Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 92 I 439



92 I 439

74. Urteil vom 12. Dezember 1966 i.S. Regionallager-Genossenschaft Gossau
und Mitbeteiligte gegen Kanton St. Gallen. Regeste

    Kantonales Steuerrecht. Grundsatz der Rechtsgleichheit.

    Kantonale Minimalsteuer, die von juristischen Personen auf dem
vollen Verkehrswert ihrer Grundstücke (ohne Schuldenabzug) erhoben wird
und insbesondere solche Immobiliengesellschaften und Genossenschaften
trifft, welche (fast) keinen Gewinn erzielen und ein im Verhältnis zu
ihrem Grundbesitz sehr geringes Eigenkapital aufweisen. Inwieweit ist
diese Steuer mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit vereinbar und im
Rahmen eines auf dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit beruhenden Steuergesetzes zulässig?

Sachverhalt

    A.- Das st. gallische Gesetz vom 17. April 1944 über die Staats- und
Gemeindesteuern (StG) bestimmt in "Art. 1: Der Staat erhebt zur Deckung
seiner Ausgaben, soweit dafür die übrigen Einnahmen nicht ausreichen:

    1.  eine Einkommenssteuer und eine ergänzende Vermögenssteuer von
den natürlichen Personen,

    2.  eine Gewinnsteuer und eine Kapitalsteuer von den
Kapitalgesellschaften,

    3.  eine Ertragssteuer und eine Kapitalsteuer von den Genossenschaften
des Obligationenrechts,

    4.  eine Steuer von den Einkünften und vom Vermögen der übrigen
juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts."

    Die natürlichen Personen können die Schuldzinsen von den Einkünften
und die Schulden vom Vermögen abziehen (Art. 28 Ziff. 1 und Art. 42). Die
Kapitalgesellschaften entrichten die Gewinnsteuer vom Reingewinn und die
Kapitalsteuer vom einbezahlten Grund- oder Stammkapital sowie von den
offenen und stillen Reserven (Art. 46 und 48). Bei den Genossenschaften
wird die Ertragssteuer vom Reinertrag und die Kapitalsteuer vom
einbezahlten Genossenschaftskapital sowie von den offenen und stillen
Reserven erhoben (Art. 53).

    B.- Mit Botschaft vom 25. Mai 1965 beantragte der Regierungsrat
des Kantons St. Gallen dem Grossen Rat verschiedene, ab 1. Januar
1967 anwendbare Abänderungen des StG, darunter die Einführung einer
"Minimalsteuer auf Grundstücken" juristischer Personen. Der Grosse Rat
erliess dieses Nachtragsgesetz am 9. Februar 1966. Dabei wurde dem
Abschnitt über die "Steuern der juristischen Personen" (Art. 45-56)
folgende Bestimmung beigefügt:

    "Art. 56 bis: Die juristischen Personen entrichten anstelle der Steuern
gemäss Art. 45 bis 56 eine Minimalsteuer von 1 Promille des amtlichen
Verkehrswertes ihrer im Kanton St. Gallen gelegenen Grundstücke, wenn
diese Steuer jene um mehr als 200 Franken übersteigt.

    Ausgenommen sind Genossenschaften des Obligationenrechts und Vereine,
wenn sie Aufgaben im sozialen Wohnungsbau erfüllen."

    Im Zusammenhang damit wurde Art. 1 StG ergänzt durch einen Abs. 2,
welcher die Erhebung einer Minimalsteuer anstelle der Steuern gemäss Abs. 1
Ziff. 2-4 vorbehält. Ferner wurden die in Art. 123 Abs. 1 und 160 Abs. 1
StG enthaltenen Bestimmungen über die Gemeindesteuern durch entsprechende,
die Minimalsteuer betreffende Zusätze ergänzt.

