Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 I 106



93 I 106

14. Urteil vom 3. Mai 1967 i.S. Haus- und Grundeigentumerverband Luzern
und Mitbeteiligte gegen Einwohnergemeinde Luzern und Regierungsrat des
Kantons Luzern. Regeste

    Finanzierung der Erstellung und des Betriebs einer
Abwasserreinigungsanlage einer Gemeinde.

    Mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit vereinbar ist eine Ordnung,
nach welcher für die nicht durch eine kantonale Subvention und durch
Gemeindesteuern gedeckten Baukosten von den Hauseigentümern ein Beitrag
erhoben wird, der nach der Brandversicherungssumme ihrer Gebäude bemessen
ist, während die Wasserverbraucher nur eine Gebühr zur Deckung der
Betriebskosten zu entrichten haben (Erw. 4 und 5).

    Form und Bekanntmachung der vom Gemeindeparlament und vom Gemeinderat
gefassten Beschlüsse (Erw. 3 und 4 a).

Sachverhalt

    A.- Am 21. Oktober 1964 unterbreitete der Stadtrat von Luzern
dem Grossen Stadtrat zuhanden der Einwohnergemeinde einen Bericht und
Antrag über den Beitritt der Einwohnergemeinde zum "Zweckverband für
Abwasserreinigung Luzern und Umgebung". Der Grosse Stadtrat beschloss
darauf am 16. November 1964:

    "1. gutachtlich zuhanden der Einwohnergemeinde:

    a) dem Zweckverband für Abwasserreinigung Luzern und Umgebung sei
unter Genehmigung von dessen Organisationsstatut beizutreten;

    b) der Kredit für den einmaligen Beitrag an den Erstausbau der
Abwasserreinigungsanlage und des Kanalnetzes von Fr. 14 945 000.-- sowie
der Kredit für den Anschluss der Stadtteile Wesemlin/Maihof von Fr. 1
700 000.-- (Baukostenindex 260) sei zu bewilligen;

    c) der Kredit für den jährlichen Beitrag an den Zweckverband von
Fr. 336 000.-- sei zu bewilligen;

    d) der Kredit für die Anteile an den teuerungsbedingten einmaligen
und jährlich wiederkehrenden Mehraufwendungen des Zweckverbandes sei
zu bewilligen.

    2. in eigener Kompetenz:

    in Anwendung von § 20 des Gesetzes vom 3. März 1964 betr. die
Abänderung des Gesetzes über den Gewässerschutz vom 13. Mai 1958 wird
der Stadtrat ermächtigt, die Erhebung folgender Abgaben zu beschliessen
und hierüber nähere Bestimmungen zu erlassen:

    a) von den Eigentümern bebauter Grundstücke eine jährliche Abgabe
von 1é der Brandversicherungssumme bis zur Deckung der Hälfte der
einmaligen Netto-Aufwendungen der Einwohnergemeinde für den Beitrag
an den Zweckverband für die Abwasserreinigung Luzern und Umgebung
sowie den Anschluss der Stadtte ile Wesemlin/Maihof an die zentrale
Abwasserreinigungsanlage Schildtwald;

    b) von den Wasserverbrauchern eine Abwassergebühr als Zuschlag zur
Gebühr für den Trinkwasserbezug im Umfang des jährlich wiederkehrenden
Beitrages an den Zweckverband Abwasserreinigung Luzern und Umgebung
(Annuität und Betriebskosten)."

    Die Beschlüsse gemäss Ziff. 1 lit. a-d wurden von der Einwohnergemeinde
in der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1964 genehmigt.

    Am 25. Mai 1965 beauftragte der Stadtrat die städtische
Finanzdirektion, die in Ziff. 2 lit. a des Beschlusses des Grossen
Stadtrates vom 16. November 1964 vorgesehene jährliche Abgabe von den
Grundeigentümern mit Rückwirkung ab 1. Januar 1965 zu beziehen und sie
auf der ordentlichen Brandversicherungssumme ohne Berücksichtigung des
Neuwertzuschlages zu berechnen.

    Die Stadtkasse stellte den Grundeigentümern die entsprechenden
Rechnungen am 7. Dezember 1965 zu mit einem Hinweis auf die Beschlüsse
des Grossen Stadtrates vom 16. November 1964, der Einwohnergemeinde vom
6. Dezember 1964 und des Stadtrates vom 25. Mai 1965.

