Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 92 III 9



92 III 9

3. Entscheid vom 24. März 1966 i.S. Michelis Bank AG in Liq. Regeste

    1. Provisorische Teilnahme des Arrestgläubigers an einer Pfändung.
Art. 281 Abs. 1 SchKG.

    Die Arrestbetreibung kann als solche binnen der Fristen des Art. 88
Abs. 1 und 2 SchKG fortgesetzt werden. Die nach Art. 281 Abs. 1 SchKG
erlangte provisorische Teilnahme an einer Pfändung fällt jedoch dahin,
wenn der Arrestgläubiger die Pfändung nicht binnen zehn Tagen verlangt,
seitdem er dazu - wegen Unterbleibens eines Rechtsvorschlages oder kraft
definitiver Rechtsöffnung oder eines vollstreckbaren Urteils - in die
Lage gekommen ist. (Erw. 1 und 2, b und c).

    Dies gilt auch dann, wenn der Arrestgläubiger mit dem Gläubiger
identisch ist, der jene erste Pfändung erlangt hatte. (Erw. 2, a, d und e).

    2. Widerspruchsverfahren. Art. 106-109 SchKG.

    Der Ausgang eines Widerspruchsverfahrens ist nicht von vornherein auch
für eine andere Betreibung desselben Schuldners durch denselben. Gläubiger
massgebend. Die Gegenstände, die damals als Eigentum des dritten
Ansprechers anerkannt wurden, sind, soweit dies möglich ist, wiederum
zu pfänden, und es ist über die nochmals erhobene Ansprache ein neues
Widerspruchsverfahren einzuleiten. Die Einrede der beurteilten Sache kann
vor dem Richter erhoben werden. (Erw. 3).

Sachverhalt

    A.- Die Liegenschaft Nr. 1886 in St. Moritz, bestehend aus dem
Wohnhaus Nr. 281 c mit Umschwung, steht in hälftigem Miteigentum der
Erbschaft des in München wohnhaft gewesenen Harry Heidemann und der in St.
Moritz wohnenden Frau Sonja Hlasko-Ziemann. Für eine Forderung von Fr.
56'985.15 nebst Zins und Kosten gegen jene Erbschaft erwirkte die Michelis
Bank AG (nun in Liq.), Zürich, am 13. Juli 1961 auf Grund von Art. 271
Abs. 1 Ziff. 4 SchKG einen Arrestbefehl, und es wurden infolgedessen
der Miteigentumsanteil an der erwähnten Liegenschaft sowie (abgesehen
von Bankguthaben, Bargeld, Wertschriften usw.) die im Wohnhaus Nr. 281 c
befindliche Fahrhabe mit Arrest belegt (Arrest Nr. 42). Die nachfolgende
Betreibung Nr. 194/61 wurde durch Rechtsvorschlag gehemmt. Indessen hiess
das Bezirksgericht Maloja die Klage der Gläubigerin am 15. April 1964 gut,
und nachdem die Berufung der Schuldnerin am 1. Juli 1964 zurückgezogen
worden war, stellte die Gläubigerin das Pfändungsbegehren, dem das
Betreibungsamt Oberengadin am 28. September 1964 durch Pfändung der
arrestierten Gegenstände entsprach. Über den von Frau Sonja Hlasko-Zieman
an der gesamten Fahrhabe geltend gemachten Eigentumsanspruch wurde ein
Widerspruchsverfahren nach Art. 109 SchKG eingeleitet. Hiebei anerkannte
die Michelis Bank AG in Liq. den Drittanspruch, soweit Frau Hlasko nicht
ihrerseits an bestimmten Einrichtungsgegenständen das Alleineigentum
des Erblassers bzw. der betriebenen Erbschaft anerkannte oder bloss
Miteigentum beanspruchte.

    B.- Am 24. Januar 1962 nahm eine andere Gläubigerin der Erbschaft
Heidemann, die Ascot Investment Ltd., Zug, für eine Forderung
von Fr. 281'244.70 nebst Zins und Kosten ebenfalls Arrest auf den
Miteigentumsanteil der Schuldnerin an der erwähnten Liegenschaft. (Ob
auch auf andere Gegenstände, ist den Akten nicht zu entnehmen.) Die
nachfolgende Betreibung konnte bisher nicht fortgesetzt werden; die
Forderung ist Gegenstand eines noch hängigen Prozesses.