    Nachdem die Frist zum Referendum unbenützt abgelaufen war, erklärte
der Regierungsrat das Nachtragsgesetz zum StG als am 21. März 1966 in
Kraft getreten und veröffentlichte dies im kantonalen Amtsblatt vom
25. März 1966.

    C.- Am 25. April 1966 reichten vier Genossenschaften, eine
Aktiengesellschaft und ein Verein, alle mit Sitz im Kanton St. Gallen,
beim Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde ein mit dem Antrag,
die genannten neuen Bestimmungen über die Minimalsteuer auf Grundstücken
juristischer Personen seien wegen Verletzung von Art. 4 und 46 Abs. 2 BV
aufzuheben. Zur Begründung wird im wesentlichen geltend gemacht:

    a) Das StG beruhe auf dem Grundsatz der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, der allein den Erfordernissen
der Steuergerechtigkeit entspreche. Diesen Grundsatz durchbreche die
Minimalsteuer dadurch, dass bei den von ihr betroffenen juristischen
Personen überhaupt nicht auf die Leistungsfähigkeit abgestellt werde,
sondern unbekümmert um ihr Eigenkapital und ihre Schulden ausschliesslich
auf den Verkehrswert ihrer Grundstücke, sowie dadurch, dass die
Minimalsteuer die Steuer nicht nur auf dem Eigenkapital, sondern vor allem
auch auf dem Ertrag und den Nettoeinkünften ersetze. Die damit eingeführte
Sonderbehandlung eines bestimmten Kreises juristischer Personen lasse sich
nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen und verstosse daher gegen
Art. 4 BV. Dazu komme, dass die Minimalsteuer in krassester Weise in die
Freiheit des Steuerpflichtigen eingreife, durch wirtschaftliche Tätigkeit
einen Gewinn zu erzielen oder das zu unterlassen. Die in Art. 828 OR
umschriebene Zweckbestimmung der Genossenschaft schliesse ein Gewinnstreben
derselben aus, und Art. 15 lit. b st. gall. KV verpflichte den Staat
zur Förderung des Genossenschaftswesens. Mit dieser eidgenössischen und
kantonalen Regelung sei es unvereinbar, Genossenschaften, die gemäss
ihrer Zweckbestimmung keinen oder nur einen bescheidenen Gewinn erzielen,
einer intensiven Sonderbesteuerung zu unterwerfen.

    b) Die Regelung der Minimalsteuer enthalte "formelle
Rechtsungleichheiten" und verstosse auch deshalb gegen Art. 4 BV, weil
die Steuer

    -  nur von juristischen, nicht auch von natürlichen Personen erhoben
werde,

    - nur einen äusserst kleinen Kreis von Pflichtigen treffe,

    - einen nicht zu rechtfertigenden Unterschied zu denjenigen
Steuerpflichtigen schaffe, welche die gleichen wirtschaftlichen Zwecke
durch eine andere Rechtsform erreichen.

    Das Bundesgericht habe denn auch in BGE 40 I 56 ff. eine genau
gleiche Minimalsteuer des Kantons Glarus als gegen die Rechtsgleichheit
verstossend erklärt.

    c) Der Regierungsrat habe bei der parlamentarischen Behandlung
erklären lassen, die Minimalsteuer diene dazu, juristische Personen
mit Sitz in einem andern Kanton für ihren Grundbesitz im Kanton St.
Gallen zu einer kräftigen Besteuerung heranzuziehen. Dies vermöge aber die
Sonderbehandlung einer kleinen Zahl juristischer Personen vor Art. 4 BV
nicht zu rechtfertigen. Dazu komme, dass in den meisten Fällen der Erhebung
der Minimalsteuer auf dem Grundeigentum von juristischen Personen mit
Sitz in einem andern Kanton eine Verletzung des Doppelbesteuerungsverbotes
(Art. 46 Abs. 2 BV) liegen würde...

    D.- Der Regierungsrat des Kantons St. Gallen beantragt im Namen des
Kantons und des Grossen Rates die Abweisung der Beschwerde.

