Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 94 I 628



94 I 628

87. Auszug aus dem Urteil vom 12. September 1968 i.S. Perles
Elektrowerkzeuge und Motoren AG gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft
und den Schweizerischen Elektrotechnischen Verein Regeste

    Verwaltungsgerichtsklage (Art. 110 OG) auf Schadenersatz gemäss Art. 3
und 19 VG.

    1.  Zuständigkeit des Bundesgerichtes (Erw. 1):

    a)  bei Klagen gegen den Bund gemäss Art. 10 VG und Art. 110 OG;

    b)  bei Klagen gegen den Schweiz. Elektrotechnischen Verein

    (durch Ausfüllen einer Lücke des Art. 19 VG).

    2.  Vereinigung zweier Verwaltungsgerichtsklagen in einem Verfahren
nach Art. 24 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG (Erw. 2).

    3.  Passivlegitimation (Erw. 3):

    a)  Der SEV ist eine mit einer öffentlichrechtlichen Aufgabe des
Bundes betraute und ausserhalb der ordentlichen Bundesverwaltung stehende
Organisation, die nach Art. 19 VG primär haftet; subsidiäre Haftung
des Bundes.

    b)  Für die behaupteten Fehler des EVED haftet der Bund, nicht aber
der SEV; keine solidarische Haftung.

    4.  Voraussetzungen einer Haftung des SEV:

    a)  Widerrechtliche Handlung (Erw. 4):

    aa)  Auch die ausserhalb der ordentlichen Bundesverwaltung stehende
Organisation haftet nur für den Schaden, den ihre Angestellten in Ausübung
der vom Bund übertragenen Aufgabe widerrechtlich (Art. 19 VG) zufügen.

    bb)  Kontrollpflicht des Starkstrominspektorates des SEV hinsichtlich
der in Verkehr gebrachten elektrischen Maschinen; ihre Verletzung ist
widerrechtlich (Erw. 4 a).

    b)  Adäquater Kausalzusammenhang zwischen der widerrechtlichen Handlung
und dem Schaden bei Ersatzansprüchen gemäss Art. 3 und 19 VG (Erw. 5).

Sachverhalt

                      Gekürzter Tatbestand:

    A.- Das Bundesgesetz (BG) vom 24. Juni 1902 betreffend die
elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen (ElG; BS 4 S. 766)
verpflichtet den Bundesrat in Art. 3, Vorschriften aufzustellen "zu
tunlichster Vermeidung derjenigen Gefahren und Schädigungen, welche aus dem
Bestande der Starkstromanlagen überhaupt und aus deren Zusammentreffen mit
Schwachstromanlagen entstehen". Gestützt auf Art. 3 ElG hat der Bundesrat
am 7. Juli 1933 eine Verordnung über die Erstellung, den Betrieb und den
Unterhalt von elektrischen Starkstromanlagen (StV) erlassen (BS 4 S. 798).
Diese enthält in Art. 4 folgende allgemeine Sicherheitsvorschriften für
Starkstromanlagen:

    "Starkstromanlagen sind so zu erstellen und zu unterhalten, dass
in allen Betriebsfällen eine Gefährdung von Personen und unter den
vorauszusehenden Betriebsverhältnissen auch von Sachen vermieden ist ..."

    In Art. 21 ElG wird die Kontrolle über die Ausführung der in Art. 3
ElG erwähnten Vorschriften, also namentlich der Starkstromverordnung,
geregelt. Abgesehen von hier belanglosen Ausnahmen wird die Kontrolle
der "Starkstromanlagen mit Inbegriff der elektrischen Maschinen einem vom
Bundesrat zu bezeichnenden Inspektorate für Starkstromanlagen" übertragen.
Art. 26 ElG enthält eine abweichende Regelung für die Kontrolle von
Hausinstallationen. Diese sind vom Lieferanten zu kontrollieren, der
"elektrische Kraft an Hausinstallationen abgibt". Der Stromlieferant
hat sich beim Starkstrominspektorat über die Ausübung dieser Kontrolle
auszuweisen; dieses "kann" sie einer "Nachprüfung" unterziehen.

    Am 29. Dezember 1947 hat der Bundesrat in Ausführung von
Art. 21 Ziff. 3 ElG einen Beschluss über die Bezeichnung des
Starkstrominspektorates gefasst (BS 4 S. 911), dessen Art. 2 lautet:

    "Die nähere Umschreibung der Rechte und Pflichten des Inspektorates
in seiner Eigenschaft als eidgenössischer Amtsstelle erfolgt durch einen
zwischen dem Post- und Eisenbahndepartement und dem Schweizerischen
Elektrotechnischen Verein abzuschliessenden Vertrag."

    Dieser Vertrag ist am 22./23. Dezember 1947, also einige Tage vor
dem soeben erwähnten Bundesratsbeschluss (BRB), abgeschlossen worden. Er
wiederholt in Art. 4 u.a. die Aufgaben, die bereits Art. 21 und 26 ElG
dem Starkstrominspektorat überbinden.

