Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 II 143



95 II 143

20. Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. Mai 1969 i.S. Hentke gegen
A. Kuster & Co. Regeste

    Agenturvertrag.

    1. Entschädigungsanspruch des Agenten für entgangene Provisionen,
Art. 418 m Abs. 1 OR.

    Verzicht des Agenten auf einen Anspruch dieser Art?

    -  Tatsächliche Feststellung des Verzichtswillens; offensichtliches
Versehen? (Erw. I/1).

    - Verzicht durch stillschweigende Genehmigung von
Provisionsabrechnungen (Erw. I/2).

    2. Entschädigung für Konkurrenzverbot, Art. 418 d Abs. 2 OR.

    Der Anspruch steht auch dem Agenten zu, der selber den Vertrag kündigt
(Erw. II/3).

    Fehlendes Interesse des Auftraggebers am Konkurrenzverbot und
einseitiger Verzicht auf dieses machen die Entschädigungspflicht nicht
hinfällig (Erw. II/4).

    Grundsätze für die Bemessung der Entschädigung. Beweislast Erw. II/5).

Sachverhalt

    A.- Der Techniker Kurt Hentke schloss am 17. Juli 1958 einen
Agenturvertrag mit der Firma A. Kuster & Co. in Zürich, die mit
Werkzeugmaschinen handelt. Hentke, der eine tragbare Maschine zum
Zerschneiden von Metall, Steinen und andern Materialien mittels einer
schnell rotierenden Schleifscheibe entwickelt hatte, übertrug alle Rechte
an dieser Erfindung auf die Firma A. Kuster & Co. Er verpflichtete sich,
dieser als Abschlussagent Bestellungen für die erwähnte Trennmaschine
gegen bestimmte Provisionen zu überweisen. Art. 15 Ziff. 2 des Vertrages
auferlegte dem Agenten ein Konkurrenzverbot während der Dauer des Vertrages
und für zwei Jahre nach dessen Auflösung.

    In den Jahren 1965/66 kam es zwischen den Parteien zu Zwistigkeiten.
Hentke kündigte den Vertrag. Die Firma Kuster & Co. wies die Kündigung
als vertragswidrig zurück, erklärte sich dann aber schliesslich mit der
Auflösung des Vertrages auf den 30. September 1966 einverstanden. Über
die Ansprüche des Agenten aus dem Vertrag und die finanziellen Folgen
von dessen Auflösung konnten sich die Parteien jedoch nicht einigen.

    B.- Am 2. Mai 1967 erhob Hentke beim Handelsgericht des Kantons Zürich
gegen die Firma A. Kuster & Co. Klage auf Bezahlung von Fr. 59'410.90
nebst Zinsen.

    Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

    Im Laufe des kantonalen Verfahrens schlossen die Parteien einen
Teilvergleich, wonach die Beklagte Provisions- und Lizenzgebührenansprüche
des Klägers im Betrage von Fr. 5'785.75 anerkannte.

    An der Hauptverhandlung vor dem Handelsgericht erklärte die Beklagte
sodann, auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel durch den Kläger zu
verzichten. Der Kläger wies jedoch diesen Verzicht als unzulässig zurück.

    C.- Das Handelsgericht Zürich sprach dem Kläger über den von der
Beklagten vergleichsweise anerkannten Betrag hinaus weitere Fr. 10'000.--
zu und verpflichtete demgemäss mit Urteil vom 30. September 1968 die
Beklagte, dem Kläger Fr. 15'785.75 nebst 5% Zins seit 1. November 1966
zu bezahlen.

    D.- Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die Berufung an das
Bundesgericht erklärt.

    Der Kläger beantragt, die Beklagte zur Bezahlung von Fr. 37'658,15
nebst Zins zu verpflichten.

    Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, soweit sie den
anerkannten Betrag von Fr. 5'785.75 nebst Zins übersteigt.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    Gegenstand des Berufungsverfahrens sind zwei Forderungen des Klägers,
nämlich

    - Fr. 11'872.40 als Entschädigung aufgrund von Art. 418 m Abs. 1 OR;

    - Fr. 20'000.-- als Abfindung für das Konkurrenzverbot aufgrund
von Art. 418 d Abs. 2 OR.

