Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 I 103



95 I 103

15. Auszug aus dem Urteil vom 29. Januar 1969 i.S. X gegen den
Regierungsrat des Kantons Y. Regeste

    Recht auf Einsicht in die Akten eines abgeschlossenen Verfahrens;
Art. 4 BV.

    Der Grundsatz der Rechtsgleichheit verlangt nicht nur die Einsicht in
Akten eines laufenden Verfahrens. Vielmehr gebietet er auch, dass jeder
Bürger seine Rechte stetsfort mit allen von der Rechtsordnung zugelassenen
Mitteln wahren könne. Eine solche umfassende Rechtswahrung setzt u.U. die
Einsicht in die Akten eines abgeschlossenen Verfahrens voraus (Änderung
der Rechtsprechung). Dieser Anspruch ist aber nur gegeben, wenn der
Rechtsuchende ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht.

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    A.- Der deutsche Staatsangehörige Alfred X war im Januar 1934 mit
einem gültigen deutschen Reisepass zu Studienzwecken in die Schweiz
eingereist. Nach Abschluss seines Studiums war er mit fremdenpolizeilicher
Bewilligung an verschiedenen schweizerischen Arbeitsplätzen tätig. Am 20.
April 1940 wurde er auf Weisung des damaligen Polizeikommandanten des
Kantons Y vor Ablauf seiner fremdenpolizeilichen Aufenthaltsbewilligung
durch Polizeibeamte an die deutsche Grenze gestellt. Seither ist er
verschollen.

    B.- Arthur und Theodor X, Brüder des Verschollenen, verlangten nach dem
Krieg wiederholt bei den Behörden des betreffenden Kantons Einsicht in die
Akten, die die Ausweisung betreffen. Sie behaupteten, ihr Bruder sei als
Beauftragter einer deutschen Widerstandgruppe in der Schweiz tätig gewesen,
nachdem er vor seiner Einreise bis anfangs Dezember 1933 wegen angeblicher
hochverräterischer Betätigung in deutschen Konzentrationslagern interniert
gewesen sei. Kurz nach seiner Ausweisung aus der Schweiz, am 26. April
1940, seien Freunde von der Berliner Polizeibehörde zur Identifizierung
seiner Leiche vorgeladen worden.

    Die zuständigen Behörden des Kantons Y haben Theodor X schriftliche
und mündliche Auskünfte aus den Akten erteilt und teilweise Akteneinsicht
gewährt. Es fand auch eine persönliche Aussprache zwischen Theodor X und
dem Polizeidirektor des Kantons Y statt. In diesen Auskünften wurde darauf
hingewiesen, Alfred X sei an die Grenze verbracht worden, weil er durch
seine an den Tag gelegte politische Einstellung untragbar geworden sei;
er habe über die Schweiz und ihre Armee geschimpft und sich anmassend
aufgeführt. Man habe sich des Eindrucks nicht erwehren können, er sei ein
Spitzel. Obwohl er sich als Sozialist ausgegeben habe, habe er wiederholt
bemerkt, er könne jederzeit wieder ins nationalsozialistische Deutschland
zurückehren. Mit Beschluss vom 14. April 1966 hat der Regierungsrat des
Kantons Y das Gesuch um volle Akteneinsicht abgelehnt.

    Nachdem Theodor X in einer neuen Eingabe weiterhin auf eigener
Akteneinsicht bestanden hatte, ergänzte der Regierungsrat die bisher
erteilten Auskünfte, hielt aber grundsätzlich an seinem früheren
Beschluss fest. Der Regierungsrat versicherte, dass sich aus den Akten
keine Indizien für die Vermutung des Gesuchstellers ergäben, deutsche
Stellen seien an der Ausweisung beteiligt gewesen. Vielmehr habe es sich um
schweizerische Persönlichkeiten gehandelt, die den Polizeiorganen gegenüber
das Verhalten von Alfred X als undurchsichtig bezeichnet hätten. Dass die
"Ausweisung ohne weitere Erhebungen" erfolgt sei, entspreche zwar nicht
dem Rechtsempfinden des Regierungsrates, müsse aber aus der damaligen
Notsituation heraus verstanden werden. Zudem habe nicht mit einem
tragischen Ausgang gerechnet werden müssen, weil Alfred X nicht als
Flüchtling in die Schweiz gekommen sei und ihm noch am 6. September 1939
das deutsche Konsulat einen langfristigen Pass ausgestellt habe; dies sei
nur bei solchen Deutschen der Fall gewesen, die als absolut zuverlässig
galten oder die im Dienste des deutschen Staates standen. Im übrigen hätten
die fremdenpolizeilichen Vorgänge während des Krieges die Staatssicherheit
betroffen, und die entsprechenden Akten seien noch heute geheim.

