Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 94 I 427



94 I 427

58. Auszug aus dem Urteil vom 18. September 1968 i.S. Döbeli gegen
Einwohnergemeinde Brugg und Regierungsrat des Kantons Aargau. Regeste

    Festsetzung des jährlichen Gemeindebudgets.

    Kantonale Regelung, nach welcher das Budget dann, wenn es die
Stimmberechtigten in der Urnenabstimmung zweimal abgelehnt haben,
vom Regierungsrat festzusetzen ist. Anwendung auf das Budget eines
Gemeindeelektrizitätswerkes, wenn die Gestaltung und die Höhe des
Elektrizitätstarifs Anlass zur Verwerfung des Budgets gegeben haben und
die Kompetenz zur Festsetzung des Tarifs (Gemeinderat oder Gesamtheit der
Stimmberechtigten) zweifelhaft ist. Verletzung der politischen Rechte der
Bürger durch regierungsrätliche Festsetzung eines dem Willen der Mehrheit
der Stimmberechtigten nicht entsprechenden Budgets?

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    A.- Das aargauische Gesetz vom 15. Mai 1962 über die ausserordentliche
Gemeindeorganisation (AGOG) mit Vollziehungsverordnung (VV)
vom 10. September 1964 ermächtigt die Gemeinden, in Abweichung
vom Gemeindeorganisationsgesetz vom 26. November 1841 (GOG) die
Einwohnergemeindeversammlung durch die Urnenabstimmung zu ersetzen und
gewisse Geschäfte einem Gemeindeparlament, dem Einwohnerrat, zu übertragen.
Dieser hat mindestens zweimal jährlich zur Behandlung von Voranschlag und
Jahresrechnung zusammenzutreten (§ 19 lit. a AGOG). Der Voranschlag ist
der Einwohnergemeinde zur Genehmigung vorzulegen (§ 9 lit. c AGOG). Lehnt
sie ihn zweimal ab, so sind nach § 38 VV zum AGOG die §§ 125 und 140
GOG sinngemäss anwendbar, welche die Weiterleitung der nicht genehmigten
Rechnungen an den Regierungsrat zum Entscheid vorsehen.

    B.- Die Gemeinde Brugg versorgt ihre Einwohner seit Jahrzehnten
mit Wasser, Gas und Elektrizität. Diese Versorgungsbetriebe sind
heute in den "Industriellen Betrieben Brugg" zusammengefasst und
führen eigene Rechnung. Die Elektrizität wurde ursprünglich von einem
gemeindeeigenen Werk erzeugt, das seinen Betrieb 1892 aufnahm. Im Jahre
1952, nach Fertigstellung des Werkes Wildegg-Brugg der NOK, wurde das
Gemeindewerk stillgelegt. Seither bezieht es den grössten Teil des
Stroms vom Aargauischen Elektrizitätswerk (AEW) zum Hochspannungstarif
für Wiederverkäufer.

    Auf den 1. Oktober 1965 erhöhte das AEW den Strompreis erheblich. Dies
und grosse bauliche Aufgaben der Industriellen Betriebe veranlassten den
Gemeinderat von Brugg, durch Beschluss vom 25. September 1965 auch den
eigenen Elektrizitätstarif ab 1. Januar 1966 zu erhöhen und gleichzeitig
das Tarifsystem demjenigen des AEW anzupassen.

    Gegen diesen Beschluss beschwerte sich der Brugger Stimmbürger
Fritz Honegger beim Departement des Inneren. Zur Begründung machte er
ausschliesslich geltend, der Gemeinderat sei nicht zuständig gewesen,
den von der Gemeindeversammlung vom 14. Dezember 1956 beschlossenen
Einheitstarif für Haushaltungen abzuändern. Die Direktion des Inneren
wies die Beschwerde am 23. Mai 1966 ab. Honegger führte hiegegen beim
Regierungsrat Beschwerde, wurde aber durch Beschluss vom 21. Juni 1966
abgewiesen.

    Am 17. Dezember 1965, also vor der Beurteilung der Beschwerde
Honeggers, lehnte die Gemeindeversammlung das Budget für 1966 ab und
beschloss, für dieses Jahr den Strom nicht zu dem vom Gemeinderat
beschlossenen neuen, sondern zum bisherigen Tarif abzugeben.

