Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 91 I 50



91 I 50

10. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. März 1965 i.S. Greiter gegen
Eidg. Amt für geistiges Eigentum. Regeste

    Markenrecht. Schutzverweigerung gegenüber international hinterlegter

    Marke wegen Täuschungsgefahr über die Herkunft der Ware.

    Zulässigkeit geographischer Angaben.

    Unzulässigkeit der Marke "Monte Bianco" für Parfümerien,
Kosmetikartikel und Sonnenschutzmittel, die aus Österreich stammen.

    Madrider Übereinkunft (Fassung von London 1934) Art. 5 Abs. 1.

    Pariser Verbandsübereinkunft (Fassung von London 1934)

    Art. 6 lit. B Ziff. 3. MSchG Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2.

Sachverhalt

    A.- Franz J. Greiter in Lauterach-Bregenz ist Inhaber der im
österreichischen Markenregister eingetragenen Wortmarke "Monte
Bianco" für Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege
sowie Sonnenschutzmittel; tatsächlich wird die Marke nur für ein
Sonnenschutzmittel verwendet.

    Am 9. Mai 1964 liess Greiter gestützt auf die Madrider Übereinkunft
betreffend die internationale Eintragung der Fabrik- oder Handelsmarken
die Marke "Monte Bianco" unter der Nr. 283379 im internationalen Register
eintragen für "Produits de parfumerie, cosmétiques ainsi que substances
contre les coups de soleil".

    Das eidg. Amt für geistiges Eigentum teilte am 16. Oktober 1964 dem
internationalen Amt gestützt auf Art. 5 der Madrider Übereinkunft sowie
unter Berufung auf Art. 6 lit. B Ziff. 3 der Pariser Verbandsübereinkunft
zum Schutze des gewerblichen Eigentums (PVU) und Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2
MSchG mit, der Marke werde für das Gebiet der Schweiz der Schutz
verweigert, weil sie geeignet sei, das Publikum über die Herkunft der
damit bezeichneten Waren zu täuschen.

    B.- Gegen diese Schutzverweigerung, die das internationale Amt
dem Markeninhaber am 28. Oktober 1964 bekanntgab, erhob dieser beim
Bundesgericht verwaltungsgerichtliche Beschwerde mit dem Antrag, die
Schutzverweigerung sei aufzuheben und das eidg. Amt anzuweisen, der
beanspruchten internationalen Marke den vollen Schutz zu gewähren.

    Das eidg. Amt für geistiges Eigentum beantragt, die Beschwerde
abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde ist die Madrider
Übereinkunft betreffend die internationale Eintragung der Fabrik-
oder Handelsmarken in ihrer in London revidierten Fassung vom 2. Juni
1934 massgebend, der sowohl die Schweiz (am 24. Oktober 1939) als auch
Österreich (am 19. August 1947) beigetreten sind.

    Nach Art. 5 Abs. 1 dieser Übereinkunft darf eine Schutzverweigerung
"nur unter den Voraussetzungen verfügt werden, welche auf Grund der
allgemeinen Übereinkunft auf eine zur nationalen Eintragung hinterlegte
Marke anwendbar wären." Mit der "allgemeinen Übereinkunft" ist die Pariser
Verbandsübereinkunft zum Schutze des Gewerblichen Eigentums (PVU) gemeint,
und zwar ist für den vorliegenden Fall die sowohl von Österreich wie von
der Schweiz ratifizierte Londoner Fassung von 1934 massgebend, da der im
Jahre 1958 in Lissabon revidierte Text von Österreich nicht ratifiziert
worden ist.

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 6 lit. B Ziff. 3 PVU dürfen Marken zurückgewiesen
werden, welche gegen die guten Sitten oder gegen die öffentliche
Ordnung verstossen, namentlich solche, welche geeignet sind, das
Publikum zu täuschen. Die PVU betrachtet also gleich wie die ständige
schweizerische Rechtsprechung zu Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG eine
Marke als sittenwidrig, wenn sie geeignet ist, den Käufer in irgend
einer Hinsicht irrezuführen. Daher ist eine Marke unzulässig, wenn sie
geographische Angaben enthält, die zu der Annahme verleiten könnten,
die Ware stamme aus dem Lande, auf das die Angabe hinweist, obschon dies
in Wirklichkeit nicht zutrifft. Anders verhält es sich nur, wenn die
geographische Angabe offensichtlich blossen Phantasiecharakter hat und
darum nicht als Herkunftbezeichnung aufgefasst werden kann (BGE 89 I 301,
293 und dort erwähnte Entscheide).

Erwägung 3

    3.- Das eidg. Amt erachtet die Marke "Monte Bianco" als irreführend,
weil sie von den Käufern als Hinweis auf Frankreich aufgefasst werden
könne, während die Waren, für die sie bestimmt ist, aus Österreich
stammen. Der Beschwerdeführer bestreitet eine solche Täuschungsgefahr.