    C.- Im Juli 1964 liess sich die Michelis Bank AG in Liq. für eine
weitere Forderung von Fr. 263'370.70 nebst Zins und Kosten, die sie
gegen die Erbschaft Heidemann beim Landgericht München eingeklagt hatte,
einen neuen Arrest auf denselben Miteigentumsanteil an der erwähnten
Liegenschaft in St. Moritz sowie auf dieselbe in dem dort stehenden
Wohnhaus befindliche Fahrhabe bewilligen. Dieser am 7. Juli 1964 bewilligte
Arrest Nr. 101/64 wurde am 27. des gleichen Monats vollzogen. Nach beinahe
gänzlicher Gutheissung der geltend gemachten Forderung in einem Betrage
von Fr. 262'474.-- nebst Zins und Kosten durch Endurteil des Landgerichts
München I, 8. Zivilkammer, vom 2. November 1964, in Rechtskraft erwachsen
am 22. Januar 1965, hob die Michelis Bank AG in Liq. Betreibung an. Der
Zahlungsbefehl Nr. 1250/65 wurde dem Vertreter der Schuldnerin am
2. Februar 1965 zugestellt. Es erfolgte kein Rechtsvorschlag. Indessen
setzte die Gläubigerin diese Betreibung erst anfangs September 1965
fort, nachdem sie bereits am 7. April 1965 in ihrer frühern Betreibung
Nr. 194/61 das Verwertungsbegehren hinsichtlich des Liegenschaftsanteils
gestellt und das Betreibungsamt im August 1965 die Versteigerung des
gepfändeten Miteigentumsanteils auf den 22. Oktober 1965 angeordnet hatte.

    Mit Rücksicht auf diese Steigerung stellte das Betreibungsamt den
Beteiligten am 8. September 1965 das Lastenverzeichnis zu. Darin sind
folgende Vormerkungen angegeben: 1. die Pfändung zugunsten der Michelis
Bank A.G in der Betreibung Nr. 194/61; 2. der Arrest Nr. 53/62 zugunsten
der Ascot Investment Ltd., Zug; 3. der Arrest Nr. 101/64 zugunsten der
Michelis Bank AG in Liq., mit Hinweis auf das inzwischen eingegangene
Pfändungsbegehren, und mit der Bemerkung: "Gepfändet wird ein allfälliger
Überschuss aus der Verwertung."

    In der am 7. September 1965 in der Betreibung Nr. 1250 aufgenommenen,
am 9. des gleichen Monats versandten Pfändungsurkunde ist als einziger
Gegenstand verzeichnet

    "ein allfälliger Überschuss aus der Verwertung des
1/2-Miteigentums-Anteils der Erbschaft Harry Heidemann, München, an der
Liegenschaft Parz. Nr. 1886, Tinus, Wohnhaus ... 715 m2 Gebäudegrundfläche,
Garten und Anlagen in St. Moritz. Betreibungsamtliche Schätzung
Fr. 80'000.--".

    D.- Gegen die unter C angeführten betreibungsamtlichen Verfügungen
laut Lastenverzeichnis in der Betreibung Nr. 194/61 und laut
Pfändungsurkunde in der Betreibung Nr. 1250/65 führte die Michelis Bank
AG in Liq. Beschwerde. Sie beantragte, in jenem Lastenverzeichnis sei
als Gegenstand der in der Betreibung Nr. 1250/65 damals bevorstehenden
und inzwischen vollzogenen Pfändung nicht bloss der allfällige
Verwertungsüberschuss zu bezeichnen, sondern es seien alle arrestierten
Gegenstände "in die Pfändung und in die entsprechende Vormerkung
einzubeziehen". Im gleichen Sinne sei die Pfändung als solche in der
Betreibung Nr. 1250 dahin zu berichtigen, dass die in der Arresturkunde
vom 7. Juli 1964 (Arrest Nr. 101/64) angeführten Arrestgegenstände in
vollem Umfange zu pfänden seien.

