Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 94 I 392



94 I 392

54. Auszug aus dem Urteil vom 28. Juni 1968 i.S. Diversified Growth
Stock Fund Inc. und Mitbeteiligte gegen Eidg. Bankenkommission. Regeste

    Gesetz- und Verfassungsmässigkeit der auf gesetzlicher Delegation
beruhenden Verordnungen des Bundesrates. Prüfungsbefugnis des
Bundesgerichts; weitere Klarstellung der Rechtsprechung (Erw. 3).

    Ausländische Anlagefonds; Bewilligung der öffentlichen Werbung in
der Schweiz. Art. 6 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung zumBundesgesetz
über die Anlagefonds, wonach die Bewilligung nur erteilt wird, wenn die
ausländische Fondsleitung als ihren ständigen Vertreter in der Schweiz
eine hier niedergelassene grosse Bank bestellt, ist weder gesetz- noch
verfassungswidrig (Erw. 4-6).

Sachverhalt

    A.- Das seit dem 1. Februar 1967 in Kraft stehende Bundesgesetz über
die Anlagefonds vom 1. Juli 1966 (AFG, AS 1967 S. 115) ist nach Art. 1
Abs. 1 anwendbar auf alle Anlagefonds, deren Leitung ihren Sitz in der
Schweiz hat. Es bestimmt in Art. 1 Abs. 3:

    "Der Bundesrat erlässt die zum Schutze der Anleger erforderlichen
Vorschriften über ausländische Anlagefonds, für die in der Schweiz
öffentlich geworben wird; er kann namentlich die Leistung von Sicherheiten
sowie die Verzeigung eines Gerichtsstandes in der Schweiz verlangen."

    Gestützt auf diese Bestimmung hat der Bundesrat in die
Vollziehungsverordnung vom 20. Januar 1967 (AFV, AS 1967 S. 135) den
Art. 6 aufgenommen, welcher lautet:

    "Die öffentliche Werbung für ausländische Anlagefonds in der Schweiz
bedarf einer Bewilligung der Aufsichtsbehörde.

    Die Bewilligung wird erteilt, wenn die ausländische Fondsleitung
als ihren ständigen Vertreter in der Schweiz eine Bank mit Sitz oder
Zweigniederlassung in der Schweiz bestellt; ist der Vertreter eine
juristische Person, so muss er ein voll einbezahltes Grund- oder
Stammkapital von zwei Millionen Franken ausweisen.

    Auf den Entzug der Bewilligung zur öffentlichen Werbung für einen
ausländischen Anlagefonds findet Art. 44 des Gesetzes sinngemäss Anwendung.

    In der Werbung für den ausländischen Anlagefonds sowie in allen
Veröffentlichungen der Fondsleitung oder des ständigen Vertreters
in der Schweiz ist deutlich auf die Nationalität der Fondsleitung
hinzuweisen; untersteht die Fondsleitung an ihrem Sitz nicht einer der
schweizerischen ähnlichen staatlichen Aufsicht, so ist dieser Umstand in
allen Zeichnungsscheinen oder, wo solche nicht verwendet werden, in den
Abrechnungen über die Zeichnungen deutlich hervorzuheben.

    Der ständige Vertreter der Fondsleitung in der Schweiz meldet der
Aufsichtsbehörde innerhalb zwei Monaten nach Abschluss des Rechnungsjahres
des Anlagefonds die Gesamtheit der in der Schweiz während dieser Periode
ausgegebenen und zurückgenommenen Anteilscheine und sendet ihr so bald
als möglich den veröffentlichten Rechenschaftsbericht der Fondsleitung
über den Anlagefonds."

    B.- Die Diversified Growth Stock Fund Inc. wurde im Jahre 1954
gegründet und ist im Staate Delaware (USA) ein getragen. Sie untersteht in
den USA dem Investment Company Act von 1940 und der Aufsicht der Securities
and Exchange Commission. Der im Staate Nevada (USA) eingetragenen Hugh
W. Long & Co. Inc. ist das ausschliessliche Recht, Aktien-Zertifikate
des Diversified Growth Stock Fund zu vertreiben, eingeräumt worden. Sie
hat das Vertriebsrecht für Europa der Intertrust SA in Luxemburg
abgetreten. Diese hat ihrerseits - im Einverständnis mit Hugh W. Long &
Co. - das Vertriebsrecht für die Schweiz der Finanzgesellschaft Agantis
AG in Zürich übertragen, die seit dem Jahre 1966 besteht und über ein
voll einbezahltes Aktienkapital von 500'000 Franken verfügt.

