Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 II 442



95 II 442

62. Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Dezember 1969 i.S. Bank für
Gemeinwirtschaft AG gegen Konkursmasse der Prospera GmbH. Regeste

    Der Umfang der Vertretungsmacht der Organe einer juristischen Person
richtet sich nach dem die Handlungsfähigkeit derselben beherrschenden
Personalstatut (Erw. 1).

    Die "Vertretungsbefugnis" des Art. 814 OR besagt trotz des Wortlauts
nicht, welche Rechtshandlungen der Vertreter zulasten der Gesellschaft
vornehmen darf, sondern welche er vornehmen kann (Erw. 2).

    Unter Rechtshandlungen, die der Zweck der Gesellschaft mit sich
bringen kann, sind alle Rechtshandlungen zu verstehen, die durch diesen
nicht geradezu ausgeschlossen werden (Erw. 3).

    Das Selbstkontrahieren des Organs einer juristischen Person ist ohne
Ermächtigung oder Genehmigung seitens eines über- oder nebengeordneten
Organs nicht zulässig, wenn es die Gefahr einer Benachteiligung der
juristischen Person in sich birgt. Diese Gefahr besteht, wenn der
Geschäftsführer einer GmbH Wertpapiere nur für den Fall des Fehlschlagens
der eigenen Spekulation für die Gesellschaft kauft (Erw. 5).

    Keine stillschweigende Genehmigung einer vom Geschäftsführer der
GmbH im eigenen Interesse und zulasten der Gesellschaft abgeschlossenen
Bürgschaft, wenn der Gläubiger den Empfang der Bürgschaftsurkunde nicht
gegenüber einem zur Genehmigung der Bürgschaft berechtigten Organ der
Gesellschaft bestätigt (Erw. 6).

    Überschreitet das Organ der juristischen Person die gesetzliche
Vertretungsmacht, so kann der Vertragsgegner nicht unter Berufungauf seinen
guten Glauben gegen die juristische Person Rechte ableiten - Art. 38 OR -
(Erw. 7).

Sachverhalt

    A.- 1) Im Sommer 1963 gründete Erich Frischknecht, der in Zürich als
"internationaler Finanzberater" tätig war, zusammen mit Max Wyler die
Prospera GmbH. Sie hatte ein Stammkapital von Fr. 50 000.--, bezweckte
"die Übernahme von Vermögensverwaltungen sowie den Erwerb, die Verwaltung
und den Verkauf von Beteiligungen an Handels- und Industrieunternehmungen
und besass an ihrem Sitz Glarus bei Rechtsanwalt Dr. Doswald ein
Rechtsdomizil. Durch Statutenänderung vom 27. November 1963, im
Handelsregister eingetragen am 5. Dezember 1963 und im Schweizerischen
Handelsamtsblatt veröffentlicht am 11. Dezember 1963, erhöhte sie ihr
Kapital auf 2 Millionen Franken. Gesellschafter waren von da an Willy
Schmitz in Viersen (Deutschland) mit einer Stammeinlage von Fr. 1 950
000.-- und seine Tochter Christel Wentzel in Geldern (Deutschland) mit
einer Stammeinlage von Fr. 50 000.--. Als Geschäftsführer wurden Schmitz
und Frischknecht in das Handelsregister eingetragen, beide als einzeln
zeichnungsberechtigt.

    Die Prospera GmbH hatte beim Schweizerischen Bankverein in Zürich
Wertschriften hinterlegt, über die laut Unterschriftenkarte dieser Bank
vom 31. Juli 1963 Schmitz einzeln, Frischknecht dagegen nur kollektiv mit
Schmitz verfügen durfte. Am 21. Februar 1964 verpfändete sie diese Papiere
dem Schweizerischen Bankverein, um eine aus Aktienkäufen entstandene
Schuld ihrer von Frischknecht verwalteten Tochtergesellschaft Wimalag AG
sicherzustellen. Am 7. Juli 1964 bestellte sie der gleichen Bank an den
hinterlegten Wertschriften ein Pfandrecht für eine Kontokorrentschuld
der Wimalag AG von Fr. 600 000.

    2) Frischknecht hatte als Finanzberater seit 1961 verschiedenen Kunden
empfohlen, Aktien der Société Chimique de Gerland, Lyon, zu erwerben,
indem er darauf hingewiesen hatte, es sei zu erwarten, dass ihr Kurs von
FF 600 auf FF 800 bis 900 steigen werde. Als die Kurssteigerung ausblieb,
verpflichtete er sich 1963 und 1964 in mehreren Fällen, die Aktien zu weit
über den Börsenkursen liegenden Preisen zurückzunehmen. Er beabsichtigte,
sie als Paket gewinnbringend weiterzuverkaufen. Um dieses in seinem
Interesse liegende Geschäft durchführen zu können, wandte er sich anfangs
März 1964 zwecks Aufnahme eines bis zum 15. Juli 1964 befristeten Darlehens
an die Bank für Gemeinwirtschaft AG in Frankfurt a.M. Er erklärte ihr,
die Prospera GmbH werde für das Darlehen bürgen.

