Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 I 437



93 I 437

55. Urteil vom 17. Mai 1967 i.S. Erlenbach und Mitbeteiligte gegen den
Regierungsrat und den Kantonsrat des Kantons Zürich. Regeste

    Finanzausgleich zwischen Gemeinden. Art. 4 BV, 19, 48, 51 und 55
zürch. KV, 85 lit. a OG.

    1.  Bedeutung des in § 59 des Zürcher Wahlgesetzes vorgesehenen
"Beleuchtenden Berichts" (Erw. 2).

    2.  Ziele des kantonalen Finanzausgleichs (Erw. 4).

    3.  Dass ein kantonales Gesetz besonders gut stehende Gemeinden unter
bestimmten Voraussetzungen zum Zwecke des Finanzausgleichs zu Beiträgen
an den Staat verhält, verletzt die oben genannten Verfassungsbestimmungen
nicht (Erw. 5-9).

Sachverhalt

    A.- Am 4. Juli 1966 stimmte der Zürcher Kantonsrat einer
Gesetzesvorlage "über die Staatsbeiträge an die Gemeinden und über den
Finanzausgleich" zu. Das Gesetz wurde in der Volksabstimmung vom 11.
September 1966 angenommen. Es ordnet die Ausrichtung von Staatsbeiträgen
zu bestimmten Zwecken an Gemeinden, Zweckverbände und gegebenenfalls
an Private und sieht darüber hinaus einen sog. Finanzausgleich unter
den Gemeinden vor. Dieser vollzieht sich einerseits in Form von
Leistungen aus Staatsmitteln an das Budgetdefizit, anderseits mit
Hilfe von Sonderbeiträgen aus einem Fonds, der aus Staatsmitteln und
aus Beiträgen besonders gut stehender politischer Gemeinden geäufnet
wird. Beitragspflichtig sind Gemeinden, deren Steuerkraft pro Einwohner das
Kantonsmittel um die Hälfte oder mehr übersteigt und deren Gesamtsteuerfuss
das gewogene Mittel aller Gemeinden um mehr als 20% unterschreitet. Die
Beitragspflicht der Gemeinden dient einmal der Mittelbeschaffung. Sodann
soll sie eine Erhöhung der steuerlichen Belastung des Einzelnen in
besonders begünstigten Gemeinden herbeiführen und damit das Gefälle
zwischen finanzschwachen und -starken Gemeinden vermindern.

    B.- Die zur Zeit beitragspflichtigen politischen Gemeinden Erlenbach,
Kilchberg, Küsnacht, Rüschlikon, Uitikon, Zollikon und Zumikon sowie
einundzwanzig stimmberechtigte Einwohner derselben reichten zwei dem
Inhalte nach im wesentlichen übereinstimmende staatsrechtliche Beschwerden
ein:

    a) Am 21. August 1966 eine solche gegen die §§ 25, 27 und 28
des Kantonsratsbeschlusses vom 4. Juli 1966 und des allfälligen
Volksbeschlusses vom 11. September 1966;

    b) am 17. November 1966 eine solche gegen den Kantonsratsbeschluss vom
17. Oktober 1966, mit welchem die gegen die Volksabstimmung eingereichte
Einsprache abgewiesen worden war.

    Die Beschwerdeführer machen geltend, die Fragestellung an das Volk habe
wegen der Koppelung einer Verfassungsänderung mit einer Gesetzesänderung
einen unzulässigen Inhalt gehabt. Die Willensbildung der Stimmberechtigten
sei auch dadurch verfälscht worden, dass im "Beleuchtenden Bericht"
des Regierungsrates nur die Ansicht der Mehrheit, nicht aber diejenige
der Opposition und die Bedenken des Regierungsrates dargestellt worden
seien. Das beschlossene Gesetz ermangle der verfassungsmässigen Grundlage,
es verletze die Gemeindeautonomie sowie die Grundsätze, dass alle
Steuerpflichtigen nur im Verhältnis der ihnen zu Gebote stehenden Mittel
an die Staats- und Gemeindelasten beizutragen haben und die Gemeindegüter
dazu bestimmt sind, die öffentlichen Bedürfnisse der eigenen Gemeinde zu
befriedigen. Ferner liege auch eine Verletzung der Rechtsgleichheit vor.

    Es wird beantragt, die §§ 25, 27 und 28 des Gesetzes aufzuheben,
insoweit sie sich auf die Sonderbeiträge der Gemeinden an den
Finanzausgleich beziehen, eventuell die Abstimmung als Ganzes aufzuheben.

    C.- Der Regierungsrat und der Kantonsrat des Kantons Zürich schliessen
auf Abweisung.

