Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 92 I 415



92 I 415

70. Urteil vom 21. Oktober 1966 i.S. Frebal AG und Rudin gegen
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. Regeste

    Einspruch gegen Liegenschaftskäufe.

    1.  Zulässigkeit des Einspruchs gegen die Absicht, einen
Kaufrechtsvertrag beurkunden zu lassen (Erw. 1).

    2.  Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG: Fall einer industriellen Unternehmung,
welche nach ihrer Darstellung das Land zum Bau einer Lager- und
Montagehalle erwerben will. Es ist nicht offensichtlich eine Spekulation
oder ein Güteraufkauf beabsichtigt (Erw. 2).

    3.  Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG: Durch den Verkauf einzelner Parzellen
verliert ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit
nicht, wenn die Bewirtschaftung des verkleinerten Gutes immer noch eine
auskömmliche Existenz zu bieten vermag (Erw. 3).

Sachverhalt

    A.- Fritz Rudin ist Eigentümer eines 812,2 a messenden
landwirtschaftlichen Betriebes in Giebenach, den er bis vor kurzem
selbst bewirtschaftet hat. Nunmehr hat er den grössten Teil des Landes
parzellenweise an andere Landwirte verpachtet.

    Er möchte der Frebal AG in Basel, welche Maschinen für die Bäckerei-,
Konditorei- und Nahrungsmittelbranche herstellt und vertreibt, ein
befristetes Kaufsrecht an den Parzellen Nr. 268 (16,12 a) und Nr. 396
(31,87 a) einräumen. Die Firma Frebal erklärt, auf diesen Grundstücken
eine Lager- und Montagehalle erstellen zu wollen.

    B.- Die Bezirksschreiberei Liestal sah von der öffentlichen Beurkundung
des ihr eingereichten Textes des Kaufrechtsvertrages zunächst ab und
erstattete der kantonalen Landwirtschaftsdirektion Meldung gemäss § 9 des
kantonalen Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz vom 12. Juni 1951 über die
Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG). Die Landwirtschaftsdirektion
erhob gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. a und c EGG Einspruch gegen das
Vorhaben der Vertragsparteien.

    Auf Beschwerde der Vertragsparteien hin bestätigte der Regierungsrat
des Kantons Basel-Landschaft den Einspruch mit Entscheid vom 1. März
1966. Er fand, der Einspruch sei nach Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG
begründet, weil die beabsichtigte Veräusserung zu einer nicht zu
verantwortenden Schmälerung der Ertragsbasis des Landwirtschaftsbetriebes
des Beschwerdeführers Rudin führen würde. Wichtige Gründe im Sinne
dieser Bestimmung lägen nicht vor. Der Einspruch sei auch nach Art. 19
Abs. 1 lit. a EGG gerechtfertigt, da die Frebal AG die beiden Parzellen
offensichtlich zum Zwecke der Spekulation erwerben wolle. Ihre Darstellung,
sie wolle dort Lagerräumlichkeit schaffen, sei nicht überzeugend. Viel
näher liege die Annahme, sie wolle entweder ein Wochenendhäuschen errichten
oder das Land zu gegebener Zeit mit Gewinn verkaufen.

    C.- Die Frebal AG und Fritz Rudin beantragen mit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, der Entscheid des Regierungsrates sei
aufzuheben und der Einspruch für unbegründet zu erklären.

    Sie machen geltend, die Beschwerdeführerin trachte nicht nach
einem Spekulationsgewinn. Vielmehr gehe es ihr darum, Platz für
ihre Lagerräume zu finden. Ihr Grundbesitz in Basel genüge für ihre
Bedürfnisse längst nicht mehr, und zudem müsse sie dort Land für eine
Strassenkorrektion abgeben. Die Kosten für den Anschluss der projektierten
Lager- und Montagehalle an das Kanalisationsnetz würden verhältnismässig
bescheiden sein. Der landwirtschaftliche Betrieb Rudins verliere durch
eine Verminderung der Fläche um 48 a die Existenzfähigkeit nicht. Würde
angenommen, dass er sie doch verlöre, so beständen wichtige Gründe,
welche dies rechtfertigten. Das Land werde ja zur Überbauung verkauft,
und Rudin sei auf den Verkauf angewiesen, um seinen Lebensunterhalt
bestreiten zu können.

