Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 92 II 257



92 II 257

39. Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. November 1966 i.S. "Sihl" Zürcher
Papierfabrik an der Sihl gegen Faserprodukte GmbH & Co. und Mitbeteiligte.
Regeste

    Marken-, Wettbewerbs- und Namenrecht.

    Im Ausland erfolgte Anbringung eines mit schweizerischen Marken
verwechselbaren Zeichens auf einem Werbemuster, das als Beilage einer
Zeitschrift in der Schweiz verbreitet wird.

    Markenrechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts (Erw.  II).

    Verwechselbarkeit (Erw. II/1).

    Markenmässiger Gebrauch, Art. 1 Ziff. 2 MSchG (Erw. II/2).

    Nachahmung, Art. 24 lit. a MSchG (Erw. II/3).

    Feilhalten, Inverkehrbringen, Art. 24 lit. c MSchG (Erw. II/4).

    Wettbewerbsrechtliche Beurteilung (Erw. III).

    Verhältnis des Marken- zum Wettbewerbsrecht (Erw. III/1).

    Anwendbarkeit des schweizerischen Rechts (Erw. III/2).

    Verstoss gegen Treu und Glauben wegen Täuschungsgefahr in bezug auf
die Herkunft des mit dem Werbemuster angepriesenen Erzeugnisses, Art. 1
Abs. 2 lit. d UWG (Erw. III/3, 4).

    Ansprüche aus diesem Sachverhalt (Erw. III/5-9).

    Namenrecht, Art. 28, 29 Abs. 2 ZGB (Erw. IV).

Sachverhalt

    A.- Die Aktiengesellschaft "Sihl" Zürcher Papierfabrik an der Sihl
(hier abgekürzt "Sihl"), die Papiere und Papierwaren aller Art herstellt,
verarbeitet und in den Handel bringt, ist Inhaberin verschiedener für
Papiere und andere Waren bestimmten schweizerischen Marken, so der
am 21. Mai 1953 erneuerten bzw. hinterlegten Marken Sihl, An der Sihl,
Japan-Surfin-Sihl und Sihlplex sowie der in den Jahren 1960 bis 1964
hinterlegten Marken Syntosil, Artosil, Mediasil und Secursil. Sie liess
alle diese Marken auch in das internationale Register eintragen.

    Im Jahre 1962 klagte sie beim Handelsgericht des Kantons Bern gegen
die in Weinheim (Bundesrepublik Deutschland) niedergelassene Firma
Carl Freudenberg auf Feststellung, dass die Marke Silbond, die diese
Firma am 4. Februar 1961 als Kennzeichen für Papiere und Papierwaren
in das internationale Register hatte eintragen lassen, in der Schweiz
ungültig sei. Am 26. Oktober 1962 schrieb die Firma Carl Freudenberg
dem Handelsgericht, sie unterziehe sich dieser Klage. Das Handelsgericht
schrieb daher den Prozess als durch Abstand erledigt ab. Hierauf klagten
die Firma Carl Freudenberg und deren Vertriebsgesellschaft Faserprodukte
GmbH & Co. beim Landgericht Frankfurt a.M. auf Feststellung, dass
die "Sihl" in Deutschland nicht berechtigt sei, die Löschung und das
Verbot der Benützung des Zeichens Silbond zu verlangen. Die "Sihl"
erhob Widerklage auf Löschung und Unterlassung des Gebrauches dieses
Zeichens. Das Landgericht hiess die Hauptklage gut und wies die Widerklage
ab. Die Sache wurde an das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. weitergezogen
und ist dort noch hängig.

    B.- Die Faserprodukte GmbH & Co. liess der am 5. August 1964
erschienenen Nr. 15 der Zeitschrift "Allgemeine Papier-Rundschau", die
von einer Frankfurter Firma verlegt und gedruckt wird, eine vierseitige
Werbeschrift aus synthetischem Papier beilegen. Auf der ersten Seite dieses
Prospektes waren oben links auf rotem Schild das Wort Silbond, rechts davon
die Worte "synthetisches Papier... und was es damit hat!" und darunter
eine topographische Karte aus der Gegend von Frankfurt abgedruckt. Auf
der zweiten und der dritten Seite waren ausführlich die Eigenschaften
und Verwendungsmöglichkeiten von Silbond geschildert. Die vierte Seite
enthielt Angaben über "lieferbare Silbond-Qualitäten" sowie Namen und
Adresse der Faserprodukte GmbH & Co.

