Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 94 I 336



94 I 336

47. Urteil vom 3. Juli 1968 i.S. Immobiliengesellschaft Hervaba und
Favero gegen Gemeinde Elgg und Regierungsrat des Kantons Zürich. Regeste

    Abänderung eines Zonenplans.

    Zur Frage der Rechtsnatur der baulichen Planungsmassnahmen. Die
Festlegung der baulichen Ausnützung eines einzelnen Grundstücks
und die Genehmigung des hierauf vom Grundeigentümer ausgearbeiteten
Überbauungsplans sind Einzelverfügungen. Für deren Abänderung zum Nachteil
des Grundeigentümers gelten daher die Grundsätze für die Abänderung
nicht von allgemein verbindlichen Erlassen, sondern von Verwaltungsakten
(Erw. 3).

    Anwendung dieser Grundsätze. Wann gehen die Anforderungen der
Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes dem öffentlichen Interesse
an der Abänderung der Ordnung vor? (Erw. 4).

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    A.- Die Gemeinde Elgg (ZH) besitzt eine Bauordnung (BO) vom
28. November 1961. Durch den zugehörigen Bauzonenplan wird das Baugebiet in
7 Bauzonen mit verschiedener baulicher Ausnützung eingeteilt. Das nördlich
der Bahnlinie befindliche Gebiet wurde, bis auf einen schmalen Streifen,
der Wohnzone W 2 1/3 zugeteilt. In dieser dürfen Wohngebäude höchstens
zwei Vollgeschosse sowie ein 1/3 des darunter liegenden Vollgeschosses
messendes Dachgeschoss enthalten. Die Gebäudehöhen dürfen höchstens
7,5 m und die Firsthöhen 11,5 m betragen. Die Gebäudelänge ist auf 30m
beschränkt und die Ausnützungsziffer darf 0,4 nicht überschreiten.

    Im März 1960 liess der Gemeinderat prüfen, ob ein Teil des
Gebiets nördlich der Bahnlinie sich für eine intensivere Überbauung
mit Mehrfamilienhäusern eigne. Nachdem zwei verschiedene Architekten
Bebauungsvorschläge ausgearbeitet hatten, stimmte eine konsultative
Gemeindeversammlung am 23. September 1960 der Erstellung von 2 vier- und 5
dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern im Raum südlich der Hertenstrasse und
nördlich der Waldkuppe des Geissbühl zu. Darauf arbeitete der Gemeinderat
den Entwurf einer "Spezialbauordnung" für die Parzelle Nr. 2574 aus, der
in der Gemeindeversammlung vom 8. Februar 1961 einstimmig angenommen wurde.

    Die Parzelle Nr. 2574 ist ein rund 1 ha haltendes Grundstück, das in
einer Mulde nördlich des Geissbühl liegt. Sie ist etwa 150 m lang und 70
m breit und gehörte damals der Zivilgemeinde Elgg.

    Nach der "Spezialbauordnung" ist das Gebiet für die Überbauung mit
Mehrfamilienhäusern bestimmt, wobei die Ausnützungsziffer höchstens 0,6
betragen darf und zwei Bauten 4, die übrigen höchstens 3 Vollgeschosse
enthalten dürfen. Die Überbauung hat nach einem vom Gemeinderat zu
genehmigenden Gesamtüberbauungsplan zu erfolgen, der "in aesthetischer
und architektonischer Beziehung befriedigen" muss und "auf das Interesse
der Anstösser in billiger Weise Rücksicht zu nehmen" hat.