    Die Beschwerdeführer erhielten Gelegenheit zur Replik.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    I. Stimmrechtsbeschwerde 1. - Soweit die Beschwerdeführer
stimmberechtigte Einwohner des Kantons Zürich sind, ist ihre Legitimation
zur Abstimmungsbeschwerde gegeben. Hingegen sind die beschwerdeführenden
Gemeinden nicht zur Stimmrechtsbeschwerde legitimiert.

    Die Beschwerde ist rechtzeitig eingereicht worden, indem mit Eingabe
vom 21. August 1966, also vor der Volksabstimmung, die wesentlichen
Beanstandungen des damals beabsichtigten Verfahrens geltend gemacht wurden
(vgl. BGE 89 I 86/7).

Erwägung 2

    2.- Die privaten Beschwerdeführer rügen, dass die Abstimmungsfrage eine
unzulässige Verkoppelung von Verfassungs- und Gesetzesmaterie enthalte
und der "Beleuchtende Bericht" des Regierungsrates unvollständig sowie
irreführend sei.

    a) Wie der Präsident der staatsrechtlichen Abteilung bereits in seinem
Entscheid betreffend Gewährung der aufschiebenden Wirkung ausführte,
stellt ein Widerspruch zwischen einer Bestimmung der Kantons- oder
Bundesverfassung und einer Gesetzesvorschrift nicht die Zulässigkeit der
Abstimmungsfrage oder die Gültigkeit der Abstimmung in Frage, sondern
lediglich diejenige der betreffenden Gesetzesbestimmung selber.

    Das Gesetz über die Staatsbeiträge an die Gemeinde und über den
Finanzausgleich enthält auch keine unzulässige Verbindung verschiedener
Materien. Vielmehr wird darin ein einziges Ziel mit verschiedenen
Mitteln angestrebt, nämlich dasjenige des Finanzausgleichs zwischen den
Gemeinden. Ob die verwendeten Mittel dem bisherigen Recht entsprechen
oder neu sind, ist dabei unerheblich. Die meisten Gesetze knüpfen an
Bisheriges an und verwirklichen gleichzeitig auch Neues. Dies hindert
nicht, die Vorlage dem Volk als Ganzes zu unterbreiten.

    b) Der in § 59 des Wahlgesetzes vorgesehene "Beleuchtende Bericht"
wird nirgends näher umschrieben. Offenbar dient er dazu, dem Volk die
Gründe darzulegen, welche für die Mehrheit der gesetzgebenden Behörde
bestimmend waren (vgl. M. USTERI, ZSR 1959, S. 418 a). Ob es darüber
hinaus überhaupt angebracht wäre, damit auch eine Auseinandersetzung mit
den im Laufe der Beratungen vorgebrachten abweichenden Auffassungen zu
verbinden, erscheint als fraglich. Es wäre nicht zu erwarten, dass die
Mehrheit der gesetzgebenden Behörde oder der Regierungsrat eine unterlegene
Ansicht mit der von der Opposition selber gewünschten Vollständigkeit
und Überzeugungskraft darstellen könnte. In jedem Falle hätten dann die
Stimmberechtigten einen Anspruch darauf, zu erfahren, weshalb die Mehrheit
die Auffassung der Opposition nicht als stichhaltig betrachtet. Dies
würde stets zu unliebsamen Auseinandersetzungen und zum Vorwurf führen,
die abweichenden Ansichten seien nicht objektiv oder nicht vollständig
wiedergegeben worden. Für die von USTERI (aaO S. 419 a) de lege ferenda
geforderte Regelung, der Minderheit sei Gelegenheit zu bieten, ihre
Ansicht im Bericht an das Volk selbst zu vertreten, bietet das Gesetz
keine Anhaltspunkte. Dieses Recht wird übrigens auch nicht beansprucht.

    Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der "Beleuchtende Bericht"
dem Volke nur die Ansicht der Mehrheit der Legislative zur Kenntnis bringt
(vgl. auch PICENONI, Die Kassation von Volkswahlen und Volksabstimmungen,
Diss. Zürich 1945, S. 71). Die Stimmberechtigten waren dadurch in ihrer
freien Willensbildung keineswegs behindert.