    Am 6. März 1964 gab er Direktor Prügner von der Bank für
Gemeinwirtschaft schriftlich einige Auskünfte über die Prospera GmbH
und übermittelte ihm einen "Depot-Auszug" über die beim Schweizerischen
Bankverein liegenden Wertpapiere, wobei er betonte, das Vermögen der
Gesellschaft sei "völlig unbelastet".

    Am 25. März 1964 unterzeichnete er im Namen der Prospera GmbH eine
Erklärung, wonach sich diese "selbstschuldnerisch für alle Ansprüche,
welche die Bank für Gemeinwirtschaft ... gegen Herrn Erich Frischknecht,
Zürich/Schweiz, Mühlegasse 17, aus der bankmässigen Geschäftsverbindung ...
bereits erworben habe oder noch erwerben werde, bis zum Höchstbetrag
von DM 1 800 000" verbürge. Am Schlusse der Erklärung steht der Satz:
"Desgleichen verpflichten wir uns, während der Laufzeit des Kredites
nicht über unser Vermögen ab heutigem Tage zu verfügen."

    Am 1. April 1964 dankte Frischknecht der Bank für Gemeinwirtschaft
für die Eröffnung eines Kredites von DM 1 800 000 und fügte bei: "In
der Beilage übermache ich Ihnen zu Ihrer Bedienung Bürgschaftserklärung
im Doppel durch die Prospera GmbH, Glarus, rechtsgültig unterzeichnet,
so dass meinerseits bezüglich der Kredit-Formalitäten die gewünschten
Massnahmen getroffen sind. Die Prospera GmbH erwartet mit Interesse Ihre
Eingangs-Bestätigung. - Gern reiche ich Ihnen den Handelsregister-Auszug
der Gesellschaft in den nächsten Tagen nach; der entsprechende Antrag
liegt bereits beim Handelsregisteramt des Kantons Glarus. - Lediglich
zu Ihrer Orientierung diene Ihnen, dass ich in diesen Tagen die
Substanz der Prospera GmbH durch Franko-Einlieferung von ... zusätzlich
verstärkt habe. Selbstverständlich wird die Propera GmbH sich genau an die
Bestimmungen der Bürgschafts-Erklärung halten, insbesondere auch in keiner
Weise über das Vermögen während der Laufzeit des Kredites verfügen ...".

    Am 6. April 1964 teilte Frischknecht der Bank für Gemeinwirtschaft
mit, welche Gerland-Aktien ihr geliefert würden, durch welche Banken
dies geschehen werde und welche Beträge sie dafür auszuzahlen habe. Er
unterschied zwischen Posten von zusammen DM 1 781 292.75, die "mit
der Prospera GmbH im Zusammenhang" ständen, und weiteren Posten, für
die sie ihm ein besonderes Konto eröffnen solle, das "nach Ablösung der
Gerland-Positionen" für seine persönlichen Börsengeschäfte weiterzuführen
sei.

    Am 9. April 1964 bestätigte die Bank für Gemeinwirtschaft Frischknecht
die Eröffnung des Kredites von DM 1 800 000 und des besonderen Kontos und
gab ihm ihre allgemeinen und besonderen Bedingungen bekannt. Am Fusse
einer Kopie dieses Schreibens erklärte sich Frischknecht am 10. April
1964 damit einverstanden.

    Am 14. April 1964 schrieb die Bank für Gemeinwirtschaft der "Prospera
GmbH Burgstrasse 40, Glarus/Schweiz" einen als vertraulich bezeichneten
eingeschriebenen Brief, durch den sie ihr "den Empfang der von Ihnen am 25.
März 1964 unterzeichneten Bürgschaftsurkunde" für den an Frischknecht
bewilligten Kredit von DM 1 800 000 bestätigte und ihr eine für sie
bestimmte Ausfertigung dieser Erklärung "wieder beifügte".

