Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 I 609



93 I 609

78. Urteil vom 13. Dezember 1967 i.S. Schweiz. National
Versicherungs-Gesellschaft AG gegen Gemeinde Reinach und
Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Landschaft. Regeste

    Gemeindesteuern. Willkür.

    Verhältnis des im basellandschaftlichen Gemeindegesetz vom 14. März
1881 auch für Aktiengesellschaften vorgesehenen Systems der Einkommens-
und Vermögensbesteuerung zum System der Gewinnund Kapitalbesteuerung
gemäss kantonalem Steuergesetz vom 7. Juli 1952. Auslegung von § 141
Abs. 6 des kantonalen Steuergesetzes, wonach die Gemeinden "berechtigt
sind, die Staatssteuereinschätzung allgemein auch für die Gemeindesteuer
als gültig zu erklären". Änderung der Rechtsprechung von BGE 91 I 249 ff.

Sachverhalt

    A.- Das basel-landschaftliche Gesetz vom 14. März 1881 betreffend die
Organisation und Verwaltung der Gemeinden (Gemeindegesetz, GG) ermächtigt
die politischen Gemeinden, unter bestimmten Voraussetzungen Steuern zu
erheben (§ 137), und präzisiert in § 138:

    1 Die Gemeindesteuern können verlegt werden:

    a) auf die Haushaltungen und einzeln stehende Personen, seien letztere
Niedergelassene oder Aufenthalter (Haushaltungssteuer, Personalsteuer,
Vorausleistung);

    b) auf Gebäude und Grundstücke (Kataster);

    c) auf das Vermögen, soweit es in Fahrhabe (hausrätliche Gegenstände,
die zum eigenen häuslichen Gebrauche dienen, ausgenommen) und in Kapitalien
besteht;

    d) auf Einkommen und Erwerb.

    2 Statt der Steuer auf die unter b) und c) erwähnten Objekte kann
auch eine Steuer vom gesamten Reinvermögen erhoben werden.

    Im Gesetz vom 7. Juli 1952 über die kantonalen Steuern (StG) wurde die
Besteuerung der juristischen Personen neu geordnet. Kapitalgesellschaften,
wozu in erster Linie die Aktiengesellschaften gehören, entrichten eine
Gewinn- und eine Kapitalsteuer (§ 41 StG). Der Kapitalsteuer "unterliegen
das einbezahlte Aktien- bzw. Stammkapital, die offenen und die stillen
Reserven", wobei die Vermögensbestandteile "nach den für die natürlichen
Personen geltenden Bestimmungen (§§ 30-37) bewertet" werden (§ 44 StG in
der bis 31. Dezember 1964 geltenden Fassung). Nach § 32 wird der Wert
von Grundstücken unter billiger Berücksichtigung des Verkehrs- und des
Ertragswertes berechnet und ist die Katasterschätzung (§ 92) massgebend.

    Für die Gemeindesteuer gelten gemäss § 141 bis zum Inkrafttreten
eines neuen Gemeindegesetzes u.a. folgende Übergangsbestimmungen:

    2 Die durch den Staat festgesetzte Katasterschätzung der Grundstücke
ist auch für die von der Gemeinde erhobenen Steuern massgebend.

    3 Die in § 46 dieses Gesetzes genannten Gesellschaften und juristischen
Personen haben an die Gemeinde die gleiche Kapitalsteuer zu entrichten
wie an den Staat.

    4 Für die juristischen Personen gilt der gleiche Steuerfuss wie für
die natürlichen Personen.

    5 Die in den §§ 13 und 14 dieses Gesetzes bezeichneten Institutionen
sind im gleichen Umfange wie bei der Staatssteuer auch von der
Gemeindesteuer befreit ...

    6 Die Gemeinden sind berechtigt. die Staatssteuereinschätzung allgemein
auch für die Gemeindesteuer als gültig zu erklären.

    Ein neues Gemeindegesetz ist bis anhin nicht erlassen worden.

    Nach § 46 KV soll die (kantonale) Steuer vom Vermögen, Einkommen
und Erwerb mit einer Progression erhoben werden (Abs. 1); für die
Gemeindesteuer ist die Progression ausgeschlossen (Abs. 2).