    c) Schliesslich wird geltend gemacht, der "Beleuchtende Bericht"
enthalte irreführende Angaben, indem der Regierungsrat den bestehenden
freiwilligen Finanzausgleich der beschwerdeführenden und weiterer Gemeinden
über einen Zweckverband mit der nunmehrigen Zwangslösung vergleiche. Auch
diese Beanstandung erfolgt zu Unrecht. Zweck und Mittel des bisherigen
freiwilligen Finanzausgleiches haben diejenigen des Gesetzes zweifellos
vorgebildet, wenn auch die Unterschiede sogleich erkennbar sind.
Dass der Regierungsrat in der Beurteilung des Sachverhaltes von
den Beschwerdeführern abweicht, macht seine Darstellung nicht zu
einer Irreführung. Er weist vor allem auf das Gleichartige hin, die
Beschwerdeführer sehen mehr den Unterschied. Die Stimmberechtigten waren
aber sehr wohl imstande, sich auf dieser Grundlage ein eigenes Urteil
zu bilden, zumal der "Beleuchtende Bericht" für niemanden die einzige,
ja wohl nicht einmal die wichtigste Informationsquelle darstellte. Die
Stimmrechtsbeschwerde ist daher in jeder Hinsicht unbegründet.

    II. Beschwerde betreffend die Verfassungswidrigkeit

    der angefochtenen Gesetzesbestimmungen

Erwägung 3

    3.- Das Gesetz über die Staatsbeiträge an die Gemeinden und über den
Finanzausgleich enthält u.a. folgende Bestim mungen:

    § 25

    Die ordentlichen Beiträge und die Beiträge zur Deckung des
Budgetdefizits werden aus allgemeinen Staatsmitteln sowie aus Beiträgen
finanzstarker Gemeinden gemäss § 28 Absatz 3 ausgerichtet. Die
Leistungen des Staates dürfen jährlich sieben Prozent des einfachen
Staatssteuerertrages nach der letzten Staatsrechnung nicht übersteigen.

    § 27

    Die Sonderbeiträge werden aus einem vom Regierungsrat verwalteten
Fonds ausgerichtet.

    Der Fonds wird geäufnet aus

    a)  den gemäss den §§ 23 und 24 nicht ausbezahlten oder von den
Gemeinden zurückerstatteten Beiträgen,

    b)  jährlichen Beiträgen von politischen Gemeinden, deren Steuerkraft
pro Einwohner das Kantonsmittel um die Hälfte oder mehr übersteigt und
deren Gesamtsteueransatz das gewogene Mittel aller Gemeinden um mehr als
20 Steuerprozente unterschreitet.

    § 28

    Die Gemeindebeiträge an den Fonds werden auf Grund der nachstehenden
Skala festgesetzt:

    Wenn die Steuerkraft der Gemeinden    % der

    das Kantonsmittel um ... übersteigt           Steuerkraft

    50- 74,9     Prozent 2

    75- 99,9     ''      4

    100-124,9     ''      6

    125-149,9     ''      8

    150-174,9     ''      10

    175 und mehr  ''      12

    Der Bezug dieser Beiträge erfolgt durch die Direktion des Innern
jeweils bis Ende September auf Grund der letztbekannten definitiven
Gemeindesteuererträge.

    Erreicht der Fonds die Höhe des einfachen Staatssteuerertrages nach
der letzten Staatsrechnung, so werden die übersteigenden Fondsmittel zur
Finanzierung der ordentlichen Beiträge und der Beiträge zur Deckung des
Budgetdefizits verwendet."

    Angefochten sind diese Bestimmungen, soweit sie Gemeinden mit
Beiträgen belasten.

Erwägung 4

    4.- Der Finanzausgleich zwischen den Gemeinden eines Kantons hat
regelmässig zwei Ziele: einmal sollen auch finanzschwachen Gemeinden
die nötigen Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert werden,
und sodann soll die Belastung der Steuerpflichtigen eine Angleichung
erfahren. Diese Ziele können insbesondere dadurch erreicht werden, dass der
Staat Gemeindeaufgaben übernimmt oder nach der Finanzkraft der Gemeinden
abgestufte Subventionen ausrichtet oder aber die Gemeinden mit Beiträgen an
den Kanton belastet werden, die von ihrer Leistungsfähigkeit abhängig sind.

    Die Lösung, welche die Gleichheit der Steuerzahler am besten sichert,
bestände darin, dass eine Einheitssteuer erhoben und der Anteil der
Gemeinden nach einem bestimmten Schlüssel festgestellt würde. Ein Schritt
in dieser Richtung ist fast überall getan worden: der Staat erhebt eine
über seine eigenen Bedürfnisse hinausgehende Staatssteuer und deckt aus
den entsprechenden Einnahmen auch Gemeindeausgaben. In einigen Kantonen
(so z.B. Aargau) werden in diesem Sinne die luristischen Personen mit
einer Einheitssteuer belegt, an deren Ertrag die Gemeinden beteiligt sind.

