Rh. eine Heiltätigkeit
oder einen pharmazeutischen Beruf klaglos ausgeübt hat, ist berechtigt,
sofern er vertrauenswürdig ist und über zweckmässige Räume und
Einrichtungen verfügt, die bisherige Tätigkeit im Rahmen dieses Gesetzes
weiter auszuüben, auch wenn er die in diesem Gesetz vorgeschriebenen
Fähigkeitsausweise nicht besitzt. Ausgenommen hievon sind die Herstellung
und Abgabe (im Grossund Kleinhandel) von rezeptpflichtigen Heilmitteln.

    Wer von dieser Befugnis Gebrauch machen will, hat sich innert einer
Verwirkungsfrist von drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bei
der Sanitätsdirektion schriftlich anzumelden..."

    B.- Der 1916 geb. August Merz, früher Automechaniker, ist seit 1945
in Herisau als Naturarzt tätig und versendet von dort Heilmittel. Wegen
seiner ausserhalb des Kantons Appenzell A. Rh. entfalteten Reklame- und
Werbetätigkeit ist er in verschiedenen Kantonen immer wieder gebüsst
worden. Ferner ist er am 31. März 1960 vom Bezirksgericht St. Gallen,
im Rahmen eines dort geführten Abtreibungsprozesses, wegen Wuchers und
Gehilfenschaft zu Abtreibungsversuch zu 4 Wochen Gefängnis mit Gewährung
des bedingten Strafvollzugs auf eine Probezeit von zwei Jahren und zu einer
Busse von Fr. 300.-- verurteilt worden; dieses Urteil wurde, nachdem Merz
die Probezeit bestanden hatte, am 22. April 1963 im Strafregister gelöscht.

    Am 27. Oktober 1965 meldete sich Merz gestützt auf Art. 30 Abs. 2
GG bei der kantonalen Sanitätsdirektion zwecks weiterer Ausübung seiner
Tätigkeit an. Die Sanitätskommission beschloss am 24. Juni 1966, ihm
auf unbestimmte Zeit jegliche Ausübung einer Heiltätigkeit oder eines
pharmazeutischen Berufes im Kanton Appenzell A. Rh. zu verbieten, da
er die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berufsausübung bzw. für die
Gewährung des Besitzstandes nicht erfülle. Merz rekurrierte hiegegen an das
Obergericht. Dieses wies den Rekurs am 28. August 1968 ab und bestätigte
das Berufsverbot, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Die klaglose
Berufsausübung während mindestens eines Jahres in den letzten drei Jahren
vor dem 30. September 1964 gebe dem Beschwerdeführer nach Art. 30 GG nur
dann einen Anspruch auf Fortsetzung derselben, wenn er vertrauenswürdig
sei, wobei auch frühere Verfehlungen zu berücksichtigen seien. Gegen
seine Vertrauenswürdigkeit spreche schon seine Verurteilung zu 4 Wochen
Gefängnis wegen Wuchers und Gehilfenschaft zu Abtreibung vom 31. März
1960; habe er auch bei der Abtreibung keine wesentliche Rolle gespielt,
so habe er doch die Notlage der Frau, die sich an ihn wandte, ausgenützt,
was nach Art. 18 lit. e GG ein Beispiel mangelnder Vertrauenswürdigkeit
sei (wird näher ausgeführt). Die Vertrauenswürdigkeit umfasse auch das
Verhalten ausserhalb des Kantons und sei dem Beschwerdeführer auch deshalb
abzusprechen, weil er sich durch seine marktschreierische Propaganda über
die gesundheitspolizeilichen Vorschriften anderer Kantone rücksichtslos
hinweggesetzt habe und deshalb in den Jahren 1949-1965 über 60 mal mit
Bussen bis zu Fr. 1000.-- und zweimal mit Haft bestraft worden sei. Eine
Inspektion im Jahre 1962 habe sodann ergeben, dass er die Zusammensetzung
der von ihm verkauften Mittel kaum kenne; auch deshalb könne er nicht als
vertrauenswürdig gelten. Durch das Berufsverbot werde dem Beschwerdeführer
freilich die Existenzgrundlage entzogen. Seine angelernten Kenntnisse
liessen aber einen Berufswechsel als zumutbar erscheinen, und der
Schutz des Publikums vor einer rein geschäftsmässig aufgezogenen
Naturarzttätigkeit vertrauensunwürdiger Personen verlange diese Umstellung.

