Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 II 204



95 II 204

26. Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. März 1969 i.S. Itasas AG. gegen
Banco de Bilbao. Regeste

    Berufung gegen Vorentscheid über die örtliche Zuständigkeit,
Art. 49 OG.

    Art. 278 Abs. 2 SchKG enthält keine bundesrechtliche Vorschrift über
die örtliche Zuständigkeit für die Arrestprosequierungsklage.

Sachverhalt

    A.- Die Itasas AG., Basel, erwirkte am 15. November 1963 gegen
den Banco de Bilbao, Reus (Spanien) in Basel einen Ausländerarrest
(Art. 271 Ziff. 4 SchKG) für eine Forderung von Fr. 396'951.84 (= US $
91'887.7) aus "Schadenersatz aus Nichterfüllung von Lieferungs- und
Zahlungsbedingungen". Der Arrest erfasste die Forderungen und Guthaben
des Arrestschuldners bei der Schweizerischen Bankgesellschaft in Basel.

    B.- Am 17. Februar 1964 reichte die Gläubigerin beim Zivilgericht
von Basel-Stadt die Arrestprosequierungsklage ein, mit der sie die oben
erwähnte Forderung nebst 5% Zins seit 4. September 1963 geltend machte.

    Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens wurde der Klägerin eine
Arrestkaution auferlegt, die sie leistete.

    Das Zivilgericht von Basel-Stadt wies die Klage mit Urteil vom 31. März
1969 ab.

    C.- Die Klägerin zog die Sache an das Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt weiter.

    Während des oberinstanzlichen Verfahrens verfügte der Arrestrichter
eine weitere Kaution von Fr. 30'000.-- zur Sicherstellung der seit der
Leistung der ersten Kaution aufgelaufenen sowie der künftigen Zinsen. Diese
zusätzliche Kaution wurde nicht geleistet, weshalb der Arrestrichter am
20. Mai 1968 den Wegfall des Arrestes feststellte.

    Der Appellationsgerichtspräsident beschränkte das Verfahren auf die
Frage der örtlichen Zuständigkeit und sistierte es im übrigen.

    Am 10. September 1968 erklärte das Appellationsgericht die Appellation
wegen Fehlens der örtlichen Zuständigkeit infolge Wegfalls des Arrestes
"desert".

    D.- Die Klägerin reichte Berufung an das Bundesgericht ein mit dem
Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen,
einen materiellen Entscheid zu treffen.

    Der Beklagte beantragte, auf die Berufung nicht einzutreten, eventuell
sie abzuweisen.

    E.- Gegen das Urteil des Appellationsgerichts erhob die Klägerin auch
staatsrechtliche Beschwerde wegen Willkür.

    Der Präsident der staatsrechtlichen Kammer für Beschwerden wegen
Verletzung von Art. 4 BV verfügte am 20. Januar 1969 die Einstellung des
Beschwerdeverfahrens bis zur Erledigung der Berufung.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gegen selbständige Vor- und Zwischenentscheide über die örtliche
Zuständigkeit ist wegen Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften über die
örtliche oder sachliche Zuständigkeit die Berufung zulässig (Art. 49 OG).

    Der Entscheid, mit dem die Vorinstanz ihre örtliche Zuständigkeit
verneint hat, unterliegt somit der Berufung, wenn der nach Art. 46
OG erforderliche Streitwert gegeben ist (was hier zutrifft) und wenn
bundesrechtliche Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit in Frage
stehen.

    Die Klägerin macht geltend, die Vorinstanz habe Bundesrecht, nämlich
Art. 278 Abs. 2 SchKG, dadurch verletzt, dass sie die Appellation wegen
Fehlens der örtlichen Zuständigkeit "desert", d.h. dahingefallen erklärte.

Erwägung 2

    2.- Die Arrestprosequierungsklage steht mit dem Arrest inhaltlich in
keinem Zusammenhang. Sie ist kein betreibungsrechtliches Zwischenverfahren,
sondern eine selbständige Zivilklage. Deshalb ist der Gerichtsstand
des Arrestes für Forderungsklagen in der Arrestbetreibung nicht
durch das Bundesrecht vorgeschrieben. Es steht den Kantonen frei, den
Gerichtsstand des Arrestortes unter Vorbehalt von Art. 59 BV vorzusehen
(vgl. JÄGER, Kommentar zum SchKG, 3. Aufl. N. 11 zu Art. 278; FRITZSCHE,
Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., 2 Halbband S. 238; BGE 57 II 114,
85 II 363, 91 II 45). Ein bundesrechtlicher Anspruch des Arrestgläubigers,
die Arrestprosequierungsklage am Arrestort anbringen zu können, besteht
nicht.

    Ist es aber dem kantonalen Recht anheimgestellt, den Gerichtsstand
des Arrestes einzuführen, dann ist auch die im vorliegenden Fall streitige
Frage, ob dieser Gerichtsstand bestehen bleibe, wenn der Arrest während des
Prosequierungsprozesses dahinfällt, vom kantonalen Recht beherrscht. Denn
es besteht auch kein bundesrechtlicher Anspruch auf Erhaltung des einmal
begründeten Gerichtsstandes. Auf die Berufung kann daher nicht eingetreten
werden.

    Die Klägerin glaubt zu Unrecht, sich darauf berufen zu können, dass
nach BGE 85 II 364 f. der Richter des Prosekutionsverfahrens sich nicht
um die Gültigkeit des Arrestes zu kümmern, sondern nur die Forderung des
Arrestgläubigers zu beurteilen habe. Denn im vorliegenden Falle steht nicht
die Gültigkeit des Arrestes zur Diskussion, sondern es handelt sich darum,
ob der Gerichtsstand des Arrestortes durch das Bundesrecht vorgeschrieben
werde. Das ist aber im erwähnten Entscheid gerade verneint worden.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Auf die Berufung wird nicht eingetreten.