    Der Finanzausgleich zwischen den Gemeinden des Kantons Zürich bedient
sich der abgestuften Subventionen und der Beiträge der Gemeinden. Inwieweit
daneben der Staat auch ursprüngliche Gemeindeaufgaben ganz übernommen hat,
ist nicht zu erörtern. Im Finanzausgleichsgesetz nimmt die Subventionierung
der Gemeindeausgaben einen breiten Raum ein. Dabei ergibt sich die
ausgleichende Wirkung einerseits daraus, dass die benötigten Gelder mit der
kantonalen Staatssteuer, also im ganzen Kanton nach den selben Grundsätzen
erhoben werden, und anderseits aus der umgekehrt proportionalen Abstufung
der Subventionen nach der Finanzkraft. Damit hat der Zürcher Gesetzgeber
aber bloss Bestehendes ausgebaut, und die Beschwerdeführer erheben insoweit
auch keine Einwendungen. Neu und angefochten ist hingegen, dass besonders
finanzstarke Gemeinden zu Beiträgen herangezogen werden sollen.

Erwägung 5

    5.- a) Sowohl die beschwerdeführenden Gemeinden als auch die privaten
Beschwerdeführer machen geltend, die angefochtenen Bestimmungen verletzten
den Grundsatz der Rechtsgleichheit. Ob die Gemeinden als Trägerinnen der
öffentlichen Gewalt zu dieser Rüge legitimiert seien, erscheint im Lichte
der bisherigen Rechtsprechung als fraglich, kann aber hier insoweit offen
bleiben, als die privaten Beschwerdeführer die selben Rügen erhoben haben.

    Zwar richten sich die Vorschriften des Finanzausgleichsgesetzes
nur an die Gemeinden und umschreiben deren Pflichten. Trotzdem sind
unbestrittenermassen die einzelnen Steuerpflichtigen das wirkliche Ziel
des Gesetzes, sollen doch die vorgesehenen Beiträge bewirken, dass die
Steuerfüsse der heute besonders steuergünstigen Gemeinden erhöht werden
und sich dadurch das Steuergefälle zwischen diesen und den andern Gemeinden
verringert. Wenn sich auch noch nicht sagen lässt, in welchem Zeitpunkt die
beitragspflichtigen Gemeinden ihre Steueransätze werden anpassen müssen,
so ist doch eine entsprechende Mehrbelastung mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Die privaten Beschwerdeführer werden
von den angefochtenen Gesetzesbestimmungen deshalb unmittelbar betroffen,
und ihre Legitimation ist mithin zu bejahen. Freilich sind sie nur befugt,
die Verletzung ihrer eigenen Interessen, nicht derjenigen ihrer Gemeinden
zu rügen.

    b) Es ist deshalb zu prüfen, ob die Neuordnung mit der vorgesehenen
Beitragspflicht der Gemeinden, welche gewisse objektive Voraussetzungen
hinsichtlich Steuerfuss und Steuerkraft erfüllen, zu einer rechtsungleichen
Behandlung der Steuerpflichtigen führe.

    aa) Keine Rechtsungleichheit liegt einmal darin, dass zwar nur
die politischen Gemeinden beitragspflichtig erklärt, die Steuerbezüge
der entsprechenden Schul- und Kirchgemeinden aber mitberücksichtigt
werden. Vielmehr ist ein solches Vorgehen zur Vermeidung ungleicher
Belastungen geradezu unumgänglich, da die zürcherischen Gemeinden nicht
einheitlich organisiert sind.