    Der hierauf von der Zivilgemeinde Elgg eingereichte
Gesamtüberbauungsplan sieht im Westen der Parzelle Nr. 2574 zwei
36,7 m lange viergeschossige Wohnblöcke vor, welche durch einen
eingeschossigen Zwischentrakt mit einem 20 m langen drei- bzw.
zweigeschossigen Block verbunden sind, ferner im Osten 3 kleinere
Blöcke mit drei bzw. zwei Geschossen. Der Gemeinderat genehmigte diesen
"Gesamtüberbauungsplan" am 8. August 1961 und unterbreitete ihn zusammen
mit der "Spezialbauordnung" dem Regierungsrat. Dieser genehmigte beides
mit Beschluss vom 9. November 1961 mit der Begründung: das Grundstück
Nr. 2574 eigne sich, wie eine Überprüfung durch das Hochbauamt ergeben
habe, für eine dichtere Ausnützung und für eine differenzierte Bauweise im
Rahmen der zugestandenen Geschosszahl; der Überbauungsplan sei zweckmässig
und ermögliche trotz höherer Ausnützung annehmbare Wohnverhältnisse; er
erreiche insbesondere gegenüber einer zonengemässen Überbauung grössere
zusammenhängende Grünflächen.

    B.- Am 2. September 1963 verkaufte die Zivilgemeinde den grössten
Teil des Grundstücks Nr. 2574 zum Preis von Fr. 38.- je m2 an die
Immobiliengesellschaft Hervaba und den Architekten Romeo Favero. Die
Erwerber arbeiteten Detailpläne für die gemäss "Spezialbauordnung"
vorgesehenen Bauten aus, stellten die Baugespanne auf und kamen am
26. August 1965 um die Erteilung der Baubewilligung ein. Hiegegen erhoben
am 10. September 1965 34 Grundeigentümer Baueinsprache. Ferner reichten
214 Stimmberechtigte am 25. September 1965 eine Motion ein mit dem Antrag,
die "Spezialbauordnung für die Parzelle Nr. 2574" aufzuheben.

    Die Gemeindeversammlung nahm die Motion am 2. November 1965 mit 184
gegen 122 Stimmen an.

    Gegen diesen Beschluss rekurrierten die Eigentümer des Baulandes
an den Bezirksrat Winterthur. Dieser hiess den Rekurs gut und hob den
angefochtenen Gemeindebeschluss auf. Er nahm an, dass die Rekurrenten
das Land im Vertrauen auf die "Spezialbauordnung" erworben hätten; diese
könnte daher nur bei Vorliegen wichtiger Gründe aufgehoben werden, woran
es hier fehle.

    Gegen diesen Entscheid führte die Gemeinde Elgg Beschwerde. Der
Regierungsrat des Kantons Zürich hiess die Beschwerde am 16. März 1967
gut und stellte den Beschluss der Gemeindeversammlung vom 2. November 1965
wieder her. Der ausführlichen Begründung des Entscheides ist zu entnehmen:
Bauordnungen und Zonenpläne seien Planungsinstrumente auf weite Sicht,
durch welche die zulässige bauliche Ausnützung der einzelnen Grundstücke
in rechtsverbindlicher Weise festgelegt werde und von denen aus Gründen
der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes in der Folge nicht ohne Not
abgewichen werden dürfe. Anderseits bestehe ein beachtliches öffentliches
Interesse daran, dass die Planung dann, wenn die tatsächliche Überbauung
sich nicht plangemäss entwickle, wieder auf diese abgestimmt werde. Es sei
eine Frage der gerechten Interessenabwägung, ob der Rechtssicherheit und
dem Vertrauensschutz der betroffenen Grundeigentümer oder der Anpassung
der Planung an die sich anders als diese entwickelnde Wirklichkeit im
Einzelfall den Vorrang zu geben sei. Bei Erlass der Spezialbauordnung für
das Grundstück Nr. 2574 am 8. Februar 1961 sei dessen nähere Umgebung mit
Ausnahme weniger Liegenschaften praktisch noch unüberbaut gewesen. In
der Folge seien dort rund 35 Einfamilienhäuser erstellt worden, die
fast alle sowohl bezüglich Geschosszahl wie auch Gebäudelänge deutlich
hinter dem gemäss den Zonenvorschriften Zulässigen zurückgeblieben
seien. Damit sei ein ausgeprägtes Einfamilienhausquartier entstanden,
was bei Erlass und Genehmigung der "Spezialbauordnung" nicht erwartet
worden sei. Zwischen diesem Quartier und der nach der "Spezialbauordnung"
zulässigen höheren Ausnützung ergebe sich ein "derart massives Gefälle,
dass die Spezialbauordnung vom planerischen Gesichtspunkt aus nicht mehr
als zweckmässig und angemessen bezeichnet werden kann". Das öffentliche
Interesse an der Aufhebung der "Spezialbauordnung" überwiege das Interesse
der Rechtssicherheit und des Vertrauenschutzes.