    Am 6. Januar 1966 erhoben der Haus- und Grundeigentümerverband Luzern
und 22 Grundeigentümer beim Regierungsrat des Kantons Luzern Rekurs mit
den Anträgen, die Beschlüsse des Grossen Stadtrates vom 16. November 1964
und des Stadtrates vom 25. Mai 1965 aufzuheben, ev. diese Beschlüsse
zu veröffentlichen und den davon betroffenen Grundeigentümern
und Wasserverbrauchern das Rekursrecht gemäss § 26 des luzern.
Gewässerschutzgesetzes vom 13. Mai 1958/3. März 1964 (GSchG) einzuräumen.

    Der Regierungsrat wies den Rekurs mit Entscheid vom 26. September
1966 ab. Er führte aus, der Grosse Stadtrat sei entgegen der Meinung
der Rekurrenten zu den Beschlüssen über die Finanzierungsbeiträge
der Grundeigentümer zuständig gewesen; das ergebe sich nicht nur
aus § 20 GSchG, sondern auch aus § 84 des Baugesetzes für den Kanton
Luzern und Art. 131 des Baugesetzes für die Stadt Luzern. Auf Grund
dieser letzteren Bestimmung wäre sogar der Stadtrat befugt gewesen,
die Beiträge zu beschliessen. Für die Grundeigentümerbeiträge sei der
Erlass eines Reglements nicht erforderlich gewesen, da alle näheren
Angaben für die Berechnung der Beiträge in den angefochtenen Beschlüssen
enthalten seien und die Beitragsfaktoren, anders als bei den Beiträgen der
Wasserverbraucher, sofort und nicht erst nach Ablauf der Beitragsperiode
berechenbar seien. Eine Volksabstimmung sei auch wegen der Rechtsnatur
der streitigen Abgaben nicht erforderlich gewesen; denn es handle
sich nicht um Steuern, sondern um Vorzugslasten. Die Behauptung der
Rekurrenten, dass die Grundeigentümer dreifach - durch die Abgabe von 1é
der Brandversicherungssumme, durch die Abwassergebühr der Wasserverbraucher
und durch die ordentlichen Steuern - belastet werden und dies gegen Art. 4
BV und die Eigentumsgarantie verstosse, sei unbegründet. Schliesslich gehe
auch der Einwand fehl, die Brandversicherungssumme sei kein taugliches
Kriterium für die Beitragsbemessung; namentlich sei der Wasserverbrauch,
auf den nach Auffassung der Rekurrenten abzustellen sei, kein geeigneteres
Kriterium.

    B.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde beantragen der Haus- und
Grundeigentümerverband Luzern und die übrigen Beteiligten, den Entscheid
des Regierungsrates des Kantons Luzern vom 4. November 1966 aufzuheben
und die Sache zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. Als Beschwerdegrund
machen sie Verletzung des Art. 4 BV und der Eigentumsgarantie geltend. Die
Begründung dieser Rügen ist, soweit wesentlich, aus den nachstehenden
Erwägungen ersichtlich.

    C.- Der Regierungsrat des Kantons Luzern und der Stadtrat von Luzern
beantragen Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Haus- und Grundeigentümerverband Luzern behauptet nicht, die
umstrittene Abgabe selber bezahlen zu müssen, sondern erhebt die Beschwerde
im Interesse seiner Mitglieder. Dass solche Interessenwahrung zu seinen
Aufgaben gehört, was die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde
begründen würde (BGE 81 I 120, 88 I 175), ist zwar - mangels Vorlage der
Verbandsstatuten - nicht erwiesen, dürfte aber zutreffen. Zudem kann die
Frage offen bleiben, da jedenfalls auf die Beschwerde der Grundeigentümer,
von denen die Abgabe eingefordert wird, einzutreten ist.