    B.- Am 14. März 1963 erliess die Gemeinde Reinach ein neues
Steuerreglement (GStR). Es sieht die Erhebung einer Einkommens- und einer
Vermögenssteuer vor und bestimmt über deren Objekte in

    § 7. 1 Der Einkommenssteuer unterliegen, sofern dieses Reglement
keine abweichenden Bestimmungen enthält:

    1. das steuerbare Einkommen der natürlichen Personen gemäss
Staatssteuer-Veranlagung;

    2. der nach kantonalem Steuergesetz steuerbare Reingewinn juristischer
Personen, unter Hinzurechnung der dem Berechnungsjahr belasteten direkten
Steuern;

    § 10.1 Der Vermögenssteuer unterliegt, sofern dieses Reglement keine
abweichenden Bestimmungen enthält, das gesamte Reinvermögen der natürlichen
und der juristischen Personen gemäss Staatssteuer-Veranlagung.

    2 Juristische Personen entrichten die Vermögenssteuer mindestens von
dem in der Bilanz ausgewiesenen Grundkapital mit Einschluss der Reserven.

    C.- Die Schweiz. National-Versicherungs-Gesellschaft in Basel, die
heutige Beschwerdeführerin, ist Eigentümerin mehrerer Liegenschaften
im Kanton Basel-Landschaft. Aufeinem 1959 erworbenen Grundstück
in Reinach begann sie im Jahre 1962 einen Wohnblock zu erstellen.
Die Katasterschätzung vom 29. Januar 1963, die nur den Grund und Boden
umfasste, betrug Fr. 171 700.--, während sich der Buchwert des Landes
und des im Bau befindlichen Gebäudes am 1. Januar 1963 auf zusammen Fr. 1
414 000.-- belief.

    In der am 20. April 1963 abgegebenen Gemeindesteuererklärung für 1963
deklarierte die Beschwerdeführerin ein in Reinach steuerbares Vermögen
von Fr. 47 179.--, nämlich 0'0903% ihres auf Grund der Steuerwerte
berechneten Reinvermögens von Fr. 52 247 343.--, was dem Verhältnis
der Katasterschätzung ihrer Liegenschaft in Reinach (Fr. 171 700.--)
zum Steuerwert ihrer Gesamtaktiven (Fr. 190 096 194.--) entspricht.

    Die Gemeindeverwaltung Reinach ging indes bei der Einschätzung gestützt
auf § 10 GStR von der Staatssteuerveranlagung für 1963 aus, gemäss welcher,
der Steuererklärung der Beschwerdeführerin entsprechend, deren steuerbares
Kapital (Gesamtaktiven gemäss Buchwert+als Gewinn versteuerte Reserven)
auf Fr. 76 869 128.-- und der auf die Liegenschaften im Kanton Baselland
entfallende Anteil an diesem Kapital auf Fr. 4 564 489.-- berechnet worden
war. Von diesem Betrag betrachtete die Gemeindeverwaltung 11'095%=Fr. 506
430.-- als in Reinach steuerbar entsprechend dem Verhältnis des Buchwertes
der Liegenschaft in Reinach (Fr. 1 414 000.--) zum Gesamtbuchwert aller
Liegenschaften im Kanton Baselland (Fr. 12 744 000.--).

    Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Veranlagung Einsprache, wurde
aber von der Gemeindesteuerrekurskommission Reinach mit Entscheid vom 24.
Februar 1966 abgewiesen.

    Hiegegen führte die Beschwerdeführerin bei der kantonalen
Steuerrekurskommission (StRK) Beschwerde mit dem Antrag, ihr in Reinach
steuerbares Vermögen auf Fr. 47 179.-- festzusetzen. Zur Begründung machte
sie unter Berufung auf BGE 91 I 249 ff. geltend, § 10 Abs. 2 GStR sei
gesetzwidrig, da § 141 Abs. 6 StG nur eine vollständige, umfassende, sich
auf alle Steuerpflichtigen und alle Steuerobjekte erstreckende Übernahme
der Staatssteuereinschätzung gestatte; von einer solchen Übernahme habe
die Gemeinde Reinach abgesehen, weshalb sie von der Beschwerdeführerin
nicht eine Steuer vom Kapital, sondern nur eine Vermögenssteuer auf Grund
der nach § 141 Abs. 2 StG massgebenden Katasterschätzung erheben dürfe.