    C.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde stellen die
Immobiliengesellschaft Hervaba und Romeo Favero den Antrag, der
Entscheid des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 16. März 1967 sei
aufzuheben. Sie machen Verletzung des Art. 4 BV und der Eigentumsgarantie
geltend.

    D.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich und die Gemeinde Elgg
beantragen die Abweisung der Beschwerde.

    E.- Eine Instruktionskommission des Bundesgerichts hat am 7. Juni
1968 mit den Parteien einen Augenschein genommen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Prozessuales).

Erwägung 2

    2.- Die Gemeindeversammlung von Elgg hat am 8. Februar 1961 eine
"Spezialbauordnung" angenommen, die für die Parzelle Nr. 2574 eine
intensivere Überbauung als die bisher zulässige gestattete. Gestützt
auf diese "Spezialbauordnung" hat die Zivilgemeinde Elgg als
Grundeigentümerin einen "Gesamtüberbauungsplan" ausgearbeitet,
der am 8. August 1961 vom Gemeinderat Elgg und am 9. November 1961,
zusammen mit der "Spezialbauordnung", vom Regierungsrat des Kantons
Zürich genehmigt wurde. Durch den Beschluss der Gemeindeversammlung
vom 2. November 1965, den der Bezirksrat Winterthur aufgehoben, der
Regierungsrat mit dem angefochtenen Entscheid aber wiederhergestellt
hat, ist die "Spezialbauordnung" (und damit auch der darauf beruhende
"Gesamtüberbauungsplan") aufgehoben worden. Hierin erblicken die
Beschwerdeführer eine Verletzung sowohl des Art. 4 BV als auch der
Eigentumsgarantie.

    Diese beiden Rügen fallen, soweit die Beschwerdeführer dem
Regierungsrat nicht eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs vorwerfen,
weitgehend zusammen. Bleibt es bei der Aufhebung der "Spezialbauordnung",
so dürfen die Grundstücke der Beschwerdeführer nur nach den
Vorschriften für die Wohnzone W 2 1/3, d.h. weniger intensiv als nach der
"Spezialbauordnung" überbaut werden. Die Aufhebung der "Spezialbauordnung"
stellt somit einen öffentlich-rechtlichen Eingriff in das Privateigentum
dar. Ein solcher ist mit der durch das ungeschriebene Verfassungsrecht
des Bundes gewährleisteten Eigentumsgarantie nur vereinbar, wenn er auf
gesetzlicher Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt und, sofern
er in der Wirkung einer Enteignung gleichkommt, gegen volle Entschädigung
erfolgt (BGE 94 I 132 Erw. 4 mit Verweisungen). Mit der staatsrechtlichen
Beschwerde wird weder das Vorliegen der gesetzlichen Grundlage bestritten
noch die Entschädigungsfrage aufgeworfen. Streitig ist einzig, ob das
öffentliche Interesse an der Aufhebung der "Spezialbauordnung" schwerer
wiege als das Interesse der Beschwerdeführer an ihrer Beibehaltung. Was
als Verletzung des Art. 4 BV und der Eigentumsgarantie gerügt wird,
ist im wesentlichen die Art und Weise, wie der Regierungsrat die für die
Interessenabwägung massgebenden Tatsachen gewürdigt und die beidseitigen
Interessen gegeneinander abgewogen hat. Die Interessenabwägung wird aber
vom Bundesgericht nach der neuesten Rechtsprechung grundsätzlich frei
überprüft; es übt lediglich insoweit Zurückhaltung, als die Antwort von
der Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen
Behörden besser kennen und überblicken als das Bundesgericht (BGE 94 I
134 Erw. 7, nicht veröffentl. Urteil vom 8. Mai 1968 i.S. Thommen Erw. 4).

