Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 I 656



93 I 656

83. Urteil vom 19. Dezember 1967 i.S. X. gegen Schweizerische
Eidgenossenschaft. Regeste

    Klage auf Leistungen der Versicherungskasse für das Personal der
allgemeinen Bundesverwaltung.

    1.  Die Klage beim Bundesgericht richtet sich gegen die
Eidgenossenschaft (Erw. 1).

    2.  Berechnung der Klagefrist, wenn die Verwaltung den Anspruch des
Versicherten zunächst nicht bestritten hat (Erw. 2).

    3.  Wird der Versicherte wegen Verfehlungen, die er im Amte begangen
hat, in eine Stellung mit niedrigerer Besoldung versetzt, so kann der
bisherige versicherte Verdienst mit Zustimmung der Wahlbehördebeibehalten
werden. Die Zustimmung kann auch durch konkludentes Verhalten bekundet
werden. Wenn sie einmal erteilt worden ist, dürfen der versicherte
Verdienst und die Rente nicht mehr herabgesetzt werden (Erw. 3-5).

    4.  Verzinsung der rückständigen Rentenbeträge (Erw. 6).

Sachverhalt

    A.- Der Kläger X., geb. 1902, war seit 1933 Posthalter in einem
Dorfe. In einer im Herbst 1963 durchgeführten administrativen Untersuchung
wurde festgestellt, dass er im Amte strafbare Handlungen begangen
hatte. Er wurde im November 1963 provisorisch nach Basel versetzt und
dort als uniformierter Beamter beschäftigt, wofür ihm weiterhin die
Posthalterbesoldung - gekürzt nach Massgabe der nun für ihn geltenden
Arbeitszeit - ausgerichtet wurde. Am 10. Februar 1964 verfügte die
Generaldirektion der PTT gestützt auf Art. 52 des Beamtengesetzes die
sofortige vorläufige Enthebung des Klägers vom Amte eines Posthalters;
zugleich ordnete sie an, dass er provisorisch in Basel als uniformierter
Gehilfe weiterzuverwenden und sein Gehalt vom 16. Februar 1964 an auf den
Höchstbetrag der 22. Besoldungsklasse herabzusetzen sei. Am 21. Dezember
1964 eröffnete die Kreispostdirektion Basel dem Kläger, dass er gemäss
Verfügung der Generaldirektion als Posthalter für die am 1. April 1965
beginnende neue Amtsdauer nicht wiedergewählt werde.

    Am 12. Oktober 1965 wurde der Kläger wegen Betruges und
Urkundenfälschung zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe
verurteilt. Bis dahin war das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren
ausgesetzt worden. Am 11. November 1965 teilte ihm die Kreispostdirektion
Basel mit, die Generaldirektion verzichte auf ein "weiteres Vorgehen
disziplinarischer Art", weil sich die Abberufung vom Amte eines Posthalters
für ihn als Disziplinarstrafe ausgewirkt habe.

    Auf den 1. Januar 1966 wurde der Kläger aus gesundheitlichen Gründen in
den Ruhestand versetzt. Am 14. Januar 1966 gab ihm die Verwaltung der Eidg.
Versicherungskasse den Bescheid, er habe Anspruch auf eine Rente von 57%
des versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.--, was der vom Kläger als
Posthalter bezogenen Besoldung entspricht.

    Am 29. April 1966 schrieb die Kreispostdirektion Basel dem Kläger,
mit der Rückversetzung im Amte sollte auch der versicherte Verdienst
herabgesetzt werden. Zwar könne nach Art. 14 Abs. 4 der Statuten der
Versicherungskasse bei Herabsetzung der Besoldung wegen veränderter
dienstlicher Beanspruchung der bisherige versicherte Verdienst mit
Zustimmung der Wahlbehörde beibehalten werden. Dies sei jedoch "sowohl
nach konstanter Praxis der Bundeszentralverwaltung als auch gestützt auf
Entscheide des Bundesrates in analogen Fällen" nur dann möglich, wenn
kein Selbstverschulden des Versicherten vorliege. Da diese Voraussetzung
hier nicht erfüllt sei, werde der versicherte Verdienst nach Weisung der
Generaldirektion rückwirkend auf den 1. März 1964 von Fr. 13'170.-- auf
Fr. 9'328.-- herabgesetzt. Dementsprechend wurde die Rente gekürzt. Am
13. Mai 1966 übermittelte die Kassenverwaltung dem Kläger die neue
Berechnung. Die Beiträge, die er für den wegfallenden Verdienstteil bezahlt
hatte, wurden ihm gemäss Art. 17 der Kassenstatuten zurückerstattet.

