Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 92 I 400



92 I 400

68. Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. Dezember 1966
i.S. Vereinsdruckerei Bern gegen Regierungsrat des Kantons Bern. Regeste

    Umwandlung einer altrechtlichen Genossenschaft in eine
Handelsgesellschaft.

    Eine vor dem 1. Juli 1937 gegründete, den Vorschriften des revidierten
OR (Art. 828 ff.) nicht entsprechende Genossenschaft ohne Liquidation in
eine Aktiengesellschaft oder in eine Gesellschaftmit beschränkter Haftung
umzuwandeln, ist seit der Aufhebung der Verordnung vom 29. Dezember 1939
über die Umwandlung von Genossenschaften in Handelsgesellschaften durch
Bundesratsbeschluss vom 1. April 1966 nicht mehr möglich.

Sachverhalt

    A.- Die Vereinsdruckerei Bern wurde unter der Herrschaft des
alten Obligationenrechtes als Genossenschaft gegründet. Da sie nach den
Bestimmungen des am 1. Juli 1937 in Kraft getretenen revidierten Rechtes
(Art. 828 ff. OR) nicht mehr als Genossenschaft weiterbestehen kann,
will sie sich in eine Aktiengesellschaft umwandeln. Am 30. September
1958 begann sie dieses Vorhaben vorzubereiten, indem sie beschloss,
Anteilscheine herauszugeben. Sie liess diesen Beschluss am 14. August
1959 in das Handelsregister eintragen (SHAB vom 18. August 1959
S. 2318). Am 4. Oktober 1963 gründete sie die "Betriebsaktiengesellschaft
Vereinsdruckerei Bern". Diese bezweckt "den Betrieb einer oder mehrerer
Buchdruckereien, ferner die Ausführung von Druckarbeiten im Auftrag der
Genossenschaft "Vereinsdruckerei Bern"". Die Betriebsaktiengesellschaft
trat in alle am 1. Januar 1963 bestehenden Verträge ein, die mit
dem eigentlichen Druckereibetrieb der Genossenschaft zusammenhingen,
ausgenommen in den Vertrag mit der Gemeinde Bern über die Herstellung und
Herausgabe des Anzeigers für die Stadt Bern (SHAB vom 28. Oktober 1963
S. 3047). Dieser Vertrag lief am 31. Dezember 1965 ab und wurde hierauf
mit der Betriebsaktiengesellschaft erneuert.

    Am 6. Juli 1966 beschlossen die Genossenschafter der Vereinsdruckerei
Bern, im Verfahren gemäss Verordnung des Bundesrates vom 29. Dezember
1939 über die Umwandlung von Genossenschaften in Handelsgesellschaften
die "Immobilienaktiengesellschaft Vereinsdruckerei Bern" zu gründen, die
Aktiven und Passiven der Genossenschaft auf sie übergehen zu lassen und die
Genossenschaft aufzulösen. Am I 5. Juli 1966 meldete die Vereinsdruckerei
Bern diese Beschlüsse zur Eintragung in das Handelsregister an.

    Der Handelsregisterführer von Bern wies die Anmeldung am 18. Juli
1966 zurück, und die Beschwerde, welche die Vereinsdruckerei Bern gegen
diese Verfügung führte, wurde am 26. August 1966 vom Regierungsrat des
Kantons Bern abgewiesen, im wesentlichen mit der Begründung, der Bundesrat
habe die erwähnte Verordnung am 1. April 1966 zur Schaffung einer klaren
Rechtslage formell ausser Kraft gesetzt, nachdem sie vorher irrtümlich
über die in Art. 2 der Schluss- und Übergangsbestimmungen zum rev. OR
vorgesehene Frist hinaus angewendet worden sei.

    B.- Die Vereinsdruckerei Bern führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie
beantragt, den Entscheid des Regierungsrates aufzuheben und das
Handelsregisteramt von Bern zu verhalten, die Anmeldung vom 15. Juli 1966
zur Eintragung entgegenzunehmen.

