Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 92 I 382



92 I 382

65. Urteil vom 28. September 1966 i.S. T. gegen Schweizerische
Bundesanwaltschaft. Regeste

    Schweiz.-deutsches Auslieferungsabkommen. Internationales Abkommen
über die Rechtsstellung der Flüchtlinge.

    1.  Aus dem Flüchtlingsabkommen kann nicht abgeleitet werden, dass
Flüchtlinge auslieferungsrechtlich den Schweizerbürgern gleichstehen und
daher nicht ausgeliefert werden dürfen. Verweigerung der Auslieferung
auf Grund von Art. 33 Abs. 1 des Flüchtlingsabkommens, wegen Verstosses
gegen den schweiz. ordre public oder mangels Gegenseitigkeit? (Erw. 1).

    2.  Auslieferung zur Strafverfolgung wegen

    a)  Erpressung; zum Begriff der unrechtmässigen Bereicherung und des
konnex-politischen Delikts (Erw. 2a).

    b)  Hehlerei; diese fällt unter den Begriff der Teilnahme im Sinne
von Art. 1 Abs. 1 des schweiz.-deutschen Auslieferungsabkommens und ist
daher Auslieferungsdelikt, sofern sie sich auf eines der in Ziff. 1-23
aufgeführten Delikte bezieht (Erw. 2b).

Sachverhalt

    A.- Der im Jahre 1929 als Sohn jüdischer Eltern in der Tschechoslowakei
geborene T. wurde nach der Besetzung dieses Landes durch die Deutschen
deportiert und bis 1945 in einem Lager festgehalten. Nach seiner
Freilassung führte ihn ein bewegtes Leben durch verschiedene Länder
Europas, bis er sich am 6. Oktober 1961 in Paris mit Frl. X. verheiratete,
die im Kanton Waadt ein Geschäft betreibt. T. wohnte seit der Heirat in der
Schweiz, half seiner Frau im Geschäft und wurde von den schweizerischen
Behörden als Flüchtling im Sinne des Internationalen Abkommens von
Genf über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (AS
1955 S. 443 ff., im Folgenden kurz als Flüchtlingsabkommen bezeichnet)
anerkannt. Seiner Ehe entstammt ein 1962 geborener Sohn.

    B.- Am 15. November 1965 erliess das Amtsgericht Düsseldorf gegen
T. einen Haftbefehl wegen dringenden Verdachts der gemeinschaftlichen
räuberischen Erpressung und der Hehlerei (§§ 253. 255, 249, 250 Abs. 1
Ziff. 1, 259, 47 und 74 des deutschen StGB = DStGB) auf Grund folgender
Tatbestände:

    "1. Am 8. Dezember 1960 zwangen der Beschuldigte und die mit ihm
auf Grund eines gemeinsamen Tatplanes Handelnden, anderweitig Verfolgten
G. und D. den Fabrikanten K. aus Grevenbroich, den sie vorher körperlich
misshandelt hatten, mit vorgehaltener Pistole, einen Scheck über
15'000.-- Deutsche Mark und einen Schuldschein über 26'000.-- Deutsche
Mark zu unterschreiben. Für den Fall seiner Weigerung drohten sie, ihn zu
erschiessen, ihm die Augen auszustechen oder ihn in die sowjetisch besetzte
Zone Deutschlands zu entführen. Aus Angst vor diesen Drohungen und unter
Emwirkung der ihm zugefügten körperlichen Misshandlungen unterzeichnete
K. die von ihm verlangten Papiere und liess den Scheck durch einen
Lehrling einlösen. Der Beschuldigte und seine Mittäter entfernten sich
darauf unter Mitnahme des Geldes und des Schuldscheines.