    Da die "Sihl" Abonnentin der Allgemeinen Papier-Rundschau ist,
gelangte die erwähnte Nummer samt der Werbeschrift auch an sie. Die "Sihl"
behauptet, Zeitschrift und Prospekt seien in der Schweiz in ungefähr
dreihundert Exemplaren verbreitet worden.

    Wegen dieses Sachverhaltes reichte die "Sihl" am 1. Juni 1965 beim
Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Faserprodukte GmbH & Co. und
deren Kommanditäre Klaus Bohne und Dr. Dietrich Kassner eine Klage ein
mit den Rechtsbegehren:

    "1. Es sei festzustellen, dass die Beklagte das Recht der Klägerin
an ihrem Firmennamen und Markenzeichen 'Sihl' verletzt und unlauteren
Wettbewerb begeht, indem sie in der Schweiz die Bezeichnung 'Silbond'
für ihre Papiererzeugnisse, insbesondere auch in der Werbung, Inserate,
Reklame und Geschäftdrucksachen verwendet.

    2. Es sei die Beklagte zu verurteilen, die Fortsetzung der unerlaubten
Handlungen gemäss Rechtsbegehren 1 zu unterlassen sowie den rechtswidrigen
Zustand zu beseitigen, unter Androhung der Überweisung an den Strafrichter
wegen Ungehorsam bei Busse und Haft gemäss Art. 292 StGB im Falle der
Zuwiderhandlung.

    3. Es seien die Beklagten solidarisch zu verurteilen, der Klägerin
einen nach richterlichem Ermessen festzusetzenden Schadensbetrag zu
bezahlen, der mit Fr. 3000.-- beziffert wird.

    4. Es sei die Klägerin berechtigt zu erklären, das Urteilsdispositiv
auf Kosten der Beklagten im Schweiz. Handelsamtsblatt und in drei von
ihr zu wählenden Tageszeitungen bzw. Fachzeitschriften zu veröffentlichen."

    C.- Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage am 22. April
1966 entsprechend dem Antrage der Beklagten ab.

    D.- Die Klägerin hat die Berufung erklärt. Sie beantragt dem
Bundesgericht, die Klage gutzuheissen.

    Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 9

    I. Die Beklagte hat in der Klageantwort erklärt, sie sei bereit,
das von der Firma Freudenberg gegebene Versprechen ebenfalls zu halten,
denn sie gedenke nicht, ihre Erzeugnisse unter der Bezeichnung Silbond in
die Schweiz zu liefern. Sie habe das auch nie getan. Der Verzicht auf die
Führung der Marke Silbond in der Schweiz sei jedoch nur aus geschäftlichen
Überlegungen erfolgt. Er enthalte nicht die Anerkennung, dass "Sihl" und
"Silbond" verwechslungsfähig seien.

    Mit dieser Erklärung hat die Beklagte nicht anerkannt, die Werbung
mit dem Zeichen Silbond in dem der Allgemeinen Papier-Rundschau
beigelegten Prospekt sei in der Schweiz marken-, wettbewerbs- oder
namensrechtlich unzulässig gewesen und solche Handlungen würden in Zukunft
unterbleiben. Durch den Antrag auf Abweisung der Klage hat sie deutlich
bekundet, dass sie das Vorgehen, das ihr die Klägerin vorwirft, in jeder
Hinsicht als erlaubt betrachte. Selbst wenn es als Werbung in der Schweiz
zu würdigen sein sollte, wäre daher mit der erwähnten Erklärung der Ausgang
des Prozesses weder ganz noch teilweise präjudiziert. Die Auffassung des
Handelsgerichtes, die Beklagte habe sich durch ihre Erklärung in gleicher
Weise gebunden wie die Firma Freudenberg durch ihre Abstandserklärung
im Berner Prozess, nämlich in dem Sinne, dass sie das Zeichen Silbond in
der Schweiz auch in der Werbung nicht gebrauchen wolle, hält nicht stand.

    II

Erwägung 1

    I.1.- Art. 24 lit. b MSchG, wonach belangt werden kann, wer die Marke
eines andern für seine eigenen Erzeugnisse oder Waren verwendet, ist im
vorliegenden Falle nicht anwendbar, da den Beklagten nicht vorgeworfen
wird, sie hätten auf ihrer Ware das (echte) Zeichen der Klägerin angebracht
(vgl. BGE 86 II 282). Das Zeichen Silbond ist denn auch mit keiner Marke
der Klägerin identisch.