    bb) Die beitragspflichtigen Gemeinden haben 2 - 12% ihrer absoluten
Steuerkraft, nämlich des auf einen Steueransatz von 100% umgerechneten
Ertrages der allgemeinen Gemeindesteuer im Durchschnitt der letztbekannten
drei Jahre, abzuliefern. Sie werden, was unbestritten ist und im Zweck des
Gesetzes liegt, ihre Steuerpflichtigen deswegen zusätzlich belasten müssen,
und zwar wird diese Mehrsteuer ungefähr dem Prozentsatz des Beitrags
entsprechen. Demgemäss kann vorausgesehen werden, dass beispielsweise die
Gemeinde mit dem bisher niedrigsten Gesamtsteuerfuss von ca. 88% und dem
maximalen Ausgleichsbetrag von 12% den Gemeindesteueransatz auf ca. 100%
erhöhen wird. Vermutlich wird keine der beitragspflichtigen Gemeinden
mit weniger auskommen. Die Steuerfüsse werden sich für sie etwa zwischen
100 und 120% einspielen. Die Steuerpflichtigen der sieben Gemeinden,
zu denen die Beschwerdeführer gehören, könnten sich jedoch nur dann
über eine rechtsungleiche Behandlung beklagen, wenn sie gegenüber den
Steuerpflichtigen anderer Gemeinden dauernd und wesentlich benachteiligt
würden. Das ist nicht der Fall. Zwar sind leichte Verschiebungen nicht
ausgeschlossen, indem Steuerpflichtige von Gemeinden, die gerade nicht mehr
beitragspflichtig sind, in geringem Masse bevorzugt sein können gegenüber
andern, deren Wohnsitzgemeinde noch Beiträge zu entrichten hat. Doch
werden solche Unterschiede immer nur unbedeutend und zeitlich befristet
sein. Sie fallen überhaupt nicht ins Gewicht gegenüber der Tatsache,
dass die Steuerpflichtigen der beschwerdeführenden Gemeinden nach wie vor
gegenüber allen andern des Kantons privilegiert bleiben. Im Jahre 1966
lag der Gemeindesteueransatz in 16 Gemeinden (mit insgesamt weniger als
100'000 Einwohnern) unter 125%, in 155 Gemeinden (mit insgesamt gegen
1 Million Einwohnern) dagegen über dieser Grenze. Hieran ändert das
angefochtene Gesetz grundsätzlich nichts. Es mildert bloss die allzu
krassesten Ungleichheiten, beseitigt sie indessen keineswegs. Nach wie
vor werden die Steuerpflichtigen der heute zu Beiträgen herangezogenen
Gemeinden vor der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung bevorzugt bleiben
und zwar in einem nicht unbedeutenden Umfang. Es ist immer noch möglich,
dass ein bestimmter Steuerpflichtiger z.B. in Zollikon wenig mehr als
die Hälfte dessen an Gemeindesteuern bezahlt, was sein Berufskollege bei
gleichem Lohn in einer kleinen Landgemeinde zu leisten hat.

    Die in den Rechtsschriften der Beschwerdeführer immer wiederkehrenden
Behauptungen, die Steuerzahler der sieben heute beitragspflichtigen
Gemeinden seien die Opfer einer grossen Rechtsungleichheit und
konfiskatorischer Massnahmen, kehrt nach dem Gesagten die wirklichen
Verhältnisse in einer geradezu grotesken Weise um.

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführer rufen auch den Art. 19 Abs. 1 der Zürcher
Kantonsverfassung an, wonach alle Steuerpflichtigen im Verhältnis der
ihnen zu Gebote stehenden Mittel an die Staats- und Gemeindelasten
beizutragen haben.

    a) Ob Art. 19 Abs. 1 KV überhaupt ein verfassungsmässiges Recht
gewährleistet, ist vorwiegend bezweifelt, in BGE 90 I 149/50 wieder
offengelassen worden. Dies kann vorliegend ebenfalls umso eher geschehen,
als der Beschwerde nicht zu entnehmen ist, inwiefern die in Art. 19
KV enthaltene Garantie sich wesentlich vom Rechtsgleichheitsgebot der
Bundesverfassung unterscheiden soll.

    b) Art. 19 Abs. 1 KV stellt offensichtlich in erster Linie eine
Anweisung an den Gesetzgeber darüber dar, wie die Steuergesetze zu
gestalten sind (vgl. STRÄULI, Die Kantonsverfassung des eidg. Standes
Zürich, S. 78 ff.; REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Kommentar zum
Zürcher Steuergesetz, Bd. I S. 4). Er enthält die Grundsätze der
"Allgemeinheit" der Steuer und der "Besteuerung nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit". Das Finanzausgleichsgesetz dagegenknüpft an das in
Kraft stehende und bereits auf Art. 19 Abs. 1 KV ausgerichtete Steuergesetz
an. Insbesondere führt es auch keine neue Steuer ein.

Erwägung 7

    7.- Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, die angefochtenen
Gesetzesvorschriften verletzten die Gemeindeautonomie, weil sie einerseits
den Bestand der Gemeinde gefährdeten sowie anderseits das Recht der
Gemeinde antasteten, die Ausgaben und die zu beziehenden Steuern
festzusetzen, und die Gemeinde zwängen, Aufwendungen für andere als
Gemeindeaufgaben zu machen.

    a) Die privaten Beschwerdeführer wären zur Rüge einer Verletzung der
Gemeindeautonomie nur legitimiert, wenn diese als Vorfrage zu beurteilen
wäre (BGE 91 I 412/13), was hier nicht zutrifft.