    Die StV enthält in den Art. 118 ff., die durch BRB vom 24. Oktober
1949 (AS 1949 S. 1513) und vom 24. Juni 1960 (AS 1960 S. 863) erheblich
verändert wurden, eingehende Vorschriften über die Hausinstallationen. Als
solche sind laut Art. 118 nicht nur "alle Niederspannungs-Starkstromanlagen
in Haupt- und Nebengebäuden aller Art und dazugehörenden Räumen" (Abs. 1
lit. a) und gewisse "Niederspannungs-Einzelanlagen mit Stromerzeugung
auf eigenem Grund und Boden" (lit. b) zu betrachten, sondern auch
"ortsveränderliche und provisorische Anlagen, die an Anlagen gemäss lit. a
und b angeschlossen werden" (lit. c). Ihnen "gleichzustellen" sind ferner
"an Niederspannungsnetze angeschlossene Stromverbrauchsanlagen im Freien"
(Abs. 2). Art. 121 StV umschreibt die Anforderungen, denen die Materialien
und Apparate für Hausinstallationen genügen müssen.

    Art. 121bis StV enthält in den Absätzen 4 und 5 folgende Vorschriften
über die Prüfungspflicht:

    "Aus dem Ausland eingeführte Installationsmaterialien und elektrische
Apparate unterliegen der Prüfungspflicht wie das Material schweizerischen
Ursprungs.

    Zur Kontrolle der Übereinstimmung der Installationsmaterialien und
elektrischen Apparate mit den in Art. 121 Abs. 2 genannten Vorschriften
lässt das Starkstrominspektorat Nachprüfungen durchführen."

    Nach Art. 121ter Abs. 1 StV sind die nach Art. 121bis als zulässig
anerkannten Installationsmaterialien und elektrischen Apparate durch
ein Sicherheitszeichen zu kennzeichnen. Art. 121quarter StV weist
den Schweizerischen Elektrotechnischen Verein (SEV) an, über die
Durchführung der Prüfungen und der Nachprüfungen sowie über die
Erteilung des Sicherheitszeichens ein Reglement aufzustellen, das
der Genehmigung durch das Post- und Eisenbahndepartement (jetzt:
Eidg. Verkehrs- und Energiewirschaftsdepartement) bedarf. Der SEV
hat am 1. April/26. November 1953 das "Reglement für die Prüfung der
Elektrischen Installationsmaterialien und Apparate sowie die Erteilung
des Sicherheitszeichens (Sicherheitszeichen-Reglement)" erlassen, das
am 1. Juli 1954 in Kraft getreten ist. Laut Art. 2 dieses Reglementes
werden elektrisches Installationsmaterial und elektrische Apparate als
"Material" bezeichnet und gemäss dem - am 12. Juni 1961 geänderten -
Art. 4 Abs. 2 wird das Recht, Material in den Verkehr zu bringen, vom
Eidg. Starkstrominspektorat in Form einer Bewilligung erteilt. Art. 26
des Reglementes lautet:

    "Alles Material, das auf Grund von Prüfungen der Materialprüfanstalt
und der Bewilligung des Eidg. Starkstrominspektorates gemäss Art. 4 in
Verkehr gebracht werden darf, muss mit dem in Art. 27 bzw. 28 festgelegten
Sicherheitszeichen versehen sein."

    Art. 38 bestimmt:

    "Das eidg. Starkstrominspektorat hat alle zur Befolgung des
Sicherheitszeichen-Reglementes notwendigen Massnahmen zu treffen; es
hat insbesondere bei missbräuchlicher Verwendung der Bewilligung, des
Sicherheitszeichens oder der Prüfergebnisse einzuschreiten."

    Schliesslich ist noch das vom Starkstrominspektorat am 4. Mai
1956 erlassene Reglement über die Hausinstallationskontrolle zu
erwähnen. Nach dessen Art. 8 Abs. 6 hat die "kontrollpflichtige
Unternehmung" dem Starkstrominspektorat zu melden, "wenn sich bei den
Kontrollen oder bei anderer Gelegenheit ergeben hat, dass prüf- und
kennzeichnungspflichtige Installationsmaterialien oder Apparate das
vorgeschriebene Prüfzeichen nicht tragen". Nach Art. 14 Abs. 1 dieses
Reglementes (in der am 31. Mai 1960 revidierten Fassung) wird "den
Elektrizitätswerken empfohlen, in den in Betracht kommenden Geschäften
ihres Versorgungsgebietes durch Stichproben oder auf andere Weise
Erhebungen im Sinne von Art. 8 und 9 dieses Reglementes zu machen. Die
dabei festgestellten Verletzungen der Prüf- und Kennzeichnungspflicht sind
dem Eidg. Starkstrominspektorat zu melden. Dieses wird dann die gebotenen
Massnahmen ergreifen". Nach Absatz 2 wird das Eidg. Starkstrominspektorat
"in Verbindung mit den Elektrizitätswerken die Geschäfte, welche
elektrische Installationsmaterialien in Verkehr bringen, über die Prüf-
und Kennzeichnungspflicht aufklären".

    B.- Die Perles Elektrowerkzeuge und Motoren AG in Pieterlen bei
Biel stellt Elektrowerkzeuge her, die nur mit dem Sicherheitszeichen des
Starkstrominspektorates versehen in Verkehr gebracht werden dürfen. Die
Firma erklärt, sie halte sich an die Sicherheitsvorschriften; die Folge
davon sei, dass ihre Werkzeuge grösser, schwerer und teurer seien als
die Konkurrenzprodukte anderer Firmen, die ohne Sicherheitszeichen in
der Schweiz verkauft werden, namentlich solche, die aus dem Ausland
eingeführt werden.