    Es fragt sich dagegen, ob es diesen Marken so nachgeahmt sei, dass das
Publikum irregeführt werden könne (Art. 24 lit. a und c MSchG). Das ist zu
bejahen. Bond ist ein englisches Wort mit der Bedeutung Bindung und binden.
In der Papierindustrie wird es als Fachausdruck verwendet. Die Silbe bond
wirkt daher in der Marke Silbond wie eine Sachbezeichnung, weshalb der
Leser geneigt ist, dieses Zeichen gedanklich in die Bestandteile Sil und
bond zu zerlegen. Da die Klägerin das Wort Sihl als Teil ihrer Firma,
als Marke und als Bestandteil von Marken verwendet, kann deshalb die
Meinung aufkommen, Silbond sei eine Marke der Klägerin. Es ist denn auch
schon vorgekommen, dass diese von Kaufinteressenten als Herstellerin von
Silbond angesehen wurde.

Erwägung 2

    I.2.- Nur wer ein Zeichen markenmässig gebraucht, d.h. es auf der
Ware oder der Verpackung verwendet, um das Erzeugnis zu unterscheiden oder
seine Herkunft festzustellen (Art. 1 Ziff. 2 MSchG), kann das Markenrecht
eines andern verletzen (BGE 88 II 34 und dort zitierte Entscheide).

    Dem Handelsgericht ist darin beizustimmen, dass die Werbeschrift der
Beklagten trotz der Ausgestaltung ihrer ersten Seite nicht dazu bestimmt
war, den Leser über die topographischen Verhältnisse von Frankfurt a.M. und
Umgebung zu unterrichten. Es liegt daher nicht eine Ware der Gattung
"Landkarte" oder "Stadtplan" vor. Dennoch darf sie nicht ausschliesslich
der Gattung "Werbeschrift" zugerechnet werden. Ausser durch die Angaben auf
den Seiten 2-4, die sie zum Prospekt machten, sollte sie offensichtlich
auch durch das Material, aus dem sie bestand, für die von der Beklagten
vertriebenen Erzeugnisse werben. Es fällt schon dem Laien sofort auf, dass
sie nicht aus Papier, sondern aus einem anderen Material besteht. Umso
weniger konnte das dem Fachmann verborgen bleiben, an den sich die
Allgemeine Papier-Rundschau, die sich als Fachzeitschrift bezeichnet, in
erster Linie wandte. Der Werbetext des Prospektes beginnt mit dem Satz:
"Wenn Sie Silbond in Händen halten, stellen Sie fest:..." Dadurch und
durch die nachfolgenden Angaben über die Eigenschaften von Silbond wird der
Leser eingeladen, das Material des Prospektes zu prüfen. Auch der Umstand,
dass die erste Seite einen Ausschnitt aus einer Landkarte enthält und
im Werbetext Silbond als für solche Karten besonders geeignetes Material
hingestellt wird, lässt erkennen, dass die Beklagte nicht nur mit Worten,
sondern auch durch Vorlegung eines Musters ihres Erzeugnisses werben
sollte. Sie brachte denn auch auf der letzten Seite links unten das
Qualitätszeichen KL 61/150 an, das auf der gleichen Seite auch unter den
Ausführungen über "lieferbare Silbond-Qualitäten" vorkommt. Der Prospekt
war nicht nur Werbeschrift, sondern auch Werbemuster.

    In der letztern Eigenschaft war er ein Erzeugnis, dessen Herkunft
auf der ersten Seite durch das rote Schild mit dem Worte Silbond
gekennzeichnet war. Dieses Wort erfüllte hier die Aufgabe einer
Marke. Dass der Prospekt nicht dazu bestimmt war, vom Empfänger gekauft
oder von ihm als Rohmaterial für irgendwelche nützliche Zwecke verwendet
zu werden, ändert nichts. Dieser Umstand gibt nur Anlass zur Frage, ob die
Beklagten diese Ware "verkauft, feilgehalten oder in Verkehr gebracht"
(Art. 24 lit. c MSchG) bzw. bei diesen Tatbeständen mitgewirkt oder sie
begünstigt oder erleichtert haben (Art. 24 lit. d MSchG).