    Im Auftrage der Hugh W. Long & Co. und der Intertrust SA hat die
Agantis AG die Eidg. Bankenkommission ersucht, die öffentliche Werbung
für den Diversified Growth Stock Fund in der Schweiz zu bewilligen. Sie
hat darauf hingewiesen, dass sie als ständiger Vertreter der ausländischen
Fondsleitung in der Schweiz bestellt sei.

    Mit Entscheid vom 1. November 1967 hat die Bankenkommission (Kammer
für Anlagefonds) das Gesuch abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt,
die Agantis AG sei keine Bank oder Zweigniederlassung einer Bank, so dass
nach Art. 6 Abs. 2 AFV die erbetene Bewilligung nicht erteilt werden könne.

    C.- Gegen diesen Entscheid führen Diversified Growth Stock Fund Inc.,
Hugh W. Long & Co. Inc. und Agantis AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
in welcher sie das Bewilligungsgesuch erneuern.

    Sie machen geltend, Art. 6 Abs. 2 AFV sei insoweit gesetz- und
verfassungswidrig, als er verlangt, dass der Vertreter eine Bank sein und,
wenn er eine juristische Person ist, ein voll einbezahltes Grund- oder
Stammkapital von zwei Millionen Franken ausweisen muss. Diese Auffassung
begründen sie wie folgt:

    Art. 1 Abs. 3 AFG ermächtige den Bundesrat nicht, den schweizerischen
Anlegern Garantien für die Bonität der ausländischen Anlagefonds zu bieten,
sondern nur, dafür zu sorgen, dass die öffentliche Werbung für solche
Fonds in der Schweiz seriös betrieben werde. Die Verordnungsvorschrift,
dass der Vertreter eine Bank mit Sitz oder Zweigniederlassung in der
Schweiz sein muss, sei durch diese Ermächtigung nicht gedeckt. Sie
verletze den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, ja sei sinnwidrig. Auch
eine schweizerische Finanzgesellschaft, welche die Vertretung eines
ausländischen Anlagefonds übernehme, biete selbstverständlich Gewähr dafür,
dass die Werbung einwandfrei durchgeführt werde.

    Art. 1 Abs. 3 AFG solle ein Einschreiten des Bundesrates dann
ermöglichen, wenn der ausländische Anlagefonds an seinem Sitz überhaupt
keiner oder keiner der schweizerischen ebenbürtigen staatlichen Aufsicht
unterstehe. Nun sei aber gerade der beschwerdeführende Anlagefonds in den
USA einer der schweizerischen gleichwertigen Aufsicht unterstellt. Die
Agantis AG als Vertreter dieses Fonds müsse die strengen amerikanischen
Vorschriften über die Werbung einhalten, obwohl sie "nur" eine
Finanzgesellschaft sei. Sie müsse bei der Werbung höheren Anforderungen
genügen als eine schweizerische Bank, welche einen an seinem Sitz nicht
oder nur wenig beaufsichtigten ausländischen Anlagefonds vertritt. Es
verstosse gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit, die Bewilligung der
öffentlichen Werbung in der Schweiz in allen Fällen davon abhängig zu
machen, dass als Vertreter eine Bank bestellt wird.

    Auch die weitere Bestimmung, dass der Vertreter, der eine juristische
Person ist, ein voll einbezahltes Grund- oder Stammkapital von zwei
Millionen Franken ausweisen muss, sei mit dem Gesetz und dem Grundsatz der
Rechtsgleichheit nicht vereinbar. Sie beruhe offenbar auf einem falschen
Analogieschluss aus Art. 3 Abs. 3 AFG, wo die gleiche Anforderung an
eine Bank, welche einen schweizerischen Anlagefonds leitet, gestellt
werde. Den schweizerischen Vertreter eines ausländischen Fonds treffe, im
Unterschied zu der Leitung eines schweizerischen Fonds, keine materielle
Haftung gegenüber den Anlegern.