    Auf den 1. Januar 1966 unterwarf sich die Gemeinde Brugg
der ausserordentlichen Gemeindeorganisation und wählte einen
Einwohnerrat. Dieser genehmigte am 11. November 1966 mit grossem Mehr den
Voranschlag der Industriellen Betriebe für 1967, der im wesentlichen auf
dem vom Gemeinderat schon im Vorjahr beschlossenen Tarif beruhte. Dieser
Voranschlag wurde indes in der Urnenabstimmung vom 11. Dezember 1966
mit 907 gegen 480 Stimmen verworfen. Der Gemeinderat legte hierauf
einen zweiten Voranschlag vor, der einen Rabatt von 5% auf den von ihm
beschlossenen Strompreisen vorsah und vom Einwohnerrat mit 41 zu 1 Stimme
bei 5 Enthaltungen genehmigt, in der Volksabstimmung aber mit 790 gegen
543 Stimmen wiederum abgelehnt wurde.

    Darauf unterbreitete der Gemeinderat die Angelegenheit dem
Regierungsrat. Dieser erhob am 12. Juli 1967 den in der Volksabstimmung
verworfenen zweiten Voranschlag unverändert zum Beschluss. Den
Erwägungen dieses Entscheids ist zu entnehmen: Wenn der Voranschlag
von den Stimmberechtigten einer Gemeinde zweimal verworfen werde,
habe der Regierungsrat als Oberaufsichtsbehörde einzuschreiten und im
Sinne einer Ersatzvornahme das Budget anstelle des hiezu zuständigen
Gemeindeorgans festzusetzen. Dabei falle hier einerseits in Betracht,
dass der Einwohnerrat den Voranschlag des Gemeinderates mit grossem
Mehr genehmigt habe; anderseits seien die Gründe zu berücksichtigen,
die das Stimmvolk zur Ablehnung der Voranschläge bewogen haben. Die
Opposition habe sich hauptsächlich gegen die Erhöhung des Stromtarifs und
die Übernahme des Berechnungssystems des AEW gerichtet. Nun sei aber, wie
der Regierungsrat bereits im Entscheid vom 21. Juli 1966 festgestellt habe,
in Brugg der Gemeinderat zuständig zur Tarifgestaltung. An dessen Entscheid
seien die für die Budgetfestsetzung zuständigen Organe (Einwohnerrat und
Gesamtheit der Bürger an der Urne) gebunden. Auch der Regierungsrat, der
anstelle dieser Gemeindeorgane das Budget festzusetzen habe, sei nicht
berechtigt, einen bestimmten Stromtarif der Gemeinde und dem Gemeinderat
vorzuschreiben. Da seine Aufsicht über die Gemeinde und ihre Behörden im
Bereich der Selbstverwaltungsaufgaben auf die Rechtskontrolle beschränkt
sei, könnte er nur einschreiten, wenn der Gemeinderat den neuen Stromtarif
in gröblicher Verletzung des ihm zustehenden Ermessens erlassen hätte. Das
sei jedoch nicht der Fall. Es bestehe daher für die Aufsichtsbehörde
kein Grund, den Voranschlag für 1967 wegen des Stromtarifs nicht zu
genehmigen. Die Stromtarifgestaltung sei eine Frage, die nicht im Rahmen
des Budgets gelöst werden könne.

    C.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde stellt der in Brugg
stimmberechtigte Ernst Döbeli den Antrag, der Beschluss des Regierungsrates
vom 12. Juli 1967 sei aufzuheben. Er beruft sich auf Art. 85 lit. a OG
und erhebt folgende Rügen:

    a) Der Gemeinderat sei entgegen der Annahme des Regierungsrates
nicht zuständig gewesen, den Stromtarif zu ändern; dazu sei einzig das
Volk zuständig.

    b) Indem der Regierungsrat den vom Volk eindeutig abgelehnten
Voranschlag bestätigte, habe er den Volkswillen missachtet. - Das
Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Der Voranschlag für die Industriellen Betriebe Brugg wurde der
Volksabstimmung unterbreitet, nach der Verwerfung vom Gemeinderat
überarbeitet und darauf ein zweites Mal zur Abstimmung gebracht. Nachdem
ihn die Stimmberechtigten wiederum abgelehnt hatten, setzte der
Regierungsrat als Oberaufsichtsbehörde den Voranschlag anstelle der
Gemeindeorgane fest. Dieses Vorgehen wird in formeller Hinsicht vom
Beschwerdeführer mit Recht nicht beanstandet, sondern entspricht vielmehr
den geltenden kantonalen Verfahrensvorschriften, die unter Lit. A des
Sachverhalts angeführt sind. Streitig ist einzig, ob der Regierungsrat
den Voranschlag mit dem ihm im angefochtenen Entscheid gegebenen Inhalt
festsetzen durfte.