    Die Perles AG ist beim Starkstrominspektorat vorstellig geworden,
um zu erreichen, dass auch die Konkurrenzprodukte lückenlos geprüft und
andere als mit dem Sicherheitszeichen versehene Werkzeuge nicht mehr in
Verkehr gebracht werden. Dieses Begehren wurde seit dem Beginn des Jahres
1965 wiederholt. Seit dem 17. Mai 1965 sandte die Perles AG Durchschriften
ihrer Eingaben an das Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement
(in der Folge abgekürzt: Departement). Am 23. Juli 1965 führte die
Perles AG beim Departementsvorsteher Beschwerde. Sie verlangte, dass das
Starkstrominspektorat zu vorbehaltloser Anwendung der Art. 3 und 21 ElG
sowie der Art. 121, 121bis, 121ter und 121quater StV verhalten werde.

    Das Departement hat in einem Schreiben vom 22. Dezember 1967 zu dieser
Beschwerde Stellung genommen:

    Das Starkstrominspektorat habe bis zum 11. November 1965 an die
Hersteller, Importeure und Wiederverkäufer unzulässiger Elektrowerkzeuge
257 Verkaufsverbote erlassen. Verschiedene Verbände seien darauf beim
Departement vorstellig geworden. Dieses habe sämtliche Begehren um
Einräumung von Nachfristen für den Vertrieb ungeprüfter Werkzeuge
abgelehnt. In der Folge habe es mehr als 30 Beschwerden gegen die
Verkaufsverbote des Starkstrominspektorates zu behandeln gehabt. Die
Begehren um die Erteilung vorübergehender Ausnahmebewilligungen
seien abgewiesen worden. Der Pressedienst des Departementes habe im
Dezember 1965 und im Juli 1966 durch Pressemitteilungen Händler und
Konsumenten aufgefordert, im Interesse der Sicherheit nur mit dem
SEV-Prüfzeichen versehene Werkzeuge anzubieten und zu kaufen. Auch
das Starkstrominspektorat sei in der Folge an die Presse gelangt. Das
Starkstrominspektorat habe Stichproben durch eigenes Personal durchgeführt
und durch grössere Elektrizitätswerke Marktkontrollen anstellen lassen. Das
Departement habe in einem Kreisschreiben um die Mithilfe der Kantone
ersucht. Die Zollverwaltung habe ein analoges Gesuch mangels gesetzlicher
Grundlage abgelehnt. Das Starkstrominspektorat werde angewiesen, weitere
Kontroll- und Aufklärungsaktionen durchzuführen.

    C.- Am 25. Februar 1966 machte die Perles AG beim Eidg.  Finanz- und
Zolldepartement ein Begehren um Schadenersatz gemäss dem BG vom 14. März
1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes und seiner Behördemitglieder
und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, AS 1958 S. 1413) anhängig. Die
Perles AG rügte das anfänglich passive, später zögernde Verhalten der
angerufenen Instanzen, die viel zu spät gegen ungeprüfte elektrische
Apparate und Werkzeuge (namentlich Bohr- und Schleifmaschinen)
eingeschritten seien. Die Perles AG verwies darauf, dass im Jahr 1965
für total Fr. 17 658 000.-- Elektrowerkzeuge in die Schweiz eingeführt
wurden. Sie machte geltend, dass mindestens ein Drittel dieses Umsatzes
ihr zugefallen wäre, wenn das Starkstrominspektorat seine Pflicht erfüllt
hätte. Es sei ihr infolgedessen ein Gewinn von Fr. 4 727 700.-- entgangen.

    Das Eidg. Finanz- und Zolldepartement hat den Anspruch der Perles AG
am 6. Juni 1966 bestritten.

    D.- Mit Klageschrift vom 21. November 1966 gegen die Eidgenossenschaft
und den SEV verlangt die Perles AG:

    "Die Beklagten seien solidarisch schuldig und zu verurteilen, der
Klägerin einen Betrag von Fr. 5 000 000.--, eventuell von richterlich zu
bestimmender Höhe, nebst Zins zu 5 % seit wann rechtens zu bezahlen.

    Eventuell:

    1. Der Zweitbeklagte sei schuldig und zu verurteilen, der Klägerin
einen Betrag von Fr. 5 000 000.-- nebst Zins zu 5 % seit wann rechtens
zu bezahlen.

    2. Die Erstbeklagte sei schuldig und zu verurteilen, der Klägerin
den ungedeckten Betrag zu bezahlen, soweit der Zweitbeklagte den ihm zur
Zahlung auferlegten Betrag nicht zu leisten vermag."

    Der Begründung ist zu entnehmen:

    a) Zum Verfahren: Der eingeklagte Anspruch ergebe sich aus
Art. 10 VG. Der Bund hafte direkt, weil das Starkstrominspektorat
ausdrücklich als eidgenössisches Amt erklärt und als Organ des Eidg.
Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartementes eingesetzt sei. Zudem
sei auch das Departement seiner Aufsichtspflicht über den SEV und das
Starkstrominspektorat erst nachgekommen, als die Klägerin Beschwerde
geführt habe.

    b) Zur Sache: Wie wichtig die Kontrollen seien, ergebe sich daraus,
dass von 1953 bis 1962 im Jahresdurchschnitt (Transportanstalten nicht
eingerechnet) 16 Personen getötet und 231 verletzt worden seien. Allein
1961/62 seien 9 Personen durch Unfälle an transportablen Motoren getötet
worden.

