Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 II 204



93 II 204

29. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. April 1967
i.S. Reimann-Kälin gegen Erben des Josef Kälin. Regeste

    Vorkaufsrecht der Nachkommen gemäss Art. 12 des Bundesgesetzes über
die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG).

    Das Gemeinwesen erwirbt ein ganzes landwirtschaftliches Heimwesen,
benötigt aber davon nur einen Teil zur Erfüllung öffentlicher (oder andrer
in Art. 10 lit. b EGG genannter) Aufgaben:

    a)  Das Vorkaufsrecht kann sich nur auf das ganze Rechtsgeschäft
beziehen, nicht auf einzelne Teile des Heimwesens beschränkt werden
(Erw. 5).

    b)  Das Rechtsgeschäft als Ganzes ist dann dem Vorkaufsrecht entzogen,
wenn es in überwiegendem Masse der Erfüllung einer der genannten Aufgaben
dient (Erw. 6).

Sachverhalt

    A.- Der Landwirt Josef Kälin verkaufte mit Vertrag vom 23. März 1961
sein aus 23 Grundstücken im Halte von insgesamt 69 196 m2 bestehendes
Heimweisen in Dübendorf zum Preise von Fr. 1 796 000.-- dem Kanton
Zürich. Zufolge Berichtigung des Ausmasses erhöhte sich der Kaufpreis auf
Fr. 1 866 000.--. Durch den Grundbuchverwalter vom Verkauf in Kenntnis
gesetzt, erklärte die in Malaya wohnhafte Tochter des Verkäufers, Frau
Maria Reimann-Kälin, das Vorkaufsrecht gemäss Art. 12 des Bundesgesetzes
über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951
(EGG) geltend zu machen. Der Vater Kälin anerkannte diesen Anspruch
nicht. Darauf erhob Frau Reimann beim Bezirksgericht Uster gegen den Vater
Klage mit dem Begehren, dieser sei zu verpflichten, ihr die 23 Grundstücke
des Heimwesens zum Schätzungswert im Sinne des Entschuldungsgesetzes,
d.h. Fr. 72 750.--, eventl. zum Verkaufspreis von Fr. 1 796 000.-- zu
übertragen. Das die Klage abweisende Urteil des Bezirksgerichts (vom
10. Oktober 1962) zog die Klägerin mit Berufung an das Obergericht des
Kantons Zürich weiter. Während der Hängigkeit vor diesem, am 28. August
1963, starb Josef Kälin, worauf gemäss Erklärung des Willensvollstreckers
dessen Erbinnen in den Prozess eintraten.

    B.- Mit Urteil vom 19. Januar 1965 wies das Obergericht in Bestätigung
desjenigen des Bezirksgerichts die Klage ab, im wesentlichen mit folgender
Begründung:

    Der zwischen Josef Kälin und dem Kanton Zürich abgeschlossene
Landverkauf unterliege dem Vorkaufsrecht nicht, da er zur Erfüllung
öffentlicher Aufgaben abgeschlossen worden sei. Rund 8000 m2 des
Heimwesens würden vom Kanton unmittelbar für den Bau der Oberland- und der
Geerenstrasse beansprucht, und weitere 5000 m2 seien als Stützpunkt für den
Strassenunterhalt in Aussicht genommen. Zudem sei die geplante Verwendung
einiger am Waldrand gelegener Parzellen für die Wiederaufforstung zu
berücksichtigen; die Erhaltung des Waldbestandes bilde ebenfalls eine
öffentliche Aufgabe. Schliesslich benötige der Kanton den restlichen Teil
des Heimwesens, um an andere, durch den Bau der Oberlandstrasse betroffene
Grundeigentümer Realersatz zu leisten. Ein Landerwerb zur Erfüllung
öffentlicher Aufgaben sei nach der Rechtsprechung allgemein anzunehmen,
wenn der Staat das Heimwesen im Hinblick auf einen bestimmt in Aussicht
genommenen Strassenbau erworben habe und beabsichtige, die einzelnen
Grundstücke entweder bei Landumlegungen einzuwerfen oder ausserhalb
solcher Verfahren andern vom Strassenbau betroffenen Grundeigentümern
als Realersatz anzubieten.