    D.- Der Regierungsrat und das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement
beantragen die Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 19 EGG kann gegen "Kaufverträge" über landwirtschaftliche
Heimwesen oder zu einem solchen gehörende Liegenschaften Einspruch erhoben
werden. Im vorliegenden Fall soll ein Kaufsrecht begründet werden, das
der Berechtigte alsbald ausüben will. Solche Geschäfte haben ähnliche
Wirkungen wie Kaufverträge und sind diesen unter dem Gesichtspunkte des
Art. 19 EGG gleichzustellen. Andernfalls könnte diese Bestimmung ohne
weiteres umgangen werden, so dass ihr Zweck, den bäuerlichen Grundbesitz
zu schützen, in vielen Fällen nicht erreicht würde (vgl. BGE 92 I 337
Erw. 3, betreffend die Sperrfrist nach Art. 218 OR).

    Der hier angefochtene Entscheid richtet sich allerdings nicht gegen
einen bereits abgeschlossenen Kaufrechtsvertrag und erst recht nicht
gegen die Ausübung des dadurch begründeten Kaufsrechtes, sondern gegen
die blosse Absicht, einen solchen Vertrag beurkunden zu lassen. Doch
steht einem Einspruch schon in diesem Stadium nichts entgegen. Durch
dieses Vorgehen wird vermieden, dass die Vertragsparteien mit unnützen
Beurkundungskosten belastet werden, falls der Einspruch von ihnen anerkannt
oder von den Beschwerdeinstanzen begründet erklärt wird.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG ist der Einspruch gerechtfertigt,
wenn jemand ein Heimwesen oder eine zu einem solchen gehörende Liegenschaft
"offensichtlich zum Zwecke der Spekulation oder des Güteraufkaufs"
erwerben will. Der Regierungsrat findet, dass hier offensichtlich
Spekulation vorliege. Spekulation wird dann angenommen, wenn ein Gewinn
durch Weiterveräusserung oder durch eine andere Verwendung des bisher
landwirtschaftlich genutzten Bodens, insbesondere durch Erstellung von
Miethäusern und Vermietung der Wohnungen, angestrebt wird (BGE 83 I 313,
87 I 239, 88 I 335, 90 I 266).

    Die Frebal AG erklärt jedoch nachdrücklich, dass sie auf den
Parzellen Nr. 268 und 396 eine Lager- und Montagehalle erstellen wolle. Es
besteht kein zureichender Grund, an der Ernsthaftigkeit dieser Absicht zu
zweifeln. Die Darstellung der Firma Frebal, dass sie Raum für den genannten
Zweck benötige und dass die ihr durch den Anschluss der projektierten Halle
an das Kanalisationsnetz erwachsenden Kosten verhältnismässig gering sein
würden, ist nicht widerlegt. Wie unsicher die Vorinstanz ist, ergibt sich
aus ihrer Vermutung, die Frebal AG wolle eventuell ein Wochenendhäuschen
erstellen. Würde dies zutreffen, so läge eben keine Spekulation vor. Zum
mindesten kann keine Rede davon sein, dass eine Spekulationsabsicht
geradezu offensichtlich sei. Es kann nicht ohne weiteres angenommen
werden, dass die Firma Frebal, welche Maschinen herstellt und vertreibt,
auch den Zweck verfolgt, Gewinne im Grundstückverkehr zu erzielen. Nichts
deutet darauf hin, dass sie bisher spekulative Käufe getätigt hat. Eher
noch wäre zu vermuten, dass sie, wenn schon der Bau einer Lager- und
Montagehalle auf den streitigen Parzellen sich nicht verwirklichen liesse,
eine dauernde Kapitalanlage anstrebt. Ein solches Vorhaben fiele jedoch
nicht unter den Begriff der Spekulation (BGE 83 I 313, 90 I 266).