Erwägung 3

    3.- Zu den Interessen, die auf Seiten der Beschwerdeführer
zu berücksichtigen sind, gehört auch das Vertrauen, das sie darauf
hatten und haben durften, dass ihr am 2. September 1963 gekauftes Land
gemäss der nicht einmal zwei Jahre vor dem Erwerb in Kraft getretenen
"Spezialbauordnung" und dem darauf beruhenden "Gesamtüberbauungsplan"
überbaut werden könne und diese Ordnung nicht schon nach kurzer Zeit
wieder aufgehoben werde. Für die Bestimmung des Gewichts dieses Interesses
ist es von wesentlicher Bedeutung, ob die aus "Spezialbauordnung" und
"Gesamtüberbauungsplan" bestehende Regelung als allgemein verbindlicher
Erlass oder als Einzelverfügung zu betrachten ist, denn für die Abänderung
oder Aufhebung von Rechtssätzen gelten nach Rechtsprechung und herrschender
Lehre nicht die gleichen Grundsätze wie für die Abänderung oder den
Widerruf von Verwaltungsakten. Dabei kommt es nicht auf die Form, sondern
auf den Inhalt der Ordnung an. Daraus, dass die "Spezialbauordnung" von
der Gemeindeversammlung, d.h. vom Gemeindegesetzgeber, erlassen worden ist,
folgt daher noch nicht, dass sie zur Rechtsetzung gehört, da auch von den
gesetzgebenden Organen Verwaltungsakte ausgehen können und in dem meist
kleinen Rechtskreis der Gemeinde die Beschlussfassung über wichtigere
Verwaltungsangelegenheiten regelmässig Sache der Gemeindeversammlung
ist (GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone S. 540; IMBODEN, Der Plan
als verwaltunsrechtliches Institut, Veröffentlichungen der Vereinigung
deutscher Staatsrechtslehrer, Heft 18/1960 S. 128/9).

    Die "Spezialbauordnung" hat für ein durch einen Plan bestimmtes Gebiet
eine Änderung des Bauzonenplans der Gemeinde zum Inhalt und sieht die
Überbauung dieses Gebietes nach einem vom Gemeinderat zu genehmigenden
"Gesamtüberbauungsplan" vor, stellt also eine Planungsmassnahme dar. Die
Rechtsnatur solcher Massnahmen ist umstritten. BGE 90 I 350 Erw. 2 b
enthält einen Überblick über die neuere Rechtsprechung und Lehre und
führt dabei aus, dass Überbauungspläne vielfach sich nicht eindeutig
auf die Begriffe Rechtsnorm oder konkrete Verfügung zurückführen
lassen, sondern Zwischengebilde zwischen diesen beiden Grundformen
staatlicher Tätigkeit darstellen. Im übrigen hat das Bundesgericht in
seiner neuern Rechtsprechung die Frage nach der Rechtsnatur der baulichen
Planungsmassnahmen ausdrücklich offen gelassen. In einzelnen Fällen konnte
dies geschehen, weil die Rechtsnatur für die Beurteilung der Beschwerde
nicht entscheidend war (BGE 88 I 83, ZBl 65/1964 S. 216 ff.). In andern
Fällen hat das Bundesgericht, ohne die Rechtsnatur der in Frage stehenden
Planungsmassnahme näher zu untersuchen, erklärt, sie sei inbezug auf die
streitige Frage einer Einzelverfügung gleichzustellen. In diesem Sinne
hat das Bundesgericht z.B. entschieden, dass sich die Legitimation zur
staatsrechtlichen Beschwerde gegen Planungsmassnahmen oder gegen deren
Nichtgenehmigung nach den für die Anfechtung von Einzelverfügungen,
nicht von Erlassen geltenden Regeln bestimme (nicht veröffentlichtes
Urteil vom 19. November 1952 i.S. Strandhotel Engelberg AG Erw. 3; BGE
86 I 148, 89 I 403 Erw. 2; vgl. auch BGE 87 I 359/60). Auch dafür, ob die
Verfassungsmässigkeit einer Planung nur im Anschluss an deren Erlass oder
noch gegenüber Bestätigungs- oder Vollzugsakten angefochten werden könne,
wurden mit gewissen Vorbehalten die Grundsätze für die Anfechtung von
Einzelverfügungen als anwendbar erklärt (BGE 90 I 305 Erw. 2 b).