    2. Am 30. November 1960 oder am folgenden Tage kaufte der Beschuldigte
in Düsseldorf von den anderweitig Verfolgten H. und G. Pelze im Werte
von etwa 100'000.-- Deutsche Mark zum Hehlerpreis von 9000.-- Deutsche
Mark. H. und G. hatten die Pelze am 30. November 1960 bei einem Einbruch
in das Pelzgeschäft Lipsia in Düsseldorf erbeutet. Dem Beschuldigten war
dies bekannt."

    Gestützt auf diesen Haftbefehl ersuchte das Justitzministerium des
Landes Nordrhein-Westfalen am 23. November 1965 das Eidg. Justiz- und
Polizeidepartement um die Auslieferung des T.

    C.- T. hat gegen die Auslieferung Einsprache erhoben.  Sein Vertreter
erhebt folgende Einwendungen:

    a) Als von der Schweiz anerkannter Flüchtling mit einem schweizerischen
Pass für Ausländer sei T. auslieferungsrechtlich einem Schweizerbürger
gleichzustellen und könne daher gemäss Art. 2 des schweiz.-deutschen
Auslieferungsvertrages nicht an Deutschland ausgeliefert werden. Seine
Auslieferung verstosse gegen den schweizerischen "ordre public" sowie
gegen Art. 33 Ziff. 1 des Flüchtlingsabkommens. Auch sei die in Art. 1
des Auslieferungsvertrages statuierte Gegenseitigkeit nicht verbürgt.

    b) Die im Haftbefehl enthaltene Darstellung der Erpressung sei sachlich
unrichtig. Auch fehle danach ein Tatbestandsmerkmal der Erpressung, nämlich
das Erlangen eines unrechtmässigen Vermögensvorteils. Es handle sich um
eine zivilrechtliche Angelegenheit, die mit der Ausfuhr von Kobalt in die
Oststaaten eng zusammenhänge. Da diese Ausfuhr von den deutschen Behörden
aus politischen Gründen verboten sei, stelle die angebliche Erpressung eine
konnex-politische Handlung dar, für welche die Auslieferung zu verweigern
sei. Selbst wenn diese an den Vorbehalt geknüpft werde, dass T. nur für
den gemeinrechtlichen Tatbestand der Erpressung verfolgt werden dürfe,
könnte er wegen der Konnexität von Erpressung und politischem Ausfuhrdelikt
sein Recht nicht finden.

    c) An der im Haftbefehl dargelegten Hehlerei sei T.  völlig
unbeteiligt. Überdies sei Hehlerei kein Auslieferungsdelikt.

    Die nähere Begründung dieser Einwendungen ist, soweit wesentlich,
aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich.

    D.- Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement überwies die Akten
am 15. Juli 1966 dem Bundesgericht, damit es über die Auslieferung
entscheide. Die Bundesanwaltschaft beantragt, die Einsprache des T.
abzuweisen und seine Auslieferung an das Justizministerium des Landes
Nordrhein-Westfalen zu bewilligen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Während Art. 2 Abs. 1 des schweiz.-deutschen Auslieferungsvertrages
vom 24. Januar 1874 (AV) die vertragsschliessenden Staaten wohl
lediglich von der Pflicht zur Auslieferung der eigenen Staatsangehörigen
entbindet, diese Auslieferung aber nicht ausschliesst, bestimmt
Art. 2 Abs. 1 des Auslieferungsgesetzes vom 22. Januar 1892 (AuslG),
dass kein Schweizerbürger an einen fremden Staat ausgeliefert werden
darf. T. ist unbestrittenermassen kein Schweizerbürger, sondern entweder
tschechoslowakischer Staatsangehöriger oder staatenlos. Er behauptet
jedoch, er sei als von der Schweiz anerkannter Flüchtling im Sinne
des Flüchtlingsabkommens einem Schweizerbürger gleichzustellen. Seine
Auslieferung verstosse zudem gegen Art. 33 Abs. 1 des Flüchtlingsabkommens
wie auch gegen den schweizerischen "ordre public". Schliesslich sei auch
die in Art. 1 AV statuierte Gegenseitigkeit nicht verbürgt.

