Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 II 256



93 II 256

36. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Oktober 1967 i.S. Möbel- und
Teppich-Discount-Haus AG. gegen Teppich-Discount- AG. Regeste

    Firmenrecht.

    Eine nur vorsorglich eingetragene Firma, die tatsächlich kein
Unternehmen betreibt, kann weder nach Firmenrecht, noch nach Namens-
oder Wettbewerbsrecht Schutz beanspruchen.

Sachverhalt

    A.- Die Möbel-Pfister AG in Suhr gründete 1954 die am gleichen Orte
niedergelassene Tochtergesellschaft Möbel-Vermittlungs- und Umtausch AG
Diese änderte im Jahre 1963 ihre Firma in Möbel- und Teppich-Discount-Haus
AG ab und liess gleichzeitig ihren Zweck wie folgt umschreiben: "An- und
Verkauf von Möbeln, Teppichen, vollständigen Aussteuern, Bettwaren sowie
allen übrigen Einrichtungsgegenständen zu niedrigen Preisen unter Verzicht
auf einen Kunden-, Service- und Lieferdienst sowie auf Garantieleistungen,
ferner Vornahme von oder Beteiligung an Geschäften aller Art, die geeignet
sind, dem Zweck der Gesellschaft in irgend einer Weise, sei es direkt oder
indirekt zu dienen oder ihn zu fördern." Das Grundkapital von Fr. 50'000.--
ist zur Hälfte einbezahlt. Die Gesellschaft hat weder unter dem alten noch
unter dem neuen Namen jemals eine geschäftliche Tätigkeit ausgeübt. Sie
vermag nicht zu sagen, ob sie ihren statutarischen Zweck überhaupt jemals
verfolgen wird. Die Möbel-Pfister AG treibt selber Handel mit Möbeln und
Teppichen und hat die Tochtergesellschaft nur vorsorglich gegründet. Sie
will durch diese allenfalls einmal ein sogenanntes Discount-Geschäft
betreiben lassen.

    B.- Im November 1966 reichte die Möbel- und Teppich-Discount-Haus AG
gegen die in Zürich niedergelassene Teppich-Discount AG, die im Dezember
1963 gegründet wurde und mit Teppichen handelt, beim Handelsgericht des
Kantons Zürich Klage ein. Sie beantragte, der Beklagten die Führung der
Firma Teppich-Discount AG zu verbieten und das Handelsregisteramt des
Kantons Zürich anzuweisen, diese Firma zu löschen, eventuell die Beklagte
zu verpflichten, sie innert angemessener Frist löschen zu lassen.

    Das Handelsgericht wies am 21. März 1967 die Klage entsprechend dem
Antrage der Beklagten ab.

    C.- Die Klägerin hat die Berufung erklärt. Sie hält am Antrag auf
Gutheissung der Klage fest.

    Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht, zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Das Handelsgericht versagt der Klägerin den Schutz ihrer Firma
in erster Linie mit der Begründung, der Klägerin fehle eine wesentliche
materielle Voraussetzung der juristischen Person, jedenfalls sei sie wie
eine Scheingesellschaft zu behandeln, solange sie nicht im Sinne ihres
statutarischen Zweckes tätig werde. Subsidiär hält es der Klägerin vor,
sie habe kein schützenswertes Interesse, auf Grund der Eintragung im
Handelsregister auf Jahre hinaus ein ausschliessliches Recht auf ihre
Firma in Anspruch zu nehmen, ohne sie im Verkehr zur Kennzeichnung
eines Unternehmens zu verwenden. Auch verstosse es im Sinne des Art. 2
ZGB gegen Treu und Glauben, Dritten den Gebrauch der gleichen Firma zu
verwehren. Davon abgesehen könne auch nicht von einer Beeinträchtigung
zufolge Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 956 Abs. 2 OR gesprochen
werden. Die beiden Firmen unterschieden sich zwar nicht deutlich
voneinander. Es sei jedoch nicht ersichtlich, wodurch die Klägerin in
ihrem ausschliesslichen Gebrauchsrecht beeinträchtigt werde, denn sie
trete nach aussen überhaupt nicht in Erscheinung. Sie habe daher auch um
ihrer Persönlichkeit willen nicht Anspruch auf den Schutz ihrer Firma. Es
bestehe keinerlei Verwechslungsgefahr.