    Bei der Entscheidung dieser Frage ist auf die Auffassung des
schweizerischen Durchschnittskäufers abzustellen. Als Abnehmer fallen alle
Bevölkerungsschichten in Betracht, und es genügt, wenn auch nur in einem
der verschiedenen Sprachgebiete der Schweiz eine Täuschungsgefahr besteht
(BGE 82 I 51 und dort erwähnte Entscheide).

    a) "Monte Bianco" ist der italienische Name des Mont Blanc. Die
Tatsache, dass der Gipfel dieses Namens und auch der grössere Teil der
als "Mont Blanc-Massiv" bezeichneten Gebirgsgruppe auf französischem
Gebiet liegen, ist in der Schweiz allgemein bekannt, insbesondere
seit Chamonix infolge der Erschliessung des Mont Blanc-Massivs durch
verschiedene Schwebebahnen sich zu einem bedeutenden Zentrum sowohl
für das Bergsteigen im Sommer als auch für den Wintersport entwickelt
hat. Der Einwand des Beschwerdeführers, die Bezeichnung "Monte Bianco"
weise an sich nicht auf Frankreich hin, ist daher, mindestens für den
italienisch sprechenden Teil der Bevölkerung, unzutreffend.

    Unrichtig ist auch die Auffassung des Beschwerdeführers, der Mont
Blanc sei kein allgemein bekanntes Wahrzeichen für etwas spezifisch
Französisches, weshalb die Gefahr einer Ideenverbindung zwischen der Marke
"Monte Bianco" und dem Mont Blanc und damit Frankreich als Herkunftsland
nicht bestehe. Eine solche Ideenverbindung liegt aber im vorliegenden
Fall, im Gegensatz zu dem vom Beschwerdeführer angerufenen BGE 68 I
205, zum mindestens für die Schweizer italienischer Sprache nahe; dies
um so mehr, als die französischen Parfümerien Weltruf geniessen. Dass
der Beschwerdeführer die Marke gegenwärtig nur für ein Sonnenschutzöl
verwendet, ist unerheblich. Denn der Schutzbereich seiner Marke erstreckt
sich gemäss Eintrag neben Sonnenschutzerzeugnissen auch auf Parfümerie-
und Kosmetikartikel.

    Der Beschwerdeführer wendet weiter ein, wenn man schon von
einer Ideenverbindung sprechen wolle, so verweise die Marke auf die
europäische Herkunft der damit versehenen Ware, weil der Mont Blanc
als der höchste europäische Berg bekannt sei. Auch dieser Einwand ist
nicht stichhaltig. Der Mont Blanc ist nicht nur als der höchste Berg
Europas bekannt, sondern vor allem als französischer Berg, und die Annahme
französischer Herkunft der Ware liegt daher bedeutend näher als die weither
geholte Ideenverbindung, dass mit der Marke auf ein europäisches Erzeugnis
angespielt werden wolle.

    b) Der Beschwerdeführer macht geltend, die Marke "Monte Bianco"
habe einen klar erkennbaren symbolischen Charakter, da sie die
Gedankenassoziation "Grosser Schneeberg - Höhenlage - starke
Sonneneinwirkung" hervorrufe. Dieser Einwand liesse sich allenfalls
hören, wenn der Schutzbereich der Marke auf Sonnenschutzmittel beschränkt
wäre. Er erledigt sich aber von selber, da die Marke ganz allgemein für
Parfümerie- und Kosmetikartikel beansprucht wird und nicht einzusehen ist,
inwiefern die vom Beschwerdeführer behauptete Ideenverbindung bei solchen
zutreffen sollte.

    c) Die geographische Angabe hat somit nicht offensichtlich bloss
Phantasiecharakter. Sie kann vielmehr beim Durchschnittskäufer namentlich
im italienischen Sprachgebiet als Herkunftbezeichnung verstanden werden
und zu der irrigen Auffassung verleiten, die damit bezeichnete Ware stamme
aus Frankreich.

    Ob die Marke "Monte Bianco" wegen ihres italienischen Wortlautes und
weil das Mont Blanc-Massiv ein Grenzmassiv ist, auch zur irrigen Annahme
verleiten könnte, es handle sich um Waren italienischer Herkunft, kann
bei dieser Sachlage offen bleiben.

Erwägung 4

    4.- Ist aber die Marke "Monte Bianco" geeignet, die schweizerischen
Käufer oder auch nur den italienisch sprechenden Teil derselben über die
Herkunft der damit versehenen Waren zu täuschen, so hat das eidg. Amt ihr
den Schutz für das Gebiet der Schweiz zu Recht verweigert. Die Beschwerde
ist daher abzuweisen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.