Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 I 285



93 I 285

35. Urteil von 26. Mai 1967 i.S. X. gegen Wehrsteuer Rekurskommission
des Kantons Zürich. Regeste

    Wehrsteuerpflichtiges Einkommen aus Liegenschaftenhandel (Art. 21
Abs. 1 lit. a WStB):

    1.  Begriff der Gewerbsmässigkeit (Erw. 3a).

    2.  Wann beabsichtigt ein Steuerpflichtiger ein
Spekulationsgeschäft? (Erw. 3b).

    3.  Ist der Rahmen gewöhnlicher Vermögensverwaltung überschritten:

    -  bei Parzellierung des verkauften Gutes (Erw. 4a)?

    - bei Beizug von Liegenschaftsvermittlern (Erw. 4b)?

    - bei Inanspruchnahme bedeutender fremder Gelder (Erw. 4c)?

Sachverhalt

    A.- Dr. X., damals noch als Fabrikant in Surabaja (Java) tätig, erwarb
1953 in Uetikon am See ein Wohnhaus mit Scheune samt 23 319 m2 Land. Er
beabsichtigte, nach seiner Rückkehr in die Schweiz hier zu wohnen und
etwas Landwirtschaft zu treiben. Im Jahre 1956 kehrte er in die Schweiz
zurück; er hoffte damals immer noch, aus der Liquidation seines Besitzes
in Indonesien ein beträchtliches Vermögen zu retten. Dies gelang dann
aber wegen der dortigen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse
nicht. Ab 1958 war er als Unternehmensberater tätig. Er bewohnte die
Liegenschaft in Uetikon bis 1961.

    X. versuchte 1959, den gesamten Landbesitz an die MON-SANTO Research
SA zu veräussern. Ein vertraglich eingeräumtes Kaufsrecht wurde vom
Berechtigten nicht ausgeübt. Am 7. Januar 1961 verkaufte X. das Wohnhaus
samt den Ökonomiegebäuden und 5000 m2 Land zum Preise von Fr. 400 000.--
Am 2. Februar 1962 veräusserte er 3515 m2 zum Preise von Fr. 153 472.50, am
9. Februar 1962 3000 m2 zu Fr. 150 000.--. und schliesslich am 16. Januar
1965 - auf Grund eines Kaufsrechtes, das er im Jahre 1961 eingeräumt
hatte - 1798 m2 zu Fr. 152 830.-- an die Käuferin des Wohnhauses.

    Bei der Veranlagung der 12. Wehrsteuerperiode (1963/64) wurden die
drei letzten Verkäufe als gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel betrachtet
und der dabei erzielte Gewinn von Fr. 423 328.-- als wehrsteuerpflichtiges
Einkommen im Sinne des Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB behandelt.

    B.- X. rekurrierte an die kantonale Wehrsteuerrekurskommission;
der Rekurs wurde abgewiesen (Entscheid vom 28. September 1966). Der
Begründung ist zu entnehmen:

    Die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen stehe zwar in keinem
Zusammenhang mit den Liegenschaftsverkäufen. Indessen habe er schon zur
Zeit des Kaufes nicht über die Mittel für einen derart umfangreichen
Grundbesitz verfügt. Er habe vielmehr in der Hoffnung gehandelt, aus den
Betrieben in Surabaja ein Vermögen zu lösen. Er habe daher von Anfang an
damit rechnen müssen, er werde gezwungen sein, die Liegen schaften wieder
zu verkaufen. Dass er nach einem möglichst grossen Gewinn gestrebt habe,
ergebe sich aus der spätern Parzellierung. Er habe auch Fremdkapital
beansprucht, was ebenfalls auf Gewerbsmässigkeit hinweise.