    In einem Schreiben vom 13. Mai 1966 an die Kreispostdirektion
Basel erhob der Kläger Einsprache gegen die Kürzung des versicherten
Verdienstes und der Rente. Die Generaldirektion antwortete, sie habe dieser
Eingabe nicht "den Charakter einer begründeten Einsprache" beigelegt;
eine Einsprache wäre unmittelbar beim Eidg. Finanz- und Zolldepartment
anzubringen.

    Am 26. April 1967 unterbreitete der Kläger dem Eidg. Finanz-
und Zolldepartement das Begehren, die Rente sei in der ursprünglich
festgesetzten Höhe auszurichten. Das Departement lehnte das Begehren am
6. Juli 1967 ab.

    B.- Am 12. Juli 1967 hat X. beim Bundesgericht Klage gegen die
Eidg. Versicherungskasse eingereicht, mit dem Antrag, es sei ihm "eine
Rente von 57% des versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.-- als Posthalter
auszurichten und, soweit gekürzt, mit Verzugszins nachzuzahlen".

    Er macht geltend, nach Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten habe die
Wahlbehörde darüber zu entscheiden, ob im Falle der Herabsetzung der
Besoldung wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung der bisherige
versicherte Verdienst beizubehalten oder zu kürzen sei. Hier habe
die Wahlbehörde - die Generaldirektion der PTT - seinerzeit verfügt,
dass der versicherte Verdienst auf der bisherigen Höhe zu belassen
sei. Tatsächlich seien die Versicherungsbeiträge bis zuletzt für diesen
Verdienst bezahlt worden, und auf der gleichen Grundlage sei zunächst auch
die Rente berechnet worden. Die Verwaltung sei nicht berechtigt gewesen,
hinterher den versicherten Verdienst herabzusetzen; ihr Vorgehen verstosse
gegen Treu und Glauben.

    C.- Die Schweizerische Eidgenossenschaft beantragt die Abweisung
der Klage.

    Sie führt aus, auf den 1. April 1965 seien die Versetzung des
Klägers im Dienst und die damit verbundene Herabsetzung des Gehalts
endgültig geworden, so dass sich "ex lege" auch der versicherte
Verdienst entsprechend verringert habe. Wohl seien die weiteren
Versicherungsbeiträge und dann zunächst auch die Rente nach dem früheren
versicherten Verdienst bemessen worden, doch beruhe dies auf einem
Irrtum. Offenbar hätten die mit der Auszahlung des Gehalts beauftragten
Stellen der Kreispostdirektion Basel übersehen, dass am 1. April 1965
die Herabsetzung der Besoldung definitiv geworden war, und daher sei
diese Tatsache auch der Versicherungskasse nicht gemeldet worden.
Es treffe nicht zu, dass die Wahlbehörde die Beibehaltung des früheren
versicherten Verdienstes bewilligt habe. Der Kläger habe ein dahingehendes
Gesuch nicht gestellt. Einem solchen Gesuch hätte nach Art. 14 Abs. 4 der
Kassenstatuten auch nicht entsprochen werden können, weil der Kläger nicht
wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung, sondern wegen der im Dienste
verübten strafbaren Handlungen zurückversetzt worden sei. Nach Art. 7
Abs. 1 der Statuten habe die unrichtige Festsetzung der Kassenleistung
berichtigt werden müssen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 60 Abs. 1 BtG und Art. 110 Abs. 1 lit. a OG urteilt
das Bundesgericht als einzige Instanz über streitige vermögensrechtliche
Ansprüche gegen den Bund aus dem Dienstverhältnis, inbegriffen Ansprüche
auf Leistungen einer Versicherungskasse des Bundes. In Übereinstimmung
damit bestimmt Art. 11 Abs. 1 der Statuten der Versicherungskasse für
das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung, dass vermögensrechtliche
Ansprüche gegen die Kasse im direkten verwaltungsrechtlichen Prozess vor
dem Bundesgericht nach Art. 110 ff. OG geltend zu machen sind. Um einen
solchen Anspruch handelt es sich hier.