    C.- In einem Wiedererwägungsgesuch an den Regierungsrat verlangten
Arthur und Theodor X erneut volle Akteneinsicht. Wiederum äusserten sie
den Verdacht, deutsche nationalsozialistische Stellen hätten ihren Bruder
direkt oder indirekt bei den Polizeibehörden des betreffenden Kantons
denunziert, um seine Ausweisung aus der Schweiz zu erwirken und auf
diese Weise seiner in Deutschland habhaft zu werden. Damit hätten sich
jene deutschen Agenten des Mordes schuldig gemacht. Volle Akteneinsicht
sei daher auch deshalb notwendig, um diese Personen zu identifizieren,
zu überführen und in Deutschland zu bestrafen.

    Der Regierungsrat hat das Wiedererwägungsgesuch am 22. Februar 1968
abgewiesen.

    D.- Arthur und Theodor X führen staatsrechtliche Beschwerde und
beantragen darin, den angefochtenen Entscheid aufzuheben. Zur Begründung
machen sie im wesentlichen geltend, ihr Bruder sei widerrechtlich an die
Grenze gestellt worden und die Verweigerung der verlangten Akteneinsicht
verletze Art. 4 BV.

    Der Regierungsrat schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

    E.- Der Regierungsrat hat die Akten, in die die Beschwerdeführer
Einsicht nehmen möchten, dem Bundesgericht auf dessen Ersuchen hin zur
vertraulichen Behandlung zugestellt.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Das Recht zur staatsrechtlichen Beschwerde steht nach Art. 88 OG
Bürgern (Privaten) und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen
zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende
Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. Legitimiert zur Beschwerde ist
nach der Rechtsprechung, wer mit hinreichenden Gründen die Verletzung
eines eigenen, rechtlich erheblichen, in der Regel aktuellen Interesses auf
einem Gebiete behauptet, das die von ihm angerufene Verfassungsbestimmung
beschlägt (vgl. BGE 91 I 185 E. 1, 413 E. 3).

    Die Verweigerung voller Akteneinsicht verletzt nach Auffassung
der Beschwerdeführer den Art. 4 BV. Diese Verfassungsbestimmung umfasst
grundsätzlich auch das Akteneinsichtsrecht in Verwaltungssachen (BGE 83 I
155 E. 5). Es wird somit die Verletzung eines unmittelbar aus Art. 4 BV
fliessenden Rechtes behauptet, was auch Ausländer zur staatsrechtlichen
Beschwerde berechtigt (BGE 92 I 15).

    Aus der Darstellung des Regierungsrates ergibt sich, dass
Alfred X am 20. April 1940 vor Ablauf seiner Aufenthaltsbewilligung
zwangsweise polizeilich aus der Schweiz nach Deutschland ausgeschafft
worden ist, und dass diese Anordnung getroffen wurde, weil er sich als
nationalsozialistischer Spitzel verdächtig gemacht haben soll. Die Polizei
stützte sich dabei auf Aussagen schweizerischer Auskunftspersonen. Ob
die Massnahme begründet oder geboten war, ist in diesem Verfahren nicht
zu entscheiden. Jedenfalls aber hatte Alfred X schon unmittelbar aufgrund
von Art. 4 BV einen Anspruch darauf, zu seiner Verteidigung vom Ergebnis
der Ermittlungen Kenntnis zu nehmen und dazu Stellung zu beziehen. Die
entsprechenden Akten waren ihm zu diesem Zwecke zu öffnen, soweit nicht
die Rücksicht auf ein besonderes Geheimhaltungsinteresse des Staates oder
Dritter ausnahmsweise der Einsicht in einzelne Aktenstücke oder Teile
derselben entgegenstand (BGE 92 I 263). Alfred X wurde offensichtlich
überhaupt keine Verteidigungsmöglichkeit eingeräumt. Das ergibt sich sowohl
aus der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Beschwerdeführer,
ihr Bruder sei unmittelbar nach seiner Verhaftung ohne Verhör und ohne
Gelegenheit zur Verteidigung, im bewachten Auto sofort an die deutsche
Grenze gebracht worden, wie aus der Zugabe des Regierungsrates, die
Ausweisung sei "ohne weitere Erhebungen" erfolgt.