    E.- Mit Entscheid vom 22. Dezember 1965 hat die kantonale
Aufsichtsbehörde die Beschwerde abgewiesen. Zur Begründung wird im
wesentlichen ausgeführt: Die Beschwerdeführerin hat an der von ihr in der
Betreibung Nr. 194/61 am 28. September 1964 erwirkten Pfändung zunächst
von Gesetzes wegen mit der Forderung der Betreibung Nr. 1250/65 (wofür
bereits im Juli 1964 Arrest gelegt war) gemäss Art. 281 SchKG provisorisch
teilgenommen. Sie versäumte es dann aber, das zur Wahrung dieses
Teilnahmerechtes nach dem Kreisschreiben Nr. 27 der Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer vom 1. November 1910 Erforderliche vorzukehren. Statt
die Betreibung Nr. 1250/65 unverzüglich, d.h. binnen zehn Tagen, seitdem
ihr dies möglich war (also seit dem 22. Februar 1965), fortzusetzen,
tat sie dies erst mehrere Monate später, anfangs September 1965. Infolge
dieser Verzögerung ist sie des gesetzlichen Teilnahmerechtes verlustig
gegangen. Das Betreibungsamt hat daher mit Recht in der Betreibung Nr.
1250/65 den in Frage stehenden Miteigentumsanteil bloss in nachgehendem
Range, also nur den allfälligen Verwertungsüberschuss nach Deckung
der Forderungen mit vorgehendem Pfändungsrang, gepfändet. - Das
Beschwerdebegehren um Pfändung aller am 7. Juli 1964 arrestierten
Gegenstände in der diesen Arrest prosequierenden Betreibung Nr. 1250/65
bezieht sich seinem Wortlaute nach auch auf die arrestierte Fahrhabe. Es
scheitert jedoch am Ausgang des in der frühern Betreibung Nr. 194/61
ausgetragenen Widerspruchsverfahrens, wobei die Beschwerdeführerin
den von Frau Sonja Hlasko-Ziemann geltend gemachten Eigentumsanspruch
anerkannte. Zwar kommt dieser Prozesserledigung nur für jene Betreibung
materielle Rechtskraft zu. "Das würde aber im vorliegenden Fall bedeuten,
dass der Eigentumsanspruch von der Beschwerdegegnerin erneut bestritten
würde und im Falle erneuter Klageeinreichung von der Beschwerdeführerin
anerkannt werden müsste." Das zweite Beschwerdebegehren erscheint daher
in bezug auf die Fahrhabe als trölerisch.

    F.- Mit vorliegendem Rekurs hält die Michelis Bank AG in Liq. an
beiden Beschwerdebegehren fest, die sie unter Ziff. 2 und 3 einem auf
Aufhebung des angefochtenen Entscheides gehenden Begehren 1 beifügt.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Werden nach Ausstellung des Arrestbefehls die Arrestgegenstände
"von einem andern Gläubiger" gepfändet, bevor der Arrestgläubiger selber
das Pfändungsbegehren stellen kann, so nimmt der letztere von Rechtes wegen
provisorisch an der Pfändung teil (Art. 281 Abs. 1 SchKG). Diese Bestimmung
ist, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, immer dann anwendbar, wenn
es nach Ausstellung des Arrestbefehls "in einer andern Betreibung" zur
Pfändung der Arrestgegenstände kommt, bevor der Arrestgläubiger selber das
Pfändungsbegehren stellen kann: also auch dann, wenn die andere Betreibung
vom gleichen Gläubiger geführt wird, und gleichgültig, ob es sich ebenfalls
um eine Arrestbetreibung handelt. Es muss in dieser Hinsicht für Art. 281
Abs. 1 SchKG dasselbe gelten wie für die Art. 110 und 111 SchKG, wie denn
jene Gesetzesnorm nichts anderes vorsieht als eine Erweiterung des in Art.
110 und 111 vorgesehenen Rechtes der Teilnahme an einer Pfändung (BGE 48
III 155, 56 III 24).