    C.- Gegen diesen Entscheid reichte X. eine
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht ein. Er beantragt, für die
Einkommenssteuer sei nur der Erwerb aus seiner Beratertätigkeit (Fr. 18
600.--) zu berücksichtigen. Er macht geltend: Als er die Liegenschaft
erworben habe, habe er angenommen, es werde ihm möglich sein, auf seinem
Gut mit dem aus Java herauszuziehenden Vermögen zu leben. Daher habe
er sofort den Auftrag erteilt, sein Haus umzubauen. Noch nach seiner
Rückkehr habe er vorerst geglaubt, es werde ihm möglich sein, sein Vermögen
teilweise in die Schweiz zu überweisen. Erst als sich gezeigt habe, dass
er in Indonesien alles verloren habe, sei er gezwungenermassen zum Verkauf
seines Grundbesitzes in Uetikon geschritten. Er habe zuerst versucht,
seinen Sitz gesamthaft zu verkaufen. Nachdem sich diese Verhandlungen
zerschlagen hatten, habe er sein Haus am 7. Januar 1961 abgestossen und
nachher - in verschiedenen Teilen - auch das Land. Als er das Land gekauft
habe, habe er nicht an einen Wiederverkauf gedacht.

    D.- Die Wehrsteuerverwaltung des Kantons Zürich und die Eidgenössische
Steuerverwaltung beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer
seinen Grundbesitz in vier Teilverkäufen in den Jahren 1961 bis 1962
abgestossen. Hinsichtlich des am 7. Januar 1961 abgeschlossenen
Verkaufs des Wohnhauses mit 5 000 m2 Umschwung wurde auch von der
Veranlagungsbehörde kein unter die Steuerpflicht gemäss Art. 21 Abs. 1
lit. a WStB fallendes Geschäft erblickt. Umstritten ist somit bloss, ob der
Erlös des nach dem 7. Januar 1961 verkauften Landes steuerpflichtig sei.

Erwägung 2

    2.- Gewinne aus dem Verkauf von Liegenschaften unterliegen der
Wehrsteuer vom Einkommen nur dann, wenn der Veräusserer gewerbsmässig
Handel treibt (Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB) oder wenn der Gewinn im
Betrieb eines zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmens
erzielt worden ist (Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB). Unbestritten ist, dass der
Beschwerdeführer diese zweite Voraussetzung nicht erfüllt. Hingegen nimmt
die Wehrsteuerverwaltung des Kantons Zürich mit der Eidg. Steuerverwaltung
an, jener habe die Gewinne beim gewerbsmässigen Handel mit Liegenschaften
erzielt.

Erwägung 3

    3.- a) Ein gewerbsmässiger Liegenschaftshandel liegt vor, wenn ein
Steuerpflichtiger Grundstückskäufe und -verkäufe nicht bloss im Rahmen
der Verwaltung seines Vermögens oder in Ausnützung einer sich zufällig
bietenden Gelegenheit vornimmt, sondern planmässig und mit der Absicht,
damit einen Verdienst zu erzielen. Die Gewerbsmässigkeit kann sich
einerseits aus der Häufung der An- und Verkäufe ergeben, anderseits aber
auch bei vereinzelten Umsatzgeschäften aus dem Zusammenhang mit einer
andern Erwerbstätigkeit, in deren Schranken sie erfolgt. So betrachtet das
Bundesgericht den Kauf und Verkauf einer Liegenschaft durch Baumeister,
Gipsermeister, Architekten und ähnliche Berufsleute als gewerbsmässig,
wenn diese damit ihrer Unternehmung oder ihrem Bureau Arbeit verschaffen
wollen (BGE 82 I 174, 92 I 122 Erw. 2 a; ASA 30 S. 374).

    b) Der Beschwerdeführer gehört nicht zu den Personen, deren
Liegenschaftenhandel einem Hauptberuf dient; die Verkäufe standen in
keinem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Unternehmensberater. Auch
die Steuerbehörden ziehen dies nicht in Zweifel; sie machen aber geltend,
der Beschwerdeführer habe von Anfang an an ein Spekulationsgeschäft
gedacht. Für diese Annahme fehlen indessen zwingende Anhaltspunkte.

    Der Beschwerdeführer hat das Gut "Im Brand" erworben, um dieses
zu seinem Alters- und Ruhesitz zu gestalten. Er hat es nach seinem
Geschmack ausgebaut und es während fünf Jahren bewohnt. Möglich ist, dass
er beim Erwerb des Gutes auch Überlegungen hinsichtlich einer späteren
Veräusserung anstellte. Dies wird aber kaum jemand unterlassen, der sein
Vermögen in Grund und Boden anlegt. Die Veräusserung des Gutes erfolgte
anerkanntermassen unter einem gewissen Zwang. Nachdem die Hoffnungen des
Beschwerdeführers, sein Vermögen aus Java in die Schweiz überführen zu
können, sich nicht verwirklichten, war die Belastung durch den Unterhalt
für ihn zu gross. Er musste daher einen Verkauf anstreben. Er hat
dabei sein zu privaten Zwecken gekauftes und nicht mehr tragbares Land
bestmöglich veräussert. Dass er dabei einen erheblichen Gewinn erzielen
konnte, macht diesen noch nicht zum Einkommen im Sinne von Art. 21 WStB.