    Die StRK wies die Beschwerde mit Entscheid vom 10. Mai 1967 ab. In
den Erwägungen wird ausgeführt, dass und weshalb eine Gemeinde entgegen
BGE 91 I 256 Erw. 5 befugt sei, die Staatssteuereinschätzung für alle
natürlichen bzw. für alle juristischen Personen nur für die Veranlagung
des Einkommens oder nur für diejenige des Vermögens zu übernehmen. Auf die
nähere Begründung dieser Auffassung wird in den nachstehenden Erwägungen
zurückgekommen.

    D.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde stellt die
Schweiz. National-Versicherungs-Gesellschaft AG den Antrag, der
Entscheid der StRK vom 10. Mai 1967 sei aufzuheben. Als Beschwerdegrund
wird Verletzung des Art. 4 BV (Willkür) geltend gemacht. Die Begründung
besteht aus einer (abgesehen von einigen kleinen Auslassungen) wörtlichen
Wiedergabe der in BGE 91 I 253 Erw. 1-5 enthaltenen Ausführungen
gefolgt von einer kurzen Auseinandersetzung mit der davon abweichenden
Betrachtungsweise der StRK. Auf die nähere Begründung der Beschwerde wird,
soweit notwendig, ebenfalls in den nachstehenden Erwägungen zurückgekommen.

    E.- Die Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Landschaft und die
Gemeinde Reinach beantragen die Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Entscheid der StRK vom 10. Mai 1967 ist ein Endentscheid,
mit welchem die Gemeindesteuerrechnung vom 12. Dezember 1963 von der
letzten kantonalen Instanz geschützt und damit das Veranlagungsverfahren
abgeschlossen wurde (§ 20 Abs. 4 GStR in Verbindung mit § 141 Abs. 7 und §
103 StG). Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher nach Art. 86 Abs. 2
und Art. 87 OG zulässig.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin bestreitet die Verfassungs- und
Gesetzmässigkeit von § 10 GStR, auf den sich der angefochtene Entscheid
stützt. Diese Rüge ist zulässig. Die Bestimmung selber kann zwar, da die
Frist zu ihrer Anfechtung abgelaufen ist (Art. 89 OG), vom Bundesgericht
nicht mehr aufgehoben werden. Dagegen kann die Beschwerdeführerin die
Verfassungswidrigkeit der Bestimmung noch im Anschluss an die gestützt
darauf ergangene Veranlagungsverfügung vorfrageweise geltend machen (BGE 86
I 274 Erw. 1 und 92 I 364 Erw. 1 je mit Verweisungen auf frühere Urteile).

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin beruft sich auf BGE 91 I 249 ff. und
behauptet, dass der vorliegende Fall sich in tatsächlicher und rechtlicher
Hinsicht von dem dort beurteilten in keiner Weise unterscheide. Die StRK
nimmt demgegenüber den Standpunkt ein, dass jenes Urteil des Bundesgerichts
unrichtig und eine Praxisänderung unumgänglich sei, während die Gemeinde
Reinach vor allem darauf hinweist, dass ihr GStR im Gegensatz zu demjenigen
von Binningen nicht nur in § 10 ausdrücklich die Staatssteuer-Einschätzung
als massgebend erkläre, sondern durch zahlreiche weitere Bestimmungen
erkennen lasse, dass die Gemeinde Reinach das Steuersystem des kantonalen
StG vollumfänglich übernommen habe. Die Beschwerde ist daher unter diesem
doppelten Gesichtspunkt zu prüfen.