    E.- In Replik und Duplik halten die Parteien an ihren Anträgen und
deren Begründung fest.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    1./2. - (Prozessuales; die Beschwerdeführer sind zur Berufung auf
Art. 4 BV, nicht aber auf Art. 46 Abs. 2 BV legitimiert).

Erwägung 3

    3.- Art. 4 BV bindet nicht nur den Richter und die Verwaltung, sondern
auch den Gesetzgeber. Ausser den Schranken, die sich aus dem Verbot der
interkantonalen Doppelbesteuerung, aus dem übrigen Verfassungs- und aus
dem Bundesrecht ergeben, hat deshalb der kantonale Steuergesetzgeber
das Gleichheitsprinzip nach Art. 4 BV und das sich daraus ergebende
Willkürverbot zu beachten. Gegen diese verfassungsmässigen Grundsätze
verstösst ein Steuergesetz, wie ein allgemein verbindlicher Erlass
überhaupt, wenn es sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen
lässt, sinn- und zwecklos ist oder rechtliche Unterscheidungen trifft, für
die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden tatsächlichen Verhältnissen
nicht ersichtlich ist (BGE 91 I 84 Erw. 2 und dort angeführte frühere
Urteile). Innerhalb dieses Rahmens steht dem Gesetzgeber ein weiter
Spielraum des Ermessens zu. Der Verfassungsrichter hat diese Befugnis zu
achten und nur bei Ermessensmissbrauch oder -überschreitung einzugreifen.
Dagegen darf er sein Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des
Gesetzgebers setzen und nicht schon einschreiten, wenn ein Erlass auf
gesetzgebungspolitischen Erwägungen beruht, welche er für materiell
unzutreffend erachtet (BGE 90 I 98 Erw. 5, 91 I 84 Erw. 2; vgl. auch 61
I 92).

Erwägung 4

    4.- Die Minimalsteuer dient zunächst der Deckung des staatlichen
und gemeindlichen Finanzbedarfs und erfüllt damit den gleichen Zweck
wie die übrigen im StG vorgesehenen Steuern. Daneben verfolgt sie, wie
sich aus der Botschaft des Regierungsrates vom 25. Mai 1966 (S. 6-11)
ergibt, noch einen besonderen Zweck. Der Regierungsrat war durch eine
Motion eingeladen worden, dem Grossen Rat Vorschläge zur "Verwirklichung
einer gleichmässigen Steuerbelastung der Unternehmen (des Detailhandels)
ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform" zu unterbreiten, wobei vor allem
an das Verhältnis zwischen Genossenschaften und Kapitalgesellschaften
gedacht war. Der Regierungsrat legte die derzeitigen Unterschiede in der
Steuerbelastung dieser beiden Unternehmensformen dar und empfahl, zur
Verminderung dieser Differenz bei den Genossenschaften die Progression des
Steuersatzes auf dem Ertrag von 4-6% auf 3-10% auszudehnen und das eine
Million übersteigende Kapital mit einem etwas höheren Satz (2,5 statt 2é)
zu besteuern. Im Zusammenhang damit schlug er vor, von allen juristischen
Personen eine Minimalsteuer auf den im Kanton gelegenen Grundstücken zu
erheben zur Gewährleistung einer minimalen fiskalischen Belastung dieser
Liegenschaften. Angesichts des allgemeinen und des besonderen Zwecks
der streitigen Minimalsteuer ist es klar und unbestritten, dass die sie
betreffenden Bestimmungen nicht sinn- und zwecklos sind. Streitig ist
einzig, ob sie sich auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lassen und
ob die damit geschaffene Sonderbehandlung gewisser juristischer Personen
in anders gearteten tatsächlichen Verhältnissen eine Rechtfertigung findet.