Erwägung 1

    I. Entschädigung nach Art. 418 m Abs. 1 OR

    I.1.- Der Kläger hatte im Jahre 1960 der Beklagten eine Bestellung
der Firma Intreko KG in Konstanz über 3900 Kustertrenner überwiesen. Die
Beklagte lieferte 517 Maschinen. Da sie mit den weiteren Lieferungen in
Verzug kam, trat die Bestellerin im Juni 1961 vom Vertrage zurück. Dieser
Rücktritt wurde in dem zwischen der heutigen Beklagten und der Intreko KG
geführten Prozess vom Handelsgericht Zürich und vom Bundesgericht, von
diesem mit Urteil vom 22. Januar 1963 (BGE 89 II 30 ff.) als berechtigt
erklärt und die Schadenersatzklage der heutigen Beklagten abgewiesen.

    Der Kläger macht nun geltend, die Beklagte habe ihm eine angemessene
Entschädigung im Sinne von Art. 418 m Abs. 1 OR zu bezahlen, weil ihm
infolge des von der Beklagten zu vertretenden Unterbleibens der Lieferung
von 3383 Trennmaschinen die entsprechenden Provisionen entgangen seien.

    Das Handelsgericht hat diese Forderung ohne Prüfung ihrer Begründetheit
abgewiesen, weil der Kläger auf einen ihm allenfalls zustehenden Anspruch
verzichtet habe. Er habe bis zur Einleitung des vorliegenden Prozesses
(5. Januar 1967) den streitigen Anspruch gegenüber der Beklagten nie
geltend gemacht, sondern sowohl die monatlichen Provisionsabrechnungen der
Beklagten, wie auch die von ihr periodisch erstellten Gesamtabrechnungen
über das gegenseitige Rechnungsverhältnis der Parteien immer vorbehaltlos
genehmigt. Zudem habe er in seiner eigenen, bis auf das Jahr 1955
zurückgehenden Gesamtabrechnung vom 19. Juli 1966 keinen Ersatzanspruch
für entgangene Provisionen aus dem Intreko-Geschäft aufgeführt. Dieses
Verhalten lasse erkennen, dass er wissentlich und willentlich auf einen
solchen Anspruch stillschweigend verzichtet habe.

    Diese Feststellung der Vorinstanz über den innern Willen des Klägers,
die auf einer Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere des eigenen
Verhaltens des Klägers bis zum Prozess beruht, ist tatsächlicher Natur und
bindet daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG das Bundesgericht (BGE 94 II 104 Erw.
2, 90 II 498, 453 und dort erwähnte Entscheide). Die Ausführungen, mit
denen der Kläger in seiner Berufung darzutun versucht, dass er auf die
streitigen Ansprüche nicht verzichtet habe, sind unzulässige Kritik an
der vorinstanzlichen Beweiswürdigung und daher gemäss Art. 55 Abs. 1
lit. c OG nicht zu hören.

    Der Kläger rügt, die Annahme der Vorinstanz, er habe die streitige
Forderung bis zum Prozess gegenüber der Beklagten nie geltend gemacht,
sei offensichtlich irrtümlich und deshalb richtigzustellen. Diese Rüge
offensichtlichen Versehens im Sinne von Art. 55 Abs. 1 lit. d OG ist
unbegründet.

    In seinem Schreiben vom 25. Januar 1962 an die Beklagte,
aus dem sich nach der Auffassung des Klägers die Unrichtigkeit der
vorinstanzlichen Feststellung ergeben soll, beklagte sich der Kläger über
den Verdienstausfall, den er infolge der Vertragsverletzung durch die Firma
Intreko erlitten habe und ersuchte die Beklagte, diesen Verlust in ihre
Forderung gegen die Intreko einzubeziehen. Nach einem auf diesem Brief
angebrachten handschriftlichen Vermerk wurde die Angelegenheit zwischen
den Parteien am 12. Februar 1962 besprochen und vereinbart, dem Kläger
solle für den Fall, dass die Beklagte von der Intreko etwas erhalte,
einen Anteil von 15% bekommen. Die Beklagte ist aber im Prozess gegen die
Intreko unterlegen und hat von dieser nichts erhalten. Die Urkunde steht
also keineswegs in klarem Widerspruch mit der angefochtenen Feststellung,
sondern zeigt gegenteils, dass der Kläger damals nicht beabsichtigte,
die Beklagte für seinen Verlust aus dem Intreko-Geschäft verantwortlich
zu machen.

Erwägung 2

    I.2.- Der Kläger beruft sich darauf, dass es dem Anspruchsberechtigten
freistehe, seine Forderung irgendwann zwischen ihrer Fälligkeit und dem
Ablauf der Verjährungsfrist geltend zu machen. Aus der Wahl eines späten
Zeitpunkts einen Verzicht abzuleiten, verletze die bundesrechtlichen
Vorschriften über Fälligkeit und Verjährung von Forderungen.