    In einzelnen Urteilen wurde bemerkt, Alignements- und Zonenpläne
näherten sich dann mehr dem verordnungsmässigen Rechtssatz, wenn sie
sich nicht nur auf ein einzelnes Grundstück oder wenige zusammenhängende
Grundstücke beziehen (BGE 78 I 407/8, 86 I 148, 87 I 359/60). IMBODEN
hat diese Betrachtungsweise kritisiert; er ist der Auffassung, dass die
räumliche Ausdehnung kein taugliches Kriterium für die Bestimmung der
Rechtsnatur von Planungsmassnahmen sei und dass Alignements- und Zonenpläne
stets als Summen von Einzelverfügungen zu betrachten seien (Der Plan als
verwaltungsrechtliches Institut S. 119/23; ZSR 1961 S. 482/3; Schweiz.
Verwaltungsrechtsprechung 2. Aufl. Bem. I zu Nr. 15). Angesichts der
Unbestimmtheit des Kriteriums der räumlichen Ausdehnung kann dieser Kritik
eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden. Das ändert jedoch
nichts daran, dass Zonen- und andere Pläne Zwischengebilde eigener Art
darstellen, die sich, wenn sie sich auf ein grosses Gebiet, z.B. auf die
ganze Stadt Zürich, beziehen, dem verordnungsmässigen Rechtssatz nähern und
nur schwer als Summe von Einzelverfügungen verstehen lassen, während sie
dann, wenn sie einige wenige Grundstücke oder nur ein einziges betreffen,
sich von einer Einzelverfügung kaum mehr unterscheiden.

    Die "Spezialbauordnung" der Gemeinde Elgg vom 8. Februar 1961 wurde
für die Parzelle Nr. 2574, also für ein einziges Grundstück, erlassen und
bestimmte zusammen mit dem hierauf von der Grundeigentümerin erstellten
und vom Gemeinderat genehmigten "Gesamtüberbauungsplan" durch Festlegung
der Art (Mehrfamilienhäuser), der Geschosszahl sowie der Anzahl und des
Standorts der Bauten, wie dieses Grundstück zu überbauen sei. Eine solche
Regelung der Überbauung eines einzelnen Grundstücks stellt eine blosse
Einzelverfügung und keinen Rechtssatz dar (vgl. BGE 87 I 359/60), auch wenn
sie teilweise, nämlich soweit sie in der "Spezialbauordnung" enthalten ist,
im Wege der gemeindlichen Rechtsetzung getroffen wurde. Dafür spricht
übrigens auch der Umstand, dass die "Spezialbauordnung" vom 8. Februar
1961 weder in der nach der letzten Änderung vom 23. Mai 1961 neu gedruckten
Gemeindebauordnung erwähnt noch im dazugehörigen Zonenplan vermerkt ist.

