Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 94 III 101



94 III 101

17. Auszug aus dem Entscheid vom 23. Dezember 1968 i.S. Messen. Regeste

    Bei öffentlicher Versteigerung einer Liegenschaft im Konkurs hat der
Gemeinschuldner im Unterschied zu den Pfandgläubigern nicht Anspruch auf
Zustellung eines Exemplars der Steigerungspublikation (Art. 257 Abs. 3
SchKG, 71 KV, 129 VZG).

Sachverhalt

    Im Konkurs einer Aktiengesellschaft wurde die Versteigerung einer ihr
gehörenden Liegenschaft öffentlich angekündigt. Mit einer vier Wochen nach
dem Erscheinen dieser Bekanntmachung eingereichten Beschwerde beanstandete
der Verwaltungsratspräsident der Gemeinschuldnerin u.a. die Schätzung der
Liegenschaft. Das Bundesgericht erklärt die Beschwerde in diesem Punkte
mit der kantonalen Aufsichtsbehörde als verspätet, ohne darauf Rücksicht
zu nehmen, ob der Beschwerdeführer ein Exemplar der Steigerungspublikation
(mit Angabe der Schätzungssumme) erhalten habe oder nicht.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Ob der Rekurrent ein Exemplar der Steigerungspublikation erhalten habe,
was aus den Akten nicht ersichtlich ist, kann dahingestellt bleiben. In BGE
88 III 82 b, wo es sich um einen Freihandverkauf handelte, wurde freilich
bloss erklärt, aus der Tatsache, dass die Art. 257 Abs. 3 SchKG, 71 KV
und 129 VZG nur von Spezialanzeigen an die Pfandgläubiger sprechen, sei
"möglicherweise" zu schliessen, Art. 125 Abs. 3 und Art. 139 SchKG sowie
Art. 30 Abs. 2 VZG, wonach die Steigerung dem Pfändungsschuldner besonders
anzuzeigen ist, seien bei der Verwertung durch öffentliche Versteigerung
im Konkurs nicht entsprechend anwendbar, sondern der Gemeinschuldner müsse
sich die Annahme gefallen lassen, er habe von der Steigerung durch die
öffentliche Bekanntmachung Kenntnis erhalten. In Wirklichkeit zwingen
jedoch das Gesetz und die Verordnungen zu diesem Schluss. Art. 257
Abs. 3 SchKG schreibt nur vor, den Grundpfandgläubigern seien Exemplare
der Bekanntmachung mit Angabe der Schätzungssumme zuzustellen. Art. 71
KV erwähnt ausser den Grundpfandgläubigern nur die Gläubiger, denen
Pfandtitel verpfändet sind. Art. 129 VZG spricht dementsprechend
nur von Spezialanzeigen an die Pfandgläubiger. In Übereinstimmung
damit ist das obligatorische Konkursformular Nr. 8 a ("Anzeige über
die einzige konkursrechtliche Liegenschaftssteigerung") eindeutig auf
die Pfandgläubiger zugeschnitten. Dem Rekurrenten brauchte also ein
Exemplar der Steigerungspublikation nicht zugestellt zu werden. Das
Gesetz mutet dem Gemeinschuldner zu, die seinen Konkurs betreffenden
Bekanntmachungen zu verfolgen. FRITZSCHE (Schuldbetreibung und Konkurs,
Band II, 1968, S. 165) empfiehlt den Konkursverwaltungen die Zustellung
einer Spezialanzeige an den Gemeinschuldner im Hinblick auf BGE 88 III
82 lediglich als Vorsichtsmassnahme.