Erwägung 5

    5.- Wie alle neuern Gesetze über die direkten Steuern beruht auch
das st. gallische StG auf dem Gedanken der Besteuerung der natürlichen und
juristischen Personen nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die
Beschwerdeführer wenden ein, mit der streitigen Minimalsteuer werde
dieser Grundsatz zum Nachteil einiger weniger Steuerpflichtigen ohne
haltbaren Grund durchbrochen. Der Regierungsrat dagegen behauptet, dass
diese Personen ohne die Minimalsteuer gerade nicht ihrer wirklichen
Leistungsfähigkeit entsprechend belastet würden.

    Bei den natürlichen Personen gelten Reineinkommen und Reinvermögen
als Masstab der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und bilden daher
die Objekte der direkten Hauptsteuern. Bei den juristischen Personen
wird im allgemeinen auf den Reingewinn (Reinertrag) und auf das Kapital
und die Reserven abgestellt. Nun gibt es aber juristische Personen,
die aus bestimmten Gründen nur einen ganz kleinen Gewinn erzielen
oder auf die Erzielung eines solchen überhaupt verzichten und ein im
Verhältnis zu ihren Aktiven sehr geringes Eigenkapital aufweisen. Diese
Körperschaften sind zumeist als Genossenschaften organisiert, häufig aber
auch als Aktiengesellschaften, so vor allem Immobiliengesellschaften,
dann z.B. Partnerwerke der Elektrizitätswirtschaft (vgl. BGE 82 I 288
ff.). Eine vom Eidg. Finanz- und Zolldepartement auf Grund einer Motion
Piller eingesetzte Expertenkommission hat die damit zusammenhängenden
Fragen eingehend geprüft und ihre Auffassung in dem 1955 erschienenen
Bericht "Zum Problem der gleichmässigen Besteuerung der Erwerbsunternehmen"
dargelegt. Sie kam dabei zum Ergebnis, dass bei den nicht gewinnstrebigen
Genossenschaften und Aktiengesellschaften weder der ausgewiesene Reinertrag
noch das Eigenkapital die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinreichend
zum Ausdruck bringe und eine Steuerordnung, die ausschliesslich auf
diese Faktoren abstelle, zu einer Privilegierung dieser Körperschaften
führe (S. 52, 88/89). Die Ausführungen, mit denen dies näher begründet
wird, sind überzeugend. Für ihre Richtigkeit sprechen auch die in
der Botschaft des st. gallischen Regierungsrates (S. 25) und anderswo
(vgl. z.B. KUTTLER, Die Bodenverteuerung als Rechtsproblem, ZSR 1964 II S.
279 Anm. 50) genannten Beispiele aus der Praxis. Im Hinblick hierauf
kann dem Bestreben des Gesetzgebers, diese Privilegierung der nicht
gewinnstrebigen Unternehmungen durch Anwendung eines andern Kriteriums
zur Bestimmung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu beseitigen,
ein ernsthafter sachlicher Grund nicht abgesprochen werden. Zu prüfen
bleibt, ob das vom st. gallischen Gesetzgeber gewählte Kriterium rechtliche
Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund fehlt, oder zu
Ergebnissen führt, die innerhalb eines auf dem Grundsatz der Besteuerung
nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beruhenden Steuergesetzes
unhaltbar sind, und die Betroffenen rechtsungleich behandelt.