    a) Nach Auffassung der Bundesanwaltschaft kann sich T.  nicht auf
das Flüchtlingsabkommen berufen, weil dessen Bestimmungen nach Art.
1 lit. F/b nicht anwendbar sind "auf Personen, für die ernsthafte
Gründe für den Verdacht bestehen, dass sie ein schweres Verbrechen des
gemeinen Rechts ausserhalb des Gastlandes begangen haben, bevor sie dort
als Flüchtling aufgenommen worden sind". Diese Bestimmung dürfte auf
T. zutreffen, da der gegen ihn bestehende Verdacht einer mit Zuchthaus
strafbaren Erpressung als ernsthaft erscheint und der Umstand, dass er
die Schweiz im Jahre 1961 nicht in der Absicht, sich der Strafverfolgung
zu entziehen, aufgesucht hat, der Anwendung der Bestimmung wohl nicht
entgegensteht. Die Frage kann dahingestellt bleiben, da die Berufung auf
das Flüchtlingsabkommen ihm ohnehin nichts hilft.

    b) Art. 12 des Flüchtlingsabkommens, wonach die personenrechtliche
Stellung eines Flüchtlings sich nach dem Gesetz seines Wohnsitz-
bzw. Aufenthaltslandes bestimmt, bezieht sich lediglich auf zivilrechtliche
Verhältnisse wie Handlungsfähigkeit, Eheschliessung, Ehescheidung usw. (BBl
1954 II 75/6). Neben gewissen Bestimmungen, welche die Gleichbehandlung
der Flüchtlinge mit Einheimischen vorschreiben (Art. 14 Satz 1, 16
Ziff. 2, 20, 22 Ziff. 1, 23, 24, 29), sehen zahlreiche Bestimmungen nur
die Gleichstellung mit den andern Ausländern vor (vgl. z.B. Art. 13,
14 Satz 2, 15, 16 Ziff. 3, 17, 18, 19, 21, 22, 26). Schliesslich wird
im Anhang des Abkommens (AS 1955 S. 460 ff.) ausdrücklich festgehalten,
dass die Abgabe des in Art. 28 des Abkommens erwähnten Reiseausweises den
Status des Inhabers, insbesondere was die Staatsangehörigkeit anbelangt,
nicht berührt (§ 15) und ihm keinen Anspruch auf diplomatischen oder
konsularischen Schutz desjenigen Staates verschafft, der den Ausweis
abgegeben hat (§ 16). Ist der Flüchtling demnach nur in beschränktem
Umfange den Angehörigen des Gastlandes gleichgestellt, so kann aus dem
Abkommen nicht abgeleitet werden, er stehe auslieferungsrechtlich einem
Schweizerbürger gleich.

    c) Nach Art. 33 Ziff. 1 des Abkommens darf kein Vertragsstaat einen
Flüchtling "in irgend einer Form" in das Gebiet eines Landes "ausweisen
oder zurückstellen", wo sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse,
Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten
sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauung gefährdet wäre. Selbst
wenn man annimmt, darunter falle auch die auf Grund eines Staatsvertrages
zu bewilligende Auslieferung zur Strafverfolgung oder -verbüssung wegen
eines gemeinen Verbrechens oder Vergehens, so würde es vorliegend an der
weiteren Voraussetzung der Anwendbarkeit fehlen. In der Einsprache wird
nicht darzutun versucht noch ist ersichtlich, inwiefern im Falle der
Auslieferung des T. an Deutschland sein Leben oder seine Freiheit aus
den erwähnten Gründen gefährdet sein könnte.

