Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 I 236



93 I 236

30. Urteil vom 13. Juni 1967 i.S. "VITA"
Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft gegen Kantone Basel-Stadt und
Zürich. Regeste

    Besteuerung einer Lebensversicherungsgesellschaft mit Sitz im einen
und Grundeigentum im andern Kanton, wenn beide Kantone das Reinvermögen
und das Reineinkommen besteuern. Beim verhältnismässigen Schulden-
und Schuldzinsenabzug hat der Liegenschaftskanton das Deckungskapital
als Schuld und seine Verzinsung als Schuldzinsen zu behandeln,
wobei als Zinsfuss nicht der sog. technische Zinsfuss, sondern der
gesamtschweizerische durchschnittliche Hypothekarzinsfuss des für die
Steuerbemessung massgebenden Jahres in Rechnung zu stellen ist.

Sachverhalt

    A.- Die "VITA" Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft (nachstehend kurz
VITA genannt) betreibt ausschliesslich das Lebensversicherungsgeschäft. Sie
hat ihren Sitz in Zürich und verschiedene Zweigniederlassungen im
Ausland. In der Schweiz bestehen nur Generalagenturen, die nicht als
Betriebsstätten gelten und kein Steuerdomizil begründen. Dagegen ist die
VITA in zahlreichen Kantonen als Grundeigentümerin steuerpflichtig. Der
Bilanzwert ihrer schweizerischen Liegenschaften betrug Ende
1963 Fr. 151'442,743.--, wovon Fr. 14'244,160.-- (= 1,27% der Fr.
1'123,575'009.-- betragenden Gesamtaktiven) auf den Kanton Basel-Stadt
entfallen.

    Im Geschäftsjahr 1963 erzielte die VITA gemäss ihrer Gewinn- und
Verlustrechnung einen "Gesamtüberschuss" von Fr. 21'812,996.--. Davon
wurden Fr. 18'500,000.-- in den Gewinnfonds der Versicherten gelegt,
während anderseits Fr. 12'747,632.-- (= 60,24% des Gesamtüberschusses)
diesem Fonds entnommen und als sog. "Gewinnanteile" durch Reduktion
der Prämien oder Erhöhung der Versicherungssummen an die Versicherten
ausgerichtet wurden. Die technischen Reserven, d.h. das Deckungskapital
und die Prämienüberträge, machten im Durchschnitt des Jahres 1963
Fr. 975'908,849.-- aus; die hierauf berechneten technischen Zinsen von
2,70% nebst den eigentlichen Schuldzinsen betrugen Fr. 27'355,257.--
(= 2,43% der Gesamtaktiven).

    Es ist unbestritten, dass die technischen Reserven der VITA bei der
Kapital- bzw. Vermögensbesteuerung als Schulden zu behandeln und daher vom
Liegenschaftskanton Basel-Stadt beim verhältnismässigen Schuldenabzug
zu berücksichtigen sind. Nicht streitig ist ferner, dass bei der
Ertragsbesteuerung in gewissem Umfange auch Zinsen auf den technischen
Reserven als Schuldzinsen zu behandeln und vom Kanton Basel-Stadt zum
verhältnismässigen Schuldzinsenabzug zuzulassen sind. Der Streit betrifft
die Höhe des für die Berechnung dieser Zinsen massgebenden Zinsfusses im
Jahre 1963.

    Die VITA ist der Auffassung, dass nicht nur der technische Zinsfuss
von 2,70% des Deckungskapitals bzw. 2,43% der Gesamtaktiven in Betracht
falle; vielmehr sei zu diesem ein Zuschlag zu machen, der dem Verhältnis
der an die Versicherten ausgerichteten Gewinnanteile zum Gesamtüberschuss
entspreche.

    a) In der am 30. April 1964 im Kanton Zürich eingereichten
Steuererklärung gelangte die VITA für die Bestimmung des vom Kanton Zürich
auszuscheidenden Ertrags der in andern Kantonen gelegenen Liegenschaften
zu einem Zuschlag von 1,44% zum technischen Zinsfuss auf Grund folgender
Berechnung:

    Nettoertrag der schweizerischen Liegenschaften in Prozen-

    ten der Bilanzwerte   4,82 %

    Abzüglich technische Zinsen   2,43 %

    Auf den schweizerischen Liegenschaften erzielter Gewinn       2,39 %

    Davon an die Versicherten ausgerichtet        60,24% = 1,44 %

    Demgemäss berechnete sie den auf den ausserkantonalen
Liegenschaftsbesitz entfallenden Teil ihres Reinertrages wie folgt:
          Fr.