    b) Das angefochtene Gesetz trifft die beitragspflichtigen Gemeinden
nicht als Subjekte des Privatrechts, sondern als Trägerinnen öffentlicher
Gewalt, nämlich in der Verwaltung ihres öffentlichen Gutes. Es werden
ihnen Pflichten auferlegt, welche ihre Freiheit der Selbstverwaltung
einschränken. In dieser Eigenschaft steht es ihnen zu, staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung ihrer Autonomie zu führen (BGE 93 I 157/8
Erw. 3 mit Zitaten).

    c) Die Bestandesgarantie der Gemeinde wird allgemein als ein von
der Gemeindeautonomie verschiedenes verfassungsmässiges Recht anerkannt
(BGE 89 I 206/7; W. GEIGER, Die Gemeindeautonomie und ihr Schutz nach
schweizerischem Recht, S. 132/3, H. P. MATTER, Die Legitimation der
Gemeinde zur staatsrechtlichen Beschwerde, S. 17). Doch bezieht sich
dieses verfassungsmässige Recht auf die Existenz der Gemeinde und auf deren
Bestand an Gebiet und Bevölkerung. Die Beschwerdeführer möchten es auf den
Schutz der Gemeinde vor Aushöhlung ihrer finanziellen Grundlagen ausdehnen.

    Inwiefern ein Schutz der Gemeinde gegen Eingriffe des kantonalen
Gesetzgebers dieser Art gegeben ist, kann offen bleiben, da eine solche
Verletzung im vorliegenden Fall ohnehin nicht anzunehmen wäre. Die
Leistungen, welche das Finanzausgleichsgesetz bestimmten Gemeinden
auferlegt, sind zum vornherein nicht geeignet, deren Existenz, ja nicht
einmal deren finanzielles Gleichgewicht zu gefährden. Die zu entrichtenden
Beiträge werden zwar in der Rechnung einzelner betroffener Gemeinden ein
erhebliches Gewicht haben. Der wegen ihnen entstehende Unterschied zwischen
Einnahmen und Ausgaben wird jedoch leicht durch einen entsprechenden
Steuermehrbezug auszugleichen sein. Die angefochtenen Gesetzesbestimmungen
haben nicht einmal zur Folge, dass die bisherige bevorzugte Stellung der
besonders steuergünstigen Gemeinden erschüttert sein wird. Es besteht daher
für sie nie die Gefahr einer finanziellen Notlage. Verschlechtert sich
ihre Finanzkraft, so wird die Beitragspflicht verringert oder entfällt
ganz. Stets werden nur die finanzstärksten Gemeinden beitragspflichtig
und immer nur in einem Ausmass, das nicht einmal ihre bevorzugte Stellung,
geschweige denn ihre finanziellen Grundlagen überhaupt in Frage stellt.

Erwägung 8

    8.- Die Gemeindeautonomie gibt nach Art. 48 KV den zürcherischen
Gemeinden das Recht auf selbständige Ordnung "ihrer Angelegenheiten
innerhalb der Schranken der Verfassung und Gesetze". Es bedeutet dies,
dass die Gemeindeautonomie gegenüber dem kantonalen Gesetzgeber nicht
durchgesetzt werden kann, soweit sich dieser an den ihm von der Verfassung
gezogenen Rahmen hält (vgl. BGE 52 I 353 f., 93 I 158 Erw. 4). Art. 48
KV wird deshalb durch das angefochtene Gesetz offensichtlich nicht
verletzt. Unzulässige Eingriffe in die Gemeindeautonomie müssten sich
aus andern Verfassungsvorschriften ergeben.

    a) Die Beschwerdeführer berufen sich denn auch auf Art.  51 KV,
der lautet:

    "Den Gemeindeversammlungen steht insbesondere zu: Die Aufsicht
über die ihnen zugewiesenen Abteilungen der Gemeindeverwaltung, die
Festsetzung der jährlichen Voranschläge, die Abnahme der Jahresrechnungen,
die Bewilligung von Steuern, die Genehmigung von Ausgaben, welche einen
von ihnen festzusetzenden Betrag übersteigen, sowie die Wahl ihrer
Vorsteherschaft, deren Zusam ensetzung mit Bezug auf die Bürger und
Niedergelassenen das Gesetz bestimmen wird.

    Den Gemeindevorsteherschaften kommt insbesondere zu:

    1.  die Vorbereitung aller an die Gemeindeversammlung zu bringenden
Angelegenheiten;

    2.  die Vollziehung der Gemeindebeschlüsse;

    5.  die Verwaltung der Gemeindegüter, vorbehalten Art. 55 Abs. 2."

    Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, Art. 51 KV gebe
den Gemeinden das verfassungsmässige Recht, die dort aufgezählten
Gemeindeaufgaben frei von jeder staatlichen Einwirkung zu erfüllen. Diese
Auslegung ist unrichtig und verträgt sich ohnehin mit Art. 48 KV
nicht. Art. 51 KV ordnet zwar die Grundzüge der Gemeindeorganisation,
äussert sich aber nicht zur Qualität der zugewiesenen Aufgaben. Die
Zuständigkeit der Gemeindeversammlung, Ausgaben und Steuern zu bewilligen,
schliesst insbesondere nicht aus, dass die kantonale Gesetzgebung selber
oder aufgesetzlicher Grundlage beruhende Einzelakte der zuständigen
kantonalen Behörde den Gemeinden Leistungen auferlegen dürfen. Die
Steuerfestsetzungsfreiheit ihrerseits wird durch das zürcherische
Gemeindegesetz (GG) ohnehin stark eingeschränkt. Gemäss § 126 Abs. 1 Satz 2
GG haben die Gemeinden Steuern zu beziehen, um die Ausgaben zu decken, und
sie können nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen darüber hinausgehen
(vgl. § 126 Abs. 2 GG).

    b) Eine weitere Beschränkung der Gesetzgebung über die Gemeinden
sieht die Beschwerde in Art. 55 KV, welcher folgenden Wortlaut hat:

    "Die Gemeindegüter sind dazu bestimmt, die öffentlichen Bedürfnisse
der Gemeinde zu befriedigen.

    Die Gesetzgebung erlässt die näheren Bestimmungen."

    Die Beschwerdeführer behaupten, diese Vorschrift lasse es nicht zu,
den Gemeinden Beiträge zu Gunsten kantonaler Aufgaben aufzuerlegen.

    Indessen ergibt sich aus den Materialien der Verfassung (vgl. STRÄULI
aaO S. 205), dass Art. 55 dazu bestimmt war, die Ansprüche der Bürger
aufeine Sondernutzung der Gemeindegüter abzuwehren. Bis zur Revision
im Jahre 1926 waren daher auch die "rein bürgerlichen Separat- und
Nutzungsgüter" von der Regelung ausgenommen.

    Aus Art. 55 KV lässt sich somit kein Anspruch der Gemeinde daraus
herleiten, nicht zu Leistungen an den Kanton herangezogen zu werden. Zudem
behält der im Jahre 1926 aufgenommene Absatz 2 die Gesetzgebung
ausdrücklich vor.

    Dass Art. 55 Abs. 1 KV dem Finanzausgleich nicht entgegensteht, haben
die beschwerdeführenden Gemeinden übrigens selber bewiesen, indem sie seit
Jahren freiwillig derartige Beiträge leisten. Aus Art. 55 lässt sich dabei
keineswegs schliessen, dass auf freiwilliger Grundlage zulässig wäre,
was das Gesetz nicht anordnen dürfte. Die Bestimmung soll im Gegenteil
verhindern, dass die Gemeinden aus eigenem Antrieb ihre Mittel deren Zweck
entfremden; sie wendet sich aber nicht gegen das Erbringen gesetzlich
vorgeschriebener Leistungen.

    c) Die Beschwerdeführer vertreten ferner die Ansicht, Leistungen der
Gemeinden an eine "kantonale Aufgabe" bedürften einer ausdrücklichen
verfassungsmässigen Grundlage. Diese Behauptung lässt sich weder mit
der schweizerischen Rechtswirklichkeit noch mit den Verhältnissen im
Kanton Zürich vereinbaren. Keine kantonale Verfassung sieht Leistungen
der Gemeinden an den Staat ausdrücklich vor, was jedoch vielerorts den
Gesetzgeber zu Recht nicht gehindert hat, die Gemeinden gleichwohl zu
derartigen Obliegenheiten heranzuziehen. So kennen manche Kantone die
Steuerpflicht der Gemeinde gegenüber dem Staat. Vielfach sieht die
kantonale Gesetzgebung auch Beiträge der Gemeinden an die Kosten des
Vollzugs bestimmter Erlasse (wie die AHV) oder an gewisse Unternehmen
(wie Strassen- und Brückenbauten) vor. Sind diese Beiträge nach der
Finanzkraft abgestuft, dienen sie auch dem Finanzausgleich.

    Wenn derartige Leistungen in einem Kanton bisher wenig gebräuchlich
waren, dann bedeutet das nicht, dass sie deshalb einem ungeschriebenen
Verfassungsrecht widersprechen. Die entsprechenden Erlasse finden ihre
Rechtfertigung stets darin, dass beinahe alle Kantone wie Zürich die
Abgrenzung der gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen Staat und
Gemeinden der Gesetzgebung überlassen. Als Grundlage muss dies auch dann
genügen, wenn das Gesetz eine Leistung vorsieht, die in ihrer Art neu ist.