    Art. 6 Abs. 2 AFV verletze auch die Handels- und Gewerbefreiheit. Das
dort geschaffene Bankenmonopol gehe weit über das hinaus, was erforderlich
sei, um den gewerbepolizeilichen Zweck der Aufsicht über die Werbung zu
erreichen. Es sei nicht das richtige Mittel hiezu. Auch das beanstandete
Erfordernis eines Mindestkapitals habe mit jenem Zweck nichts zu tun.

    D.- Die Eidg. Bankenkommission hat im Verfahren vor dem Bundesgericht
an ihrem Standpunkte festgehalten.

    Gemäss einem Antrag der Kommission ist der Bundesrat ersucht worden,
zur Frage der Gesetz- und Verfassungsmässigkeit des Art. 6 Abs. 2 AFV
Stellung zu nehmen. Er bejaht diese Frage in seiner Vernehmlassung.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Art. 1 Abs. 3 AFG delegiert dem Bundesrat die Kompetenz, die
zum Schutze der Anleger erforderlichen Vorschriften über ausländische
Anlagefonds, für die in der Schweiz öffentlich geworben wird, zu erlassen.
Damit legt diese gesetzliche Bestimmung den Zweck fest, dem die vom
Bundesrat zu erlassenden Vorschriften dienen sollen. Dagegen schreibt sie
dem Bundesrat nicht den Gebrauch bestimmter Mittel vor; sie fügt nur bei,
dass z.B. ("namentlich") die Leistung von Sicherheiten und die Verzeigung
eines Gerichtsstandes in der Schweiz verlangt werden "kann". Sie räumt
also dem Bundesrat einen weiten Ermessensspielraum ein. In Art. 6 AFV
hat denn auch der Bundesrat nicht die im Gesetz beispielsweise genannten,
sondern andere Mittel gewählt.

    Das Bundesgericht hat sich nicht darüber auszusprechen, ob diese in der
Verordnung getroffene Lösung die zur Erreichung des gesetzlichen Zweckes
am besten geeignete sei, da es nicht sein Ermessen an die Stelle jenes
des Bundesrates treten lassen kann. Dagegen kann es prüfen, ob die in
der Verordnung gewählten Mittel überhaupt geeignet seien, jenem Zwecke zu
dienen. Nach der Auffassung, die das Gericht früher in ähnlichen Fällen -
auch noch in BGE 92 IV 109 - vertreten hat, wäre seine Prüfungsbefugnis
auf diesen Gesichtspunkt beschränkt.

    Indessen hat es seither seine Rechtsprechung in dem Sinne klargestellt,
dass es eine auf gesetzlicher Delegation beruhende Verordnung des
Bundesrates auch auf ihre Übereinstimmung mit der Bundesverfassung
prüfen kann, sofern das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, in
der Verordnung von der Verfassung abzuweichen (BGE 92 I 432 ff.; 93
I 503; 94 I 88). Im vorliegenden Fall besteht kein Grund, eine solche
Ermächtigung anzunehmen. Das Bundesgericht hat daher auch zu untersuchen,
ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften mit den Grundsätzen der
Bundesverfassung vereinbar seien. In dieser Beziehung stellt sich die
Frage, ob sie mit Art. 4 und 31 BV im Einklang stehen. Insbesondere ist
zu prüfen, ob der Grundsatz der Verhältnismässigkeit gewahrt sei. Er
ist in allen Gebieten des öffentlichen Rechts massgebend; er wird auch
durch die Bundesverfassung - namentlich im Bereich der Handels- und
Gewerbefreiheit - gewährleistet (BGE 91 I 327, 487; 92 I 35 Erw. 7;
93 I 219). Das Bundesgericht hat sich daher auch mit der Frage zu
befassen, ob die Bedingungen, die Art. 6 Abs. 2 AFV aufstellt, in einem
vernünftigen Verhältnis zu dem im Gesetz genannten Zweck stehen. Wenn
und soweit dies nicht zuträfe, wäre die Verordnungsbestimmung mit dem
Gesetz und der Verfassung nicht vereinbar und hätte ihr das Gericht die
Anwendung im vorliegenden Fall zu versagen (H. BRUNNER, Die Überprüfung der
Rechtsverordnungen des Bundes auf ihre Verfassungs- und Gesetzmässigkeit,
Diss. Bern 1953, S. 116; A. GRISEL, Le contrôle des ordonnances fédérales
en Suisse, in: Conseil d'Etat, Etudes et documents, Paris 1962, S. 198).