    Nettoertrag der ausserkantonalen Liegenschaften
4'007,348.-- abzüglich verhältnismässiger Anteil auf dem

    Fr. 84'090,708.-- betragenden Bilanzwert:

    - 2,43 % (technische Zinsen)  Fr. 2'043,404.--

    - 1,44 % (den Versicherten ausgerichtete

    Gewinnanteile)        Fr. 1'210,906.--        3'254,310.--

    Steuerbarer Reinertrag der ausserkantonalen

    Liegenschaften                753'038.--

    Das kantonale Steueramt Zürich zog diesen Betrag sowie den
Fr. 777'152.-- ausmachenden Ertrag der ausländischen Betriebsstellen vom
steuerbaren Gesamtreinertrag von Fr. 2'404,872.-- ab und setzte demgemäss
den im Kanton Zürich steuerbaren Reinertrag der VITA auf Fr. 874'682.--
fest.

    b) In der am 30. April 1964 im Kanton Basel-Stadt eingereichten
Steuererklärung ging die VITA bei der Bestimmung des verhältnismässigen
Anteils an den Schuldzinsen von einem Zinsfuss von 4, 15% aus und
gelangte so zu einem in diesem Kanton steuerbaren Liegenschaftsertrag
von Fr. 129'761.--. Diesen Zahlen liegen folgende Berechnungen zugrunde:

    1. Nettoertrag der Basler Liegenschaften in Prozenten der

    Bilanzwerte   5,28 %

    abzüglich technische Zinsen   2,43 %

    Auf den Basler Liegenschaften erzielter Gewinn        2,85 %

    Davon an die Versicherten ausgerichtet        60,24 % = 1,72 %
          Fr.

    2. Nettoertrag der Basler Liegenschaften              720'894.--

    abzüglich verhältnismässiger Anteil auf dem

    Fr. 14'244,160.-- betragenden Bilanzwert:

    - 2,43 % (technische Reserven)        Fr. 347'412.--

    - 1,72% (den Versicherten ausgerichtete

    Gewinnanteile)        Fr. 243'721.--  591'133.--

    Im Kanton Basel-Stadt steuerbarer reiner Liegen-

    schaftsertrag         129'761.--

    Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt lehnte die Behandlung der
"Gewinnanteile" als Schulden ab, zog daher vom Nettoertrag der Basler
Liegenschaften von Fr. 720'894.-- nur die technischen Zinsen im Betrag
von Fr. 347'412.-- ab und setzte den im Kanton Basel-Stadt

    steuerbaren Reinertrag auf Fr. 373'482.--

    fest (Einspracheentscheid vom 4. Januar 1965). Die VITA rekurrierte
hiegegen, wurde aber von der kantonalen Steuerkommission und vom
Regierungsrat abgewiesen, von diesem mit Beschluss vom 19. Dezember 1966.