    Für den Entscheid darüber, unter welchen Voraussetzungen die
Regelung zum Nachteil der Grundeigentümer abgeändert oder aufgehoben
werden darf und wie schwer die dabei zu berücksichtigenden Interessen der
Öffentlichkeit einerseits und der betroffenen Grundeigentümer anderseits
ins Gewicht fallen, sind daher nicht die Grundsätze massgebend, die für
die Änderung von Rechtssätzen im allgemeinen und nach BGE 90 I 333 für die
Abänderung der ein grösseres Gebiet betreffenden Pläne gelten. Auszugehen
ist vielmehr von den Regeln, die für die Abänderung oder Zurücknahme von
konkreten Einzelverfügungen gelten.

Erwägung 4

    4.- Wie das Bundesgericht in feststehender Rechtsprechung erkannt
hat, entspricht es der Eigenart des öffentlichen Rechts und der Natur
der öffentlichen Interessen, dass ein Verwaltungsakt, der dem Gesetz
nicht oder nicht mehr entspricht, nicht unabänderlich ist. Anderseits
kann es ein Gebot der Rechtssicherheit sein, dass eine Verfügung, welche
eine Rechtslage festgestellt oder begründet hat, nicht nachträglich
wieder in Frage gestellt werde. Ob ein Verwaltungsakt von der Behörde
zurückgenommen oder abgeändert werden kann, hängt daher, soweit darüber
nicht positive gesetzliche Bestimmungen bestehen, von einer Abwägung der
beiden sich gegenüberstehenden Gesichtspunkte ab: des Gebots der richtigen
Durchführung des objektiven Rechts auf der einen und der Anforderungen der
Rechtssicherheit auf der andern Seite. Das Postulat der Rechtssicherheit
geht dabei dann vor, wenn durch den Verwaltungsakt subjektive Rechte
zugunsten bestimmter Personen begründet wurden, ferner wenn die Verfügung
auf Grund eines Einsprache- und Ermittlungsverfahrens ergangen ist, dessen
Aufgabe in der allseitigen Prüfung der öffentlichen Interessen und ihrer
Abwägung gegenüber den entgegengesetzten Privatinteressen besteht, oder
endlich, wenn der Private von der ihm durch die Verfügung eingeräumten
Befugnis bereits Gebrauch gemacht hat (BGE 78 I 406 Erw. 1 und seitherige
ständige Rechtsprechung, zuletzt BGE 88 I 227, 91 I 95).

    Da das zürcherische Recht keine Bestimmungen darüber enthält, ob und
unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt wie der hier in Frage
stehende abgeändert werden darf, entscheidet sich diese Frage somit nach
den eben erwähnten allgemeinen Grundsätzen.

    a) Von den drei danach geltenden Voraussetzungen, bei deren Vorliegen
das Postulat der Rechtssicherheit vorgeht, sind hier jedenfalls das erste
und das dritte nicht erfüllt.

    Durch die "Spezialbauordnung" und die gemeinderätliche Genehmigung
des "Gesamtüberbauungsplans" für die Parzelle Nr. 2574 sind keine
subjektiven Rechte der Grundeigentümer begründet worden, sondern
wurde für sie lediglich die Möglichkeit geschaffen, dieses Grundstück
intensiver zu überbauen, als dies nach den bisher geltenden Bestimmungen
zulässig war. Ein subjektives Recht würde den Beschwerdeführen selbst
dann nicht zustehen, wenn ihnen die auf Grund der neuen Ordnung
nachgesuchte Baubewilligung bereits erteilt worden wäre, da mit einer
solchen Bewilligung nur festgestellt wird, dass dem Bauvorhaben kein
baupolizeiliches Hindernis entgegensteht (BGE 79 I 7/8, 87 I 511, 89 I
434 und 483).