    a) Der Voranschlag ist nach schweizerischer Rechtsauffassung ein
blosser Haushaltsplan und enthält keine Rechtsnormen. Insbesondere
schafft er keine Rechtsgrundlage für die Erhebung der darin als Einnahmen
vorgesehenen Steuern und öffentlichen Abgaben. Diese müssen auf einem
besonderen Rechtstitel beruhen (vgl. BGE 72 I 280/Bl; NAWIAWSKY, Rechtliche
Bedeutung und rechtliche Wirkung des Voranschlags, ZBl 46/1945 S.
167 ff. Ziff. 27 und 33; IMBODEN, Unmittelbare Demokratie und öffentliche
Finanzen, in Festgabe für Eugen Grossmann S. 112/13). Es erhebt sich daher
die Frage, ob die vorliegende Beschwerde nicht schon deshalb abzuweisen
ist, weil der damit angefochtene Voranschlag an den die Zuständigkeit
zur Festsetzung der Strompreise regelnden Vorschriften nichts zu ändern
vermochte. Die Frage ist zu verneinen. Alle Beteiligten sind darüber
einig, dass die Industriellen Betriebe, nachdem der Regierungsrat den
Voranschlag des Gemeinderates zum Beschluss erhoben hat, den Strombezügern
nach Massgabe des vom Gemeinderat erlassenen neuen Tarifs Rechnung stellen
dürfen, wie auch, dass der Regierungsrat mit der Festsetzung eines den
Wünschen des Beschwerdeführers und seiner Gesinnungsfreunde entsprechenden
Voranschlags als Oberaufsichtsbehörde über die Gemeindeverwaltung auch
jenen Tarif als unanwendbar erklärt und einen andern vorgeschrieben hätte.

    b) Der Regierungsrat geht im angefochtenen Beschluss von der schon
in seinem Beschwerdeentscheid vom 21. Juni 1966 getroffenen Feststellung
aus, dass die Zuständigkeit zur Tarifgestaltung beim Gemeinderat liege,
und er schliesst hieraus, dass der vom Gemeinderat aufgestellte Tarif
für die den Voranschlag festsetzenden Instanzen verbindlich sei, und
zwar grundsätzlich auch für den Regierungsrat, der den Voranschlag im
Falle zweimaliger Verwerfung durch die Stimmberechtigten festzusetzen
hat. Auch der Beschwerdeführer stellt die Frage der Zuständigkeit zur
Tarifgestaltung in den Vordergrund. Sie ist daher vorweg zu prüfen.

    Das kantonale Recht enthält keine Vorschriften über die Zuständigkeit
zur Festsetzung der Tarife kommunaler Versorgungsbetriebe. Die Regelung ist
den Gemeinden überlassen, die sie nicht einheitlich getroffen haben. Die
Verordnungen über die Organisation und Verwaltung des Elektrizitätswerks
Brugg von 1892 und 1894 erklärten ausdrücklich den Gemeinderat als
zuständig zur Festsetzung von Tarifen und Reglementen für die Abgabe von
Strom. Die am 1. Juni 1920 erlassene und bis Ende 1967 in Kraft gebliebene
Verordnung über die Organisation und Verwaltung der Industriellen
Betriebe weist wohl in § 3 Ziff. 2 die "Vorberatung" der Tarife der vom
Gemeinderat zu bestellenden Betriebskommission zu, bestimmt aber nicht,
wer die Tarife festzusetzen hat. Über die Entstehungsgeschichte dieser
Verordnung sind von keiner Seite Angaben gemacht oder Akten beigebracht
worden. Insbesondere fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass mit dem Verzicht
auf eine Zuständigkeitsbestimmung die bisherige Ordnung geändert und die
Zuständigkeit vom Gemeinderat auf die Gemeindeversammlung übertragen werden
sollte. Der Gemeinderat hat denn auch weiterhin, so am 9. Juni 1926 und
auf 1. Januar 1933, Reglemente und Tarife erlassen und veröffentlicht, in
denen er seine Zuständigkeit ausdrücklich festgehalten hat, ohne damit auf
Widerstand zu stossen. Dagegen hat er auf Grund zweier Motionen der Jahre
1954 und 1955 einen Einheitstarif für Haushaltungen ausgearbeitet und der
Gemeindeversammlung vom 14. Dezember 1956 unterbreitet, die ihn eingehend
beriet, einige Positionen änderte und seine Annahme beschloss. Ferner
unterzog sich der Gemeinderat dem Beschluss der Gemeindeversammlung vom 17.
Dezember 1965, den Strom im Jahre 1966 zum bisherigen und nicht zu dem von
ihm erlassenen neuen Tarif abzugeben. Die in der Beschwerde Honeggers und
offenbar auch vom heutigen Beschwerdeführer vertretene Auffassung, der
Gemeinderat habe dadurch, dass er im Jahre 1956 die Gemeindeversammlung
über die Tarifgestaltung abstimmen liess, seine ursprünglich innegehabte
Kompetenz an die Gemeindeversammlung delegiert, überzeugt nicht. Näher
liegt die Annahme, dass der Gemeinderat 1956 wie auch 1965 aus politischen
Überlegungen auf die Ausübung seiner Kompetenz verzichtet habe, ohne dass
sich an der rechtlichen Ordnung etwas geändert habe. Keinesfalls kann
es als feststehend gelten, dass zu Anfang des Jahres 1967 die Gesamtheit
der Stimmberechtigten und nicht mehr der Gemeinderat zur Festsetzung der
Strompreise zuständig war, sondern es bestehen zum mindesten ernsthafte
Zweifel hierüber. Eine weitere Abklärung kann unterbleiben, da auch dann,
wenn die Zuständigkeit beim Gemeinderat liegen sollte, sich die Frage
stellt, inwieweit der Regierungsrat bei der ihm obliegenden Festsetzung
des Voranschlags an den in den beiden Abstimmungen über diesen zum Ausdruck
gekommenen Volkswillen gebunden war.