    Der Regierungsrat und das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement
beantragen, die Beschwerde abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Das Bundesgesetz vom 18. Dezember 1936 über die Revision der Titel
XXIV bis XXXIII des Obligationenrechts, das am 1. Juli 1937 in Kraft trat,
enthält in Art. 2 bis 4 seiner Schluss- und Übergangsbestimmungen (ÜBest)
unter dem Randtitel B Normen über die "Anpassung alter Gesellschaften an
das neue Recht".

    Art. 2 ÜBest schreibt vor, Aktiengesellschaften,
Kommanditaktiengesellschaften und Genossenschaften, die im Zeitpunkt
des Inkrafttretens des Gesetzes im Handelsregister eingetragen seien,
jedoch den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprächen, hätten binnen
fünf Jahren ihre Statuten den neuen Bestimmungen anzupassen (Abs. 1),
ansonst sie nach Ablauf der Frist durch den Handelsregisterführer von
Amtes wegen als aufgelöst zu erklären seien (Abs. 3). Die erwähnte Frist
wurde durch Vollmachtenbeschlüsse des Bundesrates vom 31. Oktober 1941
und 4. Oktober 1943 bis am 30. Juni 1947 verlängert.

    Art. 4 ÜBest sodann sieht vor, der Bundesrat könne allgemein oder im
einzelnen Fall Vorschriften für die Umwandlung einer Genossenschaft in
eine Handelsgesellschaft ohne Liquidation erlassen, wobei die Interessen
der Genossenschafter und der Gläubiger angemessen zu berücksichtigen
seien. Von dieser Ermächtigung machte der Bundesrat zunächst von Fall zu
Fall Gebrauch. Nachher tat er es allgemein, indem er am 29. Dezember
1939 die Verordnung über die Umwandlung von Genossenschaften in
Handelsgesellschaften erliess (BS 2 S. 681 ff.) (abgekürzt VUG). Sie
sah nur die Möglichkeit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft
oder in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor und gestattete
sie nur den Genossenschaften, die auf Grund ihrer Statuten ein durch
Anteilscheine gebildetes Genossenschaftskapital besassen und für deren
Verbindlichkeiten ausschliesslich das Genossenschaftsvermögen haftete
(Art. 1). Die Verordnung trat am 1. Januar 1940 in Kraft (Art. 10), sagte
jedoch über ihre Geltungsdauer nichts. Am 1. April 1966 hob der Bundesrat
sie "mit sofortiger Wirkung" auf. Dieser Beschluss wurde am 12. Mai 1966 in
der Sammlung der eidgenössischen Gesetze veröffentlicht (AS 1966 S. 674).

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin hat ihre Umwandlung in die
Immobilienaktiengesellschaft Vereinsdruckerei Bern erst nach der
Veröffentlichung des Bundesratsbeschlusses vom 1. April 1966 verurkunden
lassen und zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet, erhebt aber
Anspruch darauf, dass die Verordnung vom 29. Dezember 1939 gleichwohl
angewendet werde, weil deren Aufhebung bundesverfassungswidrig sei.

Erwägung 3

    3.- Die Bundesversammlung räumte bei der Revision des
Genossenschaftsrechtes den altrechtlichen Genossenschaften nicht das Recht
ein, sich ohne Liquidation in eine Handelsgesellschaft umzuwandeln. Sie
begnügte sich damit, die Befugnis zum Erlass entsprechender Normen an den
Bundesrat zu delegieren (Art. 4 ÜBest). Mit den Worten "der Bundesrat
kann..." stellte sie es dabei in dessen Ermessen, ob er von dieser
Ermächtigung Gebrauch machen, also die Umwandlung ohne Liquidation
überhaupt zulassen wolle. Folglich überliess sie es auch dem Ermessen
des Bundesrates, diese Möglichkeit allenfalls wieder aufzuheben. Da das
Bundesgericht an die von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze gebunden
ist (Art. 113 Abs. 3, 114bis Abs. 3 BV), muss somit davon ausgegangen
werden, dass die Genossenschaften keinen verfassungsmässigen Anspruch
haben, die Umwandlung in eine Handelsgesellschaft ohne Liquidation
zu vollziehen. Es fragt sich nur, ob der Bundesrat das ihm durch die
Delegationsnorm eingeräumte Ermessen überschritten habe, indem er durch
den Beschluss vom 1. April 1966 die Verordnung über die Umwandlung von
Genossenschaften in Handelsgesellschaften aufhob. Über die Zweckmässigkeit
dieses Beschlusses hat es nicht zu entscheiden; damit würde es in das
Ermessen des Bundesrates eingreifen (BGE 57 I 46, 61 I 365, 62 I 79,
64 I 222 f., 67 I 24, 68 II 317 f., 81 I 371, 84 I 144, 84 IV 75 f.,
85 IV 71, 87 I 321, 435, 87 IV 33 f., 88 I 279 f., 307 f.).