Erwägung 4

    4.- Im Kanton Baselland sind die Gemeinden befugt, Gemeindesteuern
nach Massgabe des (durch § 141 Abs. 1-5 und 7-10 StG ergänzten) § 138 GG
zu erheben, d.h. natürliche und juristische Personen für Einkommen und
Erwerb sowie für das gesamte Reinvermögen (oder für Gebäude, Grundstücke,
Fahrhabe- und Kapitalvermögen) zu besteuern. Sie sind ferner gemäss §
141 Abs. 6 StG berechtigt, statt dessen "die Staatssteuereinschätzung
allgemein auch für die Gemeindesteuer als gültig zu erklären". Bei
der Bestimmung der Tragweite dieser letzteren Ermächtigung ist das
Bundesgericht im Urteil BGE 91 I 249 ff. davon ausgegangen, dass das
nach dem StG für juristische Personen geltende System der Gewinn- und
Kapitalbesteuerung grundsätzlich verschieden sei von der im GG vorgesehenen
Einkommens- und Vermögensbesteuerung (S. 255). Im Hinblick hierauf hat es
angenommen, mit § 141 Abs. 6 StG könne nichts anderes gemeint sein als
eine vollständige, umfassende und sich auf alle Steuerpflichtigen und
alle Steuerobjekte erstreckende Übernahme der Staatssteuereinschätzung;
denn ein Besteuerungssystem, wie es im StG geregelt sei, stelle in der
Regel ein einheitliches Gebilde dar, dessen einzelne Teile aufeinander
abgestimmt seien und so eng zusammenhängen, dass sie sich vernünftigerweise
nicht trennen lassen (S. 258/9). Die in Frage stehende Bestimmung des
GStR habe die Staatssteuereinschätzung indes nur in ganz beschränktem
Umfange (nur für juristische, nicht auch für natürliche Personen und nur
für die Vermögens-, nicht auch für die Einkommensbesteuerung) auf das
Gemeindesteuerrecht übertragen, so dass diese Bestimmung sich nicht auf
§ 141 Abs. 6 StG stützen könne und damit einer gesetzlichen Grundlage
entbehre.

    Da die Richtigkeit dieser grundsätzlichen Erwägungen im angefochtenen
Entscheid bestritten wird, ist vor allem zu prüfen, ob das System der
Gewinn- und Kapitalbesteuerung sich wirklich so sehr von demjenigen der
Einkommens- und Vermögensbesteuerung unterscheidet, dass schon deshalb
angenommen werden muss, § 141 Abs. 6 StG gestatte den Gemeinden nur
die sich auf alle Steuerpflichtigen und alle Steuerobjekte erstreckende
Übernahme der Staatssteuereinschätzungen und schliesse jede beschränkte
Übernahme und insbesondere eine Vermischung beider Systeme schlechthin aus.

Erwägung 5

    5.- Im Jahre 1881, zur Zeit des Erlasses des GG, wurden die
juristischen Personen in der Schweiz allgemein nach den gleichen
Grundsätzen wie die natürlichen Personen, d.h. für ihr Einkommen und
Vermögen besteuert. Seither sind die meisten Kantone dazu übergegangen,
bei den Kapitalgesellschaften statt des Einkommens und Vermögens den
Gewinn und das Kapital zu besteuern. Dieses moderne Besteuerungssystem
unterscheidet sich indes vom früheren weniger durch das Steuerobjekt,
nach dem es bezeichnet ist, als durch den Steuersatz.

    a) Das einbezahlte Kapital wird zwar ohne Rücksicht darauf besteuert,
ob es durch die Aktiven gedeckt, also wirtschaftlich noch vorhanden
ist. Indessen werden neben dem eigentlichen Grundkapital regelmässig
auch die (offenen und stillen) Reserven als Kapital besteuert. Da
diese Reserven im tatsächlich vorhandenen, über das Grundkapital
hinausgehenden Reinvermögen bestehen (BGE 73 I 64, 66; BLUMENSTEIN,
System des Steuerrechts, 2. Auflage S. 120), hat die Kapitalsteuer immer
dann, wenn das Grundkapital durch die Aktiven gedeckt ist, praktisch das
gleiche Objekt wie die Vermögenssteuer, nämlich das Reinvermögen, das in
der Differenz zwischen Aktiven und Passiven besteht. Ein wesentlicher
Unterschied besteht dagegen beim Steuersatz. Dieser ist bei der
Vermögenssteuer stets progressiv, während er bei der Kapitalsteuer
proportional oder nur schwach progressiv ist (vgl. zum Verhältnis
zwischen Vermögens- und Kapitalsteuer auch BOSSHARD, Die Besteuerung
der Kapitalgesellschaften, Diss. Zürich 1953 S. 47; RÜTTIMANN, Das
steuerpflichtige Kapital der Aktiengesellschaften, Basel 1963 S. 12/13).