Erwägung 9

    9.- Nach Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinden beeinträchtigt
das angefochtene Gesetz ihre Autonomie auch dadurch, dass es die
Rechtsgleichheit unter den Gemeinden verletze. Es würden nämlich
sieben Gemeinden aus der Gesamtheit von 171 herausgegriffen und einer
Sonderbelastung unterworfen. Art. 4 BV sei ferner deshalb verletzt,
weil die politischen Gemeinden je nach der finanziellen Lage der Schul-
und Kirchgemeinden benachteiligt oder bevorzugt würden.

    In diesem Punkt fällt die Rüge eines unzulässigen Eingriffs in die
Gemeindeautonomie mit derjenigen der Verletzung des Art. 4 BV zusammen. Bei
der Behandlung dieses Beschwerdegrundes (vgl. Erw. 5 a hievor) konnte
die Frage, ob auch die Gemeinde als Trägerin hoheitlicher Gewalt zur
staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV legitimiert
sei, insoweit offengelassen werden, als auf gleichartige Vorbringen
der privaten Beschwerdeführer einzutreten war. Es erübrigt sich im
vorliegenden Zusammenhang erneut, die Legitimationsfrage zu erörtern, da
die angefochtenen Bestimmungen den Art. 4 BV mit Bezug auf die Gemeinden
ebenfalls nicht verletzen.

    a) Einmal trifft es nicht zu, dass sieben bestimmte Gemeinden einer
Sonderbelastung unterworfen worden sind, wenn auch zur Zeit voraussichtlich
die sieben beschwerdeführenden Gemeinden betroffen werden. Das Gesetz
nennt keine bestimmten Gemeinden, und die Abgrenzung der Leistungspflicht
erfolgt nach objektiv umschriebenen Gesichtspunkten. Es fallen unter
die Beitragspflicht die Gemeinden, welche finanziell eine bevorzugte
Stellung einnehmen. Gemessen wird diese einerseits am Steuerfuss und
anderseits an der Steuerkraft. Die Art und Weise, mit der das geschieht,
erscheint in keinem Fall als sinn- und zwecklos. Die einen kantonalen
Finanzausgleichsgesetze stellen auf den Steuerfuss, die andern auf die
Steuerkraft ab. Beide Lösungen führen zu billigen Ergebnissen. Dies gilt
umsomehr für ihre Verbindung.

    b) Nur die politischen Gemeinden mit einem Ausgleichsbeitrag zu
belasten, die Lage der Nebengemeinden aber mitzuberücksichtigen, stellt
ebenfalls keine Rechtsungleichheit dar. Es musste darauf Rücksicht genommen
werden, dass im Kanton Zürich die Aufgaben von Gemeinde zu Gemeinde
unterschiedlich aufgeteilt sind. Die Steuerpflichtigen, auf welche die
politischen Gemeinden ihre Beitragsleistungen nach dem Willen des Gesetzes
abzuwälzen haben, sollen gleichmässig belastet werden. Das lässt sich
nur durchführen, wenn auf die Gesamtsteuerleistung abgestellt werden kann.

    c) Wie schon erwähnt, sollen mit den angefochtenen Bestimmungen
die zum Teil erheblichen Unterschiede in den Gemeindesteuerleistungen
verkleinert werden. Dieses Ziele wäre nicht zu erreichen, wenn der Kreis
der Belasteten sehr weit gezogen würde. Zweckwidrig wäre vor allem,
Gemeinden wie die Stadt Zürich mit einzubeziehen, deren Steuerzahler
schon um 40 oder 50% höher belastet sind als diejenigen der bevorzugten
Beschwerdeführerinnen. Dagegen ist es sinnvoll und der Rechtsgleichheit
im Kanton dienlich, die Steuerfussspitze gegen unten zu brechen. Diese
Anordnung ist geeignet, dem Teufelskreis entgegenzuwirken, der darin
besteht, dass die Steuerpflichtigen in Gemeinden mit niedrigem Steuerfuss
abwandern und damit die schlechte Finanzlage der andern Gemeinden
verschärfen. Die Regelung, die der Kanton Zürich getroffen hat, ist
keineswegs sinn- oder zwecklos und wirkt sich nicht als Rechtsungleichheit
aus. Sie erscheint vielmehr als billig und der Aufgabe angemessen, die
sich ein Kanton stellen muss, wenn er die Steuerlast möglichst gleichmässig
unter alle Pflichtigen nach deren Leistungsfähigkeit verteilen will.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.