    C.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde beantragt August Merz
die Aufhebung des Urteils des Obergerichts und des ihm auferlegten
Berufsverbotes. Er macht Verletzung der Art. 4 und 31 BV geltend.

    D.- Das Obergericht und die Sanitätskommission des Kantons Appenzell
A. Rh. beantragen Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    1./2. - ....

Erwägung 3

    3.- Die Ausübung der Heiltätigkeit ist im Kanton Appenzell
A. Rh. auch nach dem neuen GG grundsätzlich frei (vgl. Art. 11 und
die in Art. 12 vorbehaltenen Ausnahmen). Sie geniesst den Schutz der
Handels- und Gewerbefreiheit und darf daher nur aus polizeilichen
Gründen beschränkt werden, d.h. nur insoweit, als es zum Schutze des
Publikums vor unfähigen und gewissenlosen Heiltätigen und zur Wahrung
von Treu und Glauben im Verkehr zwischen Heiltätigen und Heilungsuchenden
notwendig ist (vgl. BGE 79 I 121, 83 I 254, 91 I 462 Erw. 3). Ferner ist
bei der gesetzlichen Ausgestaltung der Einschränkungen wie auch bei deren
Anwendung im Einzelfall der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten,
welcher erheischt, dass die Einschränkung nicht über das hinausgehe, was
erforderlich ist, um den gewerbepolizeilichen Zweck zu erfüllen, dem sie
dient (BGE 91 I 464 mit Hinweisen auf frühere Urteile, 93 I 219 Erw. 6).

    Ob eine behördliche Massnahme diese Grundsätze der Handels- und
Gewerbefreiheit verletze, prüft das Bundesgericht frei. Ebenfalls frei
prüfen kann es die Frage, ob das GG das angefochtene Berufsverbot im
vorliegenden Falle gestatte. Es prüft zwar die Auslegung und Anwendung
des kantonalen Gewerbepolizeirechts, wie diejenige des kantonalen
Gesetzesrechts überhaupt, im allgemeinen nur unter dem beschränkten
Gesichtswinkel der Willkür (BGE 94 I 227 Erw. 2 a.E.). Diese Beschränkung
bei der Überprüfung der Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts lässt
das Bundesgericht indessen fallen, wenn ein Eingriff in Frage steht,
der sich für den Betroffenen besonders einschneidend auswirkt. Das wurde
zunächst für Eingriffe in das Privateigentum (BGE 89 I 467/8 und dort
angeführte frühere Urteile) und in die persönliche Freiheit ausgesprochen
(BGE 90 I 39 und 91 I 35), muss aber, wie bereits in BGE 91 I 488 Erw. 3
festgestellt wurde, auch für Eingriffe in andere Grundrechte gelten,
also auch für solche in die Handels- und Gewerbefreiheit. Dass das
dem Beschwerdeführer auferlegte Verbot, seine über 20 Jahre ausgeübte
Erwerbstätigkeit fortzusetzen, ein besonders schwerer Eingriff im Sinne
dieser Rechtsprechung ist, kann nicht zweifelhalt sem.