    Nach Anpassung an die Vorschriften seien die Werkzeuge der Klägerin
schwerer verkäuflich gewesen, weil die Konkurrenzprodukte wegen Fehlens
der Sicherheitsvorrichtungen eine handlichere Form aufwiesen und billiger
verkauft werden konnten. Damals sei der Markt überflutet worden durch
Importprodukte, die ohne Prüfung in Verkehr gesetzt wurden.

    In Einzelfällen seien die Werkzeuge der Klägerin bei der Prüfung
beanstandet und deren Verkauf verboten worden. Das habe die Lage der
Klägerin noch mehr erschwert gegenüber den Fabrikanten und Importeuren,
die sich über die Prüfvorschriften hinwegsetzen konnten, ohne behelligt zu
werden. Im April 1964 habe sie an der Basler Mustermesse zwei Bohrmaschinen
ausgestellt gehabt, wie die Konkurrenz sie zu verkaufen pflege. Auf
Aufforderung des Starkstrominspektorates habe sie sie zur Prüfung
eingereicht. In der Folge seien die Maschinen verboten worden. Unter
grossem Aufwand seien die beiden Maschinen durch neue Typen ersetzt worden,
die aber schlechter verkäuflich gewesen seien als ihre Vorgänger. Die
gewissenhafte Befolgung der Vorschriften habe die Klägerin ganz allgemein
dazu genötigt, unwirtschaftlich zu fabrizieren.

    An einer Besprechung vom 28. Januar 1965 habe das Starkstrominspektorat
in Aussicht gestellt, die Hersteller und Importeure nicht geprüfter
Maschinen schriftlich auf die Rechtslage aufmerksam zu machen und
sie darauf hinzuweisen, dass die nicht geprüften und bewilligten
Elektrowerkzeuge nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen.
Die versprochene Aufklärung der interessierten Kreise werde das
Inspektorat - entsprechend den Vorschlägen der Klägerin - in verschiedenen
Fachzeitschriften veröffentlichen. Diese versprochenen Veröffentlichungen
seien aber nie erschienen.

    Mit Eingabe vom 23. Juli 1965 habe sich die Klägerin an das Departement
gewendet. Trotz mehrerer Besprechungen auf dem Generalsekretariat des
Departementes sei das Starkstrominspektorat passiv geblieben. Erst
im Sommer 1965 sei das Inspektorat an die Importeure gelangt mit der
Aufforderung, die Prüfung der in den Verkehr zu bringenden Werkzeuge
zu veranlassen. Schlimm habe sich das Fehlen einer Marktkontrolle
ausgewirkt. Erst zu Ende Oktober 1965 seien Verkaufsverbote ergangen;
bis zum 11. November 1965 seien dann 282 (recte 257) Verbote erlassen
worden. Weil das Inspektorat deren Befolgung nicht überprüft habe, hätten
sich sogar grosse Geschäfte über die Verbote hinweggesetzt.

    Schliesslich erklärt die Klägerin, dass der Betrag von Fr. 4 727
700.-- den bis Ende Februar 1966 eingetretenen Schaden darstelle. Infolge
der ab Ende 1965 ergriffenen Massnahmen habe sich die Lage gebessert,
doch sei damit der gesetzmässige Zustand nicht erreicht, weshalb der
Schadenersatzanspruch auf 5 Millionen Franken beziffert werde.

    E.- Die Schweiz. Eidgenossenschaft, vertreten durch die
Eidg. Finanzverwaltung, beantragt mit Antwort vom 15. März 1967, die
Klage sei abzuweisen. Sie macht geltend, dass der SEV primär, der Bund
subsidiär für den von der Klägerin behaupteten Schaden einzustehen hätte,
dass aber die Forderung gegen beide Beklagten unbegründet sei.

    F.- Mit Antwort vom 15. März 1967 beantragt auch der SEV die
Abweisung der Klage. Er bestreitet, dass das Starkstrominspektorat seine
Obliegenheiten verletzt habe.

    G.- In der Replik vom 28./30. Juni 1967 hält die Klägerin an
ihrem Klagebegehren fest, ebenso an den tatsächlichen und rechtlichen
Ausführungen.

    H.- In den Duplikschriften vom 6. Dezember 1967 halten die
Eidg. Finanzverwaltung und der SEV an ihrer Ablehnung des Klagebegehrens
fest.

    I.- Am 24. Februar 1967 hat die Perles AG beim Eidg.  Finanz- und
Zolldepartement eine Forderung geltend gemacht für den Schaden, der ihr
aus den in der ersten Klage angegebenen Gründen seit dem 26. Februar
1966 bis zum 24. Februar 1967 entstanden sei. Am 24. November 1967
hat sie beim Bundesgericht eine weitere Klage gegen die Schweizerische
Eidgenossenschaft und den SEV angehoben, wobei die Rechtsbegehren - analog
denen der Hauptklage - auf Bezahlung von mindestens Fr. 300'000.-- gehen.