Erwägung 4

    4.- Gemäss Art. 828 Abs. 1 OR ist die Genossenschaft eine als
Körperschaft organisierte Verbindung einer nicht geschlossenen Zahl von
Personen oder Handelsgesellschaften, die in der Hauptsache die Förderung
oder Sicherung bestimmterwirtschaftlicher Interessen ihrer Mitglieder in
gemeinsamer Selbsthilfe bezweckt. Unter dem alten Recht wurden indessen zur
Vermeidung der strengeren Formen des Aktienrechtes auch Genossenschaften
gegründet, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Das neue Recht lässt
diese sogenannten Pseudogenossenschaften nicht mehr zu; Art. 828 Abs. 1
OR ist zwingend (BGE 74 I 519). Sie können nur fortbestehen, wenn und
soweit das Übergangsrecht es gestattet.

    Das Übergangsrecht ist entgegen SIEGWART, Komm. zu Art. 620 ff.,
allgemeine Einleitung N. 383, nicht in der allgemeinen Bestimmung
des Art. 7 Abs. 1 SchlT zum ZGB zu sehen, wonach Personenverbände,
die unter dem bisherigen Recht die Persönlichkeit erlangt haben,
diese unter dem neuen Recht selbst dann behalten, wenn sie nach dessen
Bestimmungen die Persönlichkeit nicht erlangt hätten. Massgebend ist
vielmehr die Sondernorm des Art. 2 ÜBest. Sie gestattete den Fortbestand
der Pseudogenossenschaften nur während der ursprünglich auf fünf Jahre
bemessenen und dann auf zehn Jahre verlängerten Übergangszeit. Denn aus
der Vorschrift, dass die den gesetzlichen Bestimmungen des neuen Rechtes
nicht entsprechenden Genossenschaften ihre Statuten binnen dieser Frist
dem neuen Recht anzupassen hätten, ansonst der Handelregisterführer
sie als aufgelöst zu erklären habe, ergibt sich, dass Genossenschaften,
die wegen ihrer Struktur die Statuten nicht anpassen konnten oder nicht
anpassen wollten, nach Ablauf der Frist aufgelöst werden mussten. Dass sie
grundsätzlich nur noch während der Übergangszeit als Pseudogenossenschaften
weiterbestehen konnten, ergibt sich auch daraus, dass Art. 2 Abs. 4 ÜBest
den Bundesrat ermächtigte, für Versicherungs- und Kreditgenossenschaften
im einzelnen Falle die Anwendbarkeit des alten Rechtes zu verlängern,
wenn der Antrag vor Ablauf von drei Jahren seit dem Inkrafttreten des
Gesetzes gestellt wurde. Diese Befugnis kann nur vorbehalten worden sein,
damit den Versicherungs- und den Kreditgenossenschaften mehr Zeit gelassen
werden könne, sich dem neuen Recht anzupassen, besonders durch Umwandlung
in eine Handelsgesellschaft. Der Nationalrat wollte den Bundesrat sogar
ermächtigen, solche Genossenschaften auf Gesuch hin dauernd unter altem
Recht zu lassen (StenBull, NatR 1934 S.864 f.), doch schloss er sich
dann der Auffassung des Ständerates an, dem diese Ausnahme zu weit
ging (StenBull, StR 1935 S. 117 f., NatR 1935 S. 211). Damit wurde
die unbeschränkte Weitergeltung des alten Rechtes unmissverständlich
abgelehnt. Die Berichterstatter im Nationalrat stellten sich denn auch
auf den Standpunkt, die Pseudogenossenschaften seien der Auflösung oder
Umwandlung entgegenzuführen (StenBull, NatR 1934 S. 750 und 837-839,
1936 S. 1486).