    d) T. macht weiter geltend, die Auslieferung eines einem
Schweizerbürger gleichzustellenden Flüchtlings ohne heimatlichen Schutz
verstosse gegen den schweizerischen "ordre public". Das Bundesgericht
hat in BGE 76 I 137 und 78 I 244 die Berufung des Einsprechers auf den
schweizerischen "ordre public" abgelehnt und es im zweiten Urteil als
fraglich bezeichnet, ob dieser weder im AuslG noch im AV vorgesehene
Einwand einem andern Staate überhaupt entgegengehalten werden könne. Der
Bundesrat möchte demgegenüber den Einwand, die Auslieferung widerspreche
dem schweizerischen "ordre public", auf Grund eines internationalen
Gewohnheitsrechts in beschränktem Umfange, nämlich dann zulassen, wenn
die Auslieferung die Hoheitsrechte der Schweiz verletzen, ihre Sicherheit
gefährden oder die politischen, sozialen oder sonstige Grundlagen unseres
Staates antasten würde (Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden 1957
S. 38 Erw. 7, 1961 S. 121 Erw. 5). Da diese Voraussetzungen im Falle
der Auslieferung eines (nach dem Gesagten nicht als Schweizerbürger
zu behandelnden) Ausländers an Deutschland zur Beurteilung wegen eines
gemeinen Verbrechens offensichtlich nicht erfüllt sind, kann die Frage,
inwieweit die Berufung des Auszuliefernden auf den schweizerischen "ordre
public" vom Bundesgericht zu berücksichtigen ist, auch hier offen bleiben
(vgl. auch SCHULTZ, Schweiz. Auslieferungsrecht S. 239/40).

    e) Unbegründet ist schliesslich auch der Einwand des T., die
Gegenseitigkeit sei nicht verbürgt. Wie die Polizeiabteilung des Eidg.
Justiz- und Polizeidepartements auf Anfrage des Instruktionsrichters
bestätigt und belegt hat, haben die deutschen Behörden Flüchtlinge im Sinne
des Flüchtlingsabkommens jeweils anstandslos an die Schweiz ausgeliefert.
Dafür, dass dann eine Ausnahme gemacht würde, wenn der Flüchtling mit
einer deutschen Bürgerin verheiratet ist, bestehen keine Anhaltspunkte;
in dem in der Eingabe des Vertreters des T. vom 27. September 1966
erwähnten Falle kam es deshalb nicht zu der für die Verbüssung einer
Strafe verlangten Auslieferung eines in Deutschland mit einer deutschen
Bürgerin verheirateten Italieners an Italien, weil der Italiener in der
Folge in Italien begnadigt wurde.

Erwägung 2

    2.- T. setzt der im Haftbefehl enthaltenen Umschreibung der ihm zur
Last gelegten Mittäterschaft bei räuberischer Erpressung eine andere
Darstellung des Sachverhalts entgegen und bestreitet jede Beteiligung an
der ihm ausserdem vorgeworfenen Hehlerei. Diese Einwendungen können nicht
gehört werden. Der Auslieferungsrichter ist hinsichtlich des Hergangs
der Tat und der Schuld des Auszuliefernden an die zur Begründung des
Auslieferungsgesuchs vorgelegten Urkunden, hier den Haftbefehl des
Amtsgerichts Düsseldorf vom 15. November 1965, gebunden und hat,
die Berichtigung offensichtlicher Irrtümer vorbehalten, auf die darin
enthaltene Darstellung des Sachverhalts abzustellen (BGE 88 I 40/41 und
92 I 113 Erw. 1 mit Verweisungen). Er hat lediglich zu prüfen, ob die
verfolgte Tat ein Auslieferungsdelikt darstelle und nach dem Recht sowohl
des ersuchenden wie des ersuchten Staates strafbar sei, und ob allenfalls
ein Grund vorliege, der die Auslieferung ausschliesse.