Erwägung 4

    4.- Nach dem GG ist die Ausübung der Heiltätigkeit nur
vertrauenswürdigen Personen gestattet (Art. 15) und durch die
Sanitätskommission zu verbieten, wenn die betreffende Person diese
Voraussetzung nicht oder nicht mehr erfüllt (Art. 18 Abs. 1). Auch
denjenigen, die vor Erlass des GG die Heiltätigkeit im Kanton ausübten,
ist die Fortsetzung derselben nur gestattet, wenn sie vertrauenswürdig
sind (Art. 30). Der Beschwerdeführer bestreitet mit Recht nicht, dass
diese Ordnung mit Art. 31 BV vereinbar ist. Er wendet sich nur gegen
ihre Anwendung auf ihn, d.h. dagegen, dass ihm die Vertrauenswürdigkeit
abgesprochen und die weitere Berufsausübung verboten wird.

Erwägung 5

    5.- Der Beschwerdeführer beanstandet, dass bei der Beurteilung seiner
Vertrauenswürdigkeit die Bussen und Strafen, die er früher erlitten hat,
berücksichtigt werden, und erblickt darin eine unzulässige Rückwirkung
des neuen Gesetzes. Dem kann nicht zugestimmt werden, denn es geht um
den vom Beschwerdeführer gestützt auf Art. 30 GG erhobenen Anspruch
auf Fortführung seiner bisherigen Tätigkeit, der innert 3 Monaten nach
Inkrafttreten des neuen Gesetzes anzumelden war und nur aufgrund seiner
früheren Tätigkeit beurteilt werden kann. Es ist unbestritten, dass
seine Berufsausübung innert der dort genannten Zeit zu keinen Klagen im
Kanton Appenzell A. Rh. geführt hat. Daneben muss er aber auch noch das
weitere Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit erfüllen, und auch das kann
nur aufgrund seines früheren Verhaltens beurteilt werden. Eine zeitliche
Schranke besteht dafür nicht; doch verlieren allfällige Verfehlungen umso
mehr an Bedeutung, je weiter sie zurückliegen (vgl. BGE 79 I 124).

Erwägung 6

    6.- Das Obergericht spricht dem Beschwerdeführer die
Vertrauenswürdigkeit aus drei Gründen ab, wegen der Bestrafung im
Jahre 1960, wegen seiner zahlreichen, in andern Kantonen begangenen und
geahndeten Widerhandlungen gegen gesundheitspolizeiliche Vorschriften
und wegen seiner mangelhaften Kenntnis der Zusammensetzung der von ihm
verkauften Heilmittel.

    a) Das Urteil des Bezirksgerichts St. Gallen vom 30. März 1960,
durch das der Beschwerdeführer wegen Wuchers und Gehilfenschaft zu
Abtreibungsversuch zu einer bedingten Gefängnisstrafe von vier Wochen
verurteilt worden ist, ist am 22. April 1963 im Strafregister gelöscht
worden. Indem der kantonale Strafregisterführer das Urteil gleichwohl in
dem von der Sanitätskommission eingeholten Strafregisterauszug aufführte,
hat er Art. 363 Abs. 4 StGB missachtet, wonach eine gelöschte Vorstrafe
nur Untersuchungsämtern und Strafgerichten in einem gegen die betreffende
Person als Beschuldigten geführten Strafverfahren mitgeteilt werden
darf. Ob das Urteil von der Sanitätskommission trotzdem berücksichtigt
werden durfte, weil es auch in den Strafregisterauszügen erwähnt ist, die
sich bei den von ihr beigezogenen, die beiden letzten Strafverfahren wegen
Übertretung ausserkantonaler Gesundheitsgesetze betreffenden Strafakten
befinden, kann dahingestellt bleiben. Aus dem Urteil, das offenbar mehr
unter dem Gesichtspunkt des Wuchers als der Abtreibung erging, ergibt sich
zwar ein Verhalten des Beschwerdeführers, das ein schlechtes Licht auf
seine Berufsmoral wirft und als wirtschaftliche Ausbeutung einer Patientin
im Sinne von Art. 18 Abs. 1 lit. e GG erscheint. Da es aber ein einmaliges
Vorkommnis ist und schon 10 Jahre zurückliegt, begründet es lediglich
gewisse Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers, genügt
aber jedenfalls für sich allein nicht, um diese heute zu verneinen.