    Die Vorinstanz hat jedoch den Verzichtswillen des Klägers nicht aus
seinem blossen Zuwarten mit der Geltendmachung des Anspruchs gefolgert
(was in der Tat unzulässig wäre; vergl. BGE 94 II 42), sondern aus der
widerspruchslosen Entgegennahme der Provisions- und Gesamtabrechnungen
der Beklagten, sowie daraus, dass er den streitigen Anspruch in seine
eigene Gesamtabrechnung nicht aufnahm. Darin durfte die Vorinstanz
ohne Verletzung von Bundesrecht eine Genehmigung der Abrechnungen der
Beklagten durch den Kläger erblicken. Denn nach allgemein anerkannter
Lehrmeinung gilt eine vom Abrechnungspflichtigen dem Vertragspartner
zugestellte Abrechnung als genehmigt, wenn sie nicht innert angemessener
Prüfungsfrist beanstandet wird (GAUTSCHI, Art. 418 g - k OR, N. 10 d;
BIDEAU, Agenturvertrag, SJK Nr. 585 S. 8 lit. e; DÜRR, Agenturvertrag,
S. 52 lit. B.; MEISTER, Agenturvertrag, S. 41 f.).

    Wie das Bundesgericht bei der Auslegung der Art. 13 Abs. 4 und 14
Abs. 1 des HRAG ausgeführt hat, will die Verpflichtung zur Erstellung
periodischer Abrechnungen nicht nur dem Reisenden zu einer rascheren
Befriedigung für seine Ansprüche auf Ersatz der Reiseauslagen verhelfen,
sondern sie bezweckt im Interesse beider Parteien, rasch eine klare
Situation zu schaffen und späteren Meinungsverschiedenheiten vorzubeugen,
deren Abklärung unter Umständen erhebliche Schwierigkeiten bereiten könnte
(BGE 91 II 386 Erw. 13). Auf der gleichen Überlegung beruht auch Art. 418
k OR, der für den Agenturvertrag ebenfalls periodische Abrechnungen
vorschreibt. Eine Heranziehung der für das Anstellungsverhältnis der
Handelsreisenden geltenden Grundsätze drängt sich um so mehr auf, als das
Agenturverhältnis nur eine besondere Erscheinungsform der Handelsvertretung
ist und sich vom Anstellungsverhältnis des Handelsreisenden im wesentlichen
nur dadurch unterscheidet, dass der Agent zu seinem Auftraggeber nicht
in einem Dienstverhältnis steht, sondern selbständiger Kaufmann ist. In
beiden Fällen gebieten Treu und Glauben dem Anspruchsberechtigten,
allfällige Forderungen unverzüglich geltend zu machen.

    Der Kläger will sein Zuwarten damit erklären, dass er der Beklagten
gegenüber verschuldet gewesen sei und eine Kündigung des Agenturvertrages
hätte befürchten müssen, wenn er seine Ansprüche schon früher angemeldet
hätte. Er wirft dem Handelsgericht vor, es habe zu diesem Einwand überhaupt
nicht Stellung genommen.

    Diese Rüge ist unbegründet. Das Handelsgericht hat diese Vorbringen
erwähnt, sie aber zu Recht als unerheblich bezeichnet, weil der Kläger
sich nicht auf gegründete Furcht im Sinne von Art. 29 OR berufen habe.

    Selbst wenn übrigens der Kläger tatsächlich aus den behaupteten
Gründen nicht gewagt hätte, den streitigen Anspruch zu erheben, so hätte
dann auf jeden Fall dieser Hinderungsgrund nicht mehr bestanden, als der
Kläger am 19. Juli 1966 der Beklagten seine Gesamtabrechnung zustellte,
ohne darin einen Anspruch aus dem Intreko-Geschäft zu erwähnen; denn
damals hatte er den Vertrag entweder bereits selber gekündigt oder war
mindestens zur Kündigung entschlossen.

    Das Handelsgericht hat daher Bundesrecht nicht verletzt, wenn es
unter den gegebenen Umständen einen Verzicht des Klägers auf allfällige
Ansprüche aus dem Intreko-Geschäft annahm. Die Berufung des Klägers ist
daher in diesem Punkte abzuweisen.