    Kommt der nach Art. 281 Abs. 1 provisorisch an der in einer andern
Betreibung erfolgten Pfändung teilnehmende Gläubiger später in die Lage,
selber das Pfändungsbegehren zu stellen, so muss er es ungesäumt tun,
wenn er das ihm bisher wegen seines Unvermögens, selber die Pfändung zu
verlangen, zugestandene Teilnahmerecht aufrecht erhalten will. Das wurde
bereits in BGE 33 I 225 (= Sep.-Ausg. 10 S. 15) entschieden und die dem
Arrestgläubiger hiefür einzuräumende Frist in BGE 36 I 446 Erw. 3 (=
Sep.-Ausg. 13 S. 183) auf zehn Tage bemessen, laufend von dem Tage an,
da er infolge definitiver Rechtsöffnung oder eines vollstreckbaren Urteils
in die Lage kommt, seine Betreibung fortzusetzen. Auf diese Entscheidung
stützt sich das Kreisschreiben Nr. 27 vom 1. November 1910, das für die
Anwendung von Art. 281 Abs. 1 SchKG massgebend geblieben ist (BGE 50
III 183 und 84 III 102 Erw. 2).

    Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus was folgt: Die Rekurrentin
nahm an der von ihr selbst erwirkten Pfändung vom 28. September 1964
(beruhend auf dem Arrest Nr. 42/61 und auf der Betreibung Nr. 194/61)
provisorisch mit der durch den Arrest Nr. 101/64 gesicherten, im September
1964 noch den Gegenstand einer hängigen Klage bildenden Forderung von Fr.
263'370.70 bzw. Fr. 262'474.--nebst Zins und Kosten teil. Nachdem sie
dann aber in der für diese Forderung eingeleiteten und unbestritten
gebliebenen Betreibung Nr. 1250/65 am 22. Februar 1965 (20 Tage nach
Zustellung des Zahlungsbefehls; Art. 88 Abs. 1 SchKG) in die Lage gekommen
war, das Pfändungsbegehren zu stellen, blieb das ihr bisher provisorisch
zugestandene Teilnahmerecht nur aufrecht, wenn sie die Pfändung nunmehr
binnen zehn Tagen, also bis zum 4. März 1965, verlangte. Da sie diese Frist
unbenutzt verstreichen liess und das Pfändungsbegehren in der Betreibung
Nr. 1250 erst anfangs September 1965 stellte, ist jenes Teilnahmerecht
erloschen, während dasjenige der Ascot Investment Ltd. einstweilen
bestehen blieb.

Erwägung 2

    2.- Die in der Rekursschrift gegen die Verwirkung des Teilnahmerechts
erhobenen Einwendungen erweisen sich als unbegründet.

    a) Die Rekurrentin nimmt den Standpunkt ein, Art. 281 Abs. 1 SchKG sei
überhaupt nicht anwendbar, falls die Arrestgegenstände nach Ausstellung
des Arrestbefehls vom gleichen Gläubiger gepfändet werden. Diese
Betrachtungsweise widerspricht nicht nur ihrer eigenen Stellungnahme in
der kantonalen Instanz; sie läuft zudem darauf hinaus, dem von ihr in
Anspruch genommenen Teilnahmerecht die Grundlage gänzlich zu entziehen. Da
es sich indessen um eine Rechtsfrage handelt, ist die Rekurrentin nicht
bei dieser den Rekursanträgen von vornherein entgegenstehenden Begründung
zu behaften. Vielmehr bleibt es dabei, dass ihr, wie in Erw. 1 dargetan,
auf Grund des Arrestes Nr. 101/64 vom 7. Juli 1964 das Vorrecht der
provisorischen Teilnahme an der alsdann in der frühern Arrestbetreibung
im September 1964 erwirkten Pfändung derselben Gegenstände zustand,
da sie in diesem Zeitpunkt die neue Arrestbetreibung wegen des damals
über die Forderung schwebenden Rechtsstreites noch nicht angehoben hatte
und daher einstweilen für die neue Forderung in diesem Zeitpunkte kein
Pfändungsbegehren stellen konnte.