Erwägung 2

    2.- Der Beschluss des Grossen Stadtrates vom 16. November 1964, gegen
den die Beschwerdeführer an den Regierungsrat rekurrierten, hat neben
den Beiträgen der Grundeigentümer auch Gebühren der Wasserverbraucher
eingeführt. Sofern sich die staatsrechtliche Beschwerde auch gegen diese
Gebühren richten sollte, wäre auf sie wegen Fehlens der nach Art. 90 Abs. 1
lit. b OG erforderlichen Begründung nicht einzutreten. Einer Begründung
ermangelt auch die Rüge, die Belastung der Grundeigentümer mit Beiträgen
verstosse gegen die Eigentumsgarantie. Auf die Beschwerde ist daher nur
insoweit einzutreten, als damit Verletzung des Art. 4 BV gerügt wird.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführer haben im kantonalen Rekursverfahren geltend
gemacht, die Beschlüsse des Grossen Stadtrates vom 16. November 1964
und des Stadtrates vom 25. Mai 1965 hätten veröffentlicht werden müssen,
damit die betroffenen Grundeigentümer dagegen an den Regierungsrat hätten
rekurrieren können. In der staatsrechtlichen Beschwerde beanstanden sie,
dass der Regierungsrat zu diesem Einwand überhaupt nicht Stellung genommen
habe, und sie behaupten, der angefochtene Entscheid sei schon aus diesem
Grunde willkürlich und aufzuheben. Damit werfen sie dem Regierungsrat dem
Sinne nach formelle Rechtsverweigerung vor, weil ihnen ein im kantonalen
Recht vorgesehenes Rechtsmittel abgeschnitten und das im kantonalen
Rekursverfahren gestellte Eventualbegehren nicht beurteilt worden
sei. Diese Rüge ist unbegründet, ja unverständlich. Die Beschwerdeführer
nennen keine Vorschrift des kantonalen Rechts, aus der sich ergäbe, dass
und in welcher Weise die erwähnten Beschlüsse hätten publiziert werden
müssen. Besteht aber keine solche Vorschrift, so genügte jede Art der
Bekanntmachung, die den Betroffenen gestattete, die Beschlüsse gemäss §
26 GSchG an den Regierungsrat weiterzuziehen. Der Stadtrat hat es als
zweckmässig erachtet, die Betroffenen bei der erstmaligen Erhebung
der Abgabe zu benachrichtigen, und so wurde auf der Rückseite der am
7. Dezember 1965 versandten Rechnungen Ziff. 2 lit. a des Beschlusses des
Grossen Stadtrates vom 16. November 1964 im Wortlaut abgedruckt mit dem
Beifügen, der Stadtrat habe beschlossen, die Abgabe "ab dem Jahre 1965"
zu beziehen. Damit wurde jeder einzelne Betroffene über die erwähnten
Beschlüsse unterrichtet und in die Lage versetzt, sie gemäss § 26 GSchG
beim Regierungsrate anzufechten. Die heutigen Beschwerdeführer haben das
denn auch getan, und der Regierungsrat ist auf ihren Rekurs eingetreten und
hat in seinem Entscheid alles geprüft, was gegen die Rechtmässigkeit der
Beschlüsse vorgebracht worden war. Es wird in der Beschwerde nicht gesagt
und ist unerfindlich, was für ein weitergehendes Rechtsschutzinteresse
der Beschwerdeführer mit der verlangten Publikation hätte befriedigt
werden müssen oder können.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführer beanstanden als Verletzung des Art. 4 BV,
dass die beschlossenen Beiträge nicht in einem Reglement festgesetzt
worden seien, dass die betroffenen Hauseigentümer gegenüber andern Bürgern
mehrfach belastet würden und dass der Beitrag der Hauseigentümer nicht
"nach dem Interesse" abgestuft sei.

    a) Ziff. 2 des Beschlusses des Grossen Stadtrates vom 16.  November
1964 stützt sich auf § 20 GSchG, der bestimmt:

    "Für die Ableitung und Reinigung der Abwasser sowie die Abfuhr und die
Beseitigung von festen und flüssigen Stoffen aller Art können die Gemeinden
und Zweckverbände von den Beteiligten Bau- und Betriebskostenbeiträge
erheben. Die Beiträge sind in den Reglementen festzulegen und nach dem
Interesse abzustufen. Für Abwasser und Stoffe, die durch ihre Menge
oder ihre Beschaffenheit den Bau oder den Betrieb der Anlagen erheblich
verteuern, darf ein angemessener Zuschlag erhoben werden.

    Die Einnahmen aus Baukostenbeiträgen dürfen die Baukosten unter
Abzug allfälliger Leistungen von Bund und Kanton nicht übersteigen. Die
Betriebsbeiträge dürfen nicht höher festgesetzt werden als Betrieb,
Unterhalt sowie angemessene Verzinsung und Abschreibung der Anlagen
es erfordern."