    Es kann auch nicht gesagt werden, die Beschwerdeführer hätten von
der durch die neue Ordnung geschaffenen Möglichkeit bereits Gebrauch
gemacht. Sie haben freilich detaillierte Bauprojekte für drei Bauten
ausgearbeitet und sie der zuständigen Behörde mit dem Ersuchen um Erteilung
der Baubewilligung eingereicht. Selbst eine erteilte Baubewilligung ist
jedoch grundsätzlich erst dann unwiderruflich, wenn mit der Ausführung der
Bauten begonnen worden ist (vgl. BGE 79 I 6 lit. b, 87 I 511, 88 I 227/8,
90 I 15 Erw. 6). Im vorliegenden Fall erfolgte jedoch der Widerruf der
"Spezialbauordnung" vor Beginn der Bauarbeiten.

    b) Von den oben erwähnten Voraussetzungen, bei deren
Vorliegen das Postulat der Rechtssicherheit vorgeht, ist dagegen
die zweite offensichtlich erfüllt. Die "Spezialbauordnung" und der
"Gesamtüberbauungsplan" sind in einem Verfahren erlassen bzw. genehmigt
worden, dessen Aufgabe in der allseitigen Prüfung der öffentlichen
Interessen und ihrer Abwägung gegenüber den entgegengesetzten
Privatinteressen bestand. Ob und gegebenenfalls an welchen Stellen
und mit wieviel Geschossen der Bau von Mehrfamilienhäusern im Baugebiet
nördlich der Bahnlinie gestattet werden könne, hätte kaum gründlicher
geprüft werden können, als dies hier geschehen ist. Der Gemeinderat
hat die Frage zuerst durch zwei verschiedene Architekten abklären
lassen. Deren Überbauungsvorschläge unterbreitete er einem dritten,
offenbar für Planungsfragen besonders sachverständigen Architekten zur
Überprüfung und besprach sie ausserdem noch mit Vertretern der kantonalen
Baudirektion. Nachdem die Überbauungsmodelle der Architekten mit einem
Bericht des Gemeinderates öffentlich aufgelegt worden waren, wurde die
Frage der Überbauung des betreffenden Quartiers am 23. September 1960 in
einer konsultativen Gemeindeversammlung eingehend besprochen, wobei über
drei grundsätzliche Punkte abgestimmt wurde. Der hierauf ausgearbeitete
Entwurf der "Spezialbauordnung" wurde der kantonalen Baudirektion zur
Vorprüfung eingereicht und nach der Bereinigung der Gemeindeversammlung
vorgelegt, die ihn am 8. Februar 1961 einstimmig genehmigte. Den in der
Folge von der Grundeigentümerin ausgearbeiteten "Gesamtüberbauungsplan"
liess der Gemeinderat vor der Genehmigung durch den Gemeindeingenieur
überprüfen, worauf die neue Regelung vom kantonalen Hochbauamt geprüft
und vom Regierungsrat genehmigt wurde. Angesichts dieser vielseitigen und
gründlichen Prüfung, die der Neuregelung der Überbauung des Grundstücks
Nr. 2574 vorausgegangen ist, durften die Beschwerdeführer beim Erwerb
von Teilen dieses Grundstücks darauf vertrauen, sie nach dieser Regelung
überbauen zu können, und gehen die Anforderungen der Rechtssicherheit
und des Vertrauensschutzes allfälligen öffentlichen Interessen an einer
andern Regelung grundsätzlich vor.

    c) In BGE 86 I 173 erklärte das Bundesgericht, selbst in
Angelegenheiten, in denen die Rechtssicherheit mehr Gewicht habe, könne es
sich unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise rechtfertigen, dass
die Verwaltung auf eine formell rechtskräftige Verfügung nachträglich
zurückkomme, sei es deshalb, weil inzwischen Tatsachen eingetreten
sind, die nach der besondern Ordnung des anwendbaren Gesetzes eine neue
Rechtslage begründen, sei es deshalb, weil einer der Revisionsgründe,
welche die Rechtsprechung in Anlehnung an Art. 136 und 137 OG anerkennt
(BGE 74 I 406 Erw. 3), besteht und rechtzeitig geltend gemacht wird.