    Als Beklagte wird in der Klageschrift vom 12. Juli 1967 die Kasse
bezeichnet. Diese ist indessen ein unselbständiger Zweig der allgemeinen
Bundesverwaltung; sie besitzt nicht eine eigene juristische Persönlichkeit
und kann - im Unterschied zu den SBB - nicht selbständig Prozess führen
(BGE 66 I 304; vgl. zur Stellung der SBB BGE 91 I 228). Die vorliegende
Klage ist daher als gegen die Eidgenossenschaft gerichtet zu betrachten.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 11 Abs. 1, Satz 2 der Kassenstatuten muss die Klage
innert einem Jahr seit Entstehen des Anspruchs eingereicht werden, ansonst
das Klagerecht verwirkt ist. Da jedoch die Klage erst erhoben werden
kann, nachdem die zuständige Verwaltungsinstanz - das Eidg. Finanz- und
Zolldepartement - zum Anspruch Stellung genommen hat (Art. 73 BO I), ruht
die Klagefrist während der Zeit von der Einreichung bis zur Erledigung
des Begehrens um Stellungnahme dieser Instanz (Art. 11 Abs. 1, Satz 3
der Kassenstatuten).

    Der hier eingeklagte Anspruch ist - wenn überhaupt - beim
Dienstaustritt des Klägers, also am 1. Januar 1966 entstanden. Indessen
war dieser Anspruch damals und bis Ende April 1966 nicht bestritten,
so dass der Kläger bis dahin keinen Anlass hatte, ihn dem Eidg. Finanz-
und Zolldepartement zur Stellungnahme zu unterbreiten. Erst durch das
Schreiben der Kreispostdirektion Basel vom 29. April 1966 wurde dem
Kläger mitgeteilt, dass der versicherte Verdienst, von dem die Rente
bisher berechnet worden war, herabgesetzt und daher auch die Rente gekürzt
werde. Unter diesen besonderen Umständen muss angenommen werden, dass die
Klagefrist erst Ende April 1966 zu laufen begonnen hat. X. erhob gegen
den ihm damals eröffneten Bescheid am 13. Mai 1966 Einsprache bei der
Kreispostdirektion Basel. Ob die PTT-Verwaltung nicht verpflichtet gewesen
wäre, in Analogie zu Art. 96 Abs. 1 OG diese als "Einsprache" bezeichnete
und als solche erkennbare Eingabe an die zuständige Amtsstelle - das
Eidg. Finanz- und Zolldepartement - weiterzuleiten, kann dahingestellt
bleiben. Die Eingabe vom 26. April 1967, die der Kläger an das Departement
richtete, war immer noch rechtzeitig. Die Frist ruhte von da an bis zur
Stellungnahme des Departements. Das Schreiben, in dem das Departement
Stellung nahm, ist vom 6. Juli 1967 datiert und wurde an diesem Tage um
17 Uhr von der Bundeshauspost abgestempelt. Daher ist glaubhaft, dass
die Sendung dem Anwalt des Klägers am 7. Juli 1967 zugestellt wurde. Mit
der Einreichung der Klage am 12. Juli 1967 ist - wie auch die Beklagte
anerkennt - die Verwirkungsfrist eingehalten worden.

    Unter diesen Umständen braucht die Frage, ob - wie der Kläger
behauptet - als Ausgangspunkt der Frist das Schreiben der Kasse an ihn
vom 13. Mai 1966 anerkannt werden dürfte (was zweifelhaft ist), nicht
erörtert zu werden.

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 14 Abs. 1 der Kassenstatuten gilt der Grundsatz, dass
der versicherte Verdienst von der jeweiligen Besoldung des Versicherten
aus berechnet wird.