    C.- Eine von der Klägerin gegen das obergerichtliche Urteil eingelegte
Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich
im Umfang des Eintretens ab (27. September 1965). Ausserdem erhob die
Klägerin beim Bundesgericht Berufung und staatsrechtliche Beschwerde
wegen Verletzung von Art. 4 BV. Mit Urteil vom 31. März 1966 hiess das
Bundesgericht die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gut und hob die
angefochtenen Entscheide des Obergerichts und des Kassationsgerichts
auf. Es erblickte eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs darin, dass der
Klägerin keine Gelegenheit geboten worden war, sich zu der vom Obergericht
berücksichtigten Tatsache der geplanten Aufforstung einiger Parzellen
zu äussern. Mit der Aufhebung des obergerichtlichen Urteils wurde die
Berufung gegenstandslos.

    D.- Mit seinem neuen Urteil vom 27. September 1966 hat das Obergericht
die Klage wiederum abgewiesen. Zum Beschwerdegrund der Gehörsverweigerung
stellte es fest, die Frage der Aufforstung habe nicht Gegenstand des
Beweisverfahrens sein können, weil die Beklagten die Behauptung, das
Heimwesen werde dem Käufer teilweise zu diesem Zwecke dienen, im Prozess
nicht vorgebracht hätten. Das Moment der geplanten Aufforstung sei
deshalb, abweichend vom ersten Urteil, nicht zu berücksichtigen. Aber
auch wenn die Frage dieses Verwendungszweckes ausser Betracht falle,
müsse die Klage abgewiesen werden, weil der Kanton das Heimwesen zur
Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe erworben habe, nämlich nicht bloss
zum Bau der Oberland-Autostrasse und Ausbau der Geerenstrasse, sondern
auch zur Verschaffung von Realersatz an Landwirte, die für den Bau der
Oberlandstrasse Boden abtreten müssten. Obwohl es sich hiebei nicht (wie
in BGE 90 II 62 ff.) um eine Nationalstrasse handle und das kantonale
Enteignungsrecht keine Pflicht zur Leistung von Realersatz kenne, böten
im Kanton Zürich Staat und Gemeinden Landabtretern Realersatz, wenn sie
dazu in der Lage seien. Dies erleichtere den Erwerb des unmittelbar
für den Strassenbau benötigten Landes und erfolge in Erfüllung einer
öffentlichen Aufgabe.

    E.- Gegen das neue Urteil des Obergerichts hat Frau Reimann wiederum
Berufung eingelegt mit dem Antrag auf Gutheissung der Klage.

    F.- Die beklagten Erbinnen, vertreten durch den Willensvollstrecker,
beantragen Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen
Urteils, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung
eines ergänzenden Beweisverfahrens.

Auszug aus den Erwägungen:

             Aus den Erwägungen des Bundesgerichts:

    (Das Obergericht stellte in seinen Urteilsmotiven fest, dass der
Landerwerb des Kantons nicht nur unmittelbar dem Bau der Oberland- und
dem Ausbau der Geerenstrasse [mit rund 8000 m2] sowie für einen Werkplatz
zum Strassenunterhalt [mit rund 5000 m2], sondern auch dazu dienen soll,
Landwirten, die für den Bau der Oberlandstrasse Land abtreten müssen,
Realersatz zu verschaffen).