    Die Beschwerdeführer rügen, dass die Beiträge nicht, wie es Abs. 1 Satz
2 vorschreibe, in einem Reglement festgelegt worden seien. Sie führen aber
nicht aus, dass und warum Ziff. 2 des Beschlusses des Grossen Stadtrates
nicht als Reglement im Sinne von § 20 GSchG verstanden werden könne, und
noch weniger tun sie dar, weshalb die gegenteilige, dem angefochtenen
Entscheid zugrunde liegende Auffassung nicht nur falsch, sondern mit
vernünftigen Überlegungen nicht vertretbar, geradezu willkürlich sein
soll. Es fehlt somit an einer den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b
OG genügenden Begründung, weshalb auf die Rüge nicht einzutreten ist
(BGE 86 I 40/41, 90 I 8 Erw. 2). Sie wäre übrigens jedenfalls in bezug
auf die allein streitige, die Grundeigentümer treffende Abgabe von 1é
der Brandversicherungssumme unbegründet. Mit der Angabe des Wertes, von
dem die Abgabe zu berechnen ist, und des Promillesatzes sowie mit dem
vom Stadtrat am 25. Mai 1965 festgesetzten Beginn des Bezugs ist nämlich
alles bestimmt, was in einem mit der Überschrift "Reglement" versehenen
Erlass über diese Abgabe gesagt sein müsste.

    b) Die Beschwerdeführer haben ausser durch die auf der
Brandversicherungssumme berechnete Abgabe auch durch die Abwassergebühr
sowie durch die allgemeinen Steuern an die Erstellung und den Betrieb der
Abwasserreinigungsanlage beizutragen. Jeder dieser Beiträge ist indes
je nur zur Deckung eines Teils der Aufwendungen der Einwohnergemeinde
bestimmt. Mit der Grundeigentümerabgabe wird die eine, mit den Steuern die
andere Hälfte der (nach Abzug der kantonalen Subvention verbleibenden)
Kosten des Erstausbaus der Abwasserreinigungsanlage gedeckt, während
mit der Abwassergebühr der Betrieb der Anlage finanziert wird. Haben
die Beschwerdeführer aber in verschiedener Eigenschaft an verschiedene
Aufwendungen des Gemeinwesens beizutragen, so kann nicht davon die Rede
sein, dass ihre mehrfache Belastung gegen Art. 4 BV verstösst.

    c) Nach § 20 Abs. 1 GSchG sind die Beiträge "nach dem Interesse"
abzustufen. Als Kriterium der Abstufung kommt, da Beiträge nur
von den "Beteiligten" zu erheben sind, auch nur deren Interesse in
Betracht. Der Grosse Stadtrat betrachtet die Hausbesitzer und die
Wasserverbraucher als "Beteiligte" und erhebt von den ersten eine nach der
Brandversicherungssumme bemessene Abgabe zur Deckung des Netto-Aufwandes
für die Erstellung, von den letzteren eine vom Wasserverbrauch abhängige
Abgabe zur Deckung der Betriebskosten der Abwasserreinigungsanlage. Es
ist zu prüfen, ob diese Ordnung, wie die Beschwerdeführer behaupten,
den Grundsatz der Rechtsgleichheit verletzt.

Erwägung 5

    5.- Nach der Rechtsprechung verstösst ein Abgabeerlass, wie ein
allgemein verbindlicher Erlass überhaupt, dann gegen Art. 4 BV, wenn
er sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt, sinn-
und zwecklos ist oder rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein
vernünftiger Grund in den zu regelnden tatsächlichen Verhältnissen
nicht ersichtlich ist (BGE 91 I 84 Erw. 2 und dort angeführte
frühere Urteile). Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, dass die
Brandversicherungssumme kein "wertgerechtes Kriterium" für die Abstufung
des Interesses sei; massgebend sei einzig das Mass des Wasserbezuges, und
es sei daher die Abwassergebühr so zu bemessen, dass auf die Abgabe von
1é der Brandversicherungssumme verzichtet werden könne. Damit machen sie
geltend, die in Ziff. 2 des Beschlusses des Stadtrates vom 16. November
1964 getroffene Ordnung treffe rechtliche Unterscheidungen, die sich
durch keine vernünftigen Gründe rechtfertigen liessen.