Erwägung 3

    I.3.- Nach Art. 24 lit. a MSchG kann belangt werden, wer die Marke
eines andern nachgeahmt hat. Dieser Sachverhalt ist im vorliegenden Falle
im Ausland verwirklicht worden. Da das Markenschutzgesetz nur im Gebiete
der Schweiz gilt (Territorialprinzip) (BGE 78 II 169, 85 IV 56, 86 II
272, 89 II 100), ist diese Bestimmung somit nicht anwendbar. Unerlaubte
Handlungen unterstehen dem schweizerischen Recht allerdings nicht nur, wenn
sie in der Schweiz ausgeführt werden, sondern auch dann, wenn bloss der
Erfolg hier eintritt (BGE 76 II 111, 87 II 115). Das Nachahmen der Marke
der Klägerin als solches hat aber im Gebiete der Schweiz keinen Erfolg
gezeitigt. Erst das sich an die Nachahmung anschliessende Versenden der
Werbeschrift an schweizerische Abonnenten der Allgemeinen Papier-Rundschau
wirkte sich in der Schweiz aus. Das Versenden wird aber von Art. 24 lit. a
nicht erfasst. Die Klägerin macht das denn auch nicht geltend.

Erwägung 4

    I.4.- Die Klägerin beruft sich auf Art. 24 lit. c MSchG, wonach belangt
werden kann, wer Erzeugnisse oder Waren, von denen er weiss, dass sie
mit einer nachgemachten oder nachgeahmten oder rechtswidrig angebrachten
Marke versehen sind, verkauft, feilhält oder in Verkehr bringt.

    a) Ihre Auffassung, die Beklagte habe mit Hilfe des Warenmusters
die Verkäufe ihrer Erzeugnisse vorbereitet, diese also durch das
Muster feilgehalten, widerspricht der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtes, wonach die Verwendung des irreführenden Zeichens
in der Reklame, z.B. in Prospekten, auf Plakaten, in Inseraten, auf
Geschäftspapieren oder Rechnungen, nicht nach dem Markenschutzgesetz
verfolgt werden kann, weil darin nicht ein markenmässiger Gebrauch
liegt (BGE 30 II 594, 50 II 201, 55 II 345 f., 58 II 170, 76 II 93,
87 II 42 f.). Nur ein Vorgang, an dem die mit der irreführenden Marke
versehene Ware selber teilnimmt, kann als Verkaufen, Feilhalten oder
Inverkehrbringen gewürdigt werden. Diese Handlung begeht z.B., wer die
Ware zum Zwecke des Verkaufens ausstellt oder sie einem Käufer oder
Mieter zeigt oder übergibt. Nur wenn dem Umworbenen das Erzeugnis samt
der Marke vorgelegt wird, kann er durch diese über die Herkunft der Ware
irregeführt werden. Nur gegen solche Irreführung will das Markengesetz
schützen, nicht auch gegen andere Täuschungshandlungen, bei denen auf
das Zeichen irgendwie Bezug genommen wird. Die Werbung mit Hilfe von
Mustern macht keine Ausnahme. Sie kann nicht als Verkaufen, Feilhalten
oder Inverkehrbringen der Warenposten, die der Werbende abzusetzen
versucht, gewürdigt werden. Würde die Auffassung der Klägerin folgerichtig
angewendet, so könnte der Inhaber der schweizerischen Marke z.B. auch einen
ausländischen Geschäftsmann, der aufeiner Ferienreise in der Schweiz mit
einem anderen Ausländer einen Kaufvertrag über Ware abschliesst, die immer
im Auslande bleibt, nach Art. 24 lit. c MSchG belangen. Das wäre mit dem
beschränkten Zwecke, den das Markenschutzgesetz verfolgt, nicht vereinbar.

    b) Dagegen fragt sich, ob das in der Schweiz verbreitete
Silbond-Warenmuster selber Gegenstand des Feilhaltens oder
Inverkehrbringens war.

    Es liegt im Begriff des Feilhaltens, dass die angebotene Sache
nach der Absicht des Anbietenden Gegenstand eines Rechtsgeschäftes
sein soll. Ob dieses ein entgeltliches sein müsse oder ob das
Anbieten in Schenkungsabsicht genüge, kann offen bleiben. Denn
jedenfalls kann von einem Feilhalten nicht die Rede sein, wenn die
vorgezeigte oder übergebene Sache für den Empfänger keinen Gebrauchs-
oder Verkehrswert hat, sondern nur dazu dienen soll, ihm die Prüfung
ihrer Beschaffenheit zu ermöglichen. So verhielt es sich im vorliegenden
Fall. Das Silbond-Warenmuster hatte für die Abonnenten der Allgemeinen
Papier-Rundschau keinen Gebrauchs- oder Verkehrswert. Es war nicht
Gegenstand einer Zuwendung, sondern wurde der Zeitschrift nur beigelegt,
damit die Empfänger das Material prüften, aus dem es bestand. Nachher
war es bestimmungsgemäss zu vernichten, wenn es nicht schon durch die
Prüfung selbst zugrunde ging.