    Aus diesem Sinne des Art. 2 ÜBest ergibt sich, dass die ohne
Liquidation erfolgende Umwandlung, die der Bundesrat den Genossenschaften
gemäss Art. 4 ÜBest gestatten konnte, nicht beliebig aufgeschoben werden
durfte. Sie hatte während der Übergangsfrist zu erfolgen oder jedenfalls
binnen drei Monaten nach der Auflösung, die der Handelsregisterführer
gemäss Art. 2 Abs. 3 ÜBest beim unbenützten Ablauf dieser Frist zu erklären
hatte (Art. 122 Abs. 3 HRegV). Art. 4 ÜBest wurde gerade deshalb und nur
deshalb erlassen, um den von Art. 2 Abs. 1 und Abs. 3 ÜBest erfassten
Pseudogenossenschaften die Umwandlung in eine Handelsgesellschaft
zu erleichtern. Dass Pseudogenossenschaften Anspruch darauf hätten,
unbeschränkte Zeit als solche weiterzubestehen und sich in einem
beliebigen spätern Zeitpunkt ohne Liquidation umzuwandeln, wurde damit
nicht gesagt. Art. 4 ÜBest wollte das Übergangsrecht des Art. 2 nicht
abändern, sondern den Bundesrat nur ermächtigen, die Folgen dieser
Ordnung durch Zulassung der liquidationslosen Umwandlung zu mildern. Das
Bundesgericht hat denn auch schon in BGE 74 I 521 ausgeführt, die hier
vorgesehene liquidationslose Umwandlung sei nur als Alternative zur
Auflösung sinnvoll und unter der Voraussetzung, dass die Genossenschaft
als solche nach dem neuen Recht nicht mehr zulässig sei.

    Auch im Schrifttum wurde von Anfang an vorwiegend die Meinung
vertreten, Pseudogenossenschaften müssten sich umwandeln (GUHL,
Das neue Aktiengesellschafts- und Genossenschaftsrecht der Schweiz
S. 96; GUHL, Obligationenrecht, 5. Auflage, S. 632) und der Bundesrat
habe die Verordnung über die Umwandlung von Genossenschaften in
Handelsgesellschaften nur für die Übergangszeit gemäss Art. 2 ÜBest
erlassen können (SCHERER, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
in "Sieben Vorträge über das neue OR, veranstaltet von der Basler
Handelskammer" S. 123/24; HENGGELER, SAG 1939/40 S. 55-57; GAHLER, SAG
1940/41 S. 74 f.; STAUFFER, Komm. ÜBest Art. 4 N. 2, 39; P. MÜLLER,
Die Umwandlung von Genossenschaften in Handelsgesellschaften S. 2; R.
BÄRLOCHER, Die Umwandlung einer Genossenschaft in eine Kapitalgesellschaft
S. 32 ff.; E. REGLI, Die Umwandlung in Handelsgesellschaften nach
der VUG S. 41 f.; A. SENDER, Die Umwandlung von Genossenschaften
in Aktiengesellschaften auf Grund der VUG S. 22; A. HÜRLIMANN, Das
intertemporale Genossenschaftsrecht S. 57 f.).

    Auch der frühere Vorsteher des eidgenössischen Amtes für das
Handelsregister, F. VON STEIGER, gab unter Hinweis auf StenBull, NatR 1934,
S. 837 zu, dass der Gesetzgeber den Zwang zur Umwandlung altrechtlicher
Genossenschaften, deren Statuten dem neuen Recht nicht angepasst werden
konnten, gewünscht habe (SAG 1940/41 S. 67 f.). Er leitete aber aus
Art. 7 Abs. 1 SchlT zum ZGB ab, solche Genossenschaften könnten dennoch
unbeschränkt fortbestehen (SAG 1939/40 S. 61, Nachtrag zum Aufsatz von
Henggeler). Er sprach die Vermutung aus, die Behörden würden keinen Zwang
zur Umwandlung ausüben (SAG 1940/41 S. 67).