Erwägung 5

    5.- Soweit der Kanton das Heimwesen gekauft hat, um Strassen zu bauen,
einen Werkplatz zu erstellen und Landwirten Realersatz zu leisten, hat
er es demnach zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben erworben. Strassenbau
und Werkplatz beanspruchen zusammen 13 000 m2. Wieviel Land für
Realersatzleistung bestimmt ist, stellt die Vorinstanz zahlenmässig nicht
fest. Nach ihrem ersten Urteil entfiel auf diesen Verwendungszweck die
restliche, nicht für Strassenbau, Werkplatz und Aufforstung benötigte
Landfläche. Nachdem gemäss dem neuen Urteil der Verwendungszweck der
Aufforstung ausser Betracht gefallen ist, steht offen, ob die Vorinstanz
auf Grund dieser veränderten Betrachtungsweise nun in tatsächlicher
Hinsicht annahm, es werde alles nicht für Strassenbau und Werkplatz
bestimmte Land für Realersatz verwendet, oder ob sie die Zweckbestimmung
des früher der Aufforstung zugeschriebenen Areals jetzt mangels Beweises
als unbekannt betrachtete. Im ersten Falle wäre die Kaufsache in ihrer
Gesamtheit für öffentliche Zwecke bestimmt, die Klage somit ohne weiteres
abzuweisen. Im zweiten Fall wäre das Heimwesen zur Erfüllung öffentlicher
Aufgaben erworben mit Ausnahme "einiger am Waldrand gelegener Parzellen",
von denen früher ohne genügenden Beweis angenommen wurde, sie seien zur
Aufforstung bestimmt. Es stellt sich die Frage, wie zu entscheiden ist,
wenn von diesem für die Klägerin günstigeren Sachverhalt ausgegangen wird.

    a) Zunächst ist die grundsätzliche, im Gesetz nicht geregelte Frage zu
prüfen, wie es sich mit dem Vorkaufsrecht verhält, wenn ein Gemeinwesen ein
ganzes landwirtschaftliches Heimwesen erwirbt, davon aber nur einen Teil
zur Erfüllung öffentlicher (oder anderer in Art. 10 lit. b EGG genannter)
Aufgaben benötigt. Es liesse sich denken, dass der Richter in solchen
Fällen das Vorkaufsrecht auf den nicht zur Erfüllung jener Aufgaben
benötigten Teil der Kaufgrundstücke beschränken würde. Das Bundesgericht
hat in einem Rückweisungsfall - jedoch mit Bezug auf die Frage des Ersatzes
gemäss Art. 10 lit. b Fall 3 (nicht wie hier Fall 2) - in einer mehr
beiläufigen Bemerkung eine allfällige Beschränkung des Vorkaufsrechts auf
einen Teil des Heimwesens als möglich bezeichnet, falls sie sich nicht als
praktisch untunlich erweise (BGE 85 II 427 unten). Die Vorinstanz liess
in einer ersten Beratung der Streitsache die Frage offen, unter Hinweis
darauf, bei solcher Beschränkung entstände praktisch ein neuer Kaufvertrag,
den die Kaufparteien gar nie abzuschliessen beabsichtigten. In der Tat
stehen den praktischen Vorteilen, welche die Anerkennung eines beschränkten
Vorkaufsrechts zu bieten scheint, gewichtige Bedenken entgegen.

    b) Schon der Wortlaut der Art. 6 Abs. 1 und 12 Abs. 4 EGG legt die
Annahme nahe, das Vorkaufsrecht könne sich nur auf den Kaufgegenstand in
seiner Gesamtheit beziehen (vgl. JOST, Komm. EGG S. 28; F. E. JENNY,
Das bäuerliche Vorkaufsrecht, S. 3, 38, 45, 113; CHÂTELAIN, Notar und
Recht, S. 202 Anm. 19). Das Bundesgericht hat denn auch durchaus in diesem
Sinne ausgeführt, der Art. 6 EGG gehe davon aus, dass der Gegenstand des
Vorkaufsrechts mit dem des Verkaufs übereinstimme (BGE 81 II 643). Schon
aus dieser - im vorerwähnten Entscheid nicht berücksichtigten - Erwägung
folgt, dass das Vorkaufsrecht nicht auf einzelne Kaufgrundstücke beschränkt
werden kann, weil sonst das Objekt des Vorkaufsrechts und das des Verkaufs
nicht übereinstimmen würden. Diese Auslegung verdient den Vorzug.