    B.- Gegen diesen Entscheid hat die VITA staatsrechtliche
Beschwerde wegen Doppelbesteuerung erhoben mit dem Antrag, ihn
aufzuheben. Zur Begründung macht sie im wesentlichen geltend: Wenn
alle Liegenschaftskantone die Berechnungsweise des Kantons Basel-Stadt
übernähmen, müssten die Passivzinsen zu Lasten der Liegenschaftskantone
um Fr. 1'210,906.-- herabgesetzt werden. Dies hätte zur Folge,
dass der in diesen Kantonen und im Ausland zu versteuernde Ertrag
der Beschwerdeführerin den steuerbaren Gesamtertrag im Jahre 1963 um
Fr. 336'224.-- und im Jahre 1966 um rund Fr. 398'000.-- überstiege,
dass also für den Kanton Zürich, wo die Beschwerdeführerin den Sitz habe
und Liegenschaften im Werte von rund Fr. 74'000,000.-- besitze, kein
steuerbarer Ertrag übrig bliebe. Darin liege eine echte Doppelbesteuerung,
die sich mit der in den nächsten Jahren zu erwartenden starken Zunahme
des ausserkantonalen Liegenschaftsbesitzes der Beschwerdeführerin
noch verstärken würde. Zur Vermeidung dieser Doppelbesteuerung gebe es
verschiedene Methoden, darunter auch die Aufteilung des Reinertrages
nach Quoten mit einem Präzipuum des Sitzkantons. Nach Auffassung
der Beschwerdeführerin führe die richtige Interpretation des Begriffs
Passivzinsen zu einer technisch, wirtschaftlich und juristisch sachgemässen
Lösung. Entgegen der Auffassung der basel-städtischen Behörden seien nicht
nur die technischen Zinsen, sondern auch die den Versicherten auf ihren
Spargeldern (Deckungskapital) in Form von "Gewinnanteilen" vergüteten
Zinsen als echte Schuldzinsen zu betrachten, da der Versicherungsnehmer
auf Grund des Versicherungsvertrages einen vertraglichen Anspruch auf die
"Gewinnanteile" habe und diese sich für den Versicherer ebenso als Kosten
auswirkten wie der technische Zins, der eine blosse vorkalkulatorische
Hilfsgrösse sei, nur der Bestimmung der Maximalprämie diene und weit unter
dem normalen Ertrag der Prämienreserven liege (wird näher ausgeführt). §
73 Abs. 3 lit. e des basel-städtischen Steuergesetzes lasse denn auch
"die zur Verteilung an die Versicherten bestimmten Überschüsse der
Versicherungsgesellschaften" zum Abzug vom steuerbaren Einkommen zu.

    C.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt beantragt
Abweisung der Beschwerde. Er anerkennt, dass das Deckungskapital im
Lebensversicherungsgeschäft nicht Reinvermögen des Versicherers sei,
sondern einen Schuldposten darstelle. Dagegen sei eine Gleichstellung der
"Gewinnanteile" mit den tatsächlichen Schuldzinsen nicht möglich. Vom
Ertrag des im Kanton Basel-Stadt gelegenen Grundeigentums könne
nur abgezogen werden, was ihn schmälere. Die Rückvergütung von
Prämienteilen schmälere aber nicht den Liegenschaftsertrag, sondern den
Unternehmergewinn.

    D.- Der zur Vernehmlassung eingeladene Regierungsrat des Sitzkantons
Zürich beantragt Gutheissung der gegen den Kanton Basel-Stadt gerichteten
Beschwerde. Nach der angefochtenen Ausscheidungsmethode würde auf den
Sitzkanton Zürich ein Ausgabenüberschuss entfallen, könnte Zürich
also von dem 1963 erzielten Gewinn keine Steuern erheben. Dieses
Ergebnis sei unbefriedigend und benachteilige den Sitzkanton in einer
wirtschaftlich nicht zu begründenden Art und Weise; überdies führe
es dann, wenn wie hier mehr als der gesamte Reinertrag besteuert
werde, zu einer Doppelbesteuerung. Die Beschwerdeführerin schlage
eine Ausscheidungsmethode vor, die die besonderen Verhältnisse in der
Lebensversicherungsbranche berücksichtige und den Vorteil habe, der
Abhängigkeit der Gewinnausschüttung vom Liegenschaftsertrag Rechnung zu
tragen. Sollte das Bundesgericht sich nicht für diese Methode entscheiden,
so wäre zu prüfen, ob der Ausscheidung anstelle des technischen Zinsfusses
ein höherer Zinsfuss zugrunde zu legen sei, z.B. derjenige Zins, der
normalerweise bezahlt werden müsste, wenn die Liegenschaften im üblichen
Umfange mit Hypotheken belastet wären. Auch könnte die Zuweisung eines
Präzipuums an den Sitzkanton in Erwägung gezogen werden.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Obwohl die Beschwerdeführerin das Vorliegen einer "echten"
(d.h. effektiven, nicht bloss virtuellen) Doppelbesteuerung behauptet
und geltend macht, der Liegenschaftskanton Basel-Stadt besteuere einen
grösseren als den vom Sitzkanton Zürich zu seinen Gunsten ausgeschiedenen
Teil des Reinertrags, richtet sich die Beschwerde ausschliesslich gegen
den Kanton Basel-Stadt. Die konkurrierende Besteuerung im Kanton Zürich
wird nicht angefochten, und zwar auch nicht für den Fall, dass dem
Antrag auf Aufhebung der baselstädtischen Veranlagung nicht entsprochen
werden sollte. Die Beschwerde muss daher, sofern sie gegenüber dem Kanton
Basel-Stadt nicht gutgeheissen werden kann, abgewiesen werden (BGE 69 I 77
Erw. 1; LOCHER, Interkant. Doppelbesteuerungsrecht, § 12 III A 1 Nr. 22).