    3) Am 15. Juli 1964 war Frischknecht, weil der Kurs der Gerland-Aktien
gesunken war, nicht in der Lage, den Kredit zurückzuzahlen. Er bot
der Bank für Gemeinwirtschaft in der Folge die beim Schweizerischen
Bankverein, Zürich, liegenden Wertpapiere der Prospera GmbH als
zusätzliche Sicherheit an und unterzeichnete am 16. September 1964
im Namen der Prospera GmbH einen diesbezüglichen Verpfändungsvertrag,
dessen Ziffer 2 lautet: "Das Pfandrecht an diesen Wertpapieren dient zur
Sicherung aller Ansprüche, die die Bank aus der Gewährung eines Kredites
von DM 1 800 000 zuzüglich eines Überziehungskredites von DM 500 798.31
(Kontostand am 15.9.1964 exclusive Zinsen) an Herrn Erich Frischknecht,
Zürich, gemäss Krediteinräumungsschreiben vom 9. April 1964 besitzt oder
künftig besitzen wird." Am gleichen Tage verpfändete Frischknecht der
Bank für Gemeinwirtschaft im eigenen Namen 1109 beim Crédit Commercial de
France liegende Gerland-Aktien, um die gleichen Kreditschulden zusätzlich
sicherzustellen.

    Als der Schweizerische Bankverein, Zürich, durch die Bank für
Gemeinwirtschaft vernahm, dass ihr die der Prospera GmbH gehörenden
Wertpapiere verpfändet worden seien, drohte er der Wimalag AG am 28.
September 1964 die Kündigung seiner Kreditforderung an und lud die Organe
der Prospera GmbH zu einer Besprechung ein. Ein Doppel dieses Schreibens
sandte er an Schmitz. Dadurch wurde dieser erstmals über das Vorgehen
Frischknechts unterrichtet.

    Am 29. September 1964 vereinbarte Frischknecht namens der Prospera GmbH
mit der Bank für Gemeinwirtschaft, das am 16. September 1964 bestellte
Pfandrecht solle "den Rang unmittelbar nach den derzeit bestehenden
Rechten erhalten" und die Prospera GmbH trete alle Ansprüche gegen den
Schweizerischen Bankverein auf Herausgabe der verpfändeten Wertpapiere
an die Bank für Gemeinwirtschaft ab.

    4) Am 10. Dezember 1964 wurde über das Vermögen der Prospera GmbH
der Konkurs eröffnet. Die Bank für Gemeinwirtschaft meldete in diesem
aus der Bürgschaft vom 25. März 1964 eine Forderung von Fr. 1800 000.--
an und beanspruchte dafür aus den Verträgen vom 16. und 29. September
1964 ein Pfandrecht an den beim Schweizerischen Bankverein, Zürich,
hinterlegten Wertpapieren der Gemeinschuldnerin. Nachdem die Bank für
Gemeinwirtschaft im Februar 1965 von den verpfändeten Gerland-Aktien
Frischknechts verwertet hatte, setzte sie ihre Forderung gegenüber der
Konkursmasse auf DM 1 045 438.15 herab.

    Das Konkursamt Glarus wies die Forderung am 14. Mai 1964 mit der
Begründung ab, Frischknecht habe dadurch, dass er in eigenem Interesse
im Namen der Prospera GmbH Verpflichtungserklärungen abgab, seine
Vertretungsmacht überschritten, was für die Gläubigerin erkennbar
gewesen sei.

    5) Im März 1965 eröffnete die Bezirksanwaltschaft Meilen auf
Strafklage des Schmitz hin gegen Frischknecht ein Strafverfahren. Es
endete damit, dass das Obergericht des Kantons Zürich den Beschuldigten
am 25. Oktober 1966 wegen wiederholter ungetreuer Geschäftsführung zu
zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilte. Gegenstand der
Anklage und der Verurteilung bildeten unter anderem die Eingehung der
Solidarbürgschaft im Namen der Prospera GmbH und die Verpfändung ihrer
beim Schweizerischen Bankverein, Zürich, liegenden Wertschriften zugunsten
der Bank für Gemeinwirtschaft für die Kreditschuld des Beschuldigten.

    B.- Die Bank für Gemeinwirtschaft klagte auf Kollokation im Betrage
von DM 1 045 438.15 nebst 8% Zins seit 1. April 1965 und Feststellung,
dass für diese Forderung die Wertschriften der Prospera GmbH gemäss den
Verträgen vom 16. und 29. September 1964 als Pfand hafteten.

    Das Zivilgericht des Kantons Glarus hiess die Klage am 21. März
1968 gut, wobei es die Forderung von DM 1 045 438.15 in Fr. 1 134 300.--
umrechnete.

    Das Obergericht des Kantons Glarus wies dagegen auf Appellation der
Konkursmasse der Prospera GmbH hin die Klage am 10. März 1969 ab.

    C.- Die Klägerin hat die Berufung erklärt. Sie beantragt dem
Bundesgericht, die Klage gutzuheissen, eventuell die Sache zu neuer
Beurteilung an das Obergericht des Kantons Glarus zurückzuweisen.

    Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Zu entscheiden ist, ob die Prospera GmbH, die ihren Sitz in
der Schweiz hat, durch die Willensäusserungen ihres Geschäftsführers
Frischknecht für dessen persönliche Verbindlichkeiten zugunsten der in
der Bundesrepublik Deutschland niedergelassenen Klägerin habe Bürgschaft
leisten und ihre in Zürich liegenden Wertpapiere habe verpfänden
können. Das hängt davon ab, wie weit die Vertretungsmacht Frischknechts
reichte, d.h. in welchem Umfange dieses Organ den rechtsgeschäftlichen
Willen der Prospera GmbH bilden und kundgeben konnte. Die Frage beurteilt
sich nach dem die Handlungsfähigkeit dieser Gesellschaft beherrschenden
Personalstatut, d.h. nach dem Recht des Staates, in dem die Prospera
GmbH ihren Sitz hat und dem sie ihre Persönlichkeit verdankt (NIEDERER
in GUTZWILLER/NIEDERER, Beiträge zum Haager Internationalprivatrecht
1951 S. 131; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Allgemeine Einleitung N. 145 f.). Es
ist somit schweizerisches Recht anzuwenden. Auf dieses haben sich denn
auch beide Parteien schon im kantonalen Verfahren berufen.

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 814 Abs. 1 OR gelten für den Umfang und die
Beschränkung der "Vertretungsbefugnis" der Geschäftsführer der Gesellschaft
mit beschränkter Haftung die Bestimmungen des Aktienrechts. Damit ist
auf Art. 718 OR verwiesen.

    Die Klägerin beruft sich auf SCHUCANY, Kommentar zum schweizerischen
Aktienrecht, 2. Auflage, der in Anmerkung 3 zu Art. 718 die Meinung
äussert, die Vertretungsbefugnis voll zeichnungsberechtigter Personen
sei nach aussen unbeschränkt; sie beziehe sich auf alle Rechtshandlungen,
ob sie zum Geschäftsbetrieb und zum Gesellschaftszweck gehörten oder nicht.

    Diese Auffassung hält nicht stand. In den beiden Urteilen, die
Schucany anführt (BGE 44 II 136, 52 II 360), legte das Bundesgericht
Art. 654 aoR aus. Nach dieser Bestimmung wurde die Aktiengesellschaft
"durch die von ihren Vertretern innerhalb der Grenzen ihres Auftrages
abgeschlossenen Rechtsgeschäfte verpflichtet". Unter dem "Auftrag"
verstand das Bundesgericht die Stellung des Vertreters als Organ (BGE
44 II 138), woraus es ableitete, die Vertretungsmacht der Verwaltung
der Aktiengesellschaft reiche soweit wie die Handlungsfähigkeit der
juristischen Person, sie beziehe sich also auf alle Rechtshandlungen,
gleichgültig ob sie zum Geschäftsbetrieb und zum Geschäftszweck gehörten
oder nicht. Art. 718 Abs. 1 OR lautet anders. Er bestimmt, die zur
Vertretung befugten Personen seien ermächtigt, im Namen der Gesellschaft
"alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Zewck der Gesellschaft
mit sich bringen kann". Diese Fassung lehnt sich an Art. 423 Abs. 1,
561 Abs. 1, 700 aoR und Art. 459 Abs. 1, 564 Abs. 1, 899 Abs. 1 OR an,
welche die Vertretungsmacht des Prokuristen, der Kollektivgesellschafter
und der zur Vertretung der Genossenschaft bestellten Organe betreffen. Die
Vertretungsmacht wird durch den erwähnten Wortlaut unmissverständlich
beschränkt. Von einer Beschränkung der Ermächtigung auf den Zweck der
Gesellschaft spricht auch SCHUCANY, doch nimmt er an, sie habe nur interne
Bedeutung (Anm. 1 zu Art. 718 OR). Dieser Meinung ist nicht beizupflichten.
Trotz des Wortes "Vertretungsbefugnis", das in Art. 564, 718, 814 und 899
OR vorkommt, bestimmen diese Normen nicht, welche Rechtshandlungen der
Vertreter zulasten der Gesellschaften bzw. Genossenschaften vornehmen darf,
sondern welche er vornehmen kann. Gemeint ist die Vertretungsmacht. In
den französischen und italienischen Texten der erwähnten Bestimmungen, zum
Teil auch in den Randtiteln, kommen denn auch die Ausdrücke "pouvoirs",
"poteri", "facoltà di rappresentanza", "facoltà di rappresentare" und
das Zeitwort "potere" vor. Hätte schon die in Art. 718 Abs. 1 genannte
Beschränkung nur interne Bedeutung, so wäre in Art. 718 Abs. 2 nicht
bestimmt worden, die im ersten Absatz umschriebene Vertretungsmacht ("diese
Vertretungsbefugnis", "ces pouvoirs", "questa facoltà di rappresentare")
könne - unter Vorbehalt gewisser im Handelsregister eintragbarer Ausnahmen
- gegenüber gutgläubigen Dritten nicht (weiter) beschränkt werden. Das
hätte sich von selbst verstanden.