Erwägung 1

    II. Entschädigung für das Konkurrenzverbot, Art. 418 d OR

    II.1.- Art. 15 Abs. 2 des Agenturvertrages der Parteien enthält ein
Konkurrenzverbot, wonach dem Kläger während der Dauer des Vertrages und
noch zwei Jahre nach dessen Auflösung jede Konkurrenzierung der Beklagten
untersagt sein sollte. Dieses ursprünglich sachlich umfassende Verbot
wurde, wie heute nicht mehr streitig ist, während der Vertragsdauer
durch stillschweigende Übereinkunft auf den Vertrieb des patentrechtlich
geschützten Kustertrenners bei der Engroskundschaft beschränkt. In
diesem eingeschränkten Umfang bestand es auch noch im Zeitpunkt der
Vertragsauflösung.

    Mit der Klage verlangte der Kläger ursprünglich als Entgelt im
Sinne des Art. 418 d Abs. 2 OR für die Dauer des Konkurrenzverbotes
Fr. 40'000.--, d.h. den Betrag, der sich aufgrund seines zuletzt erzielten
Netto-Jahresverdienstes von angeblich Fr. 20'000.-- ergibt.

    Die Beklagte bestritt, dass dem Kläger ein solcher
Entschädigungsanspruch zustehe.

    Das Handelsgericht sprach dem Kläger unter diesem Titel Fr. 10'000.--
zu. Der Kläger beantragt, die Entschädigung auf Fr. 20'000.-- zu
erhöhen. Die Beklagte hält am Begehren auf gänzliche Abweisung des
Entschädigungsanspruchs fest.

Erwägung 2

    II.2.- Nach Art. 418 d Abs. 2 OR sind auf ein in einem Agenturvertrag
vereinbartes Konkurrenzverbot die Bestimmungen über den Dienstvertrag (Art.
356-360 OR) entsprechend anwendbar. Während jedoch das nachvertragliche
Konkurrenzverbot beim Dienstvertrag entgeltlich oder unentgeltlich sein
kann (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, Art. 357 OR N. 1), bestimmt Art. 418 d
OR, dass der Agent im Falle eines Konkurrenzverbotes einen unabdingbaren
Anspruch auf ein angemessenes besonderes Entgelt hat.

    Die gesetzlichen Bestimmungen des Dienstvertragsrechtes sind im
wesentlichen auf das unentgeltliche Konkurrenzverbot zugeschnitten;
über das entgeltliche Konkurrenzverbot enthalten sie keine
besonderen Regeln. Die für ein solches geltenden Grundsätze sind,
soweit sich solche als erforderlich erwiesen, durch die Rechtsprechung
herausgearbeitet worden. Diese Grundsätze sind auch bei der Beurteilung
des Konkurrenzverbotes im Agenturvertrag heranzuziehen, das von Gesetzes
wegen entgeltlich ist.

Erwägung 3

    II.3.- Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Agent, der
selber den Agenturvertrag ohne wichtigen, vom Auftraggeber zu
vertretenden Grund kündige, verliere den vom Gesetz vorgesehenen
Entschädigungsanspruch. Diese Meinung trifft nicht zu. Das Gesetz gewährt
dem Agenten den Entschädigungsanspruch "bei Auflösung des Vertrages". Es
sagt nicht, dass er nur bestehe, wenn die Auflösung durch Kündigung
seitens des Auftraggebers erfolge oder von diesem zu vertreten sei.
Wäre dies die Meinung des Gesetzgebers gewesen, so hätte er es zweifellos
ausdrücklich erklärt, wie er dies in Art. 418 u Abs. 3 für die sog.
Kundschaftsentschädigung getan hat. Eine analoge Anwendung der erwähnten
Bestimmung auf die Entschädigung für das Konkurrenzverbot ist entgegen
der Ansicht der Beklagten abzulehnen. Durch die im letzteren Falle
zwingend vorgeschriebene Entschädigungspflicht des Auftraggebers soll
der Agent für die Beschränkung seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit
einen billigen Ausgleich erhalten. Der von der Vorschrift angestrebte
Schutzzweck bliebe aber weitgehend unerreicht, wenn der Agent, der von
dem ihm gesetzlich zustehenden Recht Gebrauch macht, den Vertrag durch
ordentliche Kündigung aufzulösen, den Entschädigungsanspruch einbüssen
würde, aber an das Konkurrenzverbot gleichwohl gebunden bliebe. Eine solche
Regelung hätte eine Beschränkung des Agenten in seiner Entschlussfreiheit
zur Folge, die dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutz offensichtlich
zuwiderliefe und mit den Vorschriften über das Persönlichkeitsrecht
(Art. 27 ZGB) unvereinbar wäre. Ein Verlust des Entschädigungsanspruchs
könnte höchstens dann in Betracht gezogen werden, wenn der Agent durch
sein Verhalten dem Auftraggeber Anlass gegeben hätte, den Vertrag aus
wichtigen Gründen aufzuheben, aber der Entlassung durch eigene Kündigung
zuvorkommt. Dass es sich hier so verhalten habe, behauptet die Beklagte
indessen nicht.

