Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 91 I 356



91 I 356

58. Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Oktober 1965 i.S. Schulte &
Dieckhoff gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum. Regeste

    Internationale Marke deutschen Ursprungs; Voraussetzungen der
Eintragung in der Schweiz (Madrider Übereinkunft Art. 5 Abs. 1; Pariser
Verbandsübereinkunft, Fassung von Lissabon, Art. 6 Abs. 1).

    Verweigerung der Eintragung einer Marke, die als wesentlichen
Bestandteil ein als Gemeingut anzusehendes Zeichen verwendet (MSchG Art. 14
Abs. 1 Ziff. 2). Marke, deren Hauptbestandteil ein der englischen Sprache
entnommener, auf Eigenschaften der Ware hinweisender Ausdruck ist (Marke
"ever fresh" für Wäsche- und Kleidungsstücke).

Sachverhalt

    A.- Die Firma Schulte & Dieckhoffliess ihre in der Bundesrepublik
Deutschland als Ursprungsland unter Nr. 794 473 geschützte Marke am
29. Oktober 1964 unter Nr. 290 352 auch beim Internationalen Büro für den
Schutz des gewerblichen Eigentums eintragen. Das Zeichen besteht aus den
Wörtern "ever fresh" und einem sie in der Form einer Ellipse umschlingenden
Bande, dessen Enden zu einer Schleife verknüpft sind. Das Wort "fresh"
ist kursiv geschrieben. Die Hinterlegerin bestimmte die Marke für "bas
et chaussettes, articles d'habillement tissés à mailles et tricotés;
habillement, lingerie, cravates, gants, tous ces produits de pays de
langue anglaise et/ou destinés à l'exportation."

    Am 25. März 1965 verweigerte das Eidgenössische Amt für geistiges
Eigentum dieser Marke für das Gebiet der Schweiz den Schutz, weil ihr
Hauptbestandteil "ever fresh" Gemeingut sei.

    B.- Die Hinterlegerin ficht diesen Entscheid mit einer
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Sie beantragt dem Bundesgericht,
ihn aufzuheben und die internationale Marke Nr.290352 in der Schweiz
zu schützen.

    Das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum beantragt die Abweisung
der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- ... (Rechtzeitigkeit der Beschwerde)

Erwägung 2

    2.- Die Schweiz ist gegenüber der Bundesrepublik Deutschland durch die
in London revidierte Madrider Übereinkunft betreffend die internationale
Eintragung der Fabrik- und Handelsmarken gebunden. Gemäss Art. 5 Abs. 1
dieser Übereinkunft darf sie daher einer beim Internationalen Büro
hinterlegten deutschen Marke den Schutz nur unter den Voraussetzungen
verweigern, unter denen sie nach der Pariser Verbandsübereinkunft zum
Schutze des gewerblichen Eigentums eine zur Hinterlegung in der Schweiz
angemeldete Marke zurückweisen dürfte.

    Massgebend ist die am 31. Oktober 1958 in Lissabon vereinbarte
Fassung der Pariser Verbandsübereinkunft. Sie ist von der Bundesrepublik
Deutschland mit Wirkung ab 4. Januar 1962 und von der Schweiz mit Wirkung
ab 17. Februar 1963 ratifiziert worden (La Propriété industrielle 1965
S. 6 f.). Art. 6 Abs. 1 dieser Fassung sieht vor, dass die Bedingungen
für die Hinterlegung und Eintragung von Fabrik- oder Handelsmarken in
jedem Lande durch die Landesgesetzgebung bestimmt werden.

Erwägung 3

    3.- Nach dem Bundesgesetz betreffend den Schutz der Fabrik- und
Handelsmarken ist die Eintragung unter anderem dann zu verweigern, wenn
die Marke als wesentlichen Bestandteil ein als Gemeingut anzusehendes
Zeichen enthält (Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2).

    Als Gemeingut gelten unter anderem Hinweise auf Eigenschaften oder
die Beschaffenheit der Erzeugnisse, für welche die Marke bestimmt ist
(BGE 31 II 516, 42 II 169, 63 II 427 f., 70 II 243, 79 II 102, 83 II 218,
84 II 223 und 431, 87 I 144 und 396).

Erwägung 4

    4.- Der Ausdruck "ever fresh" ist der englischen Sprache
entnommen und bedeutet "immer frisch". Er beschreibt also die Ware der
Beschwerdeführerin. Unerheblich ist, ob der Kunde ihm entnehme, die
Wäsche- und Bekleidungsstücke der Beschwerdeführerin blieben auch ohne
besondere Behandlung immer frisch, oder sie seien leicht zu waschen und
zu bügeln, oder sie verliehen ihrem Träger immer ein frisches Aussehen,
oder sie wiesen alle diese Eigenschaften zugleich auf. In allen diesen
Fällen rühmt der Ausdruck "ever fresh" der Ware eine bestimmte Eigenschaft
(oder bestimmte Eigenschaften) nach. Dass er bis zu einem gewissen Grade
der Einbildungskraft des Lesers oder Hörers Spielraum lässt, ändert
nichts. Der gedankliche Hinweis auf Eigenschaften der Ware wird dadurch
nicht abgeschwächt.