    Tatsächlich war der Bundesrat nachsichtig. Als er die Frist des Art. 2
Abs. 1 ÜBest nicht mehr durch Vollmachtenbeschlüsse verlängern konnte,
ersetzte er am 24. März 1947 Art. 123 HRegV durch die Art. 123-123ter,
die das eidgenössische Amt für das Handelsregister ermächtigten, die
Verlängerung bis zu drei Jahren von Fall zu Fall aus wichtigen Gründen
zu bewilligen.

    Ferner kam er den Versicherungs- und Kreditgenossenschaften in
seiner Bewilligungspraxis nach Art. 2 Abs. 4 ÜBest entgegen. Auch
verschiedene Handelsregisterführer - nicht alle - duldeten die Umwandlung
von Genossenschaften im Verfahren ohne Liquidation auch noch nach dem
Ablauf der Übergangszeit. Sie gingen sogar dazu über, die in der VUG
vorgesehene Art der Umwandlung auch neurechtlichen Genossenschaften zu
gestatten. Schliesslich holte aber der Bundesrat ein Gutachten ein. Der
Gutachter, alt Bundesrichter W. Schönenberger, kam zum Schluss, Art. 4
ÜBest und die VUG seien seit dem 1. Juli 1947 nicht mehr anwendbar
und die gegenteilige Verwaltungspraxis der Handelsregisterbehörden
sei gesetzwidrig, desgleichen die Art. 123-123ter HRegV. In einem
Kreisschreiben vom 17. Januar 1966 an die kantonalen Aufsichtsbehörden
für das Handelsregister vertrat daher das eidgenössische Justiz-
und Polizeidepartement die Auffassung, die weitere Anwendung der VUG
lasse sich nicht mehr rechtfertigen; Genossenschaften könnten sich in
Zukunft nur noch auf dem normalen Wege der Auflösung, Liquidation und
Neugründung in Handelsgesellschaften umwandeln. Zu diesem Kreisschreiben
Stellung nehmend, bemerkte F. VON STEIGER auf S. 308, Fussnote 83a, der
3. Auflage seines Werkes "Das Recht der Aktiengesellschaft in der Schweiz",
der Klarheit halber wäre es wohl einfacher und sachlich richtiger gewesen,
wenn der Bundesrat die Verordnung aufgehoben hätte.

    Indem der Bundesrat das am 1. April 1966 tat, zog er nur die Konsequenz
aus der durch Art. 2 ÜBest geschaffenen Rechtslage. Es kann nicht die Rede
davon sein, dass er damit das Ermessen überschritten habe, das ihm Art. 4
ÜBest einräumte. Eher hätte es dem Sinne dieser Norm und des Art. 2 ÜBest
widersprochen, auf der weiteren Anwendung der VUG zu beharren.

Erwägung 5

    5.- Was die Beschwerdeführerin vorbringt, ändert an diesem Ergebnis
nichts.

    Namentlich ist unerheblich, dass Art. 4 ÜBest keine Frist vorsah;
denn die zeitliche Beschränkung der Umwandlung ohne Liquidation ergab
sich schon aus der Notwendigkeit der Auflösung der Genossenschaft nach
Ablauf der Übergangszeit des Art. 2 ÜBest. Dass der Bundesrat die VUG
noch jahrelang fortbestehen liess, sie in die Bereinigte Sammlung der
Bundesgesetze und Verordnungen 1848-1947 aufnahm und sie anwendete, hilft
der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht. Wie eine Verwaltungsbehörde nicht
verpflichtet ist, im Interesse der Gleichbehandlung der Bürger eine als
unrichtig erkannte Praxis fortzusetzen (BGE 91 I 217 lit. c mit Hinweisen
auf frühere Urteile, 91 I 359 Erw. 6), ist der Bundesrat nicht gehalten,
eine Rechtsverordnung, die sich mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht
mehr verträgt, in Kraft zu lassen.