    K. - Mit Antwort vom 15. Februar 1968 beantragen die
Schweiz. Eidgenossenschaft und der SEV die Abweisung der zweiten Klage.

    Das Bundesgericht weist beide Klagen ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Mit den Klagen vom 21. November 1966 und vom 24. November
1967 werden gestützt auf Art. 3 und 19 VG der Bund und der SEV
haftbar gemacht für den Schaden, den die Klägerin dadurch erlitten
habe, dass das Starkstrominspektorat und das Eidg. Verkehrs- und
Energiewirtschaftsdepartement ihre Kontrollpflichten nicht erfüllt hätten.
Gegenüber dem Bund ist nach Art. 10 Abs. 1 VG die Zuständigkeit des
Bundesgerichtes im Sinne von Art. 110 ff. OG gegeben. Für die Klagen nach
Art. 19 VG fehlt eine Vorschrift. Es ist aber nicht zweifelhaft, dass
die gleiche Instanz, die über streitige Ansprüche gegen den Bund oder
des Bundes aus dem Verantwortlichkeitsgesetz zu entscheiden hat, auch
für solche Ansprüche gegenüber den vom Bund mit öffentlich-rechtlichen
Aufgaben betrauten Organisationen und für deren Regressansprüche gegen
ihre Organe und Beamten zuständig sein muss. Das ergibt sich zwingend
schon aus dem Sachzusammenhang. Wo - was die Regel sein dürfte - die
Haftung sowohl der Organisation als auch des Bundes geltend gemacht
wird, drängt sich die Verbindung der beiden Klagen und ihre Beurteilung
in einem gemeinsamen Entscheid auf: Wären nämlich verschiedene Gerichte
zuständig, so würde nicht nur dieser prozessökonomische Vorteil entfallen,
sondern es bestünde die Möglichkeit einander widersprechender Urteile
über dieselbe Rechtsfrage, was verhindert werden muss. Die Lücke
im Verantwortlichkeitsgesetz ist deshalb dahin auszufüllen, dass
Art. 10 sinngemäss auch auf die Haftung der mit besondern Aufgaben
des Bundes betrauten Organisationen und auf deren Rückgriff gegen ihre
Angestellten gemäss Art. 19 anzuwenden ist, dass also auch solche Klagen
vom Bundesgericht als einziger Instanz zu beurteilen sind (in diesem
Sinne auch KAUFMANN, Haftung des Staates für rechtswidriges Verhalten
seiner Organe, Publikation mit gleichem Titel des Max-Planck-Instituts
für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg 1967,
S. 566/7).

Erwägung 2

    2.- Die Forderungen, welche die Klägerin in den beiden Prozessen
gegen die Eidgenossenschaft und den SEV eingeklagt hat, beruhen teils auf
demselben Tatbestand, teils auf gleichartigen Tatbeständen. Es werden in
beiden Klageschriften die gleichen Rechtssätze angerufen und die gleichen
Schlussfolgerungen gezogen. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich
nach Art. 24 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG, die beiden Klagen vor dem
Bundesgericht als einziger Instanz in einem Verfahren zusammenzufassen
und sie durch einen einzigen Entscheid zu beurteilen.

Erwägung 3

    3.- Durch den BRB über die Bezeichnung des Starkstrominspektorates
vom 29. Dezember 1947 und den gestützt daraufzwischen dem Departement
und dem SEV abgeschlossenen Vertrag (vom 22./23. Dezember 1947) ist
die Kontrolle über die Starkstromanlagen dem Starkstrominspektorat des
SEV übertragen worden. Das ist ein Musterfall der Betrauung einer
ausserhalb der Bundesverwaltung stehenden Organisation mit einer
öffentlichen Aufgabe. Hieran vermag der Umstand nichts zu ändern,
dass in Art. 2 des Bundesratsbeschlusses vom 29. Dezember 1947 das
Starkstrominspektorat als eidgenössische Amtsstelle bezeichnet wird. Das
Starkstrominspektorat ist denn auch schon vor dem Inkrafttreten des
Elektrizitätsgesetzes durch den SEV ins Leben gerufen worden. Nach dem
Erlass des Gesetzes übertrug der Bundesrat durch Beschluss vom 23. Januar
1903 "bis auf weiteres" diesem Inspektorat die amtlichen durch das Gesetz
umschriebenen Befugnisse (E. FEHR, das Schweiz. Elektrizitätsrecht,
in Führer durch die schweizerische Wasser- und Elektrizitätswirtschaft,
Bd. II, S. 128). Folgerichtig sieht das Bundesgesetz über die Änderung
der Organisation der Bundesverwaltung in Art. 35/VII Abs. 2 vor, dass der
Bundesrat mit der Führung des Starkstrominspektorates eine ausserhalb der
Bundesverwaltung stehende geeignete Organisation betrauen kann. Soweit
sich die Klage auf Fehler des Starkstrominspektorates gründet, ist daher
gemäss Art. 19 VG der SEV verantwortlich und haftet der Bund nur für den
ungedeckten Schaden. Dem entspricht das Eventualbegehren der Klagen;
darauf ist deshalb einzutreten.