    b) Gegenüber der vom Betreibungsamt und von der kantonalen
Aufsichtsbehörde festgestellten Verwirkung des Teilnahmerechts beruft
sich die Rekurrentin auf Art. 278 SchKG, der keine solche Befristung
des Pfändungsbegehresn in der Arrestbetreibung vorsehe. In der Tat
gelten an und für sich für die Fortsetzung einer solchen Betreibung
die gewöhnlichen Regeln des Art. 88 SchKG. Damit ist jedoch nichts
über die Geltungsdauer eines nach Art. 281 Abs. 1 SchKG provisorisch
entstandenen Teilnahmerechtes gesagt. Das Betreibungsamt hat das im
September 1965 gestellte Pfändungsbegehren in der Betreibung Nr. 1250/65
nicht etwa zurückgewiesen, sondern die Pfändung vollzogen. Bloss wurde
diese Pfändung in einen nachgehenden Rang gesetzt. Wie es sich in dieser
Hinsicht verhält, ergibt sich nicht aus Art. 278 in Verbindung mit Art. 88
SchKG. Ohne die besondere Bestimmung des Art. 281 Abs. 1 SchKG käme gar
nicht in Frage, ein Pfändungsbegehren vom September 1965 an eine ein Jahr
zuvor vollzogene Pfändung in gleichem Range anzuschliessen. Es geht also
um die Tragweite des in Art. 281 Abs. 1 SchKG vorgesehenen vorzeitigen
Pfändungsanschlusses. Was das erwähnte Kreisschreiben darüber bestimmt
hat und ständige Schuldbetreibungspraxis geworden ist, lässt sich somit
nicht mit dem Hinweis auf den (diese Frage unberührt lassenden) Art. 278
SchKG widerlegen. Im übrigen erscheint es nach wie vor als richtig, die
Weitergeltung des vorzeitigen Pfändungsanschlusses eines Arrestgläubigers,
sobald er selber das Pfändungsbegehren stellen kann, davon abhängig zu
machen, dass er dies binnen kurzer Frist tue, und diese Frist auf zehn
Tage zu bemessen. Es hätte allerdings auch in Frage kommen können, sich
an Art. 110/111 SchKG anzulehnen und somit eine Fristdauer von 30 bzw. 40
Tagen gelten zu lassen. Allein es geht hier nicht um den erstmaligen
Anschluss an die in einer andern Betreibung erfolgte Pfändung, sondern
um die Frage, in welcher Weise ein aus besondern Gründen von Gesetzes
wegen allenfalls schon längst erfolgter vorzeitiger Pfändungsanschluss
eines Arrestgläubigers aufrechterhalten werden könne, wenn inzwischen die
Fortsetzung der betreffenden Arrestbetreibung möglich geworden ist. Bei
der Bemessung der hiebei einzuhaltenden Frist lag es näher, sich an die
nach Art. 278 SchKG bei der Arrestbetreibung in verschiedener Hinsicht
geltende Fristdauer von zehn Tagen zu halten.

    c) Die Folgen der Fristversäumung müssen eintreten, obwohl das
Betreibungsamt die Rekurrentin nicht zum voraus auf die zur Wahrung des
provisorischen Teilnahmerechtes erforderliche Massnahme aufmerksam gemacht
hat und in den Betreibungsurkunden (Arresturkunde und Zahlungsbefehl) kein
Hinweis auf das Kreisschreiben vom 1. November 1910 enthalten war. Als die
der am 28. September 1964 in der Betreibung Nr. 194/61 vollzogenen Pfändung
provisorisch angeschlossene, übrigens damals noch nicht angehobene neue
Arrestbetreibung Nr. 1250/65 am 22. Februar 1965 fortgesetzt werden konnte,
musste sich die Rekurrentin fragen, was zur Wahrung dieses Anschlusses nun
zu tun sei. Sie konnte sich darüber beim Betreibungsamte erkundigen oder
auch etwa die Taschenausgabe der Erlasse betreffend Schuldbetreibung und
Konkurs von Jaeger/Daeniker, 7. Auflage 1962, zu Rate ziehen, aus deren
Bemerkungen zu Art. 281 SchKG sie alles Nötige ersehen hätte. Selbst wenn
man der Rekurrentin übrigens mit Rücksicht auf mangelnde Kenntnis der
nicht im Gesetze selbst festgelegten Verfahrensregel eine dem Art. 110
SchKG entsprechende längere Frist von 30 Tagen zubilligen könnte, wäre
ihr nicht zu helfen, da sie das Pfändungsbegehren ungefähr ein halbes
Jahr lang verzögerte. Dieses noch im Rahmen des Art. 88 SchKG liegende
Begehren war zwar, wie gesagt, zu vollziehen; jedoch konnte die Pfändung
nicht mehr den gleichen Rang einnehmen wie diejenige vom September des
Vorjahres in der Betreibung Nr. 194/61.