    b) Die zahlreichen Bussen und zwei Haftstrafen, die der
Beschwerdeführer in den Jahren 1949-1965 erlitten hat, betreffen
nicht seine Tätigkeit im Kanton Appenzell A. Rh., wo sie erlaubt
war, sondern die dafür in andern Kantonen entfaltete und dort
nicht zulässige Reklame. Hierin liegt eine fortgesetzte Missachtung
gesundheitspolizeilicher Vorschriften, die gegen die Vertrauenswürdigkeit
des Beschwerdeführers spricht. Er bezeichnet die Berücksichtigung
dieser Vorstrafen deshalb als Verstoss gegen Treu und Glauben, weil
die appenzellischen Behörden von seinem Verhalten Kenntnis hatten,
ohne je dagegen einzuschreiten, obwohl sie dazu schon aufgrund des
früheren Rechts die Möglichkeit gehabt hätten. Dem hält das Obergericht
in der Beschwerdeantwort entgegen, dass die Vertrauenswürdigkeit nach
der Heilmittelverordnung von 1924 nicht Voraussetzung der Ausübung der
Heiltätigkeit gewesen sei, womit es wohl sagen will, die appenzellischen
Behörden hätten früher keine Möglichkeit zum Einschreiten gehabt. Wie es
sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben, und ebenso wenig braucht
zum Vorwurf des Verstosses gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (auf
dessen Beachtung der Bürger nach der neuern Rechtsprechung unmittelbar
auf Grund von Art. 4 BV Anspruch hat; BGE 94 I 520 Erw. 4 a) Stellung
genommen zu werden. Für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des
Beschwerdeführers im Kanton Appenzell A. Rh. fragt sich, was seine
Werbetätigkeit betrifft, vor allem, ob von ihm zu erwarten ist, dass
er sich an die Vorschriften des neuen GG halten wird, das in Art. 17
nun Reklame, wie sie der Beschwerdeführer früher in andern Kantonen
entfaltete, ebenfalls verbietet. Dass er sich auch über dieses Verbot
hinwegsetzen werde, kann nicht ohne weiteres aus den zahlreichen früheren
Bestrafungen in andern Kantonen abgeleitet werden. Einmal durfte der
Beschwerdeführer daraus, dass die appenzellischen Behörden gegen dieses
ihnen bekannte Verhalten nie einschritten, schliessen, dass sie dagegen
nichts einzuwenden hätten. Die Sanitätsdirektion ist denn auch nur ein
einziges Mal, als er seine Werbung auf Deutschland ausdehnte und die
deutsche Botschaft deswegen in Bern reklamierte, beim Beschwerdeführer
vorstellig geworden und hat ihn mit Schreiben vom 28. August 1963 dringend
ersucht, "in Zukunft von solchen Werbemethoden Abstand zu nehmen". Es wird
nicht behauptet, dass er noch nachher in Deutschland unzulässige Reklame
gemacht habe, und auch die in der Schweiz wegen solcher Reklame gegen
ihn ausgefällten Bussen liegen, mit einer einzigen Ausnahme, weiter zurück.

    c) Dem Umstand, dass in einem Inspektionsbericht der Sanitätskommission
aus dem Jahre 1962 festgehalten ist, dass der Beschwerdeführer die
Zusammensetzung der meisten von ihm verkauften Heilmittel nicht kenne,
kommt deshalb keine wesentliche Bedeutung zu, weil die Heiltätigkeit
im Kanton Appenzell A. Rh. grundsätzlich frei ist und es dafür keines
Fähigkeitsausweises und damit auch keiner Kenntnisse auf dem Gebiete
der Heimittelzusammensetzung bedarf. Die mangelhafte Kenntnis des
Beschwerdeführers vermöchte seine Vertrauenswürdigkeit unter diesen
Umständen nur dann ernstlich in Frage zu stellen, wenn er deswegen
ungeeignete Heilmittel verkauft und dadurch die Gesundheit von Patienten
geschädigt oder gefährdet hätte. Das wird jedoch von den Behörden nicht
behauptet und noch weniger darzutun versucht; wie der Beschwerdeführer
schon bei jener Inspektion erklärt hat und von den Behörden nicht
bestritten wird, weiss er vielmehr, wozu die Mittel zu verwenden sind.