Erwägung 4

    4.- Nach Art. 6 Abs. 1 AFV bedarf die öffentliche Werbung
für ausländische Anlagefonds in der Schweiz einer Bewilligung der
Aufsichtsbehörde. Diese Vorschrift wird von den Beschwerdeführern nicht
beanstandet und kann auch nicht beanstandet werden. Das Anlagefondsgesetz
selber bestimmt in Art. 3 und 5, dass die Leitungen der schweizerischen
Anlagefonds (die Fondsleitungen mit Sitz in der Schweiz, Art. 1 Abs. 1)
und, wo für solche Fonds Depotbanken beigezogen werden, auch diese zur
Aufnahme der Geschäftstätigkeit einer Bewilligung der Aufsichtsbehörde
bedürfen. Dadurch sollen die Anleger geschützt werden. Der gleiche
Zweck wird in Art. 1 Abs. 3 AFG verfolgt; er wird dort ausdrücklich
genannt. Indem diese gesetzliche Bestimmung den Bundesrat beauftragt,
die zum Schutze der Anleger erforderlichen Vorschriften über ausländische
Anlagefonds, für die in der Schweiz öffentlich geworben wird, zu erlassen,
ermächtigt sie ihn insbesondere, diese Tätigkeit der Bewilligungspflicht
zu unterwerfen. Die Ermächtigung hiezu ist aus jenem Auftrag ohne weiteres
abzuleiten; sie brauchte im Gesetz nicht eigens erwähnt zu werden.

    Der von den Beschwerdeführern angefochtene Abs. 2 des Art. 6 AFV
umschreibt die Voraussetzungen der Bewilligung in Anlehnung an Vorschriften
des Gesetzes, die für die schweizerischen Anlagefonds gelten. Nach
Art. 3 AFG darf die Bewilligung, deren die Leitung eines solchen Fonds
bedarf (Abs. 1), nur einer Bank im Sinne des Bankengesetzes oder einer
Aktiengesellschaft oder Genossenschaft, deren Gegenstand und Zweck
ausschliesslich die Leitung von Anlagefonds ist, erteilt werden (Abs. 2);
ist die Fondsleitung eine juristische Person, so muss sie ein mindestens
zur Hälfte einbezahltes Grund- oder Stammkapital von einer Million Franken,
wenn sie auch Bankgeschäfte betreibt, ein voll einbezahltes Grund- oder
Stammkapital von zwei Millionen Franken ausweisen (Abs. 3). Nach Art. 5
AFG muss für einen schweizerischen Anlagefonds, dessen Leitung nicht eine
Bank ist, eine Depotbank beigezogen werden (Abs. 1); die Bewilligung,
deren die Depotbank bedarf (Abs. 2), wird nur einer Bank im Sinne des
Bankengesetzes mit Sitz oder Zweigniederlassung in der Schweiz und,
wenn es sich um eine juristische Person handelt, mit einem einbezahlten
Grund- oder Stammkapital von mindestens zwei Millionen Franken erteilt
(Abs. 3). Art. 6 Abs. 2 AFV ist dem Art. 5 Abs. 3 AFG nachgebildet,
wie der Bundesrat in seiner Vernehmlassung zur Beschwerde bestätigt.