    d) Es kann nicht zugegeben werden, dass die Anwendung des
Kreisschreibens Nr. 27 vom 1. November 1910 bei Identität des provisorisch
angeschlossenen Arrestgläubigers mit dem Gläubiger, zu dessen Gunsten
die betreffende Pfändung vollzogen wurde, als zwecklos erscheine. Die
Rekurrentin hält dafür, das erwähnte Kreisschreiben wolle bloss verhindern,
dass der Gläubiger, der dieselben Gegenstände pfänden liess, die Konkurrenz
eines provisorisch angeschlossenen Arrestgläubigers noch lange Zeit dulden
müsse, nachdem dieser selber das Pfändungsbegehren hätte stellen können,
es jedoch nicht getan habe. Bei Identität der beiden Gläubiger bestehe
aber kein Grund, eine solche Konkurrenz zeitlich zu beschränken.

    Für diese Unterscheidung bietet Art. 281 Abs. 1 SchKG keinen
Anhaltspunkt. Sie widerspricht der gesetzlichen Regelung, die, wie
dargetan, bei Identität der beiden Gläubiger in gleicher Weise gelten
muss. Die erwähnte Sondervorschrift erweitert in bestimmter Weise die
Bildung einer Pfändungsgruppe, wie sie grundsätzlich in Art. 110/111 SchKG
geregelt ist. Ist der Arrestgläubiger dann, wenn die Arrestgegenstände
in einer andern Betreibung gepfändet werden, bereits in der Lage,
selber die Pfändung zu verlangen, so kommt ihm das Recht provisorischen
Pfändungsanschlusses nach Art. 281 Abs. 1 SchKG nicht zu. Er ist in diesem
Falle wie jeder andere Gläubiger darauf angewiesen, das Pfändungsbegehren
binnen 30 (bzw. 40) Tagen seit der die Gruppe einleitenden Pfändung
zu stellen, wenn er in gleichem Range daran teilnehmen will, und zwar
gleichgültig, ob er mit dem Gläubiger der grundlegenden Pfändung identisch
ist. Dieser Rang kommt ihm bei späterer Stellung des Pfändungsbegehrens
nicht zu, auch wenn er sich an die allgemeine Fortsetzungsfrist des
Art. 88 SchKG hält. Dem entspricht es, die im Kreisschreiben Nr. 27 vom
1. November 1910 festgesetzte Frist zur Wahrung eines provisorischen
Pfändungsanschlusses ebenfalls ohne Rücksicht auf allfällige Identität
der beiden Gläubiger Platz greifen zu lassen.

    Übrigens ist im vorliegenden Falle auch noch das provisorische
Teilnahmerecht eines andern Gläubigers zu beachten: der Ascot Investment
Ltd, Zug. Diese wird ihrerseits, wenn sie im schwebenden Forderungsprozess
obsiegt, die in Frage stehende Frist zur Wahrung ihres Anschlusses
im gleichen Range einzuhalten haben. Es ginge nun nicht an, sie bei
Versäumung der Frist in nachgehenden Pfändungsrang zu weisen, diese
Rechtsfolge dagegen nicht auch gegenüber der im gleichen Sinne säumig
gewordenen Rekurrentin eintreten zu lassen. Falls aber die "Ascot" die
Frist einhält, wäre es nicht gerechtfertigt, die Rekurrentin trotz ihres
Säumnis in den gleichen Pfändungsrang zu stellen.

    e) Ist somit das die Ranggleichheit begründende Teilnahmerecht für
die Betreibung Nr. 1250/65 erloschen, und kommt daher der Rekurrentin
in dieser Betreibung nur nachgehender Pfändungsrang zu (Pfändung des
allfälligen Verwertungsüberschusses nach Deckung der Forderung ihrer
eigenen Betreibung Nr. 194/61 und allenfalls derjenigen der "Ascot"),
so ist das auf Ranggleichheit abzielende Beschwerdebegehren auch
hinsichtlich des Lastenverzeichnisses abzuweisen, das als Grundlage der
vom Betreibungsamt angeordneten (jedoch später auf unbestimmte Zeit
vertagten) Verwertung des Miteigentumsanteils der Schuldnerin an der
erwähnten Liegenschaft aufgestellt wurde.