    Die Klägerin macht aber auch Fehler des Departementes geltend. Dafür
haftet der Bund, nicht aber der SEV. Eine solidarische Haftung der beiden
kommt nicht in Frage, da hiefür eine gesetzliche Grundlage fehlt. Doch
ist in dem Begehren auf ihre solidarische Verurteilung auch dasjenige
auf Verurteilung des Bundes - und zwar direkt für den ganzen Schaden,
nicht nur für den Ausfall - enthalten. In diesem eingeschränkten Sinne
ist auch auf das Hauptbegehren einzutreten.

Erwägung 4

    4.- Ist die Klägerin durch Personal, für das der Bund nach Art. 1
Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 VG einzustehen hat, in
Ausübung amtlicher Tätigkeit geschädigt worden, so hat der Bund der
Klägerin den Schaden zu ersetzen, wenn er ihr widerrechtlich zugefügt
wurde. Entsprechendes gilt für den Schaden, den die Angestellten des SEV
der Klägerin in Ausübung der vom Bunde übertragenen Aufgabe widerrechtlich
zugefügt haben (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. f VG); denn ausschlaggebend
ist, dass dem Schädiger eine öffentliche Aufgabe der Eidgenossenschaft
übertragen ist. Ob er überhaupt in einem Dienstverhältnis zum Bunde steht,
sei es öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher Natur, ist belanglos
(vgl. BGE 88 II 444 Erw. 2). Belanglos ist ferner, ob der Schaden durch
Tun oder Unterlassen verursacht wurde. Desgleichen ist nicht massgeblich,
ob die als Schädiger in Betracht fallenden Personen ein Verschulden
treffe. Die blosse Rechtswidrigkeit der Schädigung genügt (vgl. Art. 3
Abs. 1 VG; KAUFMANN, aaO, S. 558).

    a) Die Befugnisse und Pflichten des Starkstrominspektorates werden im
Vertrag vom 22./23. Dezember 1947 und namentlich in dem vom SEV gestützt
darauf erlassenen Sicherheitszeichen-Reglement vom 1. April/26. November
1953 (SZR) geordnet. An dieses Reglement ist auch der Verein selbst und
insbesondere sein Organ, das Starkstrominspektorat, gebunden (BGE 74 I 17,
76 IV 52).

    aa) Nach Art. 4 und 26 SZR darf nur geprüftes und mit dem
Sicherheitszeichen versehenes Material in den Verkehr gebracht werden;
das Recht hiezu wird gemäss Art. 4 Abs. 2 vom Starkstrominspektorat in
Form einer Bewilligung erteilt. Zu diesem Material gehören auch die hier in
Frage stehenden Apparate und Handwerkzeuge. Diese Vorschriften können nur
wirksam sein, wenn dafür gesorgt ist, dass alles darunter fallende Material
der Prüfung unterworfen wird, und wenn kontrolliert wird, dass keine
ungeprüften und nicht mit dem Sicherheitszeichen versehenen Apparate in den
Verkehr gebracht werden. Weiteres Erfordernis wäre sodann eine Aufklärung
der Händler über die geltenden, aber offenbar weitgehend unbekannten
Vorschriften gewesen. Diese Aufklärung hat das Starkstrominspektorat
in Art. 14 des Reglementes über die Hausinstallationskontrolle selbst
vorgeschrieben.

    Die Kontrollen sind Aufgabe des Starkstrominspektorates, das
nach Art. 38 SZR alle zur Befolgung des Reglementes notwendigen
Massnahmen zu treffen hat. Insbesondere trifft diese Pflicht nicht die
Materialprüfungsanstalt, der nur die Durchführung der Materialprüfung
obliegt.

    bb) Dass das Starkstrominspektorat diese Pflicht vernachlässigt hat,
geht aus der Tatsache hervor - die ihm nicht unbekannt sein konnte -,
dass sich hunderte von ungeprüften Maschinen und Werkzeugen im Verkehr
befanden; denn seine Liste der geprüften und mit einem Sicherheitszeichen
versehenen Materialien umfasste nur einige Dutzende von Haushaltmaschinen
und Handwerkzeugen. Nach seiner eigenen Angabe stellte dieser Anteil
40% des gesamten auf dem Markt angebotenen Materials dar. Erst auf
Beschwerde der Klägerin hin ist das Inspektorat tätig geworden und hat
innert 2 Monaten diesen Anteil auf 60% erhöht und gleichzeitig einige
hundert Verkaufsverbote erlassen. Auch der Aufklärungspflicht hat das
Starkstrominspektorat nicht genügt. Dies fällt umso mehr ins Gewicht,
als das Starkstrominspektorat der Klägerin die Aufklärung der Händler
und Käufer ausdrücklich versprochen, dieses Versprechen aber nicht
gehalten hat. Es steht also fest, dass das Starkstrominspektorat seine
Kontrollpflicht verletzt hat.

    cc) Was der SEV dagegen vorbringt, dringt nicht durch: Der SEV macht
zunächst geltend, das Starkstrominspektorat habe keine Marktkontrolle
vorzunehmen, da es bei den Hausinstallationen nur die Oberaufsicht
ausübe und die Elektrizitätswerke die eigentliche Aufsicht durchzuführen
hätten. In Art. 4 des Vertrages vom 22./26. Dezember 1947 wird unter
lit. b, e und n als zu den Aufgaben des Starkstrominspektorates gehörend
bezeichnet:

    - laut lit. b die "Kontrolle gemäss Art. 21, Alinea 3, des ElG über
die Ausführung der in Art. 3 des ElG erwähnten Vorschriften", - laut lit. e
die "Nachprüfung der Kontrolle der Hausinstallationen (Art. 26 ElG)",

    - laut lit. n "alle aus den Verordnungen sich ergebenden weiteren
Verpflichtungen".