    c) Aus § 38 der VV zum AGOG und den danach sinngemäss anwendbaren
§§ 125 und 140 GOG ergibt sich, dass der Voranschlag einer Gemeinde
nach zweimaliger Ablehnung durch die Stimmberechtigten unter Angabe der
Verwerfungsgründe sofort dem Bezirksamt zuzustellen und von diesem ohne
Verzug zum Entscheid an den Regierungsrat weiterzuleiten ist. Nach welchen
Gesichtspunkten dieser zu entscheiden, den Voranschlag festzusetzen hat,
ist wederjenen noch andern Vorschriften zu entnehmen. Da der Voranschlag
vom Gemeinderat aufzustellen und vom Einwohnerrat zu behandeln ist
und dem Regierungsrat die Verwerfungsgründe anzugeben sind, ist es
selbstverständlich, dass er die in der Beratung jener Behörden wie auch
die im Abstimmungskampf vertretenen Meinungen in Betracht zu ziehen
hat. Dagegen ist er grundsätzlich weder an die Auffassung der Behörden
noch an die im Abstimmungskampf mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck
gekommenen Verwerfungsgründe gebunden. Eine Ordnung, die im Falle des
Versagens der Gemeindeorgane dem Regierungsrat den Entscheid, d.h. die
Festsetzung des Voranschlags überträgt, kann wohl nur bedeuten, dass
der Regierungsrat den Voranschlag nach eigenem pflichtgemässen Ermessen
festzusetzen hat. Seine Auffassung, dass ihm nur die Rechtskontrolle
zustehe, wird der Sach- und Rechtslage nicht gerecht; die Beschränkung auf
die Rechtskontrolle ist nur sinnvoll, wo es, wie in dem vom Regierungsrat
angerufenen Entscheid AGVE 1947 S. 176, um die Überprüfung eines von den
Stimmberechtigten angenommenen Voranschlags geht, nicht aber, wo dieser
verworfen wurde und daher vom Regierungsrat festzusetzen ist. Es fragt
sich somit, ob der Regierungsrat damit, dass er den vom Gemeinderat
und Einwohnerrat gebilligten Voranschlag zum Beschluss erhoben hat,
den Rahmen seines pflichtgemässen Ermessens überschritten habe. Ist dies
nicht der Fall, dann hat er auch die politischen Rechte der Stimmbürger
nicht verletzt, da eine Ordnung, nach welcher der Regierungsrat anstelle
der Gemeindeorgane das ihm richtig scheinende vorzukehren hat, notwendig
zur Folge hat, dass der von ihm festgesetzte Voranschlag gegebenenfalls
nicht dem Willen der Mehrheit der Stimmberechtigten entspricht.