Erwägung 6

    6.- Um die nicht gewinnstrebigen Unternehmungen gemäss ihrer
tatsächlichen Leistungsfähigkeit zu besteuern, haben die Kantone Waadt,
Wallis und Thurgau eine Steuer auf den Bruttoeinnahmen (dem Umsatz)
eingeführt, die als Minimalsteuer auf die ordentlichen Steuern anzurechnen
ist, d.h. nur erhoben wird, wenn sie die Steuern auf dem Reingewinn und dem
Kapital übersteigt. Inwieweit diese Minimalsteuern mit Art. 4 BV vereinbar
sind (wozu vgl. I. BLUMENSTEIN und M. IMBODEN ASA 34 S. 1 ff. und 193
ff.), ist hier nicht zu prüfen. Der Kanton St. Gallen ist einen andern Weg
gegangen und h.at (nach dem Vorbild des vom Kanton Basel-Stadt seinem StG
am 22. Dezember 1964 beigefügten § 77 b) eine Minimalsteuer eingeführt,
die als Objektsteuer (ohne Schuldenabzug) von den juristischen Personen
auf ihren im Kanton gelegenen Grundstücken zu entrichten ist, 1é des
amtlichen Verkehrswerts derselben beträgt und anstelle der ordentlichen
Steuern nur erhoben wird, wenn sie diese um mehr als Fr. 200.-- übersteigt.

    a) Darin, dass diese Minimalsteuer nur von den juristischen, nicht
auch von den natürlichen Personen erhoben wird, liegt keine unzulässige
rechtsungleiche Behandlung. Einmal werden die juristischen Personen
in der Schweiz allgemein nach andern Grundsätzen als die natürlichen
besteuert. Sodann treffen die Gründe, die den Gesetzgeber zur Einführung
der Minimalsteuer bewogen haben, sozusagen ausschliesslich bei juristischen
Personen zu. Nur bei ihnen kommt es praktisch vor, dass sie über erhebliche
Vermögenswerte verfügen und eine umfang- und erfolgreiche wirtschaftliche
Tätigkeit ausüben, dabei aber kein oder nur ein ganz geringes steuerbares
Vermögen und Einkommen aufweisen. Es ist daher aus dem Gesichtspunkt des
Art. 4 BV nicht zu beanstanden, dass die Minimalsteuer, mit der in solchen
Fällen die Besteuerung gemäss der tatsächlichen Leistungsfähigkeit erreicht
werden soll, nur juristische Personen trifft (vgl. IMBODEN aaO S. 195/6).

    b) Innerhalb eines auf dem Grundsatz der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufgebauten Steuergesetzes hat eine
Minimalsteuer für nicht gewinnstrebige Personen nur Platz, wenn ihr Objekt
so geartet ist, dass es anstelle des fehlenden Gewinns und Kapitals als
Kriterium für die Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
gelten kann.

    aa) Dass der Grundbesitz, den die Minimalsteuern der Kantone St. Gallen
und Basel-Stadt zum Gegenstand haben, bei den als Aktiengesellschaften
oder Genossenschaften organisierten Immobiliengesellschaften ein
solches Kriterium ist, lässt sich im Ernste nicht bezweifeln. Wenn
eine Immobiliengesellschaft trotz umfangreichem Liegenschaftsbesitz
kein oder wenig steuerbares Kapital aufweist, so ist das meist
darauf zurückzuführen, dass sie den Erwerb der Liegenschaften fast
ausschliesslich mit Fremdkapital finanzieren konnte. Und wenn sie
trotz normaler Ertragsfähigkeit ihrer Liegenschaften keinen oder
nur einen geringen Gewinn erzielt, so hat dies seinen Grund ausser
in der eben genannten Art der Finanzierung regelmässig darin, dass
sie als Aktiengesellschaft zugunsten der sie beherrschenden Personen
und als Genossenschaft zugunsten ihrer Mitglieder absichtlich keinen
(höheren) Gewinn erzielt. Wenn bei solchen juristischen Personen trotz
fehlendem steuerbaren Gewinn und Kapital eine gewisse, die Besteuerung
rechtfertigende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angenommen und der
Masstab für diese im Verkehrswert ihrer Liegenschaften erblickt wird, so
leuchtet dies durchaus ein, da die ungewöhnliche Art der Finanzierung für
das Vorliegen einer im Reingewinn und Eigenkapital nicht hinreichend zum
Ausdruck kommenden Leistungsfähigkeit spricht und ein geeigneterer Masstab
als der Wert der Liegenschaften kaum zu finden ist. Richtig ist freilich,
dass bei solchen juristischen Personen eine angemessene Besteuerung sich
unter Umständen auch dadurch erreichen lässt, dass man einen Teil des
Fremdkapitals als verdecktes Eigenkapital behandelt (vgl. BGE 90 I 156
und 221) oder Leistungen an Dritte nicht als geschäftsmässig begründete
Unkosten gelten lässt (vgl. BGE 91 I 398/9). Allein dieser Weg führt,
wie das Urteil des st. gallischen Kantonsgerichts vom 16. November 1961
(Steuer Revue 17/1962 S. 483) zeigt, nicht immer zum Ziel, weshalb es dem
Gesetzbeger nicht verwehrt werden kann, die tatsächliche wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit der Immobiliengesellschaften mit einer auf dem Wert
ihrer Liegenschaften berechneten Minimalsteuer zu erfassen (vgl. auch
IMBODEN aaO S. 199/200).