    a) Die wichtigste Unterscheidung, die der städtische Gesetzgeber
getroffen hat, ist jene zwischen den einmaligen Baukosten und den
jährlich wiederkehrenden Betriebskosten der Abwasserreinigungsanlage. Die
Betriebskosten gehen zulasten der Wasserverbraucher. An die Baukosten zahlt
zunächst der Kanton eine Subvention von 35%; vom Rest übernimmt die Stadt
die eine Hälfte, während zur Deckung der andern Hälfte den Hauseigentümern
eine jährliche Abgabe auferlegt wird, die nachher wegfällt. Der
Regierungsrat erblickt in dieser Abgabe eine Vorzugslast. Darunter
verstehen Rechtsprechung und Lehre eine Abgabe, die als Beitrag an die
Kosten einer öffentlichen Einrichtung denjenigen Personen auferlegt wird,
denen aus der Einrichtung wirtschaftliche Sondervorteile erwachsen, so
dass ein gewisser Ausgleich in Form eines besondern Kostenbeitrages als
gerechtfertigt erscheint (BGE 74 I 224/5 mit Verweisungen; BLUMENSTEIN,
System des Steuerrechts S. 2). Die Belastung der Hauseigentümer mit
einer Abgabe zur Deckung der Baukosten der Abwasserreinigungsanlage
ist also nicht zu beanstanden, wenn ihnen aus der Erstellung der Anlage
ein wirtschaftlicher Sondervorteil erwächst. Das aber darf unbedenklich
angenommen werden. Würde das Gemeinwesen die häuslichen Abwasser nicht
durch die Kanalisation ableiten, so wären unter heutigen Verhältnissen die
Häuser in der Stadt unbewohnbar. Die unschädliche Beseitigung der Abwasser,
deren Menge und Verschmutzung dauernd zunehmen, erfordert aber je länger
je mehr deren Reinigung. Die Errichtung einer Abwasserreinigungsanlage
liegt daher, gleich wie die Erstellung der Kanalisation, auch im Interesse
der Hauseigentümer und erhöht den Wert ihrer Gebäude. Dieser geldwerte
Sondervorteil wird durch die Sonderlast abgegolten, die dem Hauseigentümer
auferlegt wird (vgl. BGE 92 I 457 Erw. 3 c). Die Abgabe trifft ihn,
zumal da er sie auf seine Mieter abwälzen kann, nicht unbillig. Sie
erscheint auch dann als gerechtfertigt, wenn der Hauseigentümer in
seiner Eigenschaft als Wasserverbraucher überdies eine Abwassergebühr
als Zuschlag zur Gebühr für den Trinkwasserbezug zu bezahlen hat. Mit
der ersten Abgabe bezahlt er den besondern Vorteil, der ihm aus der
Erstellung der Abwasserreinigungsanlage erwächst, während er mit der
Abwassergebühr seinen Beitrag leistet an die Reinigung der Abwässer,
die er als Wasserverbraucher der Anlage zuleiten lässt.

    b) Die weitere Unterscheidung, die der städtische Gesetzgeber getroffen
hat, besteht in der Abstufung der den Hauseigentümern auferlegten Beiträge
nach der Brandversicherungssumme.

    Die Kosten einer öffentlichen Einrichtung müssen auf die Nutzniesser
dieser Einrichtung nach Massgabe des wirtschaftlichen Sondervorteils
verlegt werden, der ihnen aus der Einrichtung erwächst (BGE 74 I 225,
80 I 99) und der bei der Erstellung von Strassen, Kanalisationen
usw. in einer Steigerung des Wertes von Grundstücken zum Ausdruck
kommt. Diesen Wertzuwachs in jedem einzelnen Falle zu schätzen, wie
es an sich wünschbar wäre, erweist sich, schon wegen der meist grossen
Zahl der Beitragspflichtigen, aber auch der Natur der Sache nach, als
schwierig oder gar unmöglich. Die Praxis hat deshalb schematische, nach
der Durchschnittserfahrung aufgestellte Masstäbe geschaffen, die leicht
zu handhaben sind, wie etwa die Anstosslänge der Grundstücke oder deren
Fläche (bis zu einer gewissen Tiefe) als Masstab für die Festsetzung der
Strassenbeiträge. Dass derartige schematische Masstäbe zulässig sind,
ist in Rechtsprechung und Lehre anerkannt worden (BGE 74 I 225 und nicht
veröffentlichtes Urteil vom 1. März 1967 i.S. Wert-Invest-Immobilien AG,
Erw. 2 a; FLEINER, Institutionen S. 428/9).