    Die Landwirtschaftsdirektion hat den Einspruch auch mit der Überlegung
begründet, dass es sich nur um einen Güteraufkauf handeln könne, wenn
nicht Spekulation vorliege. Dagegen ist in den Erwägungen des angefochtenen
Entscheids und in der Vernehmlassung des Regierungsrates von Güteraufkauf
nicht mehr die Rede, woraus zu schliessen ist, dass die Vorinstanz diesen
Einspruchsgrund nicht für gegeben erachtet. In der Tat bestehen keine
Anhaltspunkte dafür, dass die Frebal AG offensichtlich darauf ausgeht,
über ihren Bedarf hinaus möglichst viele Landgüter aufzukaufen (BGE 83 I
315/6). Ihr derzeitiger Grundbesitz besteht nur aus der Fabrikliegenschaft
in Basel. Wäre anzunehmen, sie wolle die (aneinander grenzenden) Parzellen
Nr. 268 und 396 nicht für die Erstellung einer Lager- und Montagehalle,
sondern zwecks dauernder Kapitalanlage erwerben, so könnte daraus noch
nicht geschlossen werden, dass sie offensichtlich einen Güteraufkauf
beabsichtigt (BGE 83 I 316).

Erwägung 3

    3.- Zu prüfen bleibt, ob der in Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG vorgesehene
Einspruchsgrund, auf den der angefochtene Entscheid in erster Linie
gestützt wird, gegeben sei. Nach dieser Bestimmung kann Einspruch erhoben
werden, wenn durch den Verkauf ein landwirtschaftliches Gewerbe seine
Existenzfähigkeit verliert. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung
erfüllt, wenn ein landwirtschaftliches Heimwesen als Ganzes verkauft und
dadurch ein Bauerngewerbe aufgehoben wird (BGE 87 I 237 Erw. 3), oder
wenn von einem Heimwesen, das eine auskömmliche Existenz bietet, soviel
verkauft wird, dass die Bewirtschaftung des Restes für sich allein den
Betriebsinhaber und seine Familie nicht mehr zu ernähren vermag (BGE 88
I 327 Erw. 2), oder wenn ein Kleinheimwesen durch den Verkauf einzelner
Parzellen derart geschmälert wird, dass mit seiner Bewirtschaftung noch
viel weniger als bisher auszukommen ist (BGE 89 I 59). Hier liegt jedoch
keiner dieser Fälle vor.

    Das Anwesen Rudins umfasst zur Zeit 812,2 a. Im angefochtenen Entscheid
wird festgestellt, dass die Bewirtschaftung dieses Gutes eine ausreichende
Existenz zu bieten vermag. Daran ist auch nicht zu zweifeln. Wenn der
heutige Eigentümer das meiste Land verpachtet hat, so beweist dies nicht,
das ein anderer Landwirt auf dem Gute nicht ein genügendes Auskommen finden
könnte. In einem Entscheid vom 14. August 1962 i.S. Brodbeck hat der
Regierungsrat erklärt, dass die Bewirtschaftung eines 7 1/4 ha umfassenden
Heimwesens in Wintersingen einer Bauernfamilie noch eine auskömmliche
Existenz ermögliche (BGE 88 I 327). Nichts lässt darauf schliessen,
dass sich dies seither geändert hat, und es ist auch nicht dargetan,
dass sich in Betrieben dieser Grössenordnung in Giebenach weniger hohe
Erträge als in Wintersingen erzielen lassen. Daher muss angenommen werden,
dass das Anwesen Rudins auch dann noch eine auskömmliche Existenz wird
bieten können, wenn es infolge der vorgesehenen Veräusserung von 48 a
auf 7,6 ha reduziert wird. Diese Veräusserung hat also nicht zur Folge,
dass ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit verliert.

    Vergeblich machen die kantonalen Behörden geltend, dass die Abtrennung
von 48 a eine "nicht zu verantwortende Schmälerung der Ertragsbasis"
des Gewerbes bewirke. Die Ertragsbasis wird stets geschmälert, wenn die
Fläche eines landwirtschaftlichen Heimwesens durch Veräusserung vermindert
wird. Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG schützt vor solcher Schmälerung nur, wenn
sie zur Folge hat, dass der Betrieb seine Existenzfähigkeit verliert. So
verhält es sich hier aber nicht.

    Unter diesen Umständen stellt sich die Frage nicht, ob der Verlust
der Existenzfähigkeit des Betriebes sich durch wichtige Gründe im Sinne
von Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG rechtfertigen liesse.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben
und der Einspruch für unbegründet erklärt.