    bb) Etwas zweifelhafter mag sein, ob der Liegenschaftsbesitz
bei denjenigen Genossenschaften ein taugliches Kriterium für die
Bestimmung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist, die neben der
Verwaltung von Liegenschaften als Konsum-, Einkaufsgenossenschaften
usw. ein Handelsgeschäft betreiben. Soweit Genossenschaften mit
Geschäftsbetrieb überhaupt keine Liegenschaften besitzen, werden
sie, obwohl der Grund für die Erhebung einer Minimalsteuer, nämlich
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit trotz Fehlen eines steuerbaren
Gewinns und Kapitals, auch bei ihnen vorliegen kann, durch die streitige
Minimalsteuer überhaupt nicht betroffen. Indessen wird es sich dabei meist
um kleinere Unternehmen handeln, bei denen auch eine anders ausgestaltete
Minimalsteuer wenig ergiebig wäre und bei denen daher darin, dass sie
von der Minimalsteuer auf Grundeigentum nicht erfasst werden, keine ins
Gewicht fallende Privilegierung liegt. Grössere Genossenschaften mit
Geschäftsbetrieben verfügen in der Regel über eigene Liegenschaften. Wenn
sie trotz beträchtlichem ertragsfähigem Grundbesitz (fast) kein steuerbares
Einkommen und Kapital aufweisen, so verhält es sich bei ihnen ähnlich wie
bei den reinen Immobiliengesellschaften, d.h. sie haben ihre Liegenschaften
mit fremden, ihnen von interessierten Dritten zur Verfügung gestellten
Mitteln erworben und verzichten zugunsten dieser Dritten oder ihrer
Mitglieder auf die Erzielung von Gewinn. Unter diesen Umständen erscheint
auch bei diesen Genossenschaften der Wert ihres Liegenschaftsbesitzes als
taugliches Kriterium zur Bestimmung ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit.