    Der Stadtrat hat die Beiträge an die Baukosten der
Abwasserreinigungsanlage nach Massgabe der Brandversicherungssummen der
an die Anlage angeschlossenen Gebäude auf deren Eigentümer verteilt. Der
Regierungsrat ist der Auffassung, dieser Masstab sei nicht zu beanstanden,
da er in der Schweiz allgemein üblich sei und die Brandversicherungssumme
den Bauwert der Gebäude abzüglich Altersentwertung repräsentiere. Den
Beschwerdeführern gehe es gar nicht um eine gerechtere Verteilung des
Anteils der Hauseigentümer, sondern um die Abwälzung dieses Anteils auf die
Wasserverbraucher. Der Wasserverbrauch sei indes nicht immer (z.B. nicht
bei Gärtnereien) ein Indiz für die Abwasserproduktion. Er eigne sich
wohl als Masstab für die Festsetzung der Betriebskostenbeiträge. Für die
Baukostenbeiträge dagegen stelle man besser auf ein weniger variables
Kriterium ab, würden doch mit ihnen dauerhafte Einrichtungen mit
dauerhaften Vorteilen für alle Grundeigentümer geschaffen.

    In der staatsrechtlichen Beschwerde wird zur Begründung des
Einwands, dass die Brandversicherungssumme kein "wertgerechtes
Kriterium" zur Festsetzung der Beiträge sei, ausgeführt: Bei der
Bemessung der Brandversicherungssumme werde auch die Brandgefahr
berücksichtigt, namentlich bei Hotels und bei Chaletbauten; ein
hölzernes Einfamilienhaus habe einen höheren Brandversicherungswert als
ein grösseres Steinhaus, während Wasserverbrauch und Abwasserbildung
bei ersterem niedriger seien als bei letzterem. Gewerbliche Bauten mit
kleinem Brandversicherungswert produzierten mehr Abwässer als Wohnbauten
mit höherem Brandversicherungswert. Ein Neubau mit 4 Wohnungen sei
höher eingeschätzt als ein Altbau mit 8 Wohnungen. Ferner sei der
Brandversicherungswert von Einfamilienhäusern verhältnismässig höher
als derjenige von einfacher gebauten Mehrfamilienhäusern. Verschiedene
Hausbesitzer schlössen sodann Neuwertversicherungen ab mit einem zwei-
bis dreifach höheren Versicherungswert als vorher.

    Diese zum Teil übrigens unbewiesenen Behauptungen sind nicht
geeignet, die Bemessung der Beiträge der Hauseigentümer nach Massgabe der
Brandversicherungssummen ihrer Gebäude als mit Art. 4 BV unvereinbar
erscheinen zu lassen. Die Brandversicherungssumme ist nicht nur
ein bereits vorhandenes, ohne weiteres feststellbares und leicht zu
handhabendes Kriterium; sie bildet auch, was entscheidend ist, jedenfalls
im allgemeinen einen zuverlässigen Masstab für den Wert eines Gebäudes und
damit für den Vorteil, der dem Grundeigentümer aus der Erstellung einer
Kanalisation oder aus dem Bau einer Abwasserreinigungsanlage erwächst. Die
Brandversicherungssumme wird denn, wie im angefochtenen Entscheid
zutreffend festgestellt wird, auch andernorts in Kanalisationsreglementen
häufig als massgebendes Kriterium für die Festsetzung der Beiträge der
Grundeigentümer an die Kosten der Erstellung von Kanalisationen und
Kläranlagen vorgesehen (vgl. das angeführte Urteil des Bundesgerichts
i.S. Wert-Invest-Immobilien AG sowie BGE 92 I 451). Dass bei einzelnen
Beschwerdeführern besondere Verhältnisse vorlägen, die dieses Kriterium
als gänzlich untauglich erscheinen liessen und zu einer Ausnahme Anlass
geben müssten, ist nicht dargetan. Gegen die Annahme, dass es sich um ein
taugliches Kriterium handle, bestehen umso weniger Bedenken, als einzelne
der in der Beschwerde dagegen vorgebrachte Argumente offensichtlich
unrichtig sind. So widerspricht die Behauptung, bei der Einschätzung der
Häuser werde die Brandgefahr berücksichtigt, klar den §§ 9 und 15 des
Gesetzes vom 17. Juli 1922 über die Brandversicherungsanstalt. Ferner
geht der Hinweis auf die von zahlreichen Hauseigentümern abgeschlossenen
Neuwertversicherungen fehl, da der Beschluss des Stadtrates vom 25. Mai
1965 ausdrücklich bestimmt, der Beitrag sei "auf der ordentlichen
Brandversicherungssumme ohne Berücksichtigung des Neuwertzuschlags zu
berechnen".

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.