    Die im November 1963 angeordnete provisorische Versetzung des Klägers
nach Basel hatte eine erste Kürzung seiner Besoldung zur Folge; er erhielt
zwar zunächst weiterhin die Posthalterbesoldung, doch verminderte sie sich
nach Massgabe der nun für ihn geltenden kürzeren Arbeitszeit. Sodann wurde
mit der am 10. Februar 1964 verfügten vorläufigen Enthebung des Klägers
vom Amte eines Posthalters eine weitere Herabsetzung des Gehalts - auf
das Maximum der 22. Besoldungsklasse - verbunden. Diese provisorischen
Massnahmen berührten indessen das Versicherungsverhältnis nicht (Art. 52
Abs. 1 BtG). Die Herabsetzung des Gehalts wurde erst endgültig durch den
dem Kläger am 21. Dezember 1964 eröffneten Beschluss der Wahlbehörde,
ihn als Posthalter für die am 1. April 1965 beginnende neue Amtsperiode
nicht wiederzuwählen. Nun musste der Kläger allerdings damit rechnen,
dass nach der in Art. 14 Abs. 1 der Kassenstatuten aufgestellten Regel der
versicherte Verdienst entsprechend der endgültig gewordenen Gehaltskürzung
herabgesetzt werde.

    Diese Folge ist jedoch nicht in allen Fällen unvermeidlich. In der
Tat bestimmt Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten:

    "Wird der Verdienst wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung
herabgesetzt, so kann der Versicherte mit Zustimmung der Wahlbehörde zum
bisherigen versicherten Verdienst versichert bleiben. Diese Zustimmung
ist innert 3 Monaten, vom Zeitpunkt der Herabsetzung an gerechnet,
nachzusuchen..."

    Es steht zwar fest, dass der Kläger weder binnen dreier Monate nach
der (endgültigen) Herabsetzung des Gehalts noch nachher um Beibehaltung
des bisherigen versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.-- ersucht
hat. Anderseits steht aber auch fest, dass die PTT-Verwaltung sich so
verhalten hat, wie wenn ein solches Gesuch gestellt und von der Wahlbehörde
gutgeheissen worden wäre: Sie hat seit der endgültigen Abberufung des
Klägers vom Amte eines Posthalters weiterhin, bis zu seinem Dienstaustritt
Ende 1965, die Beiträge des Bundes an die Versicherungskasse auf Grund
eines versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.-- geleistet und die Beiträge
des Versicherten in gleicher Höhe von dessen Gehalt abgezogen. Damit hat
sie bekundet, dass sie den Kläger ungeachtet der Herabsetzung des Gehalts
zum bisherigen versicherten Verdienst versichert bleiben lasse.

    Sollte dieser Sachverhalt der Wahlbehörde - der Generaldirektion
der PTT - anfänglich entgangen sein, so muss sie davon, wie überhaupt
vom ganzen den Kläger betreffenden Dossier, doch spätestens im November
1965, als nach dem Urteil des Strafgerichts das Disziplinarverfahren
abzuschliessen war, Kenntnis erhalten haben. Sie hat nie das Gegenteil
behauptet. Damals aber hat sie sich auf Antrag der Kreispostdirektion
Basel dazu entschlossen, die Abberufung vom Amte eines Posthalters als
genügende Sühne für die Verfehlungen des Klägers zu betrachten, weil
sich diese Massnahme für ihn als Disziplinarstrafe ausgewirkt habe,
und hat daher von einem "weiteren Vorgehen disziplinarischer Art"
abgesehen. Sie hat dem Kläger diese Erledigung durch Schreiben der
Kreispostdirektion vom 11. November 1965 mitteilen lassen und damit zum
Ausdruck gebracht, dass sie darauf verzichte, ihm irgendeinen weiteren
Rechtsnachteil zuzufügen. Der Kläger durfte diese Mitteilung unter den
gegebenen Umständen so verstehen, dass die Wahlbehörde im Sinne des Art. 14
Abs. 4 der Kassenstatuten der Beibehaltung des bisherigen versicherten
Verdienstes zustimme; denn die Herabsetzung dieses Verdienstes hätte
sich für ihn ebenfalls, wie die Abberufung vom Amte eines Posthalters,
als Disziplinarstrafe ausgewirkt.

Erwägung 4

    4.- Es wäre zwar nicht ausgeschlossen, dass die Beiträge an die
Versicherungskasse für die letzten Monate vor der Pensionierung des Klägers
von einem untergeordneten Beamten versehentlich und ohne Kenntnis der
Wahlbehörde zu hoch berechnet worden wären. Dass dem so sei, hat aber die
Generaldirektion der PTT selber nicht behauptet. Insbesondere hat sie dies
in den Schreiben, die sie dem Kläger am 11. November 1965 und am 29. April
1966 hat zustellen lassen, nicht getan. Mit dem ersten Schreiben hat sie
dem Kläger zu erkennen gegeben, dass sie mit der Beibehaltung des der
Posthalterbesoldung entsprechenden versicherten Verdienstes einverstanden
sei, und aus dem zweiten Schreiben ergibt sich klar, dass sie lediglich
durch eine von ihrer bisherigen Auffassung abweichende Auslegung des
Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten veranlasst worden ist, nunmehr die
Herabsetzung des versicherten Verdienstes anzuordnen.

    Diese Auslegung wird in dem Schreiben vom 29. April 1966 durch den
Hinweis auf eine "konstante Praxis der Bundeszentralverwaltung" und auf
"Entscheide des Bundesrates in analogen Fällen" gestützt. Wie es sich
damit verhalte, kann dahingestellt bleiben. Weder hat das Eidg. Finanz-
und Zolldepartement in seinem Schreiben vom 6. Juli 1967 an den Kläger
noch hat die Eidg. Finanzverwaltung in der Antwort auf die Klage
irgendeinen konkreten, vergleichbaren Fall namhaft gemacht. Anderseits
hat auch der Kläger seine Behauptung, die Praxis sei gegenteilig, nicht
belegt. Wesentlich ist, ob die Auslegung, welche die Beklagte nun dem
Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten gibt, richtig sei oder nicht.

    Die Beklagte macht geltend, diese Bestimmung falle hier völlig
ausser Betracht, weil das Gehalt des Klägers gar nicht wegen veränderter
dienstlicher Beanspruchung, sondern wegen seiner im Dienst verübten
strafbaren Handlungen herabgesetzt worden sei. Diese Überlegung
überzeugt nicht. Es trifft zwar zu, dass der Kläger wegen der im Dienst
begangenen strafbaren Handlungen nach Basel versetzt wurde. Anderseits
steht aber auch fest, dass die damit verbundene veränderte dienstliche
Inanspruchnahme die Ursache dafür war, dass der Kläger in Basel geringer
besoldet wurde als vorher. Die strafbaren Handlungen waren also die
Ursache der veränderten dienstlichen Inanspruchnahme, diese selbst aber
war die Ursache der Gehaltskürzung. Beide Ursachen waren wirksam: Die
strafbaren Handlungen waren die entferntere, die veränderte dienstliche
Inanspruchnahme die nähere Ursache für die Herabsetzung des Gehalts. Die
Auffassung der Beklagten, das Gehalt des Klägers sei überhaupt nicht
wegen der veränderten dienstlichen Inanspruchnahme herabgesetzt worden,
ist daher nicht haltbar. Damit fällt auch ihre Schlussfolgerung, es handle
sich um einen Sachverhalt, der ausserhalb des Anwendungsbereiches des
Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten liege.

    Daraus folgt, dass nach dieser Bestimmung der bisherige versicherte
Verdienst des Klägers mit Zustimmung der Wahlbehörde beibehalten
werden konnte. Der Entscheid darüber war dem Ermessen der Wahlbehörde
anheimgegeben. Tatsächlich hat sie der Beibehaltung des bisherigen
versicherten Verdienstes zunächst durch konkludentes Verhalten zugestimmt,
wie aus dem Schreiben an den Kläger vom 11. November 1965 geschlossen
werden muss.

Erwägung 5

    5.- Es stellt sich die Frage, ob die Wahlbehörde nach der Pensionierung
des Klägers den versicherten Verdienst auf Fr. 9'328.-- herabsetzen
durfte, obwohl sie vorher der Beibehaltung des Betrages von Fr. 13'170.--
zugestimmt und sich seither am massgebenden Sachverhalt nichts geändert
hatte.

    Die Zustimmung, welche die Generaldirektion durch konkludentes
Verhalten zum Ausdruck gebracht hatte, ist einer förmlichen
Verwaltungsverfügung gleichzustellen. Verwaltungsverfügungen sind zwar
grundsätzlich nicht unabänderlich. Ihre Abänderung oder Aufhebung
wurde aber in der Rechtsprechung auch nie vorbehaltlos als zulässig
erachtet. Vielmehr wurde jeweils das Interesse an der Verwirklichung
des objektiven Rechts gegenüber dem Interesse an der Wahrung der
Rechtssicherheit abgewogen, sofern der Konflikt nicht schon durch
einen Satz des positiven Rechts entschieden war (BGE 89 I 434, 91 I 95
Erw. 3 a, 93 I 394 Erw. 2). Die Beklagte ist der Meinung, ein solcher
Rechtssatz sei hier vorhanden; sie erblickt ihn in Art. 7 Abs. 1 der
Kassenstatuten, welcher vorschreibt, dass eine irrtümlich unrichtig
festgesetzte Kassenleistung mit Wirkung für die künftigen Auszahlungen
zu berichtigen ist. Allein mit dem Hinweis auf diese Bestimmung ist
die zu entscheidende Frage nicht beantwortet. Sowohl der erste, für den
Kläger günstige, als auch der zweite, für ihn ungünstige Rentenbescheid
der Kassenverwaltung beruhen ja auf Berechnungen, die an sich richtig
sind, der gegebenen Grundlage - dem jeweils angenommenen versicherten
Verdienst - entsprechen. Die Frage, welche Grundlage zu wählen sei, war
nach Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten nicht von der Kassenverwaltung,
sondern von der Wahlbehörde zu entscheiden, und zu prüfen ist gerade,
ob diese Behörde die Grundlage der Berechnung der Rente vier Monate nach
dem Wirksamwerden ihres ursprünglichen Entscheids noch ändern durfte.

    Unter solchen Umständen geht das Postulat der Rechtssicherheit dann
vor, wenn durch den ersten Verwaltungsakt ein subjektives Recht des Bürgers
begründet worden ist, oder wenn dieser Akt in einem Verfahren ergangen ist,
in welchem die öffentlichen Interessen allseitig zu prüfen und gegenüber
den entgegengesetzten Privatinteressen abzuwägen waren (BGE 79 I 6, 86 I
173, 88 I 227, 89 I 434). Im vorliegenden Fall trifft beides zu: Durch den
ersten, vor der Pensionierung getroffenen Entscheid der Generaldirektion
der PTT hat der Kläger ein wohlerworbenes Recht erlangt, das auf einer
individuell abgegebenen Zusicherung beruht (BGE 83 I 65, 87 I 325), und
dieser Entscheid ist das Ergebnis eines Verfahrens, in dem das Verhalten
des Klägers und dessen beamtenrechtliche Folgen abgeklärt worden sind.

    Dazu kommt noch, dass eine blosse Änderung der Auslegung einer
Kann-Vorschrift, wobei - wie hier - die eine und die andere Lösung mit
dem Wortlaut und Sinn der Bestimmung vereinbar sind, ohnehin keinen
Revisionsgrund bildet (BGE 83 I 326).

    Für die Berechnung der Rente des Klägers massgebend ist somit der
versicherte Verdienst von Fr. 13'170.--, welcher der Posthalterbesoldung
entspricht. Es ist nicht bestritten, dass die Kassenverwaltung im ersten
Rentenbescheid vom 14. Januar 1966 die Rente von dieser Grundlage aus
richtig bemessen hat. Der Kläger hat daher Anspruch auf die damals
festgesetzte Kassenleistung.

Erwägung 6

    6.- Der Anspruch des Klägers auf Verzugszinsen ist ebenfalls
begründet. Die Leistungen der Versicherungskasse waren monatlich stets am
gleichen Tage fällig. Die Kasse war jeweils von diesem Tage an im Verzug
(vgl. Art. 102 Abs. 2 OR). Der Zinssatz wurde früher (noch in BGE 87 I 420
oben) für öffentlichrechtliche Forderungen auf 3% bemessen. Angesichts
der heutigen Geld- und Zinsverhältnisse ist indessen ein Satz von 5%
angemessen (Urteil vom 26. Mai 1967 i.S. Eidgenossenschaft gegen Eheleute
Blanc, Erw. 3, nicht publiziert).

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Klage wird gutgeheissen. Die Eidg. Versicherungskasse ist
verpflichtet, dem Kläger eine Rente von 57% des versicherten Verdienstes
von Fr. 13, 170.-- auszurichten. Verfallene und zurückbehaltene Treffnisse
sind ab Verfalltag bis zur Auszahlung mit 5% zu verzinsen.