Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 II 18



93 II 18

5. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. März 1967 i.S. Egli
gegen Ulrich Rohrer-Marti AG. Regeste

    Dienstvertrag, Rücktritt aus wichtigen Gründen, Art. 352
OR. Rechtzeitigkeit der Entlassung.

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    Der Kläger war als Reisender bei der Beklagten angestellt, wobei er
ein Einkommen von ca. Fr. 50'000.-- erzielte. Als die Beklagte erfuhr,
dass er unter unwahren Angaben Urlaub genommen hatte, um eine Reise zur
Durchführung eines Geschäfts auf eigene Rechnung zu unternehmen, entliess
sie ihn fristlos, nachdem sie zuvor seine Stellungnahme eingeholt und
sich bei einem Verbandssekretariat über die Zulässigkeit der Entlassung
erkundigt hatte.

    Das Bundesgericht verwirft den Einwand des Klägers, die Entlassung
sei verspätet erfolgt, auf Grund folgender

Auszug aus den Erwägungen:

                            Erwägung:

    Der Kläger nimmt den Standpunkt ein, die von der Beklagten am
29. Juni 1959 ausgesprochene fristlose Entlassung sei verspätet und
daher unwirksam gewesen. Er macht geltend, die Beklagte habe zwischen
dem Begehren um Auskunft vom 22. Juni und der Entlassung vom 29. Juni 7
Tage verstreichen lassen; so lange dürfe mit der Kündigung aus wichtigen
Gründen nicht zugewartet werden.

    Dieser Einwand ist unbegründet. Einerseits war es Anstandspflicht der
Beklagten, die Antwort des Klägers abzuwarten, zum mindesten so lange,
bis eine solche nach den Umständen eintreffen konnte. Die Beklagte erhielt
die am 24. Juni in Stäfa aufgegebene Antwort des Klägers frühestens am
25. Juni, einem Donnerstag. Dass sie nun den Kläger nicht unverzüglich
entliess, sondern sich vorerst beim Sekretariat des Verbands reisender
Kaufleute erkundigte, ob das Verhalten des Klägers eine fristlose
Entlassung rechtfertige, kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden. Es
ist verständlich, dass sie sich über die Rechtslage vergewissern wollte,
bevor sie eine Massnahme traf, die im Falle ihrer Unzulässigkeit für sie
schwerwiegende finanzielle Folgen haben konnte. Für die Einholung dieser
Auskunft benötigte die Beklagte den verbleibenden Teil des 25. und den
26. Juni (Freitag). Da die arbeitsfreien Wochenendtage nicht mitgerechnet
werden dürfen, betrug die massgebende Zeitspanne zwischen dem Eintreffen
der Antwort des Klägers und der Montag, den 29. Juni erfolgten fristlosen
Entlassung rund 2 Tage. Diese Frist war beim vorliegenden Sachverhalt
und angesichts des Umstandes, dass die Entscheidung von den Organen einer
Aktiengesellschaft zu treffen war, nicht übermässig lang.