    Art. 8 Abs. 2 AFG bestimmt, dass die Depotbank - wo eine solche besteht
- nach Massgabe des Art. 18 am Kollektivanlagevertrag teilnimmt. Gemäss
Art. 18 hat sie das gesamte Fondsvermögen aufzubewahren und dafür zu
sorgen, dass Anlagen, die nach Gesetz oder Fondsreglement unzulässig
sind, unterbleiben (Abs. 1); zu diesem Zwecke besorgt sie die Ausgabe
und Rücknahme der Anteilscheine sowie den ganzen Zahlungsverkehr
für den Anlagefonds (Abs. 2); das Fondsreglement kann ihr weitere
Überwachungspflichten auferlegen (Abs. 3); sie haftet dem Anleger für die
gehörige Erfüllung ihrer gesetzlichen und vertraglichen Obliegenheiten
(Abs. 4, in Verbindung mit den sinngemäss anwendbaren Vorschriften über
die Verantwortlichkeit der Fondsleitung). Art. 6 AFV bezeichnet indessen
den ständigen Vertreter in der Schweiz, den die ausländische Fondsleitung
zu bestellen hat, nicht als Depotbank. Er unterwirft ihn in der Tat nicht
der Aufbewahrungspflicht und den übrigen Obliegenheiten, die eine Depotbank
nach Art. 18 Abs. 1 und 2 AFG erfüllen muss. Ein Vertreter in der Schweiz
wäre auch, jedenfalls in der Regel, gar nicht in der Lage, das ganze
Vermögen des ausländischen Fonds aufzubewahren, den ganzen Zahlungsverkehr
für den Fonds zu besorgen und dessen Geschäftsgebaren, wo immer es sich
abwickelt, so zu überwachen, dass unzulässige Anlagen verhindert werden
könnten. Art. 6 AFV nennt in Abs. 4 und 5 nur einige wenige Verpflichtungen
des Vertreters. Abs. 4 weist den Vertreter (und die ausländische
Fondsleitung selbst) an, in der Werbung und in den Veröffentlichungen
deutlich auf die Nationalität der Fondsleitung hinzuweisen und, falls
diese an ihrem Sitz nicht einer der schweizerischen ähnlichen staatlichen
Aufsicht untersteht, diesen Umstand in den Zeichnungsscheinen oder, wo
solche nicht verwendet werden, in den Abrechnungen über die Zeichnungen
deutlich hervorzuheben; ausserdem verpflichtet Abs. 5 den Vertreter,
der Aufsichtsbehörde für jedes Rechnungsjahr die Gesamtheit der in der
Schweiz ausgegebenen und zurückgenommenen Anteilscheine zu melden und den
veröffentlichten Rechenschaftsbericht der Fondsleitung zu senden. Diese
Vorschriften stellen keine hohen Anforderungen an den Vertreter. Wären
nur sie in Betracht zu ziehen, so wäre allerdings höchst zweifelhaft,
ob die umstrittene Ordnung des Art. 6 Abs. 2 AFV in einem vernünftigen
Verhältnis zum Zweck steht, dem sie dienen soll (vgl. Abhandlungen von
A. HIRSCH: Le champ d'application de la loi fédérale sur les fonds de
placement, Veröffentlichungen der Genfer Juristischen Fakultät Bd. 23,
S. 74; La loi fédérale sur les fonds de placement, Fiches juridiques
suisses Nr. 1307, S. 17).

    Indessen ist die Aufgabe, die dem Vertreter der ausländischen
Fondsleitung in der Schweiz zum Schutze der Anleger zugedacht ist,
nicht auf die in Art. 6 Abs. 4 und 5 AFV genannten Obliegenheiten
beschränkt. Es wird von ihm mehr erwartet, und gerade deshalb lehnt sich
Art. 6 Abs. 2 AFV an die Vorschriften des Gesetzes an, nach denen für
die schweizerischen Anlagefonds eine in der Schweiz niedergelassene,
unbeschränkt oder mit einem grossen Eigenkapital haftende Bank als
Fondsleitung oder Depotbank bestellt werden muss. Die Anknüpfung
beruht allerdings nicht darauf, dass diese gesetzlichen Vorschriften den
Anlegern einen Vertragspartner verschaffen, dessen Finanzkraft Gewähr für
die Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche bietet; denn der
schweizerische Vertreter der ausländischen Fondsleitung ist nicht selber
Vertragspartner der Anleger. Vielmehr liegt der Grund der Anlehnung darin,
dass die genannten gesetzlichen Vorschriften den Anlegern auch die Garantie
geben, die sich allein schon aus der Tatsache ergibt, dass eine grosse
Bank mit Sitz oder Zweigniederlassung in der Schweiz sich überhaupt
als Fondsleitung oder Depotbank zur Verfügung stellt. Hauptsächlich
im Hinblick auf diese tatsächliche Garantie verlangt Art. 5 AFG, dass
für alle schweizerischen Anlagefonds, deren Leitung nicht eine Bank
ist, eine Depotbank beigezogen werden muss, während der Bundesrat in
seinem Gesetzesentwurf diese Verpflichtung in Erwägung, dass bei den
Immobilienfonds der Verwahrungsaufgabe nur eine geringe Bedeutung zukommt,
auf die Wertschriftenfonds beschränkt hat (BBl 1965 III S. 290, 339).
Nationalrat Dürrenmatt, Berichterstatter der Kommissionsmehrheit, hat
die Abweichung vom Entwurf wie folgt begründet: "Die gewisse, zusätzliche
Sicherheit für den Anleger liegt darin, dass er aus der Bezeichnung der
Bank, die der Fonds als Depotbank angibt, Rückschlüsse auf die Seriosität
des Fonds ziehen kann; wenn eine seriöse Bank als Depotbank genannt wird,
so weiss der Anleger, dass auch der Fonds offenbar in Ordnung ist. Käme
es dagegen schief heraus beim Fonds, so würde das auch auf die Bank
zurückstrahlen." (StenBull NR 1966, S. 259). Die Meinung ist klar: Die
Anleger vermögen im allgemeinen die Vertrauenswürdigkeit eines Anlagefonds
nicht selber zuverlässig zu beurteilen, dürfen sich aber darauf verlassen,
dass eine grosse und in der Schweiz niedergelassene Bank dazu dank den
Erfahrungen und den Informationsmitteln, über die sie verfügt, imstande ist
und es in ihrem eigenen Interesse vermeidet, für einen Fonds einzustehen,
dem sie misstraut; deshalb dürfen die Anleger darauf vertrauen, dass
sie keine allzu grossen Risiken eingehen, wenn sie sich an einem Fonds
beteiligen, der in Verbindung mit einer solchen Bank steht.