    c) In BGE 40 I 65 Erw. 2 hat das Bundesgericht entschieden, dass
eine Minimalsteuer, welche von den ordentlicherweise nur für ihre
eigenen Gelder (Kapital und Reserven) besteuerten Aktiengesellschaften
und Genossenschaften auf dem vollen Wert ihres Grundeigentums ohne
Schuldenabzug erhoben wurde, jedes sachlich zureichenden Grundes entbehre
und vor Art. 4 BV nicht bestehen könne. Von diesem Urteil ist das
Bundesgericht indes schon in BGE 86 I 215 Erw. 2 abgerückt. Es hat dort
eine von den juristischen Personen neben der Ertragssteuer zu entrichtende
Steuer auf der "Substanz" als mit Art. 4 BV vereinbar erklärt, welche
neben dem (einbezahlten und nicht einbezahlten) Kapital und den Reserven
auch den diese Faktoren übersteigenden Wert des Grundeigentums (ohne
Schuldenabzug) erfasste und nach der Absicht des Gesetzgebers verhindern
sollte, dass Immobiliengesellschaften mit geringem Gesellschaftskapital
und grossem, mit Hypotheken belastetem Grundbesitz sich der Steuer auf den
Immobilien entziehen. Soweit in BGE 40 I 65 Erw. 2 wie auch in 61 I 324
ff. die Auffassung zum Ausdruck kommt, eine nur eine kleine Gruppe von
Steuerpflichtigen treffende Minimalsteuer auf dem Liegenschaftsvermögen
oder auf dem Umsatz habe innerhalb eines im übrigen auf dem System
der Reineinkommens- und Reinvermögenssteuer aufgebauten Steuergesetz
auf keinen Fall Platz und verstosse stets gegen den Grundsatz der
Rechtsgleichheit, kann hieran nicht festgehalten werden. Die im ersten
Fall beurteilte Minimalsteuer auf dem Grundeigentum richtete sich vor
allem gegen ausserkantonale Unternehmen und verstiess insoweit auch
gegen das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung (BGE 40 I 68
Erw. 3). Die Minimalsteuer auf dem Umsatz aber, um die es im zweiten
Falle ging, war offensichtlich eine gewerbepolitische Massnahme gegenüber
Grossunternehmen des Kleinhandels und verletzte daher auch den Art. 31 BV
(BGE 61 I 330 Erw. 3). Die heute streitige Minimalsteuer auf Grundstücken
juristischer Personen verfolgt andere Zwecke. Sie richtet sich, ähnlich wie
die in BGE 86 I 209 ff. beurteilte tessinische Steuer auf der "Substanz"
und die in Erw. 6 hievor erwähnte baselstädtische Minimalsteuer, gegen
eine Erscheinung, die in den letzten Jahrzehnten überhandgenommen hat,
nämlich gegen juristische Personen mit Grundbesitz, die so organisiert
und finanziert sind, dass sie kein oder fast kein steuerbares Einkommen
und Kapital aufweisen und damit grosse Vermögenswerte der Besteuerung
am Orte der gelegenen Sache entziehen. Soweit sich daraus interkantonale
Steuerkonflikte ergeben, hat das Bundesgericht in der letzten Zeit durch
Ausbau und Verfeinerung seiner Doppelbesteuerungsrechtsprechung dem
Besteuerungsrecht des Liegenschaftskantons verstärkten Schutz verliehen
(vgl. BGE 78 I 326, 79 I 31 und 145, 85 I 95, 91 I 396 und 467). In der
gleichen Richtung gehen die Bestrebungen einzelner Kantone, durch eine
Minimalsteuer auf dem Grundeigentum juristischer Personen einer Aushöhlung
des Rechts zur Besteuerung des unbeweglichen Vermögens entgegenzutreten und
eine minimale fiskalische Belastung dieses Vermögens sicherzustellen. Wenn
der kantonale Gesetzgeber dabei statt des bei diesen juristischen Personen
fehlenden Gewinns und Eigenkapitals den Wert ihrer Liegenschaften
als Kriterium der für die Besteuerung massgebenden wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit betrachtet, so besteht für das Bundesgericht aus
dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV kein Anlass zum Einschreiten, da von
diesem Kriterium, wie bereits ausgeführt, nicht gesagt werden kann, es
entbehre jeder ernsthaften sachlichen Begründung oder treffe rechtliche
Unterscheidungen, die sich durch keine vernünftigen Gründe rechtfertigen
lassen.