    Zunächst einmal könnte die richterliche Zulassung eines auf einzelne
Kaufparzellen beschränkten Vorkaufsrechts für den Verkäufer unzumutbare
Konsequenzen nach sich ziehen. Würde nämlich der Richter das Vorkaufsrecht
für einzelne Kaufgrundstücke anerkennen, für andere nicht, so hätte der
Verkäufer allenfalls damit zu rechnen, dass der Drittkäufer gestützt
auf Art. 23 f. OR die Unverbindlichkeit des Kaufvertrags geltend mache
mit der Begründung, er hätte den Kaufvertrag ohne die nun vom Richter dem
Vorkaufsberechtigten zugewiesenen Grundstücke nicht abgeschlossen. Erwiese
sich diese Anfechtung des Kaufs als begründet, so fiele nach der Doktrin
auch der Vorkauf dahin (Komm. HAAB, N. 34, LEEMANN, N. 44 zu Art. 681 ZGB;
SCHMID, Das Vorkaufsrecht, Diss. Basel 1934, S. 80). Nähme man dagegen an,
nur der mit dem Drittkäufer geschlossene Vertrag wäre in solchem Fall
unverbindlich, während der Erwerb durch den Vorkaufsberechtigten nicht
dahinfiele, würde dem Verkäufer ein Teil des Heimwesens verbleiben, der
vielleicht für sich allein kaum oder nur zu geringem Preis verkäuflich
wäre. Muss der Verkäufer schon den allgemein mit dem Vorkaufsrecht des
EGG verbundenen Eingriff in die Vertragsfreiheit dulden, so kann ihm
mangels ausdrücklicher Gesetzesvorschrift nicht überdies zugemutet werden,
sich solchen Schwierigkeiten auszusetzen (vgl. BGE 81 II 642). Diese
Erwägungen grundsätzlicher Natur werden im vorliegenden Falle nicht dadurch
entkräftet, dass Josef Kälin und der Kanton Zürich in ihrem Kaufvertrag
ausdrücklich vorsahen, es seien keine Vorkaufsrechte nach EGG zu erwarten;
"sollten dennoch Vorkaufsberechtigte im Sinne dieses Bundesgesetzes
mit Erfolg an einzelnen Grundstücken das Vorkaufsrecht geltend machen,
behält dieser Kaufvertrag seine Gültigkeit mit Bezug auf die nicht vom
Vorkaufsrecht betroffenen Grundstücke".

    Der Beschränkung des Vorkaufsrechts auf einzelne Kaufsgrundstücke
stehen nämlich auch Bedenken betreffend die Stellung des
Vorkaufsberechtigten entgegen. Macht er sein Vorkaufsrecht geltend, so
steht keineswegs fest, dass er am Erwerb bloss eines Teils des Heimwesens
interessiert ist. Er wird es oftmals in den Fällen nicht sein, die das
Gesetz als seine wichtigsten Anwendungsfälle betrachtet, dann nämlich,
wenn er das Heimwesen zur Selbstbewirtschaftung beansprucht, es also als
Ganzes an sich ziehen will. Von daher gesehen ginge es im vorliegenden
Fall nicht an, in teilweiser Gutheissung der Klage das Vorkaufsrecht der
Klägerin, die das Gut selber bewirtschaften will, auf die Grundstücke
zu beschränken, die der Kanton Zürich nicht zur Erfüllung öffentlicher
Aufgaben benötigt, d.h. auf einige am Waldrand gelegene Parzellen. Es ist
ungewiss, ob die Klägerin diese Randparzellen für sich allein erwerben
möchte oder ob sie es bei dieser Sachlage vorzöge, auf das Vorkaufsrecht
überhaupt zu verzichten. Freilich geht ihr Begehren dahin, es seien ihr
die 23 Grundstücke des Heimwesens gesamthaft oder einzeln zu bestimmten
Werten zu Eigentum zu übertragen. Es ergibt sich indessen aus der
Berufungsbegründung bloss, dass sie bereit ist, das Heimwesen auch ohne
die unmittelbar für Strassenbau und Werkplatz benötigten Grundstücke zu
übernehmen, aber nicht, dass sie auch bereit wäre, allein die am Waldrand
gelegenen Parzellen zu erwerben. Liesse man es zu, dass der Richter das
Vorkaufsrecht des EGG auf einzelne Kaufsgrundstücke beschränkt, so müsste
übrigens folgerichtig dem Vorkaufsberechtigten gestattet werden, das
Recht von vornherein nur für bestimmte Grundstücke zu beanspruchen. Das
wäre jedoch wiederum mit dem Wesen des Vorkaufsrechts nicht im Einklang
(SCHMID, aaO S. 83; ALLGÄUER, Vorkaufs-, Rückkaufs- und Kaufsrecht,
Diss. Zürich 1918, S. 69) und würde geschäftlichen Überlegungen Raum
geben, die nicht dem Sinn des Gesetzes entsprächen. Die Anerkennung eines
auf einzelne Kaufsgrundstücke beschränkten Vorkaufsrechts durch den Richter
könnte ferner, insbesondere bei Ersatzanschaffung, der Zerstückelung
landwirtschaftlicher Heimwesen Vorschub leisten. Das liefe dem Zweck des
Bodenrechts zuwider (vgl. Art. 620 ZGB, Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG), wie
denn das Bundesgericht bereits in einem früheren Entscheid den Bestand
eines bäuerlichen Vorkaufsrechts vor allem deshalb verneinte, weil dessen
Anerkennung zu einer Zersplitterung des Heimwesens geführt hätte (BGE 81
II 78).