    Aus den gleichen Gründen lag in der Zusendung an die Abonnenten der
Zeitschrift auch nicht ein Inverkehrbringen. Ein solches setzt voraus,
dass die Sache Gegenstand eines rechtsgeschäftlichen Verkehrs sei. Das
Silbond-Warenmuster war nicht bestimmt, verkauft oder geschenkt zu
werden. Es war ein blosses technisches Hilfsmittel der Beklagten zur
Werbung von Käufern für ihre in Deutschland liegenden Erzeugnisse. Hierin
erschöpfte sich seine Aufgabe.

Erwägung 1

    III.1.- Dass die Handlungen der Beklagten vom Markenschutzgesetz
nicht erfasst werden, schliesst ihre Verfolgung nach dem Bundesgesetz über
den unlauteren Wettbewerb nicht aus (BGE 76 II 94). Dieses könnte sogar
angewendet werden, wenn ein Verstoss gegen das Markenschutzgesetz vorläge
(BGE 73 II 117 f., 134 f., 76 II 94, 79 II 221, 87 II 39 Erw. 3).

Erwägung 2

    III.2.- Unlauterer Wettbewerb ist eine unerlaubte Handlung. Er
beurteilt sich daher schon dann nach schweizerischem Recht, wenn der Erfolg
in der Schweiz eingetreten ist, mag auch der Belangte ausschliesslich im
Ausland gehandelt haben (BGE 76 II 111, 87 II 115).

Erwägung 3

    III.3.- Dass die Beklagte und die Klägerin miteinander im Sinne
des Art. 1 Abs. 1 UWG im wirtschaftlichen Wettbewerb stehen, liegt auf
der Hand und ist nicht bestritten. Zu prüfen ist nur, ob die Beklagte
diesen Wettbewerb mit täuschenden oder anderen gegen Treu und Glauben
verstossenden Mitteln ausgeübt, besonders Massnahmen getroffen habe,
die bestimmt oder geeignet waren, Verwechslungen mit den Waren, Werken,
Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb der Klägerin herbeizuführen (Art. 1
Abs. 1 und Abs. 2 lit. d UWG).

Erwägung 4

    III.4.- a) Ob die Beklagte durch die Werbung in der Schweiz gegen
Treu und Glauben verstossen habe, hängt nicht davon ab, ob die Marke
Silbond in Deutschland ungültig oder gültig sei.

    b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes darf die Verwendung
einer fremden Marke nicht als Verstoss gegen Treu und Glauben gewürdigt
werden, wenn das Markenschutzgesetz sie als erlaubt erachtet, z.B. wegen
Nichterneuerung der Hinterlegung (BGE 73 II 136). Diese Rechtsprechung
hilft den Beklagten nicht. Was die Klägerin ihnen vorwirft, wird vom
Markenschutzgesetz nicht sinngemäss geradezu als erlaubt erklärt. Dieses
Gesetz ist nur deshalb nicht anwendbar, weil der vorliegende Sachverhalt
von ihm überhaupt nicht erfasst wird, da die Beklagte das mit der
unzulässigen Marke versehene Warenmuster nicht verkauft, feilgehalten
oder in Verkehr gebracht, sondern nur als Werbemittel verwendet hat.

    c) Da das zur Werbung verwendete Warenmuster eine Marke trug, die jenen
der Klägerin nachgeahmt war, und übrigens auch im Text der Werbeschrift
auf die Marke Silbond Bezug genommen wurde, bestand die Gefahr, dass der
Empfänger über die Herkunft der von der Beklagten empfohlenen Erzeugnisse
getäuscht werde. Dass sie erkennbar von einer deutschen Firma angepriesen
wurden und der Prospekt einer in Deutschland verlegten und gedruckten
Zeitschrift beigelegt war, ändert nichts. Diese Umstände sagten über
das Land der Herkunft der Erzeugnisse und über den Fabrikanten nichts
aus. Diese Ware hätte ebensogut wie aus dem Betriebe der Firma Carl
Freudenberg, die im Prospekt nicht genannt war, aus dem Betriebe der
Klägerin stammen können. Diese Möglichkeit setzte nicht einmal eine
konzernmässige Verbindung zwischen der Beklagten und der Klägerin voraus;
die Beklagte hätte auch als rechtlich und wirtschaftlich unabhängige
Gesellschaft Erzeugnisse der Klägerin vertreiben können. Der Prospekt
enthielt nichts, was den Leser darüber aufgeklärt hätte, dass Silbond
weder von der Klägerin noch von einer mit ihr konzernmässig verbundenen
Gesellschaft hergestellt werde.