    Im Bereich des Art. 21 Ziff. 3 ElG und speziell für die dort
erwähnten "elektrischen Maschinen" ist das Starkstrominspektorat das
primäre und zentrale Kontrollorgan. Für die Hausinstallationen (Art. 26
ElG) ist es nur sekundäres Kontrollorgan; die primäre Kontrolle obliegt
den Lieferwerken (in gleichem Sinne: RUCK, Schweiz. Elektrizitätsrecht,
S. 128). Weder das Elektrizitätsgesetz noch die Vollzugserlasse definieren
den Begriff der Maschine. Gleichwohl ist nicht zu bezweifeln, dass es
sich bei den Werkzeugen, welche die Klägerin herstellt, und auch bei
den von ihr beanstandeten Konkurrenzprodukten um Maschinen im Sinne des
Art. 21 Ziff. 3 ElG handelt, nämlich um Instrumente, die durch Verwendung
elektrischen Stroms Arbeit leisten. Die Erzeugnisse der Klägerin sind denn
auch in den Bewilligungen und Korrespondenzen des Starkstrominspektorates
als Bohrmaschinen und Schleifmaschinen bezeichnet. Wollte man aber mit dem
SEV annehmen, die erwähnten Maschinen seien, weil sie an Hausinstallationen
angeschlossen werden können (Art. 118 lit. c StV), den Hausinstallationen
"gleichzustellen", so käme man zu keinem andern Ergebnis. Für das
Installationsmaterial und für die an Hausinstallationen anzuschliessenden
"Apparate" bestehen laut Art. 121bis StV dieselben Sicherheitsvorschriften
wie für die elektrischen Maschinen. Wohl hätte das Starkstrominspektorat
dann lediglich eine sekundäre Kontrollpflicht gemäss Art. 26 ElG und Art. 4
lit. e des Vertrages und damit eine blosse "Oberaufsicht" gemäss Art. 123
Abs. 5 StV. Das vom SEV gestützt auf Art. 121quater Abs. 1 StV erlassene
Sicherheitszeichen-Reglement macht die Befugnis, "Material" in Verkehr zu
bringen, ganz allgemein von der Bewilligung des Starkstrominspektorates
abhängig (Art. 4 Abs. 2), und nach Art. 38 hat das Starkstrominspektorat
"alle zur Befolgung des Sicherheitszeichen-Reglements notwendigen
Massnahmen zu treffen". Das aber schliesst wiederum die Pflicht ein,
dafür zu sorgen, dass ungeprüftes Material nach Ablauf der Toleranzfristen
(1. Juli 1965) aus dem Verkehr verschwindet.

    Der SEV macht weiter geltend, er habe eine Aufklärung unterlassen,
weil sie Zweifel an der Verbindlichkeit der Vorschriften hätte erwecken
können. Indessen ist nicht verständlich, weshalb das Starkstrominspektorat
die Öffentlichkeit nicht zum mindesten darauf hingewiesen hat, dass ab
dem 1. Juli 1965 auch im Detailhandel nur noch mit dem Sicherheitszeichen
versehene Werkzeuge abgegeben werden dürfen; denn mit dieser Unterlassung
verstiess das Inspektorat - jedenfalls was die Instruktion der
Verkäufer betrifft - gegen Art. 14 Abs. 2 des von ihm selbst erlassenen
Reglementes über die Hausinstallationskontrollen. Die wenigen Zeilen in den
"Mitteilungen aus den Technischen Prüfanstalten des SEV" vom 1. Mai 1965
erfüllten die Aufgabe nicht; die sämtliche Detailverkäufer betreffende
Änderung der Rechtslage ab 1. Juli 1965 wurde überhaupt nicht erwähnt.

    Der SEV versucht schliesslich, die Untätigkeit des
Starkstrominspektorates mit finanziellen Gründen zu entschuldigen. Der SEV
war frei, den Vertrag mit dem Bund abzuschliessen oder nicht. Der durch
den Vertrag übernommenen Aufgabe konnte er sich aber nicht aus angeblichen
finanziellen Gründen entziehen. Der Vorwurf, das Starkstrominspektorat
habe widerrechtlich gehandelt, ist daher berechtigt.

    b) Nicht stichhaltig ist der gleiche Vorwurf gegenüber dem Departement;
denn nach den Akten hat dieses vom Versagen des Starkstrominspektorates
erstmals durch das Schreiben der Klägerin vom 17. Mai 1965 mit Briefkopien
und dann namentlich durch die Beschwerde vom 23. Juli 1965 Kenntnis
erhalten. Es hat diese als Anzeige behandelt und ist eingeschritten. Es hat
selbst für Aufklärung über die bestehenden Vorschriften gesorgt. Endlich
hat das Departement das Starkstrominspektorat veranlasst, die Prüfung
von hunderten von Maschinen und Werkzeugen nachzuholen und für die nicht
bewilligten Verkaufsverbote zu erlassen. Eine rechtswidrige Schädigung
der Klägerin durch den Bund ist ausgeschlossen, da das Departement die
ihm übertragene Oberaufsicht (vgl. RUCK, Schweiz. Elektrizitätsrecht,
S. 162/3) nicht verletzt hat.