    Die Auffassung Schucanys wird denn auch im übrigen Schrifttum
nicht geteilt (F. VON STEIGER, Das Recht der Aktiengesellschaft in der
Schweiz, 3. Auflage, S. 235; FUNK, Anm. 2 zu Art. 718 OR; SECRETAN, JdT
1960 I 2 ff., besonders S. 3 und 9; W. VON STEIGER, Art. 814 N. 2; BÜRGI,
Art. 718 N. 2; SCHULZ-DORNBURG, Die Verwaltung der Aktiengesellschaft
in Deutschland und der Schweiz, Diss. Zürich 1966 S. 78; SCHULTHESS,
Funktionen der Verwaltung einer Aktiengesellschaft, Diss. Zürich 1967
S. 79/80; WIELER, Die rechtliche Stellung des Geschäftsführers in der GmbH,
Diss. Bern 1939 S. 36 f.).

Erwägung 3

    3.- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 561 und
423 aoR und zu Art. 459 OR sind unter den Rechtshandlungen, die der
Zweck der Gesellschaft bzw. der Zweck des Gewerbes oder Geschäftes "mit
sich bringen kann", nicht nur Rechtshandlungen zu verstehen, die dem
Vertretenen nützlich sind oder in seinem Betriebe gewöhnlich vorkommen,
sondern alle Rechtshandlungen, die, objektiv betrachtet, im Interesse des
von ihm verfolgten Zweckes liegen können, d.h. durch diesen nicht geradezu
ausgeschlossen werden (BGE 20 440 f., 22 595, 23 I 203, 31 II 100, 31 II
638, 38 II 105, 39 II 297, 84 II 170).

    Der Zweck der Gesellschaft schliesst eine bestimmte Rechtshandlung
selbst dann nicht geradezu aus, wenn sie ihn nur mittelbar fördert
oder fördern kann (Urteil vom 7.10.58 i.S. Duttweiler c. Konkursmasse
der Maritime suisse SA Erw. 3). Das trifft z.B. zu, wenn sie dem Kredit
eines Kollektivgesellschafters dient und dadurch mittelbar auch jenen der
Kollektivgesellschaft hebt (BGE 20 440), wenn sie dem Vertretenen mittelbar
Geschäftsabschlüsse einträgt, die seinem Zweck entsprechen (BGE 31 II 100,
84 II 170 f.), oder wenn sie sonstwie geeignet ist, die geschäftliche Lage
des Vertretenen zu verbessern (BGE 31 II 637 f.). Immer muss aber erwiesen
sein, dass das konkrete Rechtsgeschäft, dessen Gültigkeit in Frage steht,
vom Gesellschaftszweck (unmittelbar oder mittelbar) mit sich gebracht
werden konnte. Es genügt also z.B. nicht, dass der Gesellschaftszweck an
sich die Eingehung von Bürgschaften erfordern kann, sondern er muss die
unter ganz bestimmten Umständen eingegangene konkrete Bürgschaft haben
mit sich bringen können. Diesen Zusammenhang hat nachzuweisen, wer aus
ihm Rechte ableitet (Art. 8 ZGB), d.h. wer behauptet, das umstrittene
Rechtsgeschäft habe entgegen dem durch seinen Inhalt erweckten Anschein
vom Gesellschaftszweck mit sich gebracht werden können (Urteil vom 7.10.58
i.S. Duttweiler c. Konkursmasse der Maritime suisse SA).

Erwägung 4

    4.- a) Das Obergericht stellt unter Hinweis auf verschiedene Urkunden
der Strafakten fest, Frischknecht habe das geborgte Geld benötigt,
um Aktien der Société Chimique de Gerland von seinen eigenen Kunden
zurückzukaufen. Er habe seit 1961 den Erwerb dieser Aktien mit dem
Hinweis auf eine zu erwartende Kurssteigerung empfohlen gehabt, doch als
diese ausgeblieben sei, habe er sich 1963 und 1964 in mehreren Fällen
verpflichtet, die Aktien zu weit über dem Börsenkurs liegenden Preisen
zurückzunehmen. Er habe beabsichtigt, sie als Paket gewinnbringend zu
verkaufen.