    Schliesslich würde die Zulassung eines partiellen Vorkaufsrechts den
Richter nötigen, dann auch verschiedene Preise für die einzelnen Teile
festzusetzen, was einen zu tiefen Eingriff in die Privatautonomie der
Parteien darstellen würde.

    Aus alledem ergibt sich, dass die Anerkennung eines beschränkten
Vorkaufsrechts derartige Unsicherheiten und Gefahren mit sich brächte,
dass eine solche Lösung vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann. Ein
Rechtsgeschäft im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EGG unterliegt als Ganzes dem
Vorkaufsrecht oder ist als Ganzes davon ausgenommen.

Erwägung 6

    6.- Bei dieser Rechtslage stellt sich die Frage, in welchen Fällen
das Vorkaufsrecht anzuerkennen, in welchen es auszuschliessen sei. Es
entspricht nun gewiss nicht dem Sinn des Gesetzes, ein Rechtsgeschäft
nur dann vom Vorkaufsrecht auszunehmen, wenn sämtliche Grundstücke
eines Heimwesens zur Erfüllung einer in Art. 10 lit. b EGG genannten
Aufgabe verwendet werden. Das ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1, wonach ein
Vorkaufsrecht nur besteht, wenn ein landwirtschaftliches Gewerbe oder
wesentliche Teile davon veräussert werden. Werden Grundstücke verkauft,
die nicht wesentliche Teile des Heimwesens bilden, so untersteht das
Rechtsgeschäft überhaupt nicht dem Vorkaufsrecht, mag die Veräusserung
an wen und zu welchem Zweck auch immer geschehen. Es besteht umsoweniger
Grund, das Vorkaufsrecht anzuerkennen, wenn das, keine wesentlichen Teile
eines Heimwesens bildende und nicht einem in Art. 10 lit. b genannten
Zweck dienende Areal zusammen mit den übrigen Teilen des Heimwesens
veräussert wird und diese übrigen - wesentlichen - Teile zur Erfüllung
einer in Art. 10 lit. b genannten Aufgabe verwendet werden. Anderseits
kann es nicht der Wille des Gesetzes sein, ein Rechtsgeschäft schon
dann vom Vorkaufsrecht auszunehmen, wenn bloss ein geringfügiger Teil
des Heimwesens der Erfüllung einer in Art. 10 lit. b genannten Aufgabe
dienen soll. Das Gemeinwesen (allenfalls ein Privater) hätte es sonst
in der Hand, das Vorkaufsrecht auszuschalten, obwohl beispielsweise
nur eine einzelne Parzelle zu einem in Art. 10 lit. b genannten Zweck
beansprucht wird. Es erscheint als gerechtfertigt, ein Rechtsgeschäft dann
vom Vorkaufsrecht auszunehmen, wenn es (gänzlich oder) in überwiegendem
Masse der Erfüllung einer öffentlichen (bzw. einer andern in Art. 10
lit. b genannten) Aufgabe dient. Dabei kommt es in erster Linie darauf
an, ob das Areal, das zur Erfüllung jener Aufgabe verwendet werden soll,
grösser ist als die übrige Grundfläche der Kaufsgrundstücke. Indessen
ist ausserdem in Betracht zu ziehen, zu welchem Zweck allenfalls die
das Hofgebäude tragenden Grundstücke verwendet werden, welchen Zwecken
das wertvollere Land dienen soll, ob nur Randgrundstücke zur Erfüllung
öffentlicher Aufgaben beansprucht werden. Unter Berücksichtigung aller
dieser Momente entscheidet sich, ob das Rechtsgeschäft in überwiegendem
Masse der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dient. Derweise auf den