    Diese Überlegungen liegen auch dem Art. 6 Abs. 2 AFV zugrunde, wie
der Bundesrat in der Vernehmlassung zur Beschwerde ausführt. Art. 6
AFV setzt ja voraus, dass die von der ausländischen Fondsleitung als
Vertreter in der Schweiz bestellte Bank gegenüber dem schweizerischen
Publikum in Erscheinung tritt; das ergibt sich namentlich aus Abs. 4
und 5. Die Vorschrift des Abs. 2, dass der Vertreter eine grosse Bank
mit Sitz oder Zweigniederlassung in der Schweiz sein muss, mag zwar den
schweizerischen Anlegern auch eine gewisse Sicherheit dafür verschaffen,
dass vermögensrechtliche Ansprüche, die sie allenfalls gegenüber dem
Vertreter erheben könnten, befriedigt werden. Vor allem aber gewährt
sie ihnen die Garantie, die allein schon in der Tatsache begründet ist,
dass eine grosse und in der Schweiz niedergelassene Bank sich überhaupt
für einen ausländischen Anlagefonds einsetzt. Diese Garantie ist hier
besonders wichtig, weil die ausländischen Anlagefonds der schweizerischen
staatlichen Aufsicht in weitem Umfange entzogen und dem schweizerischen
Publikum in der Regel noch weniger als die inländischen Fonds bekannt
sind, während eine grosse schweizerische Bank auf Grund ihrer weltweiten
Beziehungen in der Lage ist, auch ausländische Fonds in verlässlicher
Weise zu beurteilen. Die Sicherheit für die schweizerischen Anleger wäre
geringer, wenn die ausländische Fondsleitung auch eine Kleinbank oder
eine dem Bankengesetz nicht unterstellte Finanzgesellschaft mit Sitz
oder Zweigniederlassung in der Schweiz als Vertreter bestellen dürfte;
denn solche Institute bieten nicht in allen Fällen eine genügende Gewähr
dafür, dass von ihnen eine unabhängige und zuverlässige Beurteilung der
Vertrauenswürdigkeit eines Anlagefonds, besonders eines ausländischen,
erwartet werden kann.

    Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die von den Beschwerdeführern
angefochtenen Vorschriften des Art. 6 Abs. 2 AFV nicht nur geeignet sind,
dem in Art. 1 Abs. 3 AFG genannten Zweck zu dienen, sondern auch in einem
vernünftigen Verhältnis zu diesem Zweck stehen.

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdeführer sehen einen Verstoss gegen den Grundsatz
der Rechtsgleichheit darin, dass Art. 6 Abs. 2 AFV die Bewilligung der
öffentlichen Werbung in der Schweiz ausnahmslos vom Beizug einer grossen
Bank abhängig macht; sie sind der Meinung, dieses Erfordernis sei auf
jeden Fall dann sinnlos, wenn der ausländische Fonds, wie hier der
Diversified Growth Stock Fund, an seinem Sitz einer der schweizerischen
gleichwertigen staatlichen Aufsicht unterstehe. Dieser Auffassung kann
nicht zugestimmt werden.