    d) Die Beklagten machen geltend, sie hätten es nicht darauf abgesehen
gehabt, die Rechte der Klägerin in der Schweiz anzugreifen, und ihre
Werbung sei hier wirkungslos gewesen, weil das synthetische Papier der
Firma Freudenberg in der Schweiz unter anderen Marken als unter dem Zeichen
Silbond vertrieben werde. Das Handelsgericht seinerseits hält das Vorgehen
der Beklagten für zulässig, weil die Werbewirkung des Prospektes in der
Schweiz höchstens eine indirekte gewesen sei und auch unabhängig von dem
Namen und dem Zeichen Sihl der Klägerin hätte eintreten können. Damit will
es sagen, die Beklagte hätte auch auf andere Weise in der Schweiz Kunden
werben und sie dann in Deutschland unter der Marke Silbond oder in der
Schweiz unter anderer Marke beliefern können. Es fügt bei, die indirekte
Werbewirkung sei übrigens gering zu veranschlagen; die Beklagte habe kein
Interesse daran, da sie ihre Erzeugnisse in der Schweiz nicht unter dem
Zeichen Silbond absetze.

    Alle diese Einwendungen und Überlegungen sind unerheblich. Nach Art. 1
Abs. 2 lit. d UWG kommt nichts darauf an, welches Ziel der Belangte mit
seiner wettbewerblichen Massnahme verfolgte, ob er an ihr ein Interesse
hatte und wie gross dieses war. Insbesondere braucht die Massnahme nicht
dazu bestimmt gewesen zu sein, zu Verwechslungen zu führen. Solche müssen
auch nicht tatsächlich eingetreten sein. Ebensowenig kommt etwas darauf
an, ob der Belangte mit Hilfe der Massnahme Kunden geworben habe und ob er
das mit gleichem Erfolg auch auf anderem Wege hätte tun können. Es genügt,
dass sich die Massnahme eignete, zu Verwechslungen zu führen. Trifft dies
zu, so macht sie den Wettbewerb sogar dann unlauter, wenn den Belangten
kein Verschulden trifft, denn die Ansprüche gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. a-c
UWG setzen ein solches nicht voraus (BGE 72 II 189, 81 II 471, 88 II 183,
91 II 24).

    e) Das Handelsgericht und die Beklagten verneinen einen Verstoss
gegen Treu und Glauben, indem sie die Interessen des Werbenden, der sich
einer international verbreiteten Zeitschrift bedient, gegen jene des
Mitbewerbers abwägen und ihnen im vorliegenden Falle den Vorzug geben. Sie
argumentieren, die Allgemeine Papier-Rundschau erscheine nur in einer
einzigen Ausgabe, weshalb die Beklagten diese Zeitschrift praktisch auch
für die Werbung in Deutschland nicht mehr benutzen könnten, wenn ihnen
verboten würde, durch sie in der Schweiz zu werben.

    Auch dieser Einwand hilft nicht. Mögen die Interessen der Beklagten an
der Werbung in der erwähnten Zeitschrift noch so gross sein, so liegt darin
kein Grund, sie im Gebiete der Schweiz unter Hintanstellung des Interesses
der Klägerin an der Lauterkeit des Wettbewerbes zuzulassen. Art. 52 Abs. 2
OR, der auch im Wettbewerbsrecht gilt (Art. 8 UWG), gestattet den Eingriff
in fremdes Vermögen nur, um drohenden Schaden oder Gefahr von sich oder
einem andern abzuwenden. Die Beklagte hat nicht drohenden Schaden oder
Gefahr von sich abzuwenden versucht, sondern die Werbeschrift um des
Erwerbes, d.h. der Vermehrung ihres Vermögens willen verbreitet. Das
ist kein vom Gesetz anerkannter Grund, mit täuschenden Mitteln in die
Interessen und die Kundschaft der Mitbewerber einzugreifen. Zudem hätte es
keines grossen Aufwandes bedurft, um die Werbeschrift den in die Schweiz
versandten Exemplaren der Zeitschrift nicht beizulegen oder sie vor
der Versendung daraus zu entfernen. Nur der den Beklagten vorgeworfene
Sachverhalt ist zu beurteilen, weshalb ihnen die Berufung auf den Fall
der Werbung durch Rundfunk und Fernsehwellen nichts nützt.