    Im gleichen Sinne lautet auch das deutsche Recht, das in § 90
a HGB für die Wettbewerbsabrede zulasten des Handelsvertreters eine
einlässliche Regelung enthält. Danach verliert der Handelsverteter
den Anspruch auf die zwingend vorgesehene Entschädigung nur, wenn
er durch schuldhaftes Verhalten dem Unternehmer Anlass gibt, das
Vertragsverhältnis aus wichtigen Gründen zu kündigen (§ 90 a Abs. 2 Satz
2). Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses durch ordentliche Kündigung,
mag sie vom Unternehmer oder vom Vertreter ausgesprochen werden, bleibt
dagegen die Wettbewerbsklausel - und damit auch die auf ihr beruhende
Entschädigungspflicht des Unternehmers - wirksam (BRÜGGEMANN/WÜRDINGER,
Grosskommentar zum HGB Bd. I [1967], § 90 a Anm. 9).

    Behält der Agent den Entschädigungsanspruch auch, wenn er die Auflösung
des Vertrages selber durch Kündigung herbeigeführt hat, so kommt nichts
darauf an, ob im vorliegenden Fall die Parteien das Vertragsverhältnis im
beidseitigen Einverständnis aufgelöst haben, wie die Vorinstanz angenommen
hat, oder ob gemäss der Behauptung der Beklagten die Kündigung vom Kläger
ausgegangen ist.

Erwägung 4

    II.4.- Nach der Ansicht der Beklagten soll der Entschädigungsanspruch
des Klägers dahingefallen sein, weil sie an der Aufrechterhaltung des
Konkurrenzverbotes kein Interesse mehr gehabt habe und für das zweite Jahr
gänzlich auf dieses verzichtet hat. Auch diese Auffassung hält nicht stand.

    Die Konkurrenzverbotsabrede im Agenturvertrag ist, gleich wie das
entgeltliche Konkurrenzverbot im Dienstvertragsrecht, ein zweiseitig
verpflichtender Vertrag und kann daher wie dieses vom daraus Berechtigten
vor Ablauf der vertraglichen Dauer nur gekündigt werden, wenn dies
ausdrücklich vereinbart worden ist (BGE 78 II 239 lit. b). Eine
solche vertraglich vorgesehene Aufhebungsmöglichkeit wird nicht etwa
dadurch ausgeschlossen, dass der Entschädigungsanspruch des Agenten
vom Gesetz als unabdingbar erklärt wird. Das bedeutet nur, dass dieser
Anspruch nicht zum vorneherein wegbedungen, also kein unentgeltliches
Konkurrenzverbot vereinbart werden dürfe. Fehlt, wie im vorliegenden Fall,
eine Kündigungsvereinbarung, so kann sich der Auftraggeber auch nicht
durch einseitigen Verzicht auf das Verbot von der Pflicht zur Leistung
des Entgelts befreien (BGE 78 II 239 f.).

    Eine gesetzliche Befugnis des Auftraggebers, auf das Konkurrenzverbot
zu verzichten und damit den Anspruch des Agenten zum Erlöschen zu
bringen, wie das deutsche Recht sie in § 90 a Abs. 2 Satz 1 unter
näher umschriebenen Voraussetzungen zulässt, besteht im schweizerischen
Recht nicht. Ein solcher Verzicht kann daher nur bei der Bemessung der
grundsätzlich gleichwohl geschuldeten Entschädigung Bedeutung erlangen.