    Die Klägerin macht in der Berufung geltend, diese Feststellungen
gingen über das hinaus, was die Parteien behauptet hätten, und sie seien
"im Zusammenhang unrichtig"; gerade in zwei, in den Strafakten erwähnten
Fällen sei ein Rückkauf nicht zustande gekommen, und der Zusammenhang
dieser Rückkaufsversprechen mit der beabsichtigten Bildung einer
Sperrminorität von Gerland-Aktien sei weder von den Parteien behauptet,
noch durch die Akten irgendwie belegt worden.

    Auf diese Ausführungen ist nicht einzutreten. Ob Tatsachen, die nicht
behauptet wurden, Gegenstand des Urteils bilden können und, wenn nein,
ob im vorliegenden Falle die nötigen Behauptungen aufgestellt wurden,
sind Fragen des kantonalen Prozessrechtes (BGE 78 II 97 f., 87 II 140 f.,
89 II 121). Verstösse gegen kantonales Recht können mit der Berufung
nicht geltend gemacht werden (Art. 43 Abs. 1, 55 Abs. 1 lit. c OG). Die
erwähnten Feststellungen sodann betreffen tatsächliche Verhältnisse
und könnten daher mit der Berufung nur angefochten werden, wenn sie
unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen
wären oder offensichtlich auf Versehen beruhen würden (Art. 43 Abs. 3,
55 Abs. 1 lit. c und d, 63 Abs. 2 OG). Die Klägerin behauptet weder das
eine noch das andere. Sie beanstandet nur die Beweiswürdigung.

    b) Das Obergericht verwirft sodann die Auffassung der Klägerin,
Frischknecht habe beabsichtigt, den An- und Verkauf der Gerland-Aktien
auf Rechnung der Prospera GmbH durchzuführen. Es führt zur Begründung aus,
einmal ergebe sich aus der Formulierung des Bürgschaftsvertrages, dass eine
eventuelle Übernahme der Gerland-Aktien durch die Prospera GmbH nicht in
Aussicht genommen wurde und man ausserdem ausdrücklich festgehalten habe,
es beständen keine mündlichen Nebenabreden und nachträgliche Änderungen
bedürften der Schriftform. Darüber hinaus sei auf die Aussagen des
Direktors Henrichsmeier der Klägerin zu verweisen, wonach Frischknecht
die Aktien nicht nur im eigenen Namen kaufen, sondern auch mit Gewinn
weiterverkaufen wollte und er, Frischknecht, nur für den Fall eines mit
Verlusten verbundenen Verkaufs die Prospera GmbH dazu ausersehen habe,
die Aktien zu erwerben. Dieser Sachverhalt sei auch in den Strafakten
durch die Aussagen Frischknechts ausgewiesen.

    Auch das Ergebnis dieser Überlegungen ist eine das Bundesgericht
bindende Feststellung über tatsächliche Verhältnisse. Was die Klägerin
dagegen vorbringt, ist nicht zu hören. Ob der Schluss, den das Obergericht
aus der Formulierung des Bürgschaftsvertrages zieht, richtig sei, ist
entgegen der Auffassung der Klägerin nicht eine Rechts-, sondern eine
Beweisfrage, denn das Obergericht äussert sich über den inneren Willen,
den Frischknecht bei der Aufnahme des Kredites und dem Abschluss des
Bürgschaftsvertrages hatte (Aufnahme auf eigene oder auf fremde Rechnung),
nicht über die Pflichten, die der Bürgschaftsvertrag seinem Sinne nach, so
wie ihn die Vertragsschliessenden nach Treu und Glauben hätten verstehen
müssen, der Prospera GmbH auferlegte. Eine Frage der Beweiswürdigung ist
es auch, welche Schlüsse auf den inneren Willen Frischknechts die Aussagen
des Zeugen Henrichsmeier zulassen. Die Rüge der Klägerin, das Obergericht
habe Art. 8 ZGB verletzt, hält nicht stand. Diese Bestimmung sagt nicht,
wie der Richter den Beweis zu würdigen habe (BGE 42 II 62 f., 71 II 127
f., 75 II 102 f., 76 II 193, 84 II 537, 86 II 85, 301, 89 II 411 f.).

    c) Übrigens sind die Beanstandungen müssig, denn die Klägerin nimmt
in der Berufung, wie schon im kantonalen Verfahren, selber den Standpunkt
ein, die Prospera GmbH hätte die Gerland-Aktien von Frischknecht nur
übernehmen sollen, wenn er diese Papiere bis zum 15. Juli 1964 nicht wie
erwartet so günstig sollte verkaufen können, dass ihm die Rückzahlung des
Kredites der Klägerin möglich wäre. Gerade diese Absicht ergibt sich aus
der Aussage Henrichsmeiers und der Feststellung der Vorinstanz.