    d) Bei der ordentlichen Gemeindeorganisation kann in der
Gemeindeversammlung über die einzelnen Posten des Voranschlags abgestimmt
werden, kommt also den Stimmberechtigten ein eigentliches Mitspracherecht
bei der Festsetzung des Voranschlags zu. Bei der ausserordentlichen
Gemeindeorganisation dagegen haben die Stimmberechtigten nur die Wahl,
den vom Einwohnerrat bereinigten Voranschlag gesamthaft anzunehmen oder
abzulehnen, weshalb das Ergebnis des Budgetreferendums weitgehend nur
die Bedeutung einer politischen Vertrauens- oder Misstrauenskundgebung
hat (IMBODEN aaO S. 113/14). Da der Voranschlag zahlreiche Einnahme- und
Ausgabeposten umfasst, wird sich, wenn mehrere von ihnen umstritten sind,
oft nicht feststellen lassen, welcher Voranschlag dem Willen der Mehrheit
der Stimmberechtigten entspricht. Im vorliegenden Falle scheint es sich
freilich nicht so zu verhalten. Der Voranschlag dürfte hauptsächlich wegen
der vom Gemeinderat beschlossenen Einführung des AEW-Tarifs verworfen
worden sein, wenn auch, nach dem vom Beschwerdeführer eingelegten
Flugblatt zu schliessen, daneben der gegen die Behörden erhobene
Vorwurf der Kreditüberschreitung im Jahre 1966 sowie die Kritik an der
gesamten Ausgabenpolitik eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt
zu haben scheinen. Selbst wenn jedoch anzunehmen ist, die Mehrheit der
Abstimmungsteilnehmer habe die weitere Anwendung des bisherigen Tarifs
befürwortet, war der Regierungsrat nicht verpflichtet, diesem Wunsche
bei der Festsetzung des Voranschlags zu entsprechen.

    Der Regierungsrat hat angenommen, dass der Erlass der Tarife in die
Zuständigkeit des Gemeinderates falle und der Regierungsrat daher sowenig
wie die Gesamtheit der Stimmberechtigten befugt sei, den gemeinderätlichen
Tarif bei der Festsetzung des Voranschlags zu ändern. Mag diese Auffassung
auch nicht unanfechtbar sein, so bestehen nach dem Gesagten doch
zumindest ernsthafte Zweifel an der Zuständigkeit der Stimmberechtigten
zur Aufstellung und Abänderung von Tarifen. Ob schon diese Zweifel dem
Regierungsrat das Recht gaben, sich an den vom Gemeinderat einstimmig und
vom Einwohnerrat mit grosser Mehrheit gebilligten Voranschlag zu halten,
kann dahingestellt bleiben, da dafür noch weitere Gründe vorlagen. So
ergab sich aus dem vom Gemeinderat eingeholten Gutachten, dass der
streitige Tarif im Verhältnis zum Finanzbedarf des Werkes keineswegs
übersetzt war. Dazu kam, dass die Festsetzung des Voranschlags zeitlich
verhältnismässig dringend war und dass sich seine Wirkung auf ein Jahr
beschränkte. Entscheidend ins Gewicht fällt schliesslich, dass die
Stimmbürger die Möglichkeit haben, für die Zukunft auf einem andern
und geeigneteren Weg als durch Verwerfung des Voranschlags sich ein
Mitspracherecht bei der Tarifgestaltung zu verschaffen, nämlich durch
die Änderung der Vorschriften über die Organisation und Verwaltung
der Industriellen Betriebe. Dieser Weg war, als der Regierungsrat
den Voranschlag für 1967 festsetzte, bereits beschritten worden durch
die in der Sitzung des Einwohnerrates vom 26. Juni 1966 angenommene
Motion Honegger und eine um diese Zeit lancierte Volksinitiative. Diese
Vorstösse hatten Erfolg und führten noch im Jahre 1966 zum Entwurfeiner
neuen Verordnung, die schon Ende 1967 in Kraft trat, die Tarifordnungen
der Genehmigung der Gesamtheit der Stimmberechtigten unterstellt und zudem
ein Finanzreferendum vorsieht und den Stimmberechtigten ein Initiativrecht
einräumt.

    Bei dieser Sachlage hat der Regierungsrat sein Ermessen nicht
überschritten und die politischen Rechte der Stimmbürger nicht verletzt,
wenn er zum Schlusse kam, die Tarifgestaltung sei eine Frage, die nicht im
Rahmen des Budgets gelöst werden könne, und einen Voranschlag festsetzte,
der auf dem Tarif des Gemeinderates beruht.