    Die Beklagte wendet ein, da nach Art. 360 Abs. 1 OR das
Konkurrenzverbot beim Fehlen eines erheblichen Interesses an dessen
Aufrechterhaltung dahinfalle, müsse um so eher ein freiwilliger Verzicht
des Auftraggebers zulässig sein. Art. 360 Abs. 1 OR ist jedoch auf
das unentgeltliche Konkurrenzverbot zugeschnitten. Die Bestimmung ist
zugunsten des belasteten Dienstpflichtigen aufgestellt worden und soll
diesen gegen eine sachlich nicht mehr gerechtfertigte und darum mit dem
Schutz der Persönlichkeit unvereinbare Beschränkung der wirtschaftlichen
Bewegungsfreiheit schützen (OSER/SCHÖNENBERGER und BECKER, je N. 1 zu
Art. 360 OR). Im Falle eines entgeltlichen Konkurrenzverbotes besteht
dagegen sowohl beim Dienstvertrag wie beim Agenturvertrag kein solches
Schutzbedürfnis des Belasteten. In beiden Fällen wird die Beschränkung
seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit durch die vertraglich vereinbarte
bezw. gesetzlich vorgeschriebene Entschädigungspflicht des Berechtigten
ausgeglichen. Ob der Belastete beim Fehlen jedes schutzwürdigen Interesses
des Berechtigten an der Aufrechterhaltung des Konkurrenzverbotes sich
durch Verzicht auf die Entschädigung von der Konkurrenzenthaltungspflicht
befreien könne, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden.

    Die Einwände der Beklagten gegen das grundsätzliche Bestehen eines
Entschädigungsanspruchs des Klägers aus Art. 418 d Abs. 2 OR sind daher
zu verwerfen.

Erwägung 5

    II.5.- a) Bei der Festsetzung der Höhe der von der Beklagten zu
leistenden Entschädigung ist davon auszugehen, dass diese nach dem Gesetz
ein "angemessenes besonderes Entgelt" ("une indemnité spéciale équitable",
"un'adeguata rimunerazione speciale") zu sein hat. In ähnlicher Weise
bestimmt Art. 418 u OR für die Festsetzung der ebenfalls unabdingbaren
Entschädigung für die Kundschaft, diese habe, "soweit es nicht unbillig
ist, ... angemessen zu sein" ("une indemnité convenable à moins que ce ne
soit inéquitable", "un'adeguata indemnità, per quanto cio non sia contrario
all'equità"). Aus dieser Verschiedenheit der Terminologie, für die kein
sachlicher Grund ersichtlich ist, dürfen keine Schlussfolgerungen gezogen
werden. Hier wie dort wird der Richter auf sein Ermessen verwiesen,
was nach Art. 4 ZGB bedeutet, dass er seine Entscheidung nach Recht
und Billigkeit zu treffen hat. Damit wird ihm vom Gesetzgeber bei der
Festsetzung der Entschädigung sowohl in grundsätzlicher wie in masslicher
Hinsicht ein weiter Ermessensspielraum gewährt.

    Nach Art. 418 u Abs. 2 OR kann die Entschädigung für die Kundschaft
höchstens einen Netto-Jahresverdienst des Agenten betragen, während
Art. 418 d Abs. 2 OR für die Entschädigung für das Konkurrenzverbot
keine solche Beschränkung vorsieht. Es steht den Parteien daher frei,
die Höhe der Entschädigung im Vertrag beliebig festzusetzen, wobei dann
allerdings der Richter im Streitfalle ihre Angemessenheit zu überprüfen
hätte. Enthält der Vertrag wie hier keine Vereinbarung, so hat der Richter
die Entschädigung festzusetzen. Dieser hat sie jedoch nicht ohne weiteres
nach dem Netto-Jahresverdienst zu berechnen, wie GAUTSCHI (Art. 418 d OR,
N. 5 c, S. 246 f.) offenbar annimmt. Für eine solche Einschränkung der
Ermessensfreiheit bietet das Gesetz keine Grundlage. Daher ist es auch
fraglich, ob der Netto-Jahresverdienst die obere Grenze der Entschädigung
bilde, wie die Vorinstanz dies annimmt.