Erwägung 5

    5.- Mit Bezug auf den SEV stellt sich die weitere Frage, ob die
Klägerin aus der Verletzung seiner Pflichten einen Schadenersatzanspruch
herleiten kann, d.h. ob die verletzten Vorschriften zu ihrem Schutze
erlassen worden sind. Nach der vom Bundesgericht in ständiger Praxis
angewandten und auch von der Lehre anerkannten objektiven Theorie ist
ein Verhalten nur dann widerrechtlich im Sinne der Begründung eines
Schadenersatzanspruches, wenn es gegen Gebote und Verbote der Rechtsordnung
verstösst, die dem Schutze des verletzten Rechtsgutes dienen (BGE 30
II 571/2, 41 II 685, 82 II 28, 88 II 280/1, 90 II 279; KAUFMANN, aaO,
S. 570). Sind die verletzten Rechtssätze nicht zum Schutze des Geschädigten
erlassen worden, so fehlt es am adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der
widerrechtlichen Handlung und dem Schaden (VON TUHR/SIEGWART, Allgemeiner
Teil des OR, 2. Aufl., Bd. I, S. 355/6; OFTINGER, Schweizerisches
Haftpflichtrecht, 2. Aufl., Bd. I S. 49/5o und 113/4; VON BÜREN,
Schweizerisches OR, Allgemeiner Teil, S. 51; BGE 30 II 572, 75 II 212/3,
79 II 438). Diese Grundsätze gelten im Schadenersatzrecht allgemein und
daher ebenfalls nach Art. 3 und 19 VG (vgl. BGE 91 I 452 E. 3).

    Die Vorschriften über die Kontrolle der elektrischen Maschinen und
Werkzeuge sind ausschliesslich zum Schutze von Personen und Sachen gegen
die vom elektrischen Strom ausgehenden Gefahren erlassen worden (vgl.
insbesondere Art. 3 ElG und Art. 4 StV; in diesem Sinn auch NESS, Die
öffentliche Stellung der Installateure elektrischer Anlagen auf Grund der
Elektrizitätsgesetzgebung des Bundes, S. 73 Anm. 3). Sie haben nichts mit
dem Wettbewerb zu tun. Wenn sie sich auch darauf auswirken, so ist das
lediglich eine Reflexwirkung. Nun hat die Klägerin bei ihren Begehren an
das Inspektorat die mögliche Nebenwirkung - nämlich die Verbesserung ihrer
eigenen Position im wirtschaftlichen Wettbewerb - nicht nur zur Hauptsache,
sondern zum alleinigen Ziel ihrer Vorstösse gemacht. Schon im Brief vom 29.
Januar 1965, mit dem sie dem Starkstrominspektorat das Verhandlungsergebnis
vom Vortage bestätigte, machte sie keine öffentlichen Interessen geltend,
sondern lediglich den Umstand, ihr "Marktanteil" sei durch die Konkurrenz
"wesentlich beeinträchtigt", weil die Konkurrenz den Vorschriften nicht
entsprechende Werkzeuge "billiger und handlicher in den Verkehr" bringe.
"Diese Situation" - nicht etwa die für Verkäufer und Verbraucher
bestehende Gefahr - wurde als "untragbar" bezeichnet. Im Schreiben
vom 17. Mai 1965 ist wiederum nur von der "unhaltbaren Situation" im
Wettbewerb mit der Konkurrenz die Rede. Auch im Brief vom 1. Juni 1965
erwähnt die Klägerin als Grund zum Einschreiten ausschliesslich ihre
"täglichen Umsatzeinbussen". Am 2. November 1965 beklagte sich die
Klägerin darüber, dass vorgesehen sei, das ganze Sortiment der Firma
Black & Decker noch bis zum Jahresende durchzuprüfen; derart habe für sie
"jede Aktion und Strafanzeige keinen Sinn mehr" und sie könne sich daher
"alle weitere Mühe und Kosten ersparen". Damit hat sie wiederum bestätigt,
dass es ihr nicht um die Beseitigung von Gefahrenquellen ging.

    Wenn die Klägerin wegen des Versagens des Starkstrominspektorates im
Konkurrenzkampf benachteiligt und geschädigt wurde, wie sie behauptet,
so wurde sie nicht in einem durch die erwähnten Vorschriften geschützten
Rechtsgut verletzt. Auch im vorliegenden Fall muss sich aber die
Rechtswidrigkeit auf das geschützte Rechtsgut beziehen. Adäquate Ursache
des von der Klägerin angeblich erlittenen Schadens ist somit nicht das
Versagen des Starkstrominspektorates, sondern allenfalls unlauterer
Wettbewerb ihrer Konkurrenten. Ob der Klägerin gegen ihre Konkurrenten
Ansprüche aus Art. 2 Abs. 1 lit. d UWG zustehen, ist im vorliegenden
Verfahren nicht zu prüfen.

Erwägung 6

    6.- ...