Erwägung 2

    2.- Nach der Rechtsprechung liegt eine gegen Art. 46 Abs. 2 BV
verstossende Doppelbesteuerung vor, wenn ein Steuerpflichtiger von
zwei oder mehreren Kantonen für das nämliche Steuerobjekt und für die
gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (BGE 90 I 296/7; LOCHER aaO §
1 II A). Das Bundesgericht hat ferner aus Art. 46 Abs. 2 BV abgeleitet,
ein Kanton dürfe einen Steuerpflichtigen deshalb nicht anders und nicht
stärker belasten, weil er nicht in vollem Umfange seiner Steuerhoheit
unterstehe, sondern zufolge einer territorialen Beziehung auch noch in
einem andern Kanton steuerpflichtig sei (BGE 60 I 106/7 mit Verweisungen,
66 I 46), und es hat dabei erklärt, es bedeute eine Doppelbesteuerung, wenn
ein Steuerpflichtiger in mehreren auf dem Boden der Reineinkommenssteuer
stehenden Kantonen zusammen mehr als sein gesamtes Reineinkommen zu
versteuern habe (vgl. BGE 60 I 106 oben, 66 I 48 Nr. 6 am Ende). Diese
allgemeine Regel hat aber, wie das Bundesgericht seither wiederholt
entschieden hat (BGE 91 I 396 ff. und dort erwähnte Urteile ZBl 1956
S. 482 ff. und ASA 27 S. 408 ff.), gegebenenfalls zurückzutreten vor
dem besondern Grundsatz, dass das Grundeigentum dem Kanton, in dem es
gelegen ist, zur ausschliesslichen Besteuerung vorbehalten ist. Ein
Kanton mit Reineinkommensbesteuerung, in dem ein Unternehmen lediglich
als Grundeigentümer steuerpflichtig ist, darf es nicht für eine Quote
des Gesamtreingewinns, sondern nur für den Reinertrag der Liegenschaften
besteuern; diesen aber darf er, nach Abzug eines verhältnismässigen Anteils
an den Schuldzinsen, auch dann voll erfassen, wenn er, zusammen mit den
steuerbaren Reinerträgnissen von Liegenschaften in andern Kantonen,
den gesamten Reinertrag des Unternehmens übersteigt, dieses also
gesamthaft einen höhern Reinertrag zu versteuern hat, als wenn es nur der
Steuerhoheit eines einzigen Kantons unterstände. Diese Rechtsprechung
ist in der Steuerrechtslehre kritisiert worden (I. BLUMENSTEIN, ASA
27 S. 457; STUDER ZBl 1958 S. 44/5; SCHLUMPF, Bundesgerichtspraxis
zum Doppelbesteuerungsverbot 3. Aufl. S. 258/9). Zu einer neuen
Auseinandersetzung mit dieser bereits in BGE 91 I 396 ff. zurückgewiesenen
Kritik besteht umso weniger Anlass, als eine Aenderung jener Praxis im
vorliegenden Fall von keiner Seite verlangt wird. Der Streit geht um die
Höhe der vom Liegenschaftskanton als Schuldzinsen zu berücksichtigenden
Passivzinsen auf dem Deckungskapital der Beschwerdeführerin.