Erwägung 4

    4.- Was die Steuerbehörden dagegen vorbringen, dringt nicht durch:

    a) Die Veranlagungsbehörde glaubt, dass der Beschwerdeführer schon
deshalb den Rahmen gewöhnlicher Vermögensverwaltung überschritten habe,
weil er sein Gut parzellieren liess. Unbestrittenermassen versuchte
der Beschwerdeführer zunächst, seinen Grundbesitz gesamthaft zu
verkaufen. Erst nachdem seine Versuche nicht zum Ziele führten, schritt
er zur Parzellierung. Diese stellte aber keine über eine gewöhnliche
Liegenschaftenverwaltung hinausgehende Massnahme dar. Es war nicht schwer,
das Gut in vier Grundstücke aufzuteilen; jeder Architekt konnte ohne
besondere Mühe geeignete Vorschläge unterbreiten.

    b) Die Veranlagungsbehörde hat besonderes Gewicht auf den Umstand
gelegt, dass der Beschwerdeführer Liegenschaftsvermittler zu Hilfe
gezogen habe. Dies spreche gegen die blosse Ausnützung zufällig sich
bietender Gelegenheiten. Dieser Beizug genügt indessen nicht, um ein
gewerbsmässiges Handeln nachzuweisen; denn es brauchte vermutlich nicht
mehr als einige Inserate, um damals in der Zeitspanne von etwa 2 Jahren
in dieser gesuchten Lage vier Käufer zu finden. Bestimmt setzte es aber
keine intensive Tätigkeit voraus. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer
Vermittler in Dienst nahm, beweist vielmehr, dass sein persönlicher
Einsatz bescheiden war.

    c) Die Vorinstanz schliesst die Annahme, der Beschwerdeführer
habe im Rahmen einer ordentlichen Vermögensverwaltung gehandelt, auch
deshalb aus, weil er weder zur Zeit des Kaufes noch später die Mittel für
einen derart umfangreichen Grundbesitz besessen habe. Richtig ist, dass
sich die Gewerbsmässigkeit aus der Inanspruchnahme bedeutender fremder
Gelder ergeben kann (BGE 92 I 122 Erw. 2 a). Im vorliegenden Fall fehlt
es an diesbezüglichen Feststellungen der Vorinstanz. Aber auch wenn der
Beschwerdeführer bedeutende fremde Mittel zum Erwerb des Gutes "Im Brand"
eingesetzt haben sollte, drängen seine damaligen Verhältnisse nicht zum
vorneherein die Annahme eines spekulativen Kaufes auf; die Steuerbehörden
bringen denn auch nichts vor, was seine Behauptung, er habe noch 1956
(bei seiner Rückkehr) an die teilweise Rettung seines Besitzes in Java
geglaubt, als unzutreffend erscheinen liesse.

Erwägung 5

    5.- Nach der Einschätzung des Kantonalen Steueramtes sind dem
Beschwerdeführer - neben dem unbestrittenen Einkommen von 18 600 Franken
- eigene Arbeiten im Betrage von Fr. 3968.-- angerechnet worden. Die
Eidg. Steuerverwaltung macht in ihrer Vernehmlassung geltend, diese
Aufrechnung sei in der Folge nicht angefochten worden. Dem Entscheid
der Wehrsteuer-Rekurskommission ist darüber nichts zu entnehmen. Der
Beschwerdeführer beantragt seinerseits, sein wehrsteuerpflichtiges
Einkommen für die 12. Periode (1963/64) sei auf Fr. 18 600.--
festzusetzen. Unter diesen Umständen ist die Sache zur weiteren Abklärung
und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der Vorinstanz aufgehoben
und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen zurückgewiesen.