    Die gleichen Rechte wie dem Verfahrensbeteiligten selber sind
mit dessen Tod oder Verschollenheit seinen nächsten Angehörigen
zuzubilligen. Wie oben dargelegt, gehört dazu grundsätzlich auch das
Akteneinsichtsrecht. Alfred X, über dessen Schicksal die Akten keine
Gewissheit verschaffen, ist nach den Parteidarstellungen als verschollen zu
betrachten. Beide Beschwerdeführer als seine Brüder sind deshalb entgegen
der Auffassung des Regierungsrates nicht unbeteiligte Dritte, sondern
dem ursprünglichen Verfahrensbeteiligten Alfred X hinsichtlich dessen
Rechte im Verfahren gleichgestellt. Die Verweigerung der Akteneinsicht
trifft sie somit in ihren eigenen, rechtlich erheblichen Interessen. Auf
die Beschwerde ist daher einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Für das geltend gemachte Akteneinsichtsrecht berufen sich
die Beschwerdeführer nicht auf besondere Bestimmungen des eidg. oder
kantonalen Rechtes, sondern ausschliesslich auf Art. 4 BV. Der
unmittelbar aus dieser Vorschrift fliessende Anspruch auf rechtliches
Gehör gewährleistet indessen im Verwaltungsverfahren kein unbeschänktes
Akteneinsichtsrecht. Ein solches besteht nach der bisherigen Praxis nur zur
Wahrung der Rechte des Beteiligten im betreffenden Verfahren; es entfällt
nach dessen Abschluss. Sodann findet es seine Grenzen an den berechtigten
Geheimhaltungsinteressen des Staates oder Dritter, insbesondere auch von
Auskunftspersonen (vgl. BGE 92 I 263, 83 I 155 E. 5 je mit Hinweisen,
nicht veröffentlichte Urteile vom 8. Juli 1963 i.S. Michel, E. 1, vom
19. Oktober 1963 i.S. Kümin E. 4 b, vom 9. Juli 1964 i.S. Gonda E. 2,
vom 30. September 1965 i.S. Stauffer E. 2; TINNER, Das rechtliche Gehör,
ZSR 1964 II, S. 346 f., 379 f., 399).

    a) Im vorliegenden Fall ist das Verfahren, dessen Akten die
Beschwerdeführer einsehen möchten, im Jahre 1940 dadurch tatsächlich
beendet worden, dass die kantonalen Polizeibehörden Alfred X an die
Grenze stellten. Freilich wurde das Verfahren in verfassungswidriger Weise
beendet. Der Regierungsrat räumt selber ein, dass dem Ausgewiesenen die
ihm vorgeworfenen Anschuldigungen (die die Ausweisung bewirkten) nicht
bekannt gegeben wurden, X sich dazu also nicht äussern konnte. Auch eine
solche Beendigung des Verfahrens ändert jedoch nichts daran, dass nach
bisheriger Praxis kein Akteneinsichtsrecht mehr besteht.