    b) Angesichts der oben dargelegten Rechtsnatur und des Zweckes
des entgeltlichen Konkurrenzverbotes steht ausser Zweifel, dass
die Entschädigung den Gegenwert für den Schaden darstellt, den
der Agent infolge der ihm auferlegten Konkurrenzenthaltungspflicht
erleidet. Sie findet ihre Rechtfertigung ausschliesslich in der durch
diese verursachten Behinderung des Agenten in seinem wirtschaftlichen
Fortkommen. Bei der Festsetzung des angemessenen besonderen Entgelts
hat der Richter alle Umstände des konkreten Falles zu berücksichtigen,
wie sich schon aus dem Begriff "angemessen" ergibt. Beweispflichtig für
einen besonderen Umstand ist die Partei, zu deren Gunsten sich dieser
auswirkt. Es obliegt daher grundsätzlich dem Agenten, die Tatsachen
zu beweisen, welche die Zusprechung einer Entschädigung in der von
ihm geforderten Höhe rechtfertigen. Dabei ist der Nettoverdienst,
den er aus dem Agenturverhältnis erzielt hat, einer der in Betracht
fallenden Umstände, aber keineswegs der einzige. So ist dem Agenten
der dank seiner neuen Tätigkeit erzielte Verdienst auf den Ausfall
anzurechnen, und ebenso ein ihm zumutbarer, aber versäumter Ersatzverdienst
(vergl. zu dieser im Schrifttum zum deutschen Recht umstrittenen Frage
einerseits SCHLEGELBERGER, HGB 4. Aufl. [1960], § 90 a Anm. 19, der
sich gegen eine Anrechnung des Ersatzverdienstes ausspricht, anderseits
BRÜGGEMANN/WÜRDINGER, § 90 a Anm. 2, der eine Anrechnungspflicht
grundsätzlich bejaht). Auch die Frage, ob und inwieweit ein Verzicht
des Auftraggebers auf das Konkurrenzverbot die Höhe der Entschädigung zu
beeinflussen vermöge, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu
entscheiden. Hat der Agent durch seine neue Tätigkeit ein höheres Einkommen
erzielt als das bisherige, so steht ihm kein Entschädigungsanspruch zu,
weil er durch das Konkurrenzverbot in seinem wirtschaftlichen Fortkommen
tatsächlich nicht beinträchtigt worden ist.

    Im Lichte dieser Grundsätze sind die von beiden Parteien gegenüber
dem Entscheid des Handelsgerichts erhobenen Rügen zu prüfen.

    c) Der Kläger wirft dem Handelsgericht vor, es habe in einem nicht
näher umschriebenen Ausmass den gänzlichen Verzicht der Beklagten auf
das Konkurrenzverbot als Grund für die Herabsetzung der Entschädigung
berücksichtigt, was nach den in BGE 78 II 239 aufgestellten Grundsätzen
nicht angehe. Im genannten Entscheid hat das Bundesgericht wohl ausgeführt,
der aus dem Konkurrenzverbot Berechtigte könne sich durch einseitigen
Verzicht auf dieses nicht von der Pflicht zur Zahlung des vereinbarten
Entgeltes befreien. Damit wurde aber lediglich dem Dienstherrn
die Befugnis abgesprochen, sich ohne eine vertraglich vorbehaltene
Verzichtsmöglichkeit jeder Entschädigungspflicht zu entziehen. Zur Frage,
ob der an sich unstatthafte Verzicht allenfalls doch als Reduktionsgrund
in Betracht zu ziehen wäre, nahm das Bundesgericht damals nicht Stellung.

    Beim Agenturvertrag kann der Auftraggeber seine gesetzliche
Entschädigungspflicht zweifellos nicht dadurch abschütteln, dass er einfach
auf das Konkurrenzverbot nachträglich verzichtet. Insbesondere hätte ein
solcher Verzicht bei der Bemessung der Entschädigung dort ausser Betracht
zu bleiben, wo der Agent sich inzwischen beruflich vollkommen umgestellt
hat und ihm eine erneute Umstellung nicht zugemutet werden kann, so
dass ihm der Verzicht des Auftraggebers auf das Konkurrenzverbot nichts
mehr nützt. Dagegen bedeutet der Wortlaut des Gesetzes, der Agent habe
einen Entschädigungsanspruch "bei Auflösung des Vertrages" ("à la fin
du contrat", "allo scioglimento del contratto") entgegen der Meinung des
Klägers nicht, dass bei der Festsetzung des angemessenen Entgelts auf den
Zeitpunkt der Auflösung abzustellen sei und ein nachträglicher Verzicht des
Auftraggebers überhaupt nicht berücksichtigt werden dürfe. Es sind vielmehr
auch die während der Dauer des Konkurrenzverbotes eingetretenen Umstände
heranzuziehen, soweit sie die Bemessung der Entschädigung beeinflussen
können, also auch ein allfälliger Verzicht des Auftraggebers auf das
Konkurrenzverbot. Die Tragweite eines solchen Verzichtes hängt von den
Auswirkungen ab, die sich im konkreten Falle auf die Behinderung des
Agenten in seinem wirtschaftlichen Fortkommen ergeben. Im vorliegenden Fall
hat das Handelsgericht angenommen, der von der Beklagten annähernd ein Jahr
vor Ablauf der vereinbarten Dauer ausgesprochene gänzliche Verzicht auf
ein Konkurrenzverbot, dessen Tragweite von den Parteien schon vorher stark
eingeschränkt worden war, sei bei der Festsetzung der Entschädigung als
Herabsetzungsgrund zu berücksichtigen. Dieser Auffassung ist zuzustimmen.