Erwägung 3

    3.- Wie das Bundesgericht in BGE 54 I 395 Erw. 4 c mit eingehender
Begründung entschieden und in BGE 57 I 77 sowie 74 I 461 bestätigt hat,
stellen die technischen Reserven im Lebensversicherungsgeschäft (im
Gegensatz zum Unfallversicherungsgeschäft; vgl. BGE 79 I 345 ff.) nicht
Reinvermögen des Versicherers, sondern, da ihm feste Ansprüche der
Versicherungsnehmer gegenüberstehen (Art. 36 und 37 VVG), ein Passivum,
einen echten Schuldposten dar; es ist derjenige Teil der bezahlten Prämien,
dessen der Versicherer bedarf, um damit zusammen mit den zukünftigen
Prämien und den Zinsen die ihm gemäss Versicherungsvertrag obliegenden
Leistungen zu erbringen (BGE 54 I 396; vgl. auch KOENIG, Schweiz.
Privatversicherungsrecht, 2. Aufl. S. 349 ff., insbes. 353). Der Kanton
Basel-Stadt, der wie der Kanton Zürich auf dem Boden der Reinvermögens-
und Reineinkommensbesteuerung steht, hat denn auch beim verhältnismässigen
Schuldenabzug ohne weiteres das Deckungskapital der Beschwerdeführerin
berücksichtigt.

    Das Bundesgericht hat in BGE 54 I 401 Erw. 5 b (und 74 I 463) weiter
entschieden, dass das Deckungskapital eine verzinsliche Schuld darstelle,
dass "die darauf berechneten Zinsen als Verzinsung einer Schuld an Dritte
zu betrachten und infolgedessen vom Roheinkommen abzurechnen" seien. Auch
hierüber sind sich die Parteien im Grundsatze einig. Der Streit betrifft
lediglich die Höhe des Zinsfusses.

    Das Bundesgericht hat sich in BGE 54 I 401 Erw. 5 b über diese
Frage nicht geäussert, sondern hat erklärt, die Feststellung des
Zinsfusses für die Verzinsung des Deckungskapitals (der im Gutachten
des von den kantonalen Behörden beigezogenen Bücherexperten mit 4 1/2%
eingesetzt war) bleibe vorbehalten. Seither scheinen die Kantone
bei der Besteuerung der Lebensversicherungsgesellschaften auf den
sog. technischen Zinsfuss abgestellt zu haben (vgl. BGE 78 I 321 und die
vorliegende Beschwerdeantwort des Regierungsrates des Kantons Zürich). Der
Kanton Basel-Stadt möchte an dieser Praxis festhalten, während die
Beschwerdeführerin und der Kanton Zürich neben dem sog. technischen
Zins auch die an die Versicherten ausgerichteten "Gewinnanteile" als
Schuldzinsen behandelt wissen wollen.

    a) Der versicherungstechnische Zins ist nicht ein effektiv bezahlter
Zins, sondern nur eine rechnungsmässige Grösse, die zur Bestimmung des
Deckungskapitals und der Prämien benutzt wird (vgl. Handwörterbuch des
Versicherungswesens, 1958, Spalten 2531/2). Da der wirkliche Ertrag
des Deckungskapitals nicht mit Sicherheit voraussehbar ist, wird der
technische Zinsfuss sehr niedrig angesetzt, damit die Erfüllung der in
der Regel langfristigen Lebensversicherungsverträge auch bei niedrigstem
allgemeinem Zinsniveau noch gewährleistet ist. Als rein rechnerische
Grösse, die mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des jeweiligen Steuer-
oder Bemessungsjahres in keiner Beziehung steht, scheint der technische
Zinsfuss von vorneherein nicht geeignet als Grundlage für die Berechnung
des jährlichen steuerbaren Reinertrags. Schon die vom Bundesgericht im
Falle BGE 78 I 318 ff. beigezogenen Experten haben denn auch in ihrem
Gutachten (S. 6 und 41) die Anwendung eines höheren Zinsfusses befürwortet,
doch bestand für das Bundesgericht kein Anlass, diese in jenem Falle
nicht streitige Frage zu prüfen.