überwiegenden Zweck abzustellen, entspricht dem Vorgehen des Gesetzgebers
bei der Beantwortung ähnlicher Probleme des Bodenrechts. Es stellte
sich z.B. beim Erlass des Gesetzes die Frage, ob eine Liegenschaft,
die teils landwirtschaftlich, teils in anderer Weise genutzt wird, dem
Gesetz zu unterstellen sei, oder ob Vorkaufsrecht und Einspruchsverfahren
auf gemischte Betriebe anzuwenden seien. In allen diesen Fällen liess der
Gesetzgeber entscheidend sein, ob das landwirtschaftliche Element überwiege
(Art. 2 Abs. 1, 10 lit. a, 21 Abs. 1 lit. a). Da die Problemstellung
in der hier zu entscheidenden Frage eine ähnliche ist, soll in gleicher
Weise das Überwiegen des einen oder des andern Zwecks massgebend sein
(Art. 1 Abs. 2 ZGB). Die Lösung hat zur Folge, dass der Käufer auch
die zur Erfüllung einer in Art. 10 lit. b genannten Aufgabe dienenden
Grundstücke nicht erwirbt, sofern der Kauf nicht in überwiegendem Masse
einem solchen Zweck dient. Wenn er sie zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben
dringend benötigt, steht ihm der Weg der Enteignung offen. Dass im übrigen
das Vorkaufsrecht Platz greift und vor einem untergeordneten Kaufszweck
den Vorrang hat, sodass ein Landwirtschaftsbetrieb in seiner Gesamtheit
erhalten bleibt, entspricht der Zielsetzung des EGG. Die Lösung hat
anderseits zur Folge, dass der Vorkaufsberechtigte selbst diejenigen
Liegenschaften nicht an sich ziehen kann, welche der Käufer nicht zu
einem in Art. 10 lit. b genannten Zweck benötigt, sofern der Kauf in
überwiegendem Masse einem solchen Zweck dient. Der jenen Ansprecher
treffende Nachteil ist im ganzen gesehen unbedeutend, da nach Art. 6
Abs. 1 EGG auch ein räumlich begrenztes Vorkaufsrecht nur in Frage käme,
wenn die Grundstücke, die nicht einem in Art. 10 lit. b genannten Zweck
dienen, einen wesentlichen Teil des Heimwesens ausmachen.

    Im vorliegenden Streitfall wird der grössere und weitaus wichtigere,
die Hofgrundstücke enthaltende Teil des Heimwesens zur Erfüllung
öffentlicher Aufgaben (Strassenbau, Werkplatz, Realersatz) verwendet. Von
dem rund 6,91 ha haltenden Heimwesen werden einzig "einige am Waldrand
liegende Parzellen" allenfalls zu andern Zwecken beansprucht. (Aus
dem Schreiben des Oberforstamtes an das Tiefbauamt vom 25. März 1963
geht hervor, dass das Oberforstamt zur Aufforstung nach "Variante blau"
ca. 1,70 ha wünschte, wobei aber von der auf dem beigelegten Planausschnitt
blau schraffierten Fläche nicht alle, sondern nur Parzellen im Halte
von zusammen 1 ha auf das Heimwesen Kälin entfallen). Auf jeden Fall
stellen die Parzellen mit unbekannter Zweckbestimmung flächenmässig nur
einen geringen, betriebs- und wertmässig einen untergeordneten Teil des
Heimwesens dar. Das Rechtsgeschäft dient deshalb in eindeutig überwiegendem
Masse der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, weshalb es dem Vorkaufsrecht
nicht unterliegt und die Klage abzuweisen ist.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 27. September 1966 bestätigt.