    Die Beschwerdeführerin geht auch fehl, wenn sie glaubt, der
Bundesrat hätte die VUG jedenfalls nicht mit sofortiger Wirkung
aufheben dürfen, sondern hätte eine Übergangsordnung erlassen müssen,
wonach ihr eine Frist zur Umwandlung in eine Handelsgesellschaft
anzusetzen gewesen wäre. Frist zur Umwandlung hatte sie während der
Übergangszeit des Art. 2 ÜBest, und dass der Bundesrat eine weitere
Frist einzuräumen habe, besonders an Genossenschaften, die jene um
nahezu zwanzig Jahre überschreiten würden, lässt sich aus dem Gesetz
nicht ableiten. Daran vermag auch das Vertrauen der Beschwerdeführerin
in die weitere Nachsicht des Bundesrates nichts zu ändern. Art. 4 ÜBest
verpflichtete den Bundesrat nicht, seine Absicht zum Erlass oder zur
Aufhebung von Bestimmungen über die liquidationsfreie Umwandlung von
Genossenschaften zum voraus anzukünden. Gewiss mag die Beschwerdeführerin
in ihren Erwartungen enttäuscht sein, da das langjährige gesetzwidrige
Entgegenkommen des Bundesrates und der Handelsregisterbehörden
gegenüber den Pseudogenossenschaften in ihr die Hoffnung erweckte,
sie könne weiterhin mit der Möglichkeit liquidationsfreier Umwandlung
rechnen. Indem sie sich über Art. 2 ÜBest hinwegsetzte, nahm sie aber
in Kauf, eines Tages von dieser Möglichkeit nicht mehr Gebrauch machen
zu können. Von einer Verletzung wohlerworbener Rechte der Genossenschaft
und der Genossenschafter kann nicht die Rede sein. Die Beschwerdeführerin
hat durch die gesetzwidrige Hinausschiebung ihrer Anpassung an die neue
Ordnung keine Rechte erworben. Sie übertreibt übrigens, wenn sie den
Eindruck zu erwecken versucht, sie habe durch langjährige Vorbereitung
der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft Aufwendungen gemacht, die nun
unnütz geworden seien. Was sie (seit 1958) unternommen hat, um ihre
Aktiven und Passiven auf eine Betriebsaktiengesellschaft einerseits
und eine Immobilienaktiengesellschaft anderseits überzuführen, ist
nicht unnütz vertan. Die Betriebsaktiengesellschaft bleibt bestehen,
und die Gründung der Immobilienaktiengesellschaft ist nach wie vor
möglich. Auch ist der Beschwerdeführerin nicht verwehrt, der letzteren
ihre noch vorhandenen Aktiven und Passiven als Ganzes zu übertragen und
die Genossenschafter mit Aktien dieser Gesellschaft abzufinden (BGE 42 II
159). Die einzige Erschwerung besteht darin, dass sie dabei im Interesse
der Gläubiger die gesetzlichen Bestimmungen über die Liquidation befolgen
muss und den in Art. 9 VUG vorgeschriebenen Erlass der Handänderungs-
und Registrierungsabgaben nicht mehr beanspruchen kann. Unnütz ausgegeben
sind nur die Kosten des untauglichen Versuches vom 6. Juli 1966, die
Liquidationsvorschriften zu umgehen. Die Beschwerdeführerin vermag aber
aus der Auskunft des Handelsregisterführers von Bern vom 18. März 1966,
er werde sich einer Umwandlung gemäss VUG nicht widersetzen, nichts
abzuleiten. Freilich befremdet diese Auskunft, denn das Kreisschreiben
des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes vom 17. Januar 1966
war schon erlassen, als sie erteilt wurde. Vom 12. Mai 1966 an konnte aber
die Beschwerdeführerin wissen, dass die VUG aufgehoben worden und daher
die Auskunft gegenstandslos war. Es ist nicht zu verstehen, dass sie den
Versuch vom 6. Juli 1966 trotzdem unternahm. Dass der Bundesratsbeschluss
vom 1. April 1966 sonderbarerweise erst am 12. Mai veröffentlicht wurde,
hilft der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht, denn sie behauptet nicht,
sie habe zwischen diesen Tagen im Vertrauen auf den Fortbestand der VUG
etwas unternommen, was ihr unnütze Kosten verursacht habe.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.