    Das Teilnahmerecht besteht natürlich auch für die mitarrestierte
Fahrhabe nicht mehr, die ausserhalb der Liegenschaftsanteilsverwertung
steht und daher im erwähnten Lastenverzeichnis nicht berücksichtigt ist.

Erwägung 3

    3.- Diese Fahrhabe wurde nun aber in der Betreibung Nr. 1250/65
überhaupt nicht, also auch nicht in nachgehendem Range gepfändet,
und die Vorinstanz hat die Einbeziehung der Fahrhabe mit Hinweis
auf den für die Drittansprecherin günstigen Ausgang eines in der
Betreibung Nr. 194/61 eingeleiteten Widerspruchsverfahrens gänzlich
abgelehnt. Dieser Betrachtungsweise kann nicht beigestimmt werden. Das
Widerspruchsverfahren zwischen dem betreibenden Gläubiger und einem
Dritten, der das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht an
Arrest- oder Pfändungsgegenständen beansprucht, hat Rechtskraftwirkung
nur für die Betreibung, in deren Lauf es ergangen ist (BGE 86
III 142 Erw. 2). Vorbehalten blieb die Frage, ob dann, wenn ein
Widerspruchsverfahren durch Sachurteil, gerichtlichen Vergleich oder
gerichtliche Anspruchsanerkennung abgeschlossen wurde, dem Dritten "in
einer neuen Betreibung desselben Gläubigers gegen denselben Schuldner
für dieselbe Forderung" gegenüber einer neuen Klage nach Art. 109
SchKG die Einrede der abgeurteilten Sache zuzuerkennen sei (BGE 86
III 144 Mitte; verneinend KUMMER, ZbJV 98 S. 58/59). Der gerichtlichen
Entscheidung hierüber dürfen die Betreibungsbehörden nicht vorgreifen;
im vorliegenden Falle um so weniger, als die neue Betreibung nicht die
gleiche Forderung betrifft wie die früher angehobene. Vollends lag kein
Grund vor, sogar die Pfändung derjenigen beweglichen Sachen abzulehnen,
die im frühern Widerspruchsverfahren als im Eigentum oder Miteigentum
der Schuldnerin stehend anerkannt worden waren. Da indessen nicht
feststeht, ob und in welchem Masse die Beteiligten an den im frühern
Verfahren ausgesprochenen Anerkenntnissen festhalten werden, sind in der
Betreibung Nr. 1250/65 einfach alle vom Arrest Nr. 101/64 betroffenen
Fahrnissachen - in nachgehendem Range zur frühern Pfändung, soweit diese
aufrecht geblieben ist - wiederum zu pfänden. Sache der Beteiligten wird
es sein, das neue Widerspruchsverfahren allenfalls zu vermeiden oder zu
vereinfachen, indem sie, wenn sie es wollen, die seinerzeit abgegebenen
Anerkenntniserklärungen in vollem Umfang oder teilweise erneuern.

Entscheid:

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Das Rekursbegehren 3 wird gutgeheissen und das Betreibungsamt
Oberengadin demgemäss angewiesen, in der Betreibung Nr. 1250 ausser dem
allfälligen Überschuss aus der Verwertung des hälftigen Miteigentumsanteils
an der Parzelle Nr. 1886 in St. Moritz (Pos. 1 der Pfändungsurkunde)
auch alle andern in der Arresturkunde vom 7. Juli 1964 verzeichneten
Gegenstände (Arrest Nr. 101/64) zu pfänden.

    Im übrigen wird der Rekurs abgewiesen.