    Davon, dass ein solcher Revisionsgrund vorläge, kann hier
offensichtlich nicht die Rede sein. Dagegen vertreten Regierungsrat
und Gemeinde die Auffassung, durch die Entwicklung des das Grundstück
Nr. 2574 umgebenden Gebiets zum reinen Einfamilienhausquartier hätten die
für den Erlass und die Genehmigung der "Spezialbauordnung" massgebenden
tatsächlichen Verhältnisse sich in entscheidender und unvorhersehbarer
Weise verändert und damit eine neue Rechtslage geschaffen. Der Einwand ist
unbegründet. Das nördlich der Bahnlinie ausgeschiedene Baugebiet war, von
einem schmalen Streifen längs der Bahnlinie abgesehen, der Wohnzone W 2 1/3
zugeteilt, d.h. der Bauzone mit der niedrigsten Ausnützung. Eine nur für
die Errichtung von Einfamilienhäusern bestimmte Zone ist im Zonenplan nicht
vorgesehen. Es erscheint daher als ausgeschlossen, dass der Gemeinderat,
die Gemeindeversammlung oder die Planungsbehörden der zürch. Baudirektion
im Jahre 1961 davon ausgegangen wären, es würden in diesem Gebiet
vorwiegend Mehrfamilienhäuser erstellt werden. In einer in der Nähe
einer Stadt wie Winterthur gelegenen und mit dieser durch eine Bahnlinie
verbundenen Landgemeinde wie Elgg musste damals und muss noch heute vor
allem mit dem Bau von Einfamilienhäusern gerechnet werden, und für diese
kommt nach der Gestaltung des Zonenplans und nach der topographischen Lage
(leichter Südhang, Bahnhofnähe, Entfernung vom Dorfkern) in erster Linie
die Wohnzone W 2 1/3 nördlich der Bahnlinie in Frage, wo denn bis 1961
auch schon eine grössere Anzahl von Einfamilienhäusern errichtet worden
war. Dass sich diese Art der Überbauung in den nächsten Jahren fortsetzen
und auf die Umgebung der Parzelle Nr. 2574 erstrecken würde, war schon
1961 mit Sicherheit zu erwarten und konnte weder die Gemeindeversammlung
noch den Regierungsrat überraschen.

    Dem öffentlichen Interesse den Vorrang zu geben, käme unter diesen
Umständen höchstens dann in Frage, wenn die 1961 getroffene Ordnung
besonders wichtige öffentliche Interessen in schwerwiegender Weise
verletzen würde (vgl. BGE 88 I 228 oben). Auch davon kann aber, wie der
Augenschein gezeigt hat, nicht die Rede sein. Die auf den Parzellen der
Beschwerdeführer geplanten Wohnblöcke passen freilich wenig zum Charakter
des Quartiers, so dass sich mit guten Gründen die Auffassung vertreten
lässt, es handle sich um eine "aus Einordnungsgründen unerwünschte
Überbauung". Indessen erscheint die Beeinträchtigung der Umgebung, zumal
angesichts der beträchtlichen Bauabstände und der grossen Grünflächen,
als mässig und erträglich und kann keinesfalls von einer Verunstaltung
des Orts- oder Landschaftsbildes gesprochen werden. Es ergeben sich
vielmehr Verhältnisse, wie sie auch anderswo häufig anzutreffen sind,
wo zwei verschiedene Bauzonen aneinandergrenzen oder wo innerhalb
einer Bauzone nachträglich aufgezont worden ist. Die auf dem Spiele
stehenden öffentlichen Interessen sind ausschliesslich planerischer und
aesthetischer Natur und erscheinen weder derart gewichtig noch werden
sie so schwer verletzt, dass ihnen der Vorrang vor den Anforderungen der
Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zuerkannt werden darf.

    Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Regierungsrates
des Kantons Zürich vom 16. März 1967 aufgehoben.