    Der Beschwerdeführerin ist auch nicht beizupflichten, wenn sie
geltend macht, die Bezeichnung "ever fresh" könnte zwar bei kosmetischen
Erzeugnissen als Hinweis auf eine Eigenschaft aufgefasst werden; bei
Wäsche- und Bekleidungsstücken habe sie diese Bedeutung aber nicht. Es ist
durchaus üblich, z.B. von frischen Wäschestücken zu sprechen oder einer
Person wegen ihrer Bekleidung ein frischeres Aussehen zuzuschreiben als
einer andern. Deshalb unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von
dem in BGE 70 II 253 veröffentlichten, in welchem das Bundesgericht das
Wort "unique" nicht als Bezeichnung einer für elektrische Rasierapparate
charakteristischen Eigenschaft auffasste.

Erwägung 5

    5.- Weist die Bezeichnung "ever fresh" auf Eigenschaften der Ware
hin, so kann sie nicht deshalb zugelassen werden, weil sie der englischen
Sprache entnommen ist, die in der Schweiz weder Amts- noch Nationalsprache
ist. Wie die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung
des Bundesgerichtes selber einräumt, schliesst das Gesetz die als
Gemeingut anzusehenden Zeichen deshalb von der Eintragung als Marke aus,
weil niemand im Gebrauch des allgemeinen Wortschatzes behindert werden
soll. Zum allgemeinen Wortschatz gehören aber nicht nur Ausdrücke aus
einer Amts- oder Nationalsprache. Jedermann ist in der Schweiz berechtigt,
sich im Geschäftsverkehr der englischen Sprache zu bedienen. Das geschieht
häufig, besonders wenn der Geschäftspartner im Ausland wohnt. Wörter und
Wendungen aus dem englischen Sprachschatz sind gerade im Textilhandel
sehr verbreitet. Es darf den Mitbewerbern der Beschwerdeführerin nicht
verwehrt werden, den von ihnen auf den Markt gebrachten Wäsche- und
Bekleidungsstücken nachzurühmen, sie seien "ever fresh", ihr Träger sehe
"ever fresh" aus usw. Dieser Ausdruck wird auch von einem erheblichen
Teil der schweizerischen Bevölkerung ohne weiteres verstanden. Die
Beschwerdeführerin hat nicht Anspruch darauf, diesen Kreisen gegenüber
allein als Lieferantin von immer frischen oder immer ein frisches Aussehen
verleihenden Textilien aufzutreten. Für den von ihr gewählten Ausdruck kann
also nicht das gleiche gelten wie für Lautverbindungen, die keiner Sprache
angehören, sondern frei erfunden sind (vgl. BGE 79 II 102: "Liliput").

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Eidgenössische Amt
für geistiges Eigentum widerspreche seiner eigenen Praxis, wenn es der
Marke "ever fresh" den Schutz verweigere; denn es habe schon zahlreiche
Marken mit dem Wort oder der Vorsilbe "ever" als schutzfähig erachtet,
für Textilien z.B. die Marken everfit, ever flat, everchic, everflex und
für Wasch- und Putzmittel die Marken evergreen, everbel, ever smile usw.

    Das Bundesgericht hat jedoch nicht zu entscheiden, ob diese oder
ähnliche Marken zu Recht zugelassen wurden. Wenn ja, vermöchte die
Beschwerdeführerin daraus nichts für sich abzuleiten; jeder Fall ist
nach den ihm eigenen Umständen zu würdigen. Sollten die erwähnten Marken
dagegen zu Unrecht eingetragen worden sein, so wäre zu sagen, dass es einer
Behörde nicht verboten ist, eine Praxis aufzugeben, deren Unrichtigkeit
sie erkannt oder deren Verschärfung sie wegen veränderter Verhältnisse
oder zunehmender Missbräuche für geboten hält; niemand hat Anspruch
darauf, dass wegen einer nicht haltbaren Praxis auch in seinem Falle ein
gesetzwidriger Entscheid gefällt werde (BGE 91 I 217/18 mit Hinweisen;
ferner BGE 86 I 250). Zudem ist die Praxis einer Verwaltungsbehörde für
das Bundesgericht nicht verbindlich.

Erwägung 7

    7.- Die Beschwerdeführerin meint, ihre Marke müsse geschützt werden,
weil die Wörter "ever fresh" von einem Band mit Schleife umgeben und in
besonderer Schrift geschrieben seien, was einen originellen Gesamteindruck
bewirke.

    Es trifft zu, dass die Marke als Ganzes beurteilt werden muss. Sie
darf aber schon dann nicht eingetragen werden, wenn sie einen wesentlichen
Bestandteil enthält, der Gemeingut ist. Die Wörter "ever fresh" sind
aber ein wesentlicher Bestandteil, sogar der wesentlichste. Band und
Schriftform spielen im mündlichen Verkehr überhaupt keine Rolle, und für
den Betrachter sind sie nebensächlich (vgl. BGE 70 II 247 Abs. 1). Die
kursive Schrift des Wortes "fresh" wirkt übrigens nicht originell,
sondern betont lediglich die der Ware nachgerühmte Eigenschaft. Die
Beschwerdeführerin empfände es denn auch zweifellos als eine Nachahmung
ihrer Marke, wenn ein Mitbewerber seine Ware mit den Wörtern "ever fresh"
in anderer Schrift und ohne Band kennzeichnen würde.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.