    Indessen kann an der Auffassung, der aus Art. 4 BV fliessende Anspruch
auf Akteneinsicht erlösche in jedem Fall mit dem Abschluss des Verfahrens,
nicht festgehalten werden. Diese Auffassung wurde denn auch in der
Literatur kritisiert (vgl. IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung,
3. Aufl. Nr. 613 Ziff. V a.E.). Zu den grundlegenden Geboten des
Rechtsstaates, die durch Art. 4 BV geschützt werden, zählt nicht
nur der Anspruch auf rechtliches Gehör und das daraus fliessende
Recht auf Akteneinsicht während des Verfahrens. Vielmehr verlangt der
verfassungsmässig gewährleistete Grundsatz der Rechtsgleichheit unter
anderem auch, dass jeder Bürger seine Rechte stetsfort mit allen von
der Rechtsordnung zugelassenen Mitteln wahren könne. In diesem Sinne
hat das Bundesgericht einer Prozesspartei, die ohne Beeinträchtigung des
notwendigen Lebensunterhaltes für sich und ihre Familie die Prozesskosten
nicht zu bestreiten vermag, in einem für sie nicht aussichtslosen
Zivilprozess das Recht der unentgeltlichen Prozessführung zugebilligt. Eine
umfassende Wahrung der Rechte kann nun aber auch gebieten, dass der Bürger
die Akten eines abgeschlossenen Verfahrens einsehe. Allerdings ist dieser
Anspruch - im Gegensatz zu demjenigen des Beteiligten auf Einsicht in die
Akten eines hängigen Verfahrens - nur dann gegeben, wenn der Rechtsuchende
ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht.

    In der Regel wird in erster Linie derjenige schutzwürdige Interessen
glaubhaft machen können, der seinerzeit am nunmehr abgeschlossenen
Verfahren beteiligt war. Zu denken ist z.B. an den Fall, wo ein
Verurteilter Revision verlangen und zu diesem Zwecke die Akten des
abgeschlossenen Strafverfahrens einsehen will. Ausnahmsweise können
jedoch auch schutzwürdige Interessen Dritter auf dem Spiele stehen. So
im Falle der Beschwerdeführer, die als Brüder des verschollenen Alfred
X gegen unbekannte deutsche Agenten vorgehen wollen, von denen sie
vermuten, dass sie möglicherweise die Ausweisung durch schweizerische
Behörden mitveranlasst haben, um den Genannten nach dem Grenzübertritt
umzubringen. Entgegen der Auffassung des Regierungsrates steht den
Beschwerdeführern demnach grundsätzlich das unmittelbar aus Art. 4
BV fliessende Recht zu, die Akten des Verfahrens einzusehen, das zur
Ausweisung ihres verschollenen Bruders geführt hat.

    b) Auch hinsichtlich der Akten eines abgeschlossenen Verfahrens besteht
indessen kein uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht. Dieses findet auch
hier seine Grenzen an öffentlichen Interessen des Staates oder berechtigten
Geheimhaltungsinteressen privater Dritter. Ob solche Interessen
demjenigen an der Gewährung des unmittelbar aus Art. 4 BV abgeleiteten
Akteneinsichtsrechts entgegenstehen, prüft der Staatsgerichtshof frei,
geht es doch um die Tragweite einer Verfassungsnorm. Eine derartige
Interessenabwägung kann jedoch nur in Kenntnis der Akten erfolgen,
für die ein Geheimhaltungsinteresse geltend gemacht wird. Um das
Geheimhaltungsinteresse, auf das sich der Regierungsrat beruft,
beurteilen zu können, hat das Bundesgericht die Akten beigezogen, die
die Beschwerdeführer einsehen möchten. Der Beizug musste naturgemäss zur
vertraulichen Prüfung erfolgen, damit die Entscheidung nicht im Sinne
der Öffnung der Akten tatsächlich vorweggenommen werde. Diesem Verfahren
haftet der Makel an, dass dem Gericht bekannt wird, was einer Prozesspartei
unbekannt bleibt. Dem steht vom rechtsstaatlichen Gesichtspunkt aus der
überwiegende Vorteil gegenüber, dass der Richter nicht auf die Angaben
der Verwaltungsbehörde über ihr behauptetes Geheimhaltungsinteresse
angewiesen ist, sondern dieses aufgrund eigener Aktenkenntnis selber
beurteilen kann. Diese richterliche Überprüfungsmöglichkeit liegt im
Interesse der Partei, welche die Akteneinsicht fordert. Der erwähnte
Nachteil, ohne den die richterliche Überprüfung nicht durchzuführen ist,
muss deshalb in Kauf genommen werden.