    Auch kann von einer Gesetzeslücke, wie das Handelsgericht sie sieht,
nicht die Rede sein. Wer im Notstand handelt, ist übrigens nach Ermessen
des Richters zu Schadenersatz verpflichtet (Art. 52 Abs. 2 OR). Umso
mehr müsste die Schadenersatzpflicht grundsätzlich bejaht werden,
wenn der vorliegende Sachverhalt in Ausfüllung einer Gesetzeslücke als
notstandsähnlich zu würdigen wäre.

    f) Nicht haltbar ist schliesslich die Auffassung des Handelsgerichtes,
das Vorgehen der Beklagten sei erlaubt, weil der schweizerische Leser einer
deutschen Fachzeitschrift ein Recht darauf habe, deren Inhalt vollständig
und unzensuriert zu erfahren. Diese Meinung liefe darauf hinaus, dass jede
Werbung in der Schweiz mit Hilfe der ausländischen Presse unbekümmert
darum, ob sie sich mit den schweizerischen Gesetzen vertrage, um der
Leser willen hingenommen werden müsste.

Erwägung 5

    III.5.- Die Klägerin richtet das Begehren auf Feststellung der
Widerrechtlichkeit des unlauteren Wettbewerbes (Rechtsbegehren 1) nur gegen
"die Beklagte", worunter die Faserprodukte GmbH & Co. zu verstehen ist.

    Nach der Rechtsprechung hat der Verletzte diesen in Art. 2 Abs. 1
lit. a UWG vorgesehenen Anspruch nur, wenn er an der Feststellung rechtlich
interessiert ist, z.B. im Hinblick auf die Veröffentlichung des Urteils
(BGE 77 II 185, 82 II 359, 90 II 58 Erw. 8). Das Handelsgericht wird zu
entscheiden haben, ob diese Voraussetzung erfüllt ist. Das ist nicht von
vornherein ausgeschlossen. Die irreführende Werbeschrift der Beklagten
wurde einer in der Schweiz verbreiteten Zeitschrift beigelegt. Die Klägerin
kann trotz der seither verflossenen Zeit daran interessiert sein, die
Leser auf einfache Weise durch blosses Bekanntgeben des Urteilsspruches
über die Widerrechtlichkeit dieser Werbung aufzuklären.

Erwägung 6

    III.6.- Der Unterlassungsanspruch (Art. 2 Abs. 1 lit. b UWG) setzt
voraus, dass die Gefahr der Wiederholung des unlauteren Verhaltens bestehe
(BGE 68 II 132, 90 II 59). Diese Voraussetzung ist erfüllt, umsomehr, als
die Beklagte sich auf den Standpunkt stellt, sie brauche die Bezeichnung
Silbond in Deutschland zu Recht und es könne ihr nicht zugemutet
werden, bei der Werbung mit ihr in der Allgemeinen Papier-Rundschau
darauf Rücksicht zu nehmen, dass diese Zeitschrift auch in der Schweiz
verbreitet wird. Das Unterlassungsbegehren (Rechtsbegehren 2) wird daher
vom Handelsgericht gutzuheissen sein.

    Das Verbot ist mit der Bemerkung zu verbinden, dass Widerhandlungen
für die Organe der Beklagten die in Art. 292 StGB vorgesehenen Strafen
nach sich zögen. Die Auffassung der Beklagten, diese Androhung
sei nicht zulässig, weil sich das Rechtsbegehren 2 nur gegen die
Faserprodukte GmbH & Co. wendet, hält nicht stand. Die Androhung kann
an die Kommanditgesellschaft gerichtet werden, was nicht von vornherein
ausschliesst, im Falle der Widerhandlung alle jene natürlichen Personen zu
bestrafen, die ihrem Willen Ausdruck zu geben haben werden, besonders die
geschäftsführenden Gesellschafter (vgl. BGE 78 IV 239 f.). Auch ist nicht
zu ersehen, inwiefern die Androhung nur gegen Personen und Gesellschaften
zulässig sein sollte, die ihren Sitz in der Schweiz haben; denn auch im
Ausland Niedergelassene dürfen im Gebiete der Schweiz keine strafbaren
Handlungen verüben (Art. 3, 102 StGB), und verübt ist die Handlung schon
dann in der Schweiz, wenn hier auch nur der Erfolg eintritt (Art. 7
StGB). Die Androhung setzt entgegen der Auffassung der Beklagten auch
nicht voraus, dass eine Widerhandlung gegen das Unterlassungsgebot zu
befürchten sei.