    d) Wie der Regierungsrat hervorhebt und die Beschwerdeführer nicht
bestreiten, verfolgt der st. gallische Gesetzgeber mit der streitigen
Minimalsteuer keine gewerbepolitischen Zwecke und beabsichtigt
nicht, damit die Beschwerdeführer im wirtschaftlichen Wettbewerb zum
Vorteil anderer Wettbewerbsteilnehmer zu schwächen. Insbesondere
hat die Minimalsteuer, da sie nicht progressiv ausgestaltet ist,
nicht zur Folge, Genossenschaften und Aktiengesellschaften mit
grossem Liegenschaftsbesitz gegenüber kleinen Körperschaften zu
benachteiligen. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer geht es auch
nicht darum, diese dafür zu bestrafen, dass sie nicht gewinnstrebig sind,
so wenig wie es bei der (progressiven) Besteuerung der gewinnstrebigen
Unternehmen darum geht, sie dafür zu bestrafen, dass sie einen (mehr oder
weniger hohen) Gewinn erzielen. Im einen wie im andern Fall handelt
es sich vielmehr darum, die Steuersubjekte im Verhältnis zu ihrer
tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung der
öffentlichen Aufgaben heranzuziehen. Die Beschwerdeführer werden durch
die Minimalsteuer auch nicht etwa gezwungen, im Widerspruch zu ihrem
Wesen als Genossenschaften Gewinne zu erzielen. Sie haben inskünftig
lediglich mit höheren Unkosten zu rechnen. Dass die Minimalsteuer (die
zur Zeit mit Einschluss der Zuschläge für Staat und Gemeinden 2,9é des
Verkehrswertes der Liegenschaften ausmacht) die Beschwerdeführer in der
Erfüllung ihres statutarischen Zweckes ernstlich behindere oder gar ihre
Aussichten im wirtschaftlichen Wettbewerb verschlechtere, behaupten sie
nicht und versuchen es noch weniger darzutun. Die Beschwerdeführer 1,
2 und 3 erklären, sie müssten die jährlich Fr. 13'650.-- bzw. 22'500.--
bzw. 23'400.-- betragende Minimalsteuer den ihnen angeschlossenen
Konsumgenossenschaften belasten, welche sie ihrerseits in Form erhöhter
Preise auf die Konsumenten überwälzen müssten. Über das Ausmass dieser
Preiserhöhung schweigen sie sich jedoch aus und ist den eingereichten
Akten nichts zu entnehmen. Ob die beiden Baugenossenschaften, die
Beschwerdeführer 4 und 5, von der Minimalsteuer betroffen werden
oder gemäss Art. 56bis Abs. 2 StG von ihr befreit sind, wird von den
Veranlagungsbehörden zu entscheiden sein und steht noch nicht fest.
Davon, dass ihre Wohnungen leer stehen oder nur schwer vermietbar würden,
wenn sie die Steuer entrichten und infolgedessen ihre Mietzinsen erhöhen
müssen, kann indes offensichtlich nicht die Rede sein, zumal sie ihre
Bauten zum Teil mit niedrig verzinslichen Bundesgeldern finanzieren
konnten und damit einen Vorsprung vor den übrigen Vermietern haben. Die
Eisenbahner-Baugenossenschaft St. Gallen, die nach dem Jahresbericht für
1965 über 260 Wohnungen verfügt und im Jahre 1966 97 weitere fertigstellt,
hätte nach ihrer Angabe eine Minimalsteuer von rund Fr. 30'000.-- zu
bezahlen, was - nach Wegfall der bisher entrichteten Kapitalsteuer - nur
eine geringe zusätzliche Belastung (im Durchschnitt weniger als Fr. 100.--
pro Wohnung) ausmacht. Bei der Wohnbaugenossenschaft Gess ist die Zahl
der Wohnungen dem Jahresbericht nicht zu entnehmen; die Mehrbelastung
von rund Fr. 10'000.-- würde nicht ganz 6% der in der Jahresrechnung für
1965 ausgewiesenen Mietzinseinnahmen von Fr. 170'680.-- ausmachen, was
ebenfalls als erträglich erscheint. Auch was die Höhe der Minimalsteuer
und ihre Auswirkungen auf die heutigen Beschwerdeführer betrifft, kann
daher nicht gesagt werden, der st. gallische Gesetzgeber habe das ihm
zustehende Ermessen missbraucht und Art. 4 BV verletzt.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.