    Wohl lässt sich feststellen, ob ein ausländischer Fonds an seinem
Sitz der staatlichen Aufsicht untersteht, und auch, ob die einschlägige
Gesetzgebung des ausländischen Staates der schweizerischen Ordnung der
Aufsicht über die inländischen Fonds gleichwertig oder zum mindesten
ähnlich ist. Eine solche Vergleichung der beidseitigen gesetzlichen
Vorschriften ist offenbar in der Bestimmung des Art. 6 Abs. 4 AFV gemeint,
nach welcher in Fällen, in denen die ausländische Fondsleitung an ihrem
Sitz "nicht einer der schweizerischen ähnlichen staatlichen Aufsicht"
untersteht, auf diesen Umstand in den Zeichnungsscheinen oder in den
Abrechnungen über die Zeichnungen hingewiesen werden muss. Für den Schutz
der schweizerischen Anleger ist jedoch nicht nur von Bedeutung, ob der
ausländische Fonds an seinem Sitz der staatlichen Aufsicht unterstellt
ist und, wenn ja, wie diese Aufsicht gesetzlich geordnet ist, sondern
auch, wie die betreffenden Vorschriften angewendet werden, namentlich
in bezug auf die öffentliche Werbung in der Schweiz, sofern sie diese
Tätigkeit überhaupt erfassen. Es käme darauf an, wie die schweizerische
Aufsichtsbehörde die Durchführung der ausländischen Ordnung beurteilen
würde. Hierauf könnte aber der schweizerische Gesetzgeber nicht abstellen,
schon deshalb nicht, weil jene Behörde ausserstande wäre, die Art der
Anwendung der Vorschriften der verschiedenen ausländischen Staaten,
die in Betracht kommen, zuverlässig festzustellen. Die Unterscheidung,
welche nach Auffassung der Beschwerdeführer in der Verordnung des
Bundesrates hätte getroffen werden sollen, könnte gar nicht folgerichtig
durchgeführt werden; sie würde in der Praxis auf Schwierigkeiten stossen
und zu Unzukömmlichkeiten führen. Daher kann nicht beanstandet werden,
dass Art. 6 Abs. 2 AFV für alle ausländischen Fonds die Voraussetzungen
der Bewilligung gleich ordnet. Diese Regelung steht durchweg in einem
vernünftigen Verhältnis zu dem im Gesetz vorgeschriebenen Zweck. Sie ist
sachgemäss und verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit nicht.

    Ob die in Art. 6 AFV getroffene Ordnung - mit Einschluss der
Sondervorschrift des Abs. 4 für ausländische Fonds, die an ihrem Sitz
(nach der dortigen Gesetzgebung) nicht einer der schweizerischen ähnlichen
staatlichen Aufsicht unterstehen - zum Schutze der Anleger genügt oder
ob es zweckmässig wäre, für diese Fonds noch strengere Vorschriften
aufzustellen, ist hier nicht zu erörtern. Die Beschwerdeführer werfen
diese Frage nicht auf; sie wären auch nicht legitimiert, sich darüber zu
beschweren, dass jene Gruppe ausländischer Fonds nicht einer strengeren
Ordnung unterworfen ist.

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführer wenden ferner ein, dass das "Bankenmonopol",
welches durch Art. 6 Abs. 2 AFV geschaffen werde, mit dem Grundsatz der
Handels- und Gewerbefreiheit nicht vereinbar sei. Auch diese Rüge hält der
Prüfung nicht stand. Die umstrittenen Verordnungsvorschriften beschränken
allerdings die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit, indem sie gewisse
Erwerbszweige und Betriebsarten davon ausschliessen. Aber sie dienen -
wie die Bestimmungen der Art. 3 und 5 AFG, an die sie sich anlehnen -
nicht einem wirtschaftspolitischen, sondern einem polizeilichen Zweck,
nämlich dem Schutze der Anleger. Einschränkungen solcher Art untersagt
Art. 31 BV nicht. Aber auch der allgemeine und insbesondere durch diese
Verfassungsbestimmung gewährleistete Grundsatz der Verhältnismässigkeit
ist nicht verletzt, wie bereits ausgeführt worden ist.