    d) Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat der Kläger aus
dem Agenturverhältnis in den letzten beiden Jahren seiner Dauer ein
durchschnittliches Einkommen von Fr. 29'000.-- erzielt; nach Abzug der
Spesen, die sich nach den Angaben des Klägers auf Fr. 700.-- im Monat
beliefen, sei diesem somit ein Nettoeinkommen von rund Fr. 20'000.--
verblieben. Die Behauptung der Beklagten, die Spesen seien höher gewesen,
ermangle der nötigen Substanzierung.

    Die Beklagte macht mit der Berufung geltend, die Vorinstanz habe die
Beweislast unrichtig verteilt und damit gegen Art. 8 ZGB verstossen.

    Es ist richtig, dass die Beweispflicht für die durch das
Konkurrenzverbot bewirkte Beeinträchtigung den Agenten trifft
(vergl. hierüber in Bezug auf die sog. Kundschaftsentschädigung
gemäss Art. 418 u OR BGE 84 II 166 Erw. 5). Da die Beklagte den vom
Kläger behaupteten, vom feststehenden Bruttoeinkommen abzuziehenden
Spesenbetrag von Fr. 700.-- im Monat bestritt, hatte somit der Kläger
die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen, und dementsprechend hätte
die Vorinstanz die erforderlichen Beweiserhebungen durchführen sollen,
soweit die genaue Kenntnis der Höhe der Spesen für die Festsetzung der
Entschädigung unerlässlich war. Das vom Agenten während der Vertragsdauer
erzielte Nettoeinkommen ist indessen, wie bereits ausgeführt wurde,
nur einer der Faktoren, die für die Festsetzung des angemessenen
Entgeltes im Sinne des Art. 418 d OR eine Rolle spielen. Es kommt ihm
nicht die gleiche entscheidende Bedeutung zu wie für die Bemessung
der Kundschaftsentschädigung nach Art. 418 u Abs. 2 OR. Daher genügt
es, die ungefähre Grössenordnung des Nettoeinkommens zu kennen, damit
unter Berücksichtigung der gesamten übrigen Umstände das angemessene
Entgelt festgesetzt werden kann. Ob die vom bekannten Bruttoeinkommen
abzuziehenden Spesen monatlich Fr. 700.-- oder etwas mehr betrugen, ist von
untergeordneter Bedeutung. Es rechtfertigt sich daher nicht, die Sache zu
genauer, der gesetzlichen Beweislastverteilung Rechnung tragender Abklärung
der Spesenhöhe zurückzuweisen. Hievon darf um so eher abgesehen werden,
als nach dem angefochtenen Urteil der vom Kläger behauptete Spesenansatz
von Fr. 700.-- auf jeden Fall nicht als offensichtlich unrichtig erscheint
und eine genaue Abklärung praktisch nicht möglich wäre, weil der Kläger
für mehrere Firmen zugleich tätig war.

    e) Im Gesamten betrachtet, ist die Vorinstanz mit den Überlegungen, von
denen sie sich bei der Festsetzung des klägerischen Entschädigungsanspruchs
leiten liess, im Rahmen des zulässigen Ermessens geblieben. So ist ihr
darin beizupflichten, dass der Kläger die Einkommenseinbusse selber zu
vertreten habe, soweit er die durch den Wegfall des Konkurrenzverbotes
freigewordene Zeit für Entwicklungsarbeiten an einer neuen Maschine
verwendete, statt dem Erwerb nachzugehen und insbesondere von der
Möglichkeit Gebrauch zu machen, Kuster-Trenner wie bis anhin für die
Landes- und Regionalvertreter an die Detailkundschaft zu verkaufen, was
ihm die Beklagte gestattet hatte. Die Festsetzung der von der Beklagten
geschuldeten Entschädigung auf Fr. 10'000.-- trägt schliesslich auch dem
Umstand Rechnung, dass der Verzicht der Beklagten erst so spät erfolgte,
dass er dem Kläger nicht mehr von erheblichem Nutzen sein konnte.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Beide Berufungen werden abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts
des Kantons Zürich vom 30. September 1968 wird bestätigt.