    a) Die T. in erster Linie vorgeworfene (räuberische) Erpressung
ist nach Art. 1 Ziff. 1 AV ein Auslieferungsdelikt. Zum Tatbestand
der Erpressung gemäss § 253 DStGB (und des qualifizierten Falls des §
255) gehört einerseits eine rechtswidrige Nötigung durch Gewalt oder
schwere Drohung und anderseits, als Folge davon, eine rechtswidrige
Vermögensverschiebung bestehend aus einem Nachteil des Opfers und einer
unrechtmässigen Bereicherung des Täters oder eines andern. Im wesentlichen
gleich sind die Tatbestandsmerkmale der Erpressung gemäss Art. 156 StGB
(vgl. SCHWANDER, StGB, Nr. 577). Dass T. und seine beiden Mittäter
den Fabrikanten K. rechtswidrig durch Gewalt und schwere Drohung zur
Unterzeichnung eines Checks über DM 15'000.-- und einer Schuldanerkennung
über 26'000.-- sowie zur Überlassung der für den Check eingelösten
DM 15'000.-- genötigt haben, ist nach dem im Haftbefehl umschriebenen
Sachverhalt klar; die Behauptung des T., K. habe lediglich eine Ohrfeige
erhalten, kann als Bestreitung jenes Sachverhalts nicht gehört werden. In
dem unter B nicht wiedergegebenen Teil des Haftbefehls wird T. beschuldigt,
K. diesen Vermögensnachteil zugefügt zu haben, um "sich zu Unrecht zu
bereichern". T. bestreitet die Unrechtmässigkeit der Vermögensverschiebung,
indem er ausführt, K. habe ihm und D. gegen Bezahlung von DM 41'000.--
Kobalt zur (verbotenen) Auslieferung nach den Oststaaten verkauft, jedoch
wertloses Material geliefert, worauf sie ihn aufgesucht und im Verlaufe
einer Auseinandersetzung ("explication") zur Unterzeichnung des Checks
und der Schuldanerkennung veranlasst hätten. Ob diese den Sachverhalt
im Haftbefehl ergänzende Darstellung der Hintergründe und Motive der
Erpressung vom Bundesgericht zu berücksichtigen ist, kann dahingestellt
bleiben, da sie nicht geeignet ist, die Vermögensverschiebung als
rechtmässig erscheinen zu lassen. T. hatte nach seiner eigenen Darstellung
die DM 41'000.-- auf Grund eines widerrechtlichen Vertrages hingegeben
und besass daher keinen klagbaren Rückforderungsanspruch (vgl. § 817 BGB
und Art. 66 OR). Wer aber zur Durchsetzung eines nicht klagbaren Anspruchs
sich unerlaubter Mittel wie Gewalt, Drohung, Betrug oder Urkundenfälschung
bedient, erstrebt einen unrechtmässigen Vermögensvorteil (vgl. BGE 83 IV
Bl; SCHWANDER, StGB, Nr. 536).

    Zu Unrecht wendet T. auch ein, die Erpressung hänge eng mit der in
Deutschland aus politischen Gründen verbotenen Ausfuhr von Kobalt nach
den Oststaaten zusammen und stelle daher eine konnex-politische Handlung
dar, für welche die Auslieferung zu verweigern sei. Handlungen, deren
überwiegend politischer Charakter die Verweigerung der Auslieferung
rechtfertigt, sind solche, welche im Rahmen eines Kampfes für
oder gegen die Staatsgewalt oder um sich einer jede Gegnerschaft
ausschliessenden Staatsgewalt zu entziehen, begangen werden (BGE 90 I
300 mit Verweisungen). Der Kobaltschmuggel wurde von T. indes nicht aus
solchen Gründen, sondern um des Gewinnes willen betrieben und stellt
daher kein politisches Delikt dar. Selbst wenn es sich jedoch um ein
solches Delikt handelte, hat jedenfalls die Erpressung, mit welcher die
Rückforderung des Kaufpreises für zur unerlaubten Ausfuhr bestimmtes,
aber nicht geliefertes Kobalt erwirkt wurde, nicht politischen, sondern
gemeinrechtlichen Charakter, da sie nicht in einem unmittelbaren
Zusammenhang mit einer solchen Ausfuhr steht.