Erwägung 5

    5.- Frischknecht hat weder vom anderen Geschäftsführer Schmitz noch von
der Gesellschafterversammlung den Auftrag erhalten, die Gerland-Aktien für
die Prospera GmbH aufzukaufen und sie dieser Gesellschaft zu übertragen,
falls er sie nicht anderweitig auf eigene Rechnung günstig sollte
absetzen können. Er selber müsste sich also diesen Auftrag erteilt
haben. Seine Vertretungsmacht als Geschäftsführer kann ihm aber dieses
Vertragsschliessen mit sich selbst nicht erlaubt haben, denn solches ist
ohne Ermächtigung oder Genehmigung seitens eines über- oder nebengeordneten
Organs nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes dann nicht zulässig,
wenn es die Gefahr einer Benachteiligung der juristischen Person in sich
birgt (BGE 39 II 561 ff., 50 II 168 ff,. 63 II 174, 89 II 326). Diese
Gefahr besteht aber, wenn ein Geschäftsführer im eigenen Namen Wertpapiere
aufkauft und sie zum eigenen Vorteil weiterverkaufen will, falls er
dies günstig tun kann, sie dagegen der juristischen Person überlassen
möchte, falls seine Spekulation fehlschlagen sollte. Man kann sogar
sagen, es bestehe nicht nur die Gefahr der Benachteiligung, sondern die
Benachteiligung sei, wenn auch nur bedingt, vom Geschäftsführer geradezu
gewollt.

    Geht man davon aus, dass das Verbot des Vertragschliessens mit sich
selbst Frischknecht gar nicht ermöglichte, die Gerland-Aktien bedingt,
d.h. für den Fall des Fehlschlagens der eigenen Spekulation, für die
Prospera GmbH anzukaufen, so konnte der Zweck dieser Gesellschaft es
offensichtlich nicht im Sinne des Art. 718 Abs. 1 OR mit sich bringen,
dass sie sich für den Kredit verbürge, den Frischknecht zur Durchführung
des Geschäftes benötigte, und dass sie diesen Kredit durch Verpfändung
von Wertpapieren sicherstelle. Der An- und Verkauf der Gerland-Aktien
ging dann ja ausschliesslich auf Rechnung Frischknechts und hatte mit dem
statutarischen Zweck der Prospera GmbH nicht das geringste zu tun. Die
Prospera GmbH bezweckte "die Übernahme von Vermögensverwaltungen sowie den
Erwerb, die Verwaltung und den Verkauf von Beteiligungen an Handels- und
Industrieunternehmungen". Darunter waren nur Geschäfte (der umschriebenen
Art) zu verstehen, die auf Rechnung der Gesellschaft abgeschlossen würden,
nicht auch solche auf Rechnung des Geschäftsführers Frischknecht, der im
Frühjahr 1964 nicht einmal mehr Gesellschafter der Prospera GmbH war.

    Aber selbst wenn das Verbot des Vertragschliessens in Doppelstellung
Frischknecht nicht verunmöglicht hätte, die Gerland-Aktien bedingt für
die Prospera GmbH aufzukaufen, könnte nicht gesagt werden, der Zweck der
Gesellschaft habe deren Bürgschaft und die Verpfändung ihrer Wertpapiere
mit sich bringen können. Die Bürgschaft wurde nicht eingegangen, um
der Prospera den Erwerb der Gerland-Aktien zu ermöglichen, sondern um
Frischknecht einen Kredit zu verschaffen, mit dem er diese Aktien zwecks
gewinnbringenden Weiterverkaufs für sich selber erwerben wollte. Die
Aktien sollten nach dem Willen Frischknechts nur dann auf die Prospera
GmbH abgeschoben werden, wenn sie bis zum 15. Juli 1964 nicht so günstig
sollten verkauft werden können, dass der Kredit getilgt werden könnte. Von
einem im eigentlichen Sinne auf Rechnung der Prospera gehenden Geschäft
kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein, denn nur die allfälligen
Nachteile der Spekulation sollten von der Prospera getragen werden. Die
Gefahr der Benachteiligung trug sie übrigens auf Grund der Bürgschaft
ohnehin. Indem Frischknecht den Willen hatte, ihr die Gerland-Aktien zu
überlassen, falls sie nicht so vorteilhaft verkäuflich wären, dass die
Klägerin aus dem Erlös rechtzeitig befriedigt werden könnte, verschaffte
er der Prospera kein eigenes Interesse an der Verbürgung. Er verminderte
dadurch nicht einmal das mit der Bürgschaft verbundene Risiko, denn die
Gerland-Aktien hafteten für die Hauptschuld als Pfand. Der statutarische
Zweck der Prospera GmbH kann bei objektiver Betrachtung nicht dahin
verstanden werden, er lasse eine ausschliesslich im persönlichen Interesse
des Geschäftsführers liegende Bürgschaft der vorliegenden Art zu. Indem
Frischknecht zulasten der Prospera diese Bürgschaft einging, überschritt
er die ihm nach Art. 718 Abs. 1 OR zustehende Vertretungsmacht. Dasselbe
tat er, indem er den die Prospera nicht interessierenden Kredit durch
Verpfändung von Wertpapieren dieser Gesellschaft sicherstellte.