    Der steuerbare Gewinn der Kapitalgesellschaften bemisst sich im
allgemeinen nach den gleichen Grundsätzen wie das Geschäftseinkommen der
natürlichen Personen; insbesondere dürfen die Gewinnungskosten sowie die
geschäftsmässig begründeten Abschreibungen und Rückstellungen abgezogen
werden (BLUMENSTEIN a.a. O. S. 182). Der Hauptunterschied zwischen
Einkommens- und Gewinnsteuer besteht wiederum beim Steuersatz. Dieser ist
zwar sowohl bei der Einkommens- als auch bei der Gewinnsteuer regelmässig
progressiv. Während sich jedoch die Progression beim Einkommen nach dessen
absoluter Höhe richtet, ist beim Gewinn die sog. Ertragsintensität,
d.h. das Verhältnis des Ertrags zum Kapital massgebend (BLUMENSTEIN
aaO S. 206).

    b) Diese allgemeinen Ausführungen über das Verhältnis der beiden
Besteuerungssysteme treffen auch für die Staatssteuer des Kantons Baselland
zu. Dass mit der Kapitalsteuer praktisch das Reinvermögen erfasst wird,
geht daraus hervor, dass ihr nach § 44 Abs. 1 StG neben dem einbezahlten
Grundkapital auch die offenen und stillen Reserven unterliegen, und vor
allem daraus, dass Abs. 2 ausdrücklich von "Vermögensbestandteilen"
spricht und für deren Bewertung die für die natürlichen Personen
geltenden Bestimmungen (§§ 33-37 StG) als anwendbar erklärt. Der
Steuersatz ist, wie allgemein üblich, bei der Vermögenssteuer stark
progressiv (0,5-4é), bei der Kapitalsteuer dagegen nur schwach (2-3é)
(§§ 40 und 45 StG). Ferner ist der Steuersatz sowohl bei der Einkommens-
als auch bei der Gewinnsteuer stark progressiv (0,5-13 bzw. 5-20%), wobei
aber für die Progression beim Einkommen dessen absolute Höhe und beim
Gewinn die Ertragsintensität massgebend ist (§§ 28 und 43 StG). Auch für
die Staatssteuer des Kantons Baselland gilt somit, dass sich das System
der Gewinn- und Kapitalbesteuerung weniger durch das Steuerobjekt als
durch den Steuersatz vom System der Einkommens- und Vermögensbesteuerung
unterscheidet.

    c) Gerade diese wesentlichen Unterschiede der beiden
Besteuerungssysteme können nun aber die Gemeinden, welche nach § 141
Abs. 6 die Staatssteuereinschätzung auch für die Gemeindesteuer als gültig
erklären, nicht übernehmen, da § 46 Abs. 1 KV für die Gemeindesteuer
die Progression ausschliesst und § 141 Abs. 4 StG überdies vorschreibt,
dass für die juristischen Personen der gleiche Steuerfuss gilt wie
für die natürlichen Personen. Unter diesen Umständen kann an der dem
Urteil BGE 91 I 249 ff. zugrunde liegenden Auffassung, dass schon die
Verschiedenheit der Besteuerungssysteme des § 138 GG einerseits und des
StG anderseits eine nur teilweise Übernahme der Staatssteuereinschätzungen
durch die Gemeinden verbiete, nicht festgehalten werden, hat doch auch die
vollständige Übernahme wegen des Wegfalls der Progressionen und wegen der
Anwendbarkeit des gleichen Steuerfusses für natürliche und juristische
Personen zur Folge, dass die wesentlichen Unterschiede zwischen den
beiden Besteuerungssystemen fast gänzlich verwischt werden. Als
unzutreffend erweist sich vorab die in BGE 91 I 268 angestellte,
bei der Wiedergabe des Urteils in der Beschwerdebegründung allerdings
weggelassene Erwägung, zur Übernahme der Kapitalsteuer "gehörte auch
die Übernahme des verhältnismässig starren Steuersatzes gemäss § 45 StG,
der mit dem progressiven Steuersatz bei der Vermögenssteuer nichts gemein
hat"; denn bei der Gemeindesteuer wird jede Progression ausgeschlossen
durch § 46 Abs. 2 KV, der damals von keiner Seite angerufen und daher vom
Bundesgericht nicht beachtet worden war. Sieht man aber von der Progression
und deren Ausgestaltung im StG ab, so sind die Unterschiede zwischen den
beiden Besteuerungssystemen keineswegs so gross, dass im Hinblick darauf
eine nur teilweise Übernahme der Staatssteuereinschätzungen durch die
Gemeinde als ausgeschlossen erschiene. Die Kapitalbesteuerung gemäss StG
kommt im Regelfall, wo das Kapital durch die Aktiven gedeckt ist, praktisch
einer Reinvermögensbesteuerung nach § 138 Abs. 2 GG (oder §§ 30 ff. StG)
gleich, wenn die im StG vorgesehenen Progressionen dahinfallen. Ebenso
besteht beim Wegfall der Progressionen kein grundsätzlicher Unterschied
mehr zwischen der Gewinnbesteuerung nach § 41 StG und der Einkommens-
oder Erwerbsbesteuerung nach § 138 Abs. 1 lit. d GG (oder §§ 20 ff. StG);
eine von den Kapitalgesellschaften ohne die Progression nach der
Ertragsintensität erhobene "Gewinnsteuer" läuft aufeine proportionale
Einkommenssteuer hinaus.