Erwägung 7

    III.7.- Die Klägerin beantragt mit dem Rechtsbegehren 2 auch
die Verurteilung der Beklagten zur Beseitigung des rechtswidrigen
Zustandes. Dieser Anspruch ist in Art. 2 Abs. 1 lit. c UWG vorgesehen. Das
Handelsgericht wird zu entscheiden haben, ob die Klägerin die zu seiner
Gutheissung erforderlichen tatsächlichen Behauptungen aufgestellt und
bewiesen hat. Weder aus dem Rechtsbegehren noch aus der Berufungsbegründung
ist zu ersehen, welchen Zustand sie als rechtswidrig erachtet und auf
welche Weise sie ihn beseitigt wissen möchte.

Erwägung 8

    III.8.- Über das Schadenersatzbegehren - das sich gegen alle drei
Beklagten richtet - wird das Handelsgericht zu entscheiden haben. Dabei
wird sich unter anderem fragen, ob die Klägerin den Schaden genügend
substanziert habe und ob die Beklagten Bohne und Dr. Kassner, die
als blosse Kommanditäre der Faserprodukte GmbH & Co. nicht schon als
Geschäftsherren im Sinne des Art. 3 UWG haften, den unlauteren Wettbewerb
dieser Gesellschaft wegen eines persönlichen Tuns oder Unterlassens
als Anstifter, Urheber oder Gehilfen zu vertreten haben (Art. 50 OR,
Art. 8 UWG). Bohne und Dr. Kassner machen geltend, die Klägerin wolle
sie nicht wegen eines persönlichen Verhaltens haftbar machen, und in den
Rechtsschriften fehle jede Andeutung darüber, worin es bestanden hätte.

Erwägung 9

    III.9.- Gemäss Art. 6 UWG kann der Richter die obsiegende Partei auf
ihr Begehren ermächtigen, das Urteil auf Kosten der unterlegenen Partei
zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung kann zur Wiedergutmachung eines
Schadens angeordnet werden, ist aber auch zur Abwendung der Gefahr weiterer
Bedrohung des Verletzten in seiner Kundschaft zulässig; die Bekanntgabe
der Unlauterkeit eines Verhaltens kann die eingetretene Störung des
Wettbewerbes beheben und weiteren nachteiligen Auswirkungen der Handlung
vorbeugen (BGE 67 II 58 f., 79 II 329 Erw. 7, 82 II 361, 84 II 588 Erw. 4).

    Das Handelsgericht wird zu entscheiden haben, ob sich die
Veröffentlichung im vorliegenden Falle unter einem dieser Gesichtspunkte
rechtfertige. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie nicht von
vornherein abzulehnen, weil die Prospekte nur Fachleuten in die Hand
gekommen sein sollen und die Beklagte die unlautere Werbung seither nicht
wiederholt habe.

    Das Handelsgericht wird gegebenenfalls auch die Art und den Umfang
der Veröffentlichung zu bestimmen haben (Art. 6 UWG).

    IV

    Die Klägerin will unter anderem auch feststellen lassen, die Beklagte
habe ihr Recht am Firmennamen "Sihl" verletzt.

    Ein Eingriff in das Recht der Klägerin auf ausschliesslichen Gebrauch
ihrer Firma (Art. 956 OR) liegt nicht vor, da die Beklagte das Wort
Silbond nicht als Firma, sondern nur zur Bezeichnung eines Erzeugnisses
verwendet hat. Dagegen ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Vorgehen
als Namensanmassung unter Art. 29 Abs. 2 ZGB oder als Verletzung in den
persönlichen Verhältnissen unter Art. 28 ZGB falle (BGE 44 II 85 f.,
63 II 75 Erw. 2, 72 II 188 Erw. 6, 76 II 93, 77 II 327, 80 II 140, 91 II
19). Es braucht indessen nicht entschieden zu werden, ob die Verwendung des
Wortes Silbond diesen Bestimmungen widersprach. Da die Rechtswidrigkeit des
Vorgehens der Beklagten schon auf Grund des Gesetzes über den unlauteren
Wettbewerb festzustellen ist, hat die Klägerin kein schützenswertes
Interesse, sie auch unter dem Gesichtspunkt der Art. 29 Abs. 2 oder Art. 28
ZGB feststellen zu lassen (BGE 77 II 327, 87 II 112, 91 II 24 Erw. 8). Die
Frage, ob die Beklagten diesen Bestimmungen zuwidergehandelt haben, muss
auch nicht im Hinblick auf das Schadenersatzbegehren entschieden werden.

Entscheid:

                  Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 22. April 1966 aufgehoben und die Sache zu neuer
Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.