    b) Die Beschwerdeführerin und der Kanton Zürich sind der Auffassung,
als Schuldzinsen seien neben den technischen Zinsen auch die aus
der effektiv höheren Rendite des Deckungskapitals sich ergebenden
Teile des Gewinns zu betrachten, die- als sog. "Gewinnanteile" des
Versicherten - zur Herabsetzung der Prämien oder zur Heraufsetzung
der Versicherungssummen verwendet werden. Der Einwand des Kantons
Basel-Stadt, es handle sich dabei nicht um einen Passivzins, sondern
um eine Gewinnquote, nimmt zu wenig Rücksicht auf die Natur des
Deckungskapitals und der vertraglichen Ansprüche der Versicherten und
steht im Widerspruch zu der § 73 Abs. 3 lit. e des basel-städtischen
Steuergesetzes zugrunde liegenden Auffassung. Die Behandlung auch
der den Versicherten ausgerichteten "Gewinnanteile" als Passivzinsen
würde den tatsächlichen Verhältnissen des Steuer- und Bemessungsjahres
besser Rechnung tragen als die Berücksichtigung nur der technischen
Zinsen. Indessen bestehen hiegegen andere Bedenken. Einmal dürfte
die Bemessung der an die Versicherten ausgerichteten "Gewinnanteile"
mindestens in einem gewissen Umfange im Ermessen des Versicherers stehen;
jedenfalls wird in der Beschwerde nicht ausgeführt und ist auch aus den
Akten nicht ersichtlich, weshalb gerade 60,24% des in den Gewinnfonds
der Versicherten gelegten Teils des Gesamtüberschusses diesen vergütet
wurden. Sodann weist die Berechnungsweise der Beschwerdeführerin gewisse
Unstimmigkeiten auf; während sie nämlich bei der Bestimmung des vom Kanton
Zürich auszuscheidenden Liegenschaftsertrages mit einem Passivzins von
(2,43 + 1,44 =) 3,87% rechnet, verlangt sie vom Kanton Basel-Stadt einen
Abzug von (2,43 + 1,72 =) 4,15%, was bei den in Frage stehenden Beträgen
eine nicht unbeträchtliche Differenz ergibt. Es ist daher nach einem
Zinsfuss zu suchen, der sich nach objektiven Kriterien einfach bestimmen
lässt und zu einem angemessenen Ergebnis führt.

    c) Die im Kanton Basel-Stadt befindlichen Liegenschaften der
Beschwerdeführerin sind (wie wohl die meisten ihrer als Anlage erworbenen
Liegenschaften) im Register des Sicherheitsfonds eingetragen und haften
damit in erster Linie für die Ansprüche der Versicherten (Art. 14 des
BG über die Sicherstellung von Ansprüchen aus Lebensversicherungen
usw. vom 25. Juni 1930). Obwohl diese Haftung keine dingliche Kraft
besitzt, kommt den Werten des Sicherheitsfonds praktisch die gleiche
Wirkung wie einem Pfand zu (KOENIG aaO S. 96/7). Es liegt daher nahe,
von dem als Schuld zu behandelnden Deckungskapital denjenigen Teil, der
auf die Liegenschaften in Basel entfällt, einer Hypothek und die darauf
berechneten Zinsen Hypothekarzinsen gleichzustellen. Dem entspricht
die Wahl eines Zinsfusses, der im massgebenden Jahr für Hypotheken
tatsächlich bezahlt worden ist. Das ist der gesamtschweizerische
durchschnittliche Hypothekarzinsfuss. Dieser betrug in dem hier in
Frage stehenden Jahre 1963 3,82% (Das schweiz. Bankwesen im Jahre 1965,
Mitteilungen der volkswirtschaftlichen und statistischen Abteilung der
Schweiz. Nationalbank, Heft 50 S. 175). Dieser Zinsfuss ist zwar, wie der
technische Zinsfuss, eine bloss rechnungsmässige Grösse, entspricht aber
den tatsächlichen Verhältnissen des Steuerjahres und den Gegebenheiten
des Lebensversicherungsgeschäftes besser als jener.