    Dem in BGE 39 II 38 ff. veröffentlichten Urteil, auf Grund dessen die
Vorinstanz die Klägerin als Scheingesellschaft glaubt behandeln zu dürfen,
liegt ein vom vorliegenden Tatbestand wesentlich abweichender Sachverhalt
zugrunde. Es drängt sich nicht auf, die Erwägungen dieses Präjudizes auf
den heute zu beurteilenden Fall anzuwenden. Auch die übrigen Argumente
des Handelsgerichts leuchten nicht ohne weiteres ein. Es braucht jedoch
zu ihnen nicht Stellung genommen zu werden, da die Berufung schon aus
anderen Gründen abgewiesen werden muss.

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 944 Abs. 1 OR darf jede Firma Angaben enthalten, die
auf die Natur des Unternehmens hinweisen. Sie müssen jedoch, wie überhaupt
der Inhalt der Firma, der Wahrheit entsprechen und keine Täuschungen
verursachen können. Diesem Gebot entspricht die Wendung "Möbel- und
Teppich-Discount-Haus" in der Firma der Klägerin nicht, denn sie lässt
die Meinung aufkommen, die Klägerin führe ein Unternehmen, sie treibe mit
Möbeln und Teppichen Handel, und zwar nach den Grundsätzen der sogenannten
Discount-Geschäfte. In Wirklichkeit hat die Klägerin überhaupt kein
Unternehmen. Sie hat insbesondere noch nie Handel getrieben, obschon sie
schon seit mehr als einem Jahrzehnt besteht und in der Umschreibung ihres
angeblichen Geschäftszweckes im Handelsregister schon seit vier Jahren auf
das Discount-System hingewiesen ist. Die Klägerin weiss auch nicht, ob sie
den Handel mit Möbeln und Teppichen jemals aufnehmen wird. Ihr wirklicher
Zweck erschöpft sich gegenwärtig und auf unbestimmte Zeit hinaus darin,
als juristische Person im Handelsregister eingetragen zu sein, um der
Möbel-Pfister AG zu dienen, sobald diese es einmal wünschen sollte.

    Die Klägerin darf sich daher nicht Möbel-und Teppich-Discount-Haus AG
nennen. Diese zur Zeit unwahre und zu Täuschungen Anlass gebende Firma
steht ihr überhaupt nicht zu, also auch nicht zu "ausschliesslichem
Gebrauche" im Sinne des Art. 956 Abs. 1 OR. Die Firma der Klägerin
geniesst den Schutz des Gesetzes deshalb nicht.

    Zum gleichen Ergebnis führt die Überlegung, dass jeder, der durch
den Gebrauch des Namens der Klägerin beeinträchtigt wird, gemäss
Art. 956 Abs. 2 OR auf Unterlassung der weiteren Führung desselben
klagen kann. Denn unbefugt ist der Gebrauch einer Firma nicht nur
dann, wenn diese sich ungenügend vom Geschäftsnamen eines andern
unterscheidet. Jeder Verstoss gegen objektives Recht macht den Gebrauch
der Firma unbefugt (BGE 40 II 131). Die Beklagte könnte daher gegen
die Klägerin auf Unterlassung klagen, da die Eintragung und Führung
des Namens Möbel- und Teppich-Discount-Haus AG sie im Gebrauch der
ähnlichen Firma Teppich-Discount AG beeinträchtigt. Sie darf deshalb den
Unterlassungsanspruch gegenüber der Klägerin auch einredeweise geltend
machen, d.h. sich zur Verteidigung gegenüber der vorliegenden Klage auf
die Schutzunfähigkeit der Fir ma der Klägerin berufen.

    Die Klage der Möbel-und Teppich-Discount-Haus AG hält somit
firmenrechtlich nicht stand.

    Sie lässt sich auch nicht auf Art. 28 oder 29 ZGB stützen, weil die
Klägerin sich ihren Namen zu Unrecht zugelegt hat.

    Auch begeht die Beklagte nicht unlauteren Wettbewerb. Sie verstösst
durch den Gebrauch ihrer Firma nicht gegen Treu und Glauben, denn die
Klägerin führt die Firma Möbel- und Teppich-Discount-Haus AG zu Unrecht. Da
die Klägerin kein Geschäft betreibt, insbesondere nicht mit Möbeln und
Teppichen handelt, kann übrigens kaum gesagt werden, der Gebrauch der
Firma der Beklagten schädige oder gefährde sie im Sinne des Art. 2 Abs. 1
UWG in wirtschaftlichen Interessen. Diese Frage mag aber offen bleiben.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 21. März 1967 bestätigt.