Erwägung 7

    7.- Nach dem Gesagten begründen das Strafurteil von 1960 und die
zahlreichen Bestrafungen wegen unzulässiger Reklame in andern Kantonen
gewisse Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers. Ob sie
genügen, ihm diese abzusprechen, braucht nicht entschieden zu werden,
da der angefochtene Entscheid wenn nicht gegen das GG, so jedenfalls
gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und damit gegen Art. 31 BV
verstösst. Das frühere Verhalten des Beschwerdeführers würde es durchaus
rechtfertigen, ihm die Ausübung der Heiltätigkeit im Kanton Appenzell
A. Rh. mangels Vertrauenswürdigkeit dann zu verbieten, wenn er bisher in
einem andern Kanton (oder Staate) tätig gewesen wäre, da das Verbot,
seine Tätigkeit von auswärts in den Kanton Appenzell zu verlegen,
in einem angemessenen Verhältnis zu dem damit angestrebten Schutz der
Volksgesundheit stehen würde. Dagegen geht es zu weit, dem Beschwerdeführer
wegen seines früheren Verhaltens ohne vorherige Warnung die Ausübung
des Berufes zu verbieten, den er seit über 20 Jahren in diesem Kanton
ausgeübt hat, ohne dass dessen Behörden je gegen ihn eingeschritten oder,
von dem in Erw. 6 b erwähnten Schreiben vom 28. August 1963 abgesehen, auch
nur bei ihm vorstellig geworden wären. Das Strafurteil von 1960 betrifft
eine einmalige Verfehlung, die - wegen der Löschung im Strafregister -
richtigerweise überhaupt nicht hätte berücksichtigt werden dürfen und
zudem so weit zurückliegt, dass sie ein plötzliches Berufsverbot zum
Schutze des Publikums vor wirtschaftlicher Ausbeutung heute nicht mehr
zu rechtfertigen vermag. Die zahlreichen Vorstrafen in andern Kantonen
wegen marktschreierischer oder sonst unzulässiger Reklame lassen höchstens
befürchten, dass der Beschwerdeführer diese nun auch im Kanton Appenzell
A. Rh. verpönte Reklametätigkeit in Zukunft wieder aufnehmen könnte. Um
ihn davon abzuhalten, bedarf es jedoch weder eines zeitlich beschränkten
noch gar eines unbeschränkten Verbotes seiner seit über 20 Jahren
ausgeübten Tätigkeit. Das ohne vorherige Warnung ausgesprochene Verbot
derselben steht zu dem damit angestrebten Zweck, die Wiederaufnahme der
früher betriebenen Werbetätigkeit zu verhindern, in keinem vernünftigen
Verhältnis. Eine so weitgehende Massnahme rechtfertigt sich umso weniger,
als der Beschwerdeführer unmittelbar nach dem Erlass des GG am 28. April
1965 der Sanitätsdirektion geschrieben hat, dass er sich in Zukunft
strikte an die nun eingeführte Beschränkung der Reklame halten werde, und
seither auch nie mehr wegen unzulässiger Reklame gebüsst worden ist. Der
angefochtene Entscheid und das damit bestätigte Berufsverbot sind daher
wegen Verletzung des Art. 31 BV aufzuheben.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts
von Appenzell A. Rh. vom 28. August/11. November 1968 sowie das dem
Beschwerdeführer auferlegte Berufsverbot werden aufgehoben.