Erwägung 6

    6.- Die StRK vertritt im angefochtenen Entscheid die Auffassung,
§ 141 Abs. 6 StG hindere die Gemeinden nicht, entweder für alle
natürlichen Personen oder aber für alle juristischen Personen die
Staatssteuereinschätzung nur teilweise, sei es lediglich für die
Veranlagung des Einkommens bzw. des Gewinns, sei es bloss für die
Veranlagung des Vermögens bzw. des Kapitals zu übernehmen. Insbesondere
sei eine von den Kapitalgesellschaften gestützt auf § 138 GG erhobene
Einkommenssteuer nicht so verschieden von der Gewinnsteuer des StG, dass
die Verbindung der Einkommens- mit der Kapitalsteuer, wie sie das GStR
von Reinach vorsehe, als unstatthaft bezeichnet werden müsste. Diese
Betrachtungsweise erscheint nach dem in Erw. 5 Gesagten als zutreffend
und ist keinesfalls unhaltbar, geradezu willkürlich. Zu prüfen bleibt,
ob sie aus andern Gründen mit § 141 Abs. 6 StG unvereinbar ist.

    Diese Bestimmung ermächtigt die Gemeinden, die Staatssteuereinschätzung
"allgemein" auch für die Gemeindesteuer zu übernehmen. In BGE 91 I 258/9
hat das Bundesgericht angenommen, dass damit nur eine "vollständige,
umfassende, sich auf alle Steuerpflichtigen und alle Steuerobjekte
erstreckende Übernahme der Staatssteuereinschätzung" gemeint sein könne
und eine andere Auslegung mit dem klaren Wortlaut und Sinn der Bestimmung
sich nicht vereinbaren lasse. Soweit diese Annahme auf den Sinn der
Bestimmung verweist, beruht sie indessen, wie sich aus dem Zusammenhang
ergibt, im wesentlichen auf der Überlegung, dass das Besteuerungsystem des
StG ein einheitliches Ganzes bilde, dessen Bestandteile so aufeinander
abgestimmt seien und so eng miteinander zusammenhängen, dass es nicht
angehe, sie zu trennen. Da diese Überlegung, wie in Erw. 5 dargelegt wurde,
nicht stichhaltig ist, kann sich nur noch fragen, ob eine bloss teilweise
Übernahme mit dem Wortlaut von § 141 Abs. 6 StG unvereinbar ist, also im
Hinblick auf den Ausdruck "allgemein" als ausgeschlossen erscheint.

    Dieser Ausdruck war in der entsprechenden Bestimmung von § 54 Abs. 2
des StG vom 20. August 1928 noch nicht enthalten. Er findet sich erstmals
in § 141 Abs. 6 des StG vom 7. Juli 1952, ohne dass ersichtlich wäre,
welchen Zweck der Gesetzgeber mit dieser Änderung des Wortlauts verfolgt
hat. In BGE 91 I 258 wurde angenommen, dass der Ausdruck klar sei und dass
mit der "allgemeinen" Übernahme nichts anderes als eine sich auf alle
Steuerpflichtigen und alle Steuerobjekte erstreckende Übernahme gemeint
sei. Es ist zuzugeben, dass diese Auslegung am nächsten liegt. Dagegen
kann sie nicht als die einzig richtige und mögliche bezeichnet werden. Als
noch vertretbar und daher nicht willkürlich erscheint vielmehr auch
die Auffassung, dass § 141 Abs. 6 StG die Gemeinden zwar ermächtige, die
Staatssteuereinschätzung für alle Steuerpflichtigen und alle Steuerobjekte
zu übernehmen, dass er sie jedoch zu solch umfassender Übernahme nicht
verpflichte, sondern ihnen - nach dem Grundsatz in maiore minus - auch die
Befugnis einräume, weniger weit zu gehen und die Staatssteuereinschätzungen
nur für bestimmte Kategorien von Steuerpflichtigen und für bestimmte
Steuerobjekte zu übernehmen. Auch diese Auslegung hat einen vernünftigen
Sinn und lässt sich mit dem Wortlaut vereinbaren.