    Die Anwendung dieses Zinsfusses auf die Bestimmung der in
den Liegenschaftskantonen zum Abzug zuzulassenden Passivzinsen vom
Deckungskapital führt zu einem wesentlich andern Ergebnis als diejenige
des technischen Zinsfusses. Dieser hat, wie in der Beschwerde dargelegt,
zur Folge, dass die Beschwerdeführerin entweder im Kanton Zürich,
wo sie ihren Sitz und beinahe die Hälfte ihrer Liegenschaften hat,
überhaupt nicht besteuert werden könnte, oder aber, dass sie im Sitz-
und in den Liegenschaftskantonen zusammen einen ihren steuerbaren
Gesamtreinertrag weit übersteigenden Reingewinn zu versteuern hätte
und damit in einer mit dem Doppelbesteuerungsverbot unvereinbaren Weise
übermässig belastet würde (was im Falle BGE 78 I 318 ff. trotz Anwendung
des technischen Zinsfusses offenbar nur deshalb nicht eintrat, weil die
Lebensversicherungsgesellschaften damals noch weniger Liegenschaften
besassen als heute; vgl. BGE 78 I 333 lit. b). Rechnet man mit dem
erwähnten Zins von 3,82%, so ergeben sich für die Kantone Basel-Stadt
und Zürich folgende Zahlen:

    1. Kanton Basel-Stadt:        Fr.

    Nettoertrag der Basler Liegenschaften 720'894.--

    Anteil an den Schuldzinsen (3,82 % des

    Fr. 14'244,160.-- betragenden Bilanzwertes)   544'127.--

    Im Kanton Basel-Stadt steuerbarer Liegenschafts-

    ertrag        176'767.--

    2. Kanton Zürich:             Fr.

    a) Nettoertrag der ausserkantonalen Liegenschaf-

    ten           4'007,348.--

    Anteil an den Schuldzinsen (3,82% des

    Fr. 84'090,708.-- betragenden Bilanzwertes)           3'212,265.--

    Steuerbarer Reinertrag der ausserkantonalen

    Liegenschaften                795'083.--

    b) Gesamter steuerbarer Reinertrag              2'404,872.--

    abzüglich

    - Reinertrag der auslän-

    dischen Betriebsstellen       Fr. 777'152.--

    - Reinertrag der ausserkan-

    tonalen Liegenschaften        Fr. 795'083.--  1'572,235.--

    Im Kanton Zürich steuerbarer Reinertrag               832'637.--

    Die Anwendung des Zinsfusses von 3,82% führt somit zu einem durchaus
angemessenen Ergebnis. Die Summe der steuerbaren Reinerträgnisse der
ausserkantonalen Liegenschaften ist nicht grösser als der gesamte
Reinertrag; von diesem bleibt vielmehr auch dem Sitzkanton, wo die
Beschwerdeführerin ebenfalls umfangreichen Liegenschaftsbesitz hat,
ein erheblicher Teil zur Besteuerung.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    In Gutheissung der Beschwerde wird festgestellt, dass der
Kanton Basel-Stadt den für 1963 steuerbaren Reinertrag des dortigen
Liegenschaftsbesitzes der VITA Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft
unter Berücksichtigung einer Verzinsung des Anteils am Deckungskapital in
der Höhe des gesamtschweizerischen mittleren Hypothekarzinses des Jahres
1963, d.h. 3,82% zu berechnen hat.