    Der Hinweis des T. auf BGE 78 I 39 ff. Erw. 3 c und auf den Umstand,
dass K. nicht Strafantrag gestellt hat, ist unverständlich, da es sich dort
um eine nach dem Recht des ersuchenden Staates nur auf Antrag strafbare
Nötigung handelte, während die hier in Frage stehende Erpressung nach
deutschem und schweizerischem Recht von Amtes wegen verfolgt wird.

    Die Befürchtung des T., er könnte in Deutschland im Zusammenhang
mit der Erpressung auch wegen des Kobaltschmuggels bestraft werden,
ist unbegründet, da dies nach Art. 4 Abs. 3 AV in Verbindung mit dem
Notenaustausch vom 6./23. März 1936 zwischen der Schweiz und Deutschland
(BS 12 S. 93) ausgeschlossen ist.

    b) Dass der im Haftbefehl unter Ziff. 2 umschriebene Sachverhalt nach
deutschem und schweizerischem Recht den Straftatbestand der Hehlerei (§
259 DStGB, Art. 144 StGB) erfüllt, steht ausser Frage. Die Behauptung,
T. habe die Tat nicht begangen, kann nicht gehört werden. Zu prüfen ist
einzig der Einwand, die Hehlerei stelle kein Auslieferungsdelikt dar.

    Die Hehlerei gehört nicht zu den in Art. 1 AV unter Ziff. 1-23
aufgezählten Delikten. Das hängt damit zusammen, dass die Hehlerei
oder Sachbegünstigung zur Zeit des Abschlusses des AV in der Schweiz
- anders als in Deutschland - noch wie die (Personen-) Begünstigung
als eine Form der Teilnahme galt (vgl. Art. 23 des Bundesstrafrechts
und - für das kantonale Recht - SCHULTZ aaO S. 275 Anm. 92). Da sich
die Auslieferungspflicht nach Art. 1 Abs. 1 AV auf die Teilnehmer an
den unter Ziff. 1-23 aufgezählten strafbaren Handlungen erstreckt, hat
der Bundesrat schon im Jahre 1885 eine Auslieferung an Württemberg wegen
Hehlerei bei Unterschlagung bewilligt (BBl 1886 II 975 = SALIS, Bundesrecht
Nr. 1844). Ferner hat Deutschland im Jahre 1888 eine Auslieferung an
die Schweiz wegen (Personen-) Begünstigung bei Diebstahl bewilligt,
nachdem der Bundesrat ausdrücklich erklärt hatte, auch die (Personen-)
Begünstigung gehöre zur Teilnahme im Sinne von Art. 1 Abs. 1 AV (BBl 1889
II 769 = SALIS, Bundesrecht Nr. 1843). Das Bundesgericht erblickte in
den bei diesem Anlass von den beiden Regierungen abgegebenen Erklärungen
eine authentische Interpretation von Art. 1 Abs. 1 AV, welche für den
Auslieferungsrichter ohne weiteres verbindlich sei, und es liess daher
die Auslieferung an Deutschland zu wegen Begünstigung oder Hehlerei
inbezug auf eines der in Art. 1 Ziff. 1-23 AV aufgezählten Delikte
(BGE 38 I 170 Erw. 4, 42 I 212 Erw. 1). An dieser Auslegung des Begriffs
der Teilnahme in Art. 1 Abs. 1 AV, die im Jahre 1927 noch durch eine
Verständigung der beiderseitigen Regierungen verdeutlicht wurde (BBl 1927
I 39), ist festzuhalten (vgl. auch SCHULTZ aaO S. 277/80). Die Hehlerei,
wegen welcher T. verfolgt wird, betrifft gestohlenes Gut, bezieht sich
also auf ein Auslieferungsdelikt (Art. 1 Ziff. 11 AV). Die Auslieferung
ist daher auch für die Hehlerei zu bewilligen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Einsprache des T. gegen die Auslieferung an die Bundesrepublik
Deutschland wird abgewiesen und die Auslieferung bewilligt.