Erwägung 3

    3.- Die Prüfung der beigezogenen Akten ergibt, dass die Verweigerung
der Akteneinsicht insofern gerechtfertigt war, als wesentliche private
Interessen die Geheimhaltung erfordern. Wie der Regierungsrat zutreffend
ausführte, ist die Ausweisung von Alfred X tatsächlich auf Meldungen
verschiedener als zuverlässig bekannter schweizerischer Persönlichkeiten
zurückzuführen. Die Meldungen, in denen das Verhalten des Ausgewiesenen
als anmassend und undurchsichtig qualifiziert wurde, erfolgten Mitte April
1940, in einer Zeit höchster politischer und militärischer Bedrohung
der schweizerischen Unabhängigkeit durch das nationalsozialistische
Deutschland. Kurz vorher waren Dänemark und Norwegen von den Armeen des
Dritten Reiches überfallen worden. Die Furcht, das nächste Opfer zu sein,
war in der Schweiz verbreitet. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen,
dass die genannten Meldungen über das Verhalten von Alfred X aus Sorge
um die Sicherheit der Schweiz, also aus achtenswerten Beweggründen
erstattet wurden. Die Auskunftspersonen haben deshalb Anspruch darauf,
dass ihre Namen nicht preisgegeben werden; dies umso mehr, als sie annehmen
durften, ihre Angaben würden von der zuständigen Behörde überprüft und
diese entscheide in rechtsstaatlicher und den Verhältnissen angemessener
Weise. Die Auskunftspersonen hatten nicht damit zu rechnen, dass X ohne
weitere Erhebungen an die deutsche Grenze gestellt werden würde. Der
Regierungsrat hat die Akteneinsicht deshalb zu Recht verweigert.

Erwägung 4

    4.- Dem verständlichen Bedürfnis der Beschwerdeführer, die Gründe
für die Ausweisung ihres Bruders zu erfahren, sowie ihrem berechtigten
Interesse an dessen Rehabilitierung kann anderseits dadurch Rechnung
getragen werden, dass ihnen im vorliegenden Entscheid das wesentliche
Ergebnis der Aktenprüfung bekannt gegeben wird.

    a) Die Vermutung der Beschwerdeführer, es seien deutsche Amtsstellen
oder nationalsozialistische Organisationen an der Ausweisung von Alfred
X beteiligt gewesen, ist unbegründet. In der Tat finden sich in den
Akten keinerlei Anhaltspunkte für einen derartigen direkten oder auch
nur indirekten Zusammenhang.

    b) Ob das zuständige deutsche Konsulat in der Schweiz Alfred X am
6. September 1939 tatsächlich einen langfristigen deutschen Reisepass
ausgestellt hat, ergibt sich aus den Akten nicht. Zuverlässig geht daraus
lediglich hervor, dass X bei seiner Ausweisung Besitzer eines deutschen
Reisepasses war. Ausstellende Behörde, Ausstellungsdatum und Geltungsdauer
sind nicht feststellbar.

    c) In den erwähnten Auskünften privater Dritter wurden Alfred X ausser
anmassendem Auftreten Äusserungen folgender Art zugeschrieben und zur Last
gelegt: Obwohl er sich als Sozialist ausgebe, erkläre er, jederzeit nach
Deutschland zurückkehren zu können, was auffällig sei. Er äussere sich
ständig in ablehnendem Sinne über die schweizerische Demokratie, die keine
Demokratie sei. Die Schweizer würden im entscheidenden Augenblick von der
Regierung und den Offizieren, die alle faschistisch seien, verraten. Die
Schweiz solle sich wehren, aber vorher Revolution machen. In der Schweiz
stecke man Emigranten in Zuchthäuser. Er, X, würde lieber nach Deutschland
gehen, als sich hier internieren zu lassen.

    Da diese Auskünfte nicht überprüft wurden und Alfred X nicht dazu
Stellung nehmen konnte, muss ihr Wahrheitsgehalt dahingestellt bleiben. Die
Akten geben keine Auskunft darüber, ob solche Äusserungen dem X zu Recht
oder zu Unrecht zugeschrieben worden sind.

Erwägung 5

    5.- Nach dem Gesagten ist zwar die vorliegende Beschwerde abzuweisen.
Indessen entsprechen die vorstehenden Erwägungen (insbesondere Erw. 4
hievor) dem Begehren der Beschwerdeführer in einem gewissen Sinne. Aus
diesem Grunde und in Anbetracht der Besonderheit des vorliegenden Falles
ist von einer Gerichtsgebühr abzusehen (OG Art. 154).

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.