    Dass Frischknecht in der Bürgschaftserklärung und im Begleitschreiben
vom 1. April 1964 versprach, die Prospera GmbH werde während der
Laufzeit des Kredites in keiner Weise über ihr Vermögen verfügen, ist
nicht entscheidend. Dieser Umstand rechtfertigt aber umso mehr den
Schluss, Frischknecht habe die Vertretungsmacht überschritten. Es lief
dem statutarischen Zweck geradezu zuwider, die Prospera zu verpflichten,
über ihr Vermögen nicht zu verfügen. Damit hätte sie sich bis zur
Tilgung des verbürgten Kredites verunmöglicht, ihren Gesellschaftszweck
weiterzuverfolgen.

Erwägung 6

    6.- Die Klägerin macht geltend, die Bürgschaft der Prospera müsse als
stillschweigend genehmigt gelten, weil die Klägerin dem Domizilhalter der
Gesellschaft in Glarus am 14. April 1964 eingeschrieben und vertraulich
den Empfang der Bürgschaftsurkunde bestätigt und auf diesen Brief hin
keine Antwort erhalten habe.

    Von einer stillschweigenden Genehmigung könnte indessen höchstens
dann die Rede sein, wenn feststände, dass ein zur Genehmigung der
Bürgschaft berechtigtes Organ das erwähnte Schreiben erhalten sollte
und tatsächlich erhielt. Solches Organ war weder der Domizilhalter
in Glarus noch Frischknecht in Zürich, an den der Domizilhalter
festgestelltermassen und nach den eigenen Ausführungen der Klägerin die
Mitteilung weitergeleitet hat. Ob die Gesellschafterversammlung die
Macht gehabt hätte, die Bürgschaft zu genehmigen, kann offen bleiben,
denn es steht nicht fest, dass sie von diesem Rechtsgeschäft erfahren
und es stillschweigend hingenommen habe. Wie das Obergericht feststellt,
erhielt der Hauptgesellschafter Schmitz erst am 28. September 1964
von ihm Kenntnis. Auch durfte die Klägerin nicht voraussetzen, die
Gesellschafterversammlung habe ihre Mitteilung erhalten, denn sie selber
adressierte ihr Schreiben nicht an die Versammlung oder an Schmitz,
sondern an den Domizilhalter und bezeichnete es zudem noch als vertraulich.

Erwägung 7

    7.- Die Klägerin macht geltend, sie sei guten Glaubens gewesen,
Frischknecht überschreite seine Vertretungsmacht nicht, denn es sei für
sie nicht erkennbar gewesen, dass er den Kredit für eigene Zwecke und
auf eigene Rechnung aufnehme. Sie sieht in der Bejahung der Erkennbarkeit
eine Verletzung der Art. 3 und 8 ZGB.

    Wie die Klägerin mit Recht nicht bestreitet, musste sie den objektiven
Bereich der gesetzlich umschriebenen Vertretungsmacht Frischknechts kennen,
denn der Zweck der Prospera GmbH war im Handelsregister eingetragen und
im Handelsamtsblatt veröffentlicht worden. Ob sie auch die konkreten
Umstände kannte oder hätte erkennen sollen, welche die Bürgschaft und
den Verpfändungsvertrag zu Rechtsgeschäften machten, die dieser Zweck
nicht mit sich bringen konnte, ist unerheblich. Die Prospera GmbH befand
sich sinngemäss in der gleichen Lage wie der Vertretene, der einen vom
Stellvertreter ohne Vollmacht abgeschlossenen Vertrag nicht genehmigt. Der
gute Glaube des Vertragsgegners, der Stellvertreter sei bevollmächtigt,
verschafft in einem solchen Falle dem Vertragsgegner keine Rechte gegen
den Vertretenen (Art. 38 OR). Es kommt daher nichts darauf an, ob die
Klägerin wusste oder hätte wissen sollen, dass Frischknecht den Kredit
auf eigene Rechnung, zur Durchführung eigener Geschäfte, aufnahm und
folglich durch die Bürgschaft und durch die Verpfändung von Wertpapieren
der Prospera GmbH die Vertretungsmacht überschritt.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des
Kantons Glarus vom 10. März 1969 bestätigt.