    Ist aber auch eine bloss teilweise Übernahme der
Staatssteuereinschätzung grundsätzlich zulässig, so ist eine
solche aus dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV nur zu beanstanden,
wenn die Kategorie der Steuerpflichtigen, für welche die Gemeinde
sie vornimmt, nach unsachlichen Gesichtspunkten bestimmt wird oder
wenn die nur teilweise Übernahme sonst als stossend und willkürlich
erscheint. So mag es fraglich sein, ob es einer Gemeinde gestattet
wäre, die Staatssteuereinschätzung nur für diejenigen (natürlichen oder
juristischen) Personen zu übernehmen, die ihren Wohn- oder Geschäftssitz
ausserhalb des Kantons oder der Gemeinde haben, während die Einheimischen
nach andern, von der Gemeinde gestützt auf § 138 GG erlassenen und für
den Steuerpflichtigen günstigeren Grundsätzen eingeschätzt werden. Ebenso
fragwürdig wäre eine Ordnung, durch welche die Gemeinde die Übernahme
der Staatssteuereinschätzung auf Immobiliengesellschaften oder andere,
nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten bestimmte Kategorien juristischer
Personen beschränken würde. Etwas derartiges liegt hier aber nicht
vor. Nach § 10 Abs. 1 des GStR von Reinach unterliegen vielmehr
alle juristischen Personen ohne Ausnahme der Vermögenssteuer für das
"gesamte Reinvermögen gemäss Staatssteuer-Veranlagung", d.h. für das
nach diesem steuerbare Kapital. Wenn § 10 Abs. 2 ausserdem bestimmt,
dass die Vermögenssteuer "mindestens von dem in der Bilanz ausgewiesenen
Grundkapital mit Einschluss der Reserven" zu entrichten ist, so liegt
hierin keine Abweichung von der Staatssteuereinschätzung, da schon nach
§ 44 Abs. 1 StG das einbezahlte Kapital nebst den offenen und stillen
Reserven der Kapitalsteuer unterliegt. Ob das Kapital von der Gemeinde
auch dann noch als "Reinvermögen" im Sinne von § 10 GStR besteuert werden
darf, wenn es durch die Aktiven nicht mehr gedeckt ist, kann dahingestellt
bleiben, da dies bei der Beschwerdeführerin nicht der Fall ist.

Erwägung 7

    7.- Ist demnach davon auszugehen, dass § 10 GStR nicht
verfassungswidrig ist und die Gemeinde Reinach die Beschwerdeführerin
für ihre dortige Liegenschaft auf Grund der Staatssteuereinschätzung
besteuern darf, so erweist sich die Beschwerde ohne weiteres als
unbegründet. Zwar erklärt § 141 Abs. 2 StG die Katasterschätzung auch
für die von den Gemeinden erhobenen Steuern als massgebend und gilt
diese Schätzung nach § 32 in Verbindung mit § 44 Abs. 2 StG auch für die
Bewertung der Vermögensbestandteile der Kapitalgesellschaften. Dass die
Beschwerdeführerin trotz dieser Bestimmungen für ihre Liegenschaften im
Kanton Baselland auf Grund der höheren Buchwerte zur Staatssteuer veranlagt
werden durfte, wird in der Beschwerde mit Recht nicht bestritten, da dies
der Praxis der Steuerrekurskommission (Basellandschaftliche Steuerpraxis
Bd. II S. 265 ff.) entspricht und die Beschwerdeführerin denn auch
selber in ihrer Staatssteuererklärung auf die Buch- und nicht auf die
Katasterwerte ihrer Liegenschaften abgestellt hat. (Die am 1. Januar 1965
in Kraft getretene neue Fassung von § 44 Abs. 2 StG bestimmt nun übrigens
ausdrücklich, als Steuerwert der Aktiven gelte "mindestens der Buchwert,
vermehrt um